TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/23 95/15/0194

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Veröffentlicht am 23.11.2000
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §34 Abs1;
FinStrG §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des HH und der EH, beide in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in 1060 Wien, Gumpendorferstraße 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat) vom 29. Juni 1995, Zl. 16/5/2-GA6-ZoW/95, betreffend Bestrafung wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer wiesen in ihrer Einkommensteuererklärung des Jahres 1986 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von S 1,5 Mio. bzw. S 1 Mio. aus, zugewiesen aus einer Gesellschaftsbeteiligung an der Wohnungseigentums-Bautreuhand-Hausanteilschein GmbH & Co KG, Serie X (in der Folge: Serie X). Die Veranlagung erfolgte jeweils antragsgemäß.

Mit dem als Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG bezeichneten Schreiben vom 21. Dezember 1989 teilte die Kanzlei der Wirtschaftstreuhänder G & G dem für die Veranlagung der Einkommensteuer zuständigen Finanzamt mit, dass bei den Beschwerdeführern die Voraussetzungen für die Geltendmachung der genannten Einkünfte infolge unrichtiger Tatsachendarstellungen nicht gegeben seien, weil die Einzahlung der Beteiligungssumme niemals vorgenommen worden sei. Die Abgabenbehörde nahm das Veranlagungsverfahren wieder auf und erließ berichtigte Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1986 ohne Berücksichtigung der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Bescheid vom 10. September 1992 leitete das Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen die Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 leg. cit. ein, weil der Verdacht bestehe, dass die Beschwerdeführer vorsätzlich im Bereich eines bestimmten Finanzamtes unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für das Jahr 1986 (Ansatz unberechtigter negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von S 1,5 Mio. bzw.  S 1 Mio.) eine Abgabe, die bescheidmäßig festzusetzen war, und zwar Einkommensteuer 1986 in Höhe von S 683.500,-- bzw. S 585.735,--, verkürzt hätten.

Nach Entscheidung über die gegen den Einleitungsbeschluss erhobenen Beschwerden wurden die beiden Verfahren gemäß § 61 Abs. 1 FinStrG zur gemeinsamen Durchführung verbunden.

Mit dem Erkenntnis des Spruchsenates des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 30. November 1994 wurden die Beschwerdeführer für schuldig erkannt, sie hätten im Bereich eines bestimmten Finanzamtes vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe einer unrichtigen Einkommensteuererklärung für das Jahr 1986 (Ansatz ungerechtfertigter negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) eine Abgabe, die bescheidmäßig festzusetzen gewesen sei, und zwar Einkommensteuer 1986 verkürzt, und zwar der Erstbeschwerdeführer im Ansatz von S 1,5 Mio. in Höhe von S 883.500,-- und die Zweitbeschwerdeführerin im Ansatz von S 1 Mio. in Höhe von S 585.735,--. Sie haben dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen. Der Erstbeschwerdeführer wurde zu einer Geldstrafe von S 250.000,--, die Zweitbeschwerdeführerin zu einer von S 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 1 Monat) verurteilt. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz nahm zusätzlich zum eingangs dargestellten Sachverhalt Folgendes als erwiesen an:

Der 1928 geborene Erstbeschwerdeführer sei finanzstrafrechtlich unbescholten. Er sei als technischer Kaufmann erwerbstätig gewesen und befinde sich bereits in Pension. Er habe ein steuerpflichtiges Vermögen (zum 1.1.1989) von rund S 6 Mio., sein steuerpflichtiges Einkommen 1992 betrage S 1,3 Mio.; er habe keine Sorgepflichten.

Die 1927 geborene Zweitbeschwerdeführerin habe (zum 1.1.1989) ein steuerpflichtiges Vermögen von rund S 5 Mio. und im Jahr 1992 ein steuerpflichtiges Einkommen von ca. S 900.000,-- erzielt.

Die Beschwerdeführer seien an der Dipl. Ing. H. & Co KG beteiligt gewesen; die Gesellschaft sowie die Beschwerdeführer persönlich seien jahrelang von der Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungskanzlei G & G vertreten worden. Es habe ein Vertrauensverhältnis zu dieser Kanzlei bestanden.

