TE OGH 2009/10/14 15Os124/09p

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Veröffentlicht am 14.10.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Oktober 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Dr. Walcher als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Jura K***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Geschworenengericht vom 25. Juni 2009, GZ 712 Hv 1/09b-93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das in seinem Ausspruch über die Begehung der Anlasstat zu II./ (einschließlich der Zurechnungsunfähigkeit) und deren Subsumtion unberührt bleibt, im Ausspruch über die Begehung der Anlasstat zu I./ samt dem diesem zugrunde liegenden Wahrspruch und in der Unterbringungsanordnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Jura K***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB eingewiesen.

Danach hat er in Strasshof an der Nordbahn unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer organischen Persönlichkeitsstörung im Zusammenhang mit einer hochgradigen Alkoholisierung beruhte,

I. am 13. Jänner 2009 versucht, Stjepan M***** durch Erschießen zu töten,

II. in der Nacht vom 12. auf 13. Jänner 2009 Stjepan M***** durch Versendung zweier SMS des Inhalts „Wie ist es in Deinem Bett mit Lucija, es ist besser für Dich Stjepan, Du bringst Dich selbst um oder jemand anderer" und „Lucija hat Dich Dein Stjepan vergewaltigt oder Dein Wille, melde Dich bei Juro, wer sterben will Juro ... Ich töte." Jeweils an Drazen D***** und Stjepan M*****, sowie eines weiteren SMS des Inhalts „Wie ist in Deinem Bett mit Lucija, es ist besser für Dich Stjepan, Du bringst Dich selbst um oder jemand anderer." Mario M*****, gefährlich mit dem Tode bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, sohin Taten begangen, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind und außerhalb des angeführten Zustands als Verbrechen des versuchten Mords nach §§ 415, 75 StGB (I.) und Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (II.) zuzurechnen wären.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 10a und Z 13 StPO gestützte, den Ausspruch über die Anlasstat zu I./ und die Unterbringungsanordnung bekämpfende Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

Aus deren Anlass (§§ 290 Abs 1, 344 StPO) überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe (Z 11 lit a und Z 13) anhaften.

Den im Wahrspruch der Geschworenen zu I./ enthaltenen Feststellungen (vgl die Hauptfrage 1 „Ist Juro K***** schuldig, am 13. Jänner 2009 in Strasshof an der Nordbahn versucht zu haben, Stjepan M***** durch Erschießen zu töten, und es nur deshalb beim Versuch geblieben ist, weil er von den eingetroffenen Polizeibeamten des PI Deutsch-Wagram von der Tatausführung gehindert wurde?") ist nicht zu entnehmen, durch welche der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung (§ 15 Abs 2 StGB) der Betroffene seinen Entschluss betätigt habe, Stjepan M***** durch Erschießen zu töten. Durch diesen Rechtsfehler mangels Feststellungen (vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 616) entbehrt die Frage, ob die Tat bereits versucht war oder aber bloß eine straflose Vorbereitungshandlung vorlag, einer entsprechenden tatsächlichen Grundlage im Wahrspruch (vgl Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 243 f).

Die Urteilsausführungen zur Unterbringungsanordnung wiederum enthalten keine Feststellungen darüber, welche - sachverhaltsmäßig der Art nach zu beschreibenden - Handlungen (Prognoseerwartung) zu befürchten sind (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 721); dem wird das Urteil durch die bloße Anführung der verba legalia, wonach „eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen" zu befürchten sei (US 7), nicht gerecht (RIS-Justiz RS0113980 [T8, T10], RS0118581 [T9, T10]).

Das Urteil war daher im bezeichneten Umfang bei nicht öffentlicher Beratung aufzuheben und die Sache diesbezüglich zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung war der Betroffene auf diese Entscheidung zu verweisen.

Textnummer

E92136

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00124.09P.1014.000

Im RIS seit

13.11.2009

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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