Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Adriana S*****, geboren am 15. Februar 1991, *****, vertreten durch das Land Niederösterreich als Jugendwohlfahrtsträger (Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf, Jugendwohlfahrt, Schönkirchnerstraße 1, 2230 Gänserndorf), über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 27. Mai 2008, GZ 20 R 50/08f-U7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 28. Februar 2008, GZ 2 P 39/08m-U2, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, eine Gleichschrift des Revisionsrekurses samt Ausfertigung des Beschlusses vom 23. 7. 2008, 20 R 50/08f, auch der Mutter Iwona S***** zur allfälligen Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zuzustellen, sowie die Akten nach Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung bzw fruchtlosem Verstreichen der Frist erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht hat den Antrag der durch den Jugendwohlfahrtsträger vertretenen Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG abgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht ihrem Rekurs gegen diese Entscheidung nicht Folge und sprach zunächst aus, dass der Revisionsrekurs nicht zugelassen werde.
Dagegen richtet sich die mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellung der Minderjährigen, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel „verbunden mit dem Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs" dem Obersten Gerichtshof im Wege des Rekursgerichts vor.
Mit Beschluss vom 23. 7. 2008 änderte das Rekursgericht den „Unzulässigkeitsausspruch" dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Im Rahmen der Zustellverfügung sprach es - als Beisatz zu dieser Entscheidung - gegenüber dem Vater der Minderjährigen als Unterhaltsschuldner und dem Bund aus, dass ihnen die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde (§ 63 Abs 5 AußStrG).
Dieser Beschluss wurde dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien als Vertreter des Bundes und der Abwesenheitskuratorin des Vaters der Minderjährigen zugestellt, nicht jedoch ihrer Mutter. Nachdem keine Revisionsrekursbeantwortungen erstattet wurden, legte das Rekursgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist verfrüht, weil über das Rechtsmittel derzeit noch nicht entschieden werden kann.
Über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen hat das Pflegschaftsgericht im Verfahren Außerstreitsachen zu entscheiden (§ 10 UVG). Wird ein Revisionsrekurs, oder - wie hier - eine Zulassungsvorstellung, mit der ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen (§ 68 Abs 1 AußStrG). Unter einem Beschluss „über die Sache" wird jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand verstanden (RIS-Justiz RS0120860 ua). Die anderen Parteien können binnen 14 Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses mittels Schriftsatzes überreichen; § 65 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 zweiter Halbsatz, Abs 3 Z 3 bis 6 und § 66 AußStrG sind sinngemäß anzuwenden (§ 68 Abs 1 AußStrG).
Auch die Mutter als Zahlungsempfängerin ist Partei iSd § 2 Abs 1 AußStrG (vgl 9. 5. 2007, 9 Ob 129/06w mwN). Es steht ihr gemäß § 68 Abs 1 und Abs 3 Z 2 AußStrG frei, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen.
Wird aufgrund einer Zulassungsvorstellung, die mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbunden ist, vom Rekursgericht der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt, so hat es diesen Beschluss den Parteien zuzustellen und - soweit vorgesehen - dem Revisionsrekursgegner die Beantwortung des Revisionsrekurses freizustellen (§ 63 Abs 5 AußStrG). Die Frist für die Beantwortung des Revisionsrekurses beginnt in diesem Fall mit der Mitteilung des Rekursgerichts, dass „den anderen aktenkundigen Parteien" die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde (§ 68 Abs 3 Z 2 AußStrG); die Revisionsrekursbeantwortung ist gemäß § 68 Abs 4 Z 1 AußStrG beim Rekursgericht einzubringen (wenn dieses „den anderen aktenkundigen Parteien" nach § 63 Abs 5 AußStrG freigestellt hat, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen).
Was die Mutter der Minderjährigen betrifft, sind die Zustellungen der Rechtsmittelgleichschrift bzw des Beschlusses nach § 63 Abs 3 AußStrG samt Freistellung der Beantwortung des Revisionsrekurses zu Unrecht unterblieben. Auch ihr wird daher eine Beschlussausfertigung (samt Gleichschrift des Revisionsrekurses) mit dem Beisatz zuzustellen sein, dass ihr die allfällige Erstattung einer Beantwortung des zugelassenen Rechtsmittels freisteht. Erst nach Einlangen einer allfälligen Revisionsrekursbeantwortung dieser weiteren Verfahrenspartei oder nach fruchtlosem Ablauf der Revisionsrekursbeantwortungsfrist wird der Akt wieder vorzulegen sein.
Textnummer
E90473European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0100OB00091.08T.1014.000Im RIS seit
13.11.2008Zuletzt aktualisiert am
20.02.2012