Die Beschwerdeführer hätten Einlagen auf die eingangs genannten Beteiligungen an der Serie X nicht geleistet. Geraume Zeit vor Abgabe der Einkommensteuererklärungen für das Jahr 1986 sei der Steuerberater G. an die Beschwerdeführer mit dem Ansinnen herangetreten, dass man seitens des Bautreuhandkonzerns bereit wäre, die Beteiligung der Beschwerdeführer an der Pannonia GmbH & Co KG abzulösen, wenn die Beschwerdeführer bereit seien, um den Abschichtungserlös eine andere Beteiligung, und zwar an der Serie X einzugehen. Die Beschwerdeführer hätten aus Mitteilungen und auch aus den Medien gewusst, dass es um die Pannonia GmbH & Co KG wirtschaftlich nicht besonders gut stehe. Von der Wohnungseigentum-Treuhand hätten die Beschwerdeführer gewusst, dass es sich um eine sehr große Firma handle, die im Bereich von Immobilienveranlagungen tätig sei. Die Beschwerdeführer seien vom Steuerberater G. informiert worden, dass die Treuhandfirma Conzentra bereit sei, die Anteile der Beschwerdeführer an der Pannonia zum einvernehmlich festgesetzten Kaufpreis von S 1,-- zu übernehmen. Als weitere Gegenleistung für das Ausscheiden aus der Pannonia sei eine Beteiligung an der Bautreuhandserie X in Höhe von S 1,5 Mio. bzw. S 1 Mio. angeboten worden. Die Beschwerdeführer hätten die Vereinbarung unterzeichnet und in der Folge zur Dokumentation ihrer Beteiligung einen Hausanteilsschein erhalten. In der Folge hätten sie Mitteilungen über die steuerlichen Ergebnisse für 1986, 1987 und 1988 erhalten, welche die Steuerberatungskanzlei G. in allen Einkommensteuererklärungen geltend gemacht habe. Die Beschwerdeführer hätten gewusst, dass sie konkrete Einzahlungen auf die Serie X bzw. Beteiligungen nicht geleistet haben, daher eine wirtschaftliche Risikobeteiligung an der Gesellschaft nicht gegeben gewesen sei. Sie hätten nur die einkommensteuerlich relevante Verlustzuweisung aus der Gesellschaft zur Erlangung eines entsprechenden Steuervorteiles ohne eigenen finanziellen Aufwand und ohne eigenes finanzielles Risiko zur Abdeckung des mit der Pannonia-Beteiligung erlittenen finanziellen Verlustes erreichen wollen.

Die von der Pannonia in den Jahren 1978 bis 1981 zugewiesenen Verluste seien voll ausgleichsfähig gewesen und hätten bei den Beschwerdeführern zu entsprechend verminderten Einkommensteuervorschreibungen geführt. Aus dieser Beteiligung bei einer Beteiligungssumme von S 1,2 Mio. habe der Erstbeschwerdeführer in den Jahren 1978 bis 1981 Verluste in Höhe von S 2,696.850,-- und die Zweitbeschwerdeführerin bei einer Beteiligungssumme von S 800.000,-- Verluste in Höhe von S 1,798.533,-- zugewiesen erhalten. Der Erstbeschwerdeführer habe dadurch eine Steuerersparnis von ca. S 1,620.000,--, die Zweitbeschwerdeführerin im Ausmaß von S 1,080.000,-- erreichen können. Auf Grund des Abgabenänderungsgesetzes 1981 hätten diese Verluste ab 1982 steuerlich nicht mehr ausgeglichen werden können. Es sei daher zur Steuerminimierung ein anderes Modell ohne weiteren finanziellen Aufwand gesucht und in Form einer Scheinbeteiligung an der Serie X über die Kanzlei G. gefunden worden. Ein Veräußerungsgewinn sei nicht erklärt worden, Vertragsunterlagen über den Vorgang der Beteiligungsaufgabe seien nicht vorhanden. Es sei lediglich das Schreiben der Conzentra über die Einzahlung der Vertragssumme in Höhe von S 1,5 Mio. bzw. S 1 Mio. vorgelegt worden. Dieses Schreiben sei den Beschwerdeführern zugegangen und sie hätten gewusst, dass eine konkrete Einzahlung überhaupt nicht erfolgt sei. Die Beschwerdeführer hätten die Zeichnung der an der Serie X nur zum Schein vorgenommen, es sei ihnen nur darauf angekommen, den steuerlichen Vorteil einer Verlustzuweisung zu erhalten. Eine echte Beteiligung sei nicht beabsichtigt gewesen. Ihr Verhalten sei daher zumindest bedingt vorsätzlich auf Abgabenverkürzung gerichtet gewesen. Die Selbstanzeige vom 21. Dezember 1989 habe keine strafbefreiende Wirkung gehabt, weil zu diesem Zeitpunkt bereits umfangreiche Verfolgungsschritte gesetzt worden seien.

Die Beschwerdeführer hätten gewusst, dass die Pannonia sich in schlechten finanziellen Verhältnissen befunden habe und insolvenzgefährdet gewesen sei. Den Beschwerdeführern sei bewusst gewesen, dass sie aus dieser Beteiligung in den letzten Jahren bereits massiv Zuwendungen erhalten hätten. Es sei ihnen bewusst gewesen, dass bei ihrem Ausscheiden aus der Pannonia ein negatives Kapitalkonto vorhanden sei, das einer Auffüllung bedurft habe. Die Beschwerdeführer hätten genau gewusst, dass auf Grund der bereits erhaltenen Verlustzuweisungen und keiner konkreten Einzahlung auf die Serie X bei einem Kaufpreis von S 1,-- ihre Einlage bei der Pannonia keineswegs S 1,5 Mio. bzw. S 1 Mio. als Beteiligung an der Serie X wert gewesen sei. Sie hätten die zweifellos vom Steuerberater ausgehende Konstruktion zur reinen Steuerersparnis in Anspruch genommen, obwohl sie gewusst haben, dass eine echte Beteiligung bzw. eine Einzahlung nicht erfolgt sei; sie hätten dennoch steuerliche Vorteile erhalten wollen. In diesem Sinne hätten die Beschwerdeführer die Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht.

Dieser Sachverhalt habe auf Grund des durchgeführten Verfahrens zweifelsfrei ermittelt werden können. Die Beschwerdeführer seien in der Verhandlung vor dem Spruchsenat erster Instanz durch ihren Verteidiger vertreten worden; auf das persönliche Erscheinen hätten die Parteien verzichtet. Auf Grund der vorhandenen Unterlagen habe es nicht des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführer bedurft, um den für die rechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalt ermitteln zu können. Die Beschwerdeführer seien beide im Wirtschaftsleben gestanden, sie seien Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewesen. Der Erstbeschwerdeführer habe ein abgeschlossenes Studium und könne daher bei diesen Verhältnissen von einem Informations- und Wissensstand ausgegangen werden, wonach beide Beschwerdeführer gewusst hätten, wozu die Angaben in ihrer Steuererklärung dienten. Es habe nicht eines konkreten Fachwissens bedurft, um hier eine strafrechtlich relevante Handlungsweise zu erkennen, sondern ergebe sich aus realistischer Betrachtungsweise, dass aus der Pannonia-Beteiligung durch Übertragung der Rechte um S 1,-- und Erschöpfung der Einlage dort nicht mit S 1,5 Mio. bzw. S 1 Mio. hier eine Beteiligung an der Serie X habe vorgenommen werden können. Auch einem Laien hätte bekannt sein und auffallen müssen, dass bei jahrelanger Verlustschreibung im Rahmen der Beteiligung der Pannonia diese Firma wohl wirtschaftlich stark insolvenzgefährdet gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass auch die Pannonia nur zur Abschreibung von Verlusten zur Verfügung gestanden und auch dafür genützt worden sei. Das Abtretungsentgelt mit S 1,-- für eine ehemalige Einlage beträchtlichen Ausmaßes zeige, dass ohne weitere Einzahlung bzw. Einbringung hiefür an der Serie X eine echte Beteiligung über S 1,5 Mio. bzw. S 1 Mio. nicht habe erfolgen können.

Aus diesem Sachverhalt ergebe sich zweifelsfrei, dass die Beschwerdeführer objektiv wie subjektiv das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz begangen haben.

Die Beschwerdeführer erhoben jeweils Berufung. In den gleich lautenden Ausführungen machten sie geltend, sie hätten viele Jahre auf das Fachwissen des Steuerberaters G vertraut. Dieser sei etwa 1978 an sie herangetreten und habe sie auf eine Beteiligung an der Pannonia GmbH & Co KG aufmerksam gemacht. Sie hätten sich entschlossen, sich an dieser Gesellschaft zu beteiligen. Die Beteiligung habe sich in der Folge aber nicht planmäßig, sondern sehr schlecht entwickelt. Sie hätten zwar mit Anfangsverlusten gerechnet, die eingetretenen Verluste hätten jedoch ihre Befürchtungen übertroffen. Für sie sei von Bedeutung gewesen, dass sie nach den Bestimmungen des Kommanditgesellschaftsvertrages ein allfälliges negatives Kapitalkonto haben auffüllen müssen. Sie hätten daher nicht nur ihre Beteiligungssummen verloren, sondern plötzlich und unerwartet für einen zusätzlichen Betrag, der die ursprüngliche Einlage überstiegen habe, gehaftet. Konkret hätte dies bei einer Beteiligungssumme (des Erstbeschwerdeführers) von S 1,200.000,-- eine Zusatzhaftung von S 1,496.850,-- und bei einer Beteiligungssumme (der Zweitbeschwerdeführerin) von S 800.000,-- eine Zusatzhaftung von S 948.533,-- bedeutet. Sie hätten befürchtet, dass diese zivilrechtliche Verpflichtung in einem Insolvenzfall vom Masseverwalter unnachsichtig eingefordert werden würde.

In der Folge sei der Steuerberater G an die Beschwerdeführer herangetreten und habe erklärt, dass die Bautreuhandkonzerne bereit wären, die Beteiligung an der Pannonia GmbH & Co KG abzulösen. Nach seiner Aussage sei der Bautreuhandkonzern der größte derartige Organisator in Österreich gewesen, er habe ein Milliardenvermögen betreut und verwaltet und sei besonders auf den eigenen Ruf bedacht gewesen. Die bei der Pannonia aufgetretenen Verluste seien zwar unerwartet und unverschuldet, aber ein allfälliger Vertrauensverlust bei allfälligen zukünftigen Anlegern sei noch schlimmer. Deshalb sei man zu einer Kulanzlösung bereit. Es werde seitens des Bautreuhandkonzerns ein entsprechender Entschädigungsbetrag zur Verfügung gestellt. Mit diesem Betrag sollte eine neue Beteiligung für die Beschwerdeführer erworben werden. Die Verrechnung werde durch die Treuhandgesellschaft Conzentra AG durchgeführt. Darüber hinaus sollten die Beschwerdeführer aus ihrer Nachschussverpflichtung bei der Pannonia entlassen werden indem die Beteiligungen um S 1,-- abgekauft würden.

Angesichts der Haftungssituation hätten sich die Beschwerdeführer dieses Angebot nicht sehr lange überlegen müssen. Von der neuen Beteiligung sei ihnen gesagt worden, dass dabei Hausanteile an einer Gruppe von Baulichkeiten erworben werden. Wirtschaftlich würden am Anfang zwar wie bei jeder Investition Anfangsverluste entstehen, diese würden aber sehr bald zu Gewinnen führen. Bei allen bisher von dieser Gruppe errichteten Immobilien bestünden solche Erfahrungswerte. Die finanzielle Abwicklung des Erwerbspreises dieser Hausanteilscheine würde über die Conzentra Treuhandgesellschaft erfolgen.

Es werde ihnen nun strafrechtlich zum Vorwurf gemacht, dass der Ausgabepreis der Hausanteilscheine nicht von ihnen persönlich eingezahlt worden sei und sie deshalb hätten wissen müssen, dass diese Hausanteilscheine eine Finte sein könnten. Dies sei unzutreffend, weil sie entsprechend der Kulanzvereinbarung davon ausgegangen seien, dass der für die Kulanzlösung in Aussicht gestellte Betrag von der Bautreuhandgruppe finanziert werde und über die Conzentra-Treuhandgesellschaft bezahlt und verrechnet werde. Die Kulanzvereinbarung habe eben darin bestanden, dass der Betrag von dritter Seite bezahlt werde.

Die vom Steuerberater G. verfasste Selbstanzeige sei von den Beschwerdeführern nicht initiiert worden. Der Steuerberater habe sie lediglich darüber informiert, dass dies zur Vermeidung eines Risikos erforderlich sei. Hätten die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Selbstanzeige ihren derzeitigen Informationsstand gehabt, hätten die dem Steuerberater G die Vollmacht sofort und nicht erst später entzogen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer teilweise Folge, hob das Erkenntnis des Spruchsenates erster Instanz auf und erkannte in der Sache wie folgt zu Recht:

Die Beschwerdeführer seien schuldig, sie haben fahrlässig im Bereich eines bestimmten Finanzamtes unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe einer unrichtigen Einkommensteuererklärung für das Jahr 1986 (Ansatz ungerechtfertigter negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) eine Abgabe, die bescheidmäßig festzusetzen gewesen sei, und zwar Einkommensteuer 1986, verkürzt, und zwar der Erstbeschwerdeführer in Ansatz von S 1,5 Mio. in Höhe von S 883.500,-- und die Zweitbeschwerdeführerin im Ansatz von S 1 Mio. in Höhe von S 585.737,--. Die Beschwerdeführer haben jedoch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG begangen und werden über sie Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt und zwar über den Erstbeschwerdeführer S 200.000,-- und über die Zweitbeschwerdeführerin S 150.000,--.

In der Begründung dieses Bescheides wurden das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz sowie die Berufungen der Beschwerdeführer wortgetreu wiedergegeben und anschließend Folgendes ausgeführt:

"Der Berufungssenat sei der Ansicht, dass Vorsatz mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht nachzuweisen sei. Es sei den Beschwerdeführern beizupflichten, dass sie auf die damals renommierte Steuerkanzlei G & G vertraut und somit auch gehofft haben, dass die ganze Sache 'in Ordnung gehe'."

Auf Grund des gesamten Sachverhaltes ergebe sich jedoch die Verwirklichung des Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG in objektiver sowie subjektiver Hinsicht. Die Beschwerdeführer seien bei Präsentation ihrer Einkommensteuererklärung fahrlässig vorgegangen. Es hätte ihnen durchaus auffallen müssen, dass sehr hohe Beträge an Verlusten geltend gemacht werden, denen konkrete Einzahlungen nicht gegenüber stehen. Bei entsprechender Sorgfalt hätten die Beschwerdeführer dies erkennen können, weil auch Personen, die über ein sehr hohes Einkommen verfügen, so hohe Verlustzuweisungen auffallen müssen. Sie hätten wissen müssen, dass sie diese Einlagen tatsächlich nicht geleistet haben und dass es mit der Pannonia GmbH & Co KG finanziell so schlecht gestanden sei, dass unter Umständen Nachschussverpflichtungen gedroht hätten. Es hätte auch einem Durchschnittsbürger auffallen müssen, dass die Entlassung aus einer Haftung für ein negatives Kapitalkonto in der Höhe von S 1,496.850,-- zum Kaufpreis von S 1,-- in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen könne. Die Verantwortung, man hätte darauf vertraut, dass die Firmengruppe Bautreuhand aus Imagegründen an einer internen Regelung interessiert sei, um nach außen hin keinen Imageverlust zu erleiden, könne daran nichts ändern. Die Beschwerdeführer seien verpflichtet gewesen, sich nach den genauen Hintergründen zu erkundigen und hätten bei einiger Sorgfalt herausfinden können, dass im gegenständlichen Fall keine Gegenleistung erbracht werde und daher auch keine Verlustabschreibung möglich sei.

Insoweit sich die Beschwerdeführer von der von ihrem Steuerberater verfassten Selbstanzeigen distanzierten, sei ihnen entgegenzuhalten, dass sie diesen bevollmächtigt haben. Der Steuerberater, welcher die Hintergründe offensichtlich genau gekannt habe, habe jedoch in dieser Selbstanzeige dargetan, dass eine entsprechende Gegenleistung nicht erfolgt sei, was die Beschwerdeführer auch für sich gelten lassen müssten. Es gebe keinen nachvollziehbaren objektiven Beweis, dass tatsächlich eine Gegenleistung für die ihnen zugewiesenen Verluste erfolgt sei. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass hinsichtlich der subjektiven Tatseite anstatt des Vorsatzes Fahrlässigkeit anzunehmen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Gemäß § 34 Abs. 1 leg. cit. macht sich der fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer die im § 33 Abs. 1 bezeichnete Tat fahrlässig begeht. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einen gesetzlichem Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirklicht, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 8 Abs. 2 FinStrG).

Die Beschwerde vertritt die Auffassung, den Beschwerdeführern sei im Zusammenhang mit der Verkürzung der Einkommensteuer für das Jahr 1986 Fahrlässigkeit nicht vorzuwerfen. Es könne ihnen weder hinsichtlich der Auswahl noch bezüglich der Überwachung des Steuerberaters ein Vorwurf gemacht werden. Der Vorwurf, die hohen Verlustzuweisungen hätten ihnen auffallen müssen, weil die Einlagen nicht persönlich geleistet worden seien, seien mehrfach zu entkräften:

Der Berufungssenat sei nicht darauf eingegangen, dass sie wie in der Berufungsverhandlung vorgebracht, S 150.000,-- als Spesenersatz bezahlt hätten. Zweifel an der ihnen angebotenen Kulanzlösung seien nicht angebracht gewesen. Eine Kulanzlösung bestehe eben darin, dass man eine Leistung erhalte, zu der der andere in keiner Weise verpflichtet sei, aber offenkundig andere Beweggründe dafür habe. Es sei nicht nur unzumutbar, sondern auch unerfindlich, wie die Motive des Vertragspartners dafür erkundet und geprüft werden könnten. Andere Motive der Bautreuhandgruppe für die Kulanzlösung als die Rufwahrung seien nicht ersichtlich gewesen. Hätte die Gruppe die Kulanzlösung nicht oder nur teilweise gewährt, hätten die Beschwerdeführer nichts machen können. Man müsse davon ausgehen, dass der Vertragspartner die nötigen Transaktionen für die Erreichung der Kulanzlösung innerhalb der Firmengruppe bei der Treuhandgesellschaft Conzentra durchführen werde.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerdeführer übersehen nämlich, dass die belangte Behörde auf Grund der vorgelegten Urkunden - zutreffend - davon ausging, dass den Beschwerdeführern eine Beteiligung an der Serie X angeboten wurde und sie die entsprechende Vereinbarung unterzeichnet haben. Nach dem Inhalt dieses Zeichnungsscheines verpflichteten sich die Beschwerdeführer jeweils zur Zahlung des Ausgabepreises auf ein von der Conzentra AG schriftlich namhaft gemachtes Konto. Laut diesem Schein erklärten sie weiters, dass keine über die schriftlichen Verträge hinausgehenden Zusagen gemacht worden seien. Die Conzentra AG hat - laut dem vorgelegten Schreiben - den Beschwerdeführern für die Einzahlung der Vertragssumme gedankt. Aus diesen Vertragsregelungen ergibt sich eindeutig die persönliche Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Zahlung des Ausgabepreises. Unstrittig ist, dass dieser entgegen der Bestätigung durch die Conzentra AG von den Beschwerdeführern nicht bezahlt wurde. Die Beschwerdeführer haben auf Grund dieser vorgelegten Vertragsunterlagen Verluste aus diesen Verträgen geltend gemacht. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage die Auffassung vertreten hat, die Beschwerdeführer hätten die Verkürzung von Abgaben zumindest fahrlässig zu verantworten, sind die Beschwerdeführer dadurch in ihren Rechten nicht verletzt worden.

Die Beschwerdeführer gehen aber von einem von der belangten Behörde nicht festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie meinen, sie hätten ihrem Steuerberater vertrauen dürfen, der die Umschichtung von der Pannonia zur Serie X empfohlen habe und weiters dass sie der Kulanzlösung des "Bautreuhand-Imperiums" vertrauen durften, wonach ein Dritter, jedenfalls aber nicht die Beschwerdeführer, die finanziellen Transaktionen für die Beteiligung der Beschwerdeführer an der Serie X durchführen werde.

Es ist unstrittig, dass den Beschwerdeführern vor dem fraglichen Zeitpunkt aus der Beteiligung an der Pannonia derartige Verluste zugewiesen worden waren, die das Nominale ihrer Einlage bei weitem überstiegen. Für die Veräußerung dieses negativen Anteiles erhielten sie den Kaufpreis von S 1,--. Bei dieser Sachlage hätten selbst bei einem durchschnittlich sorgfältigen Menschen ohne besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens Zweifel daran entstehen müssen, wie aus der Beteiligung an der Pannonia ein Betrag von S 2,5 Mio. zum Erwerb einer anderen Beteiligung in dieser Höhe realisiert werden kann. Diese gebotenen Zweifel können durch den Hinweis, es habe sich um eine Kulanzlösung gehandelt, nicht beiseite geschoben werden (vgl. im Übrigen dazu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/15/0153).

Die Auffassung der belangten Behörde, den Beschwerdeführern sei fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, war somit nicht rechtswidrig; die Beschwerde ist demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995150194.X00

Im RIS seit

20.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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