Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde 1. des Dipl.- Ing. H L und 2. des C L, beide in X, beide vertreten durch Dr. Arne Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23. August 2000, Zl. IIIa1-14.300/4, betreffend wasserrechtliche Bewilligung,
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 17. Juli 1997 beantragte der Erstbeschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) die Verlängerung des mit 31. Juli 1997 befristeten Wasserbenutzungsrechtes zum Betrieb einer Kleinwasserkraftanlage an der Sill.
Ein Amtssachverständiger für Wasserbautechnik hielt zu diesem Antrag in einer Stellungnahme vom 8. Jänner 1998 fest, das bisher verliehene Wasserrecht sei mit 31. Juli 1997 befristet gewesen. Das Ansuchen sei daher nicht zeitgerecht im Sinne des § 21 Abs. 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) bei der Behörde eingelangt, weshalb es sich nicht um eine Wieder-, sondern um eine Neuverleihung des Wasserrechts handle.
Weiters führte der Amtssachverständige in dieser Stellungnahme aus, die Ausbauwassermenge von 1400 l/s sei - bezogen auf das Einzugsgebiet - mit lediglich 17 l/s, km2 im Sinne des § 105 Abs. 1 lit. i WRG 1959 äußerst niedrig angesetzt, weshalb eine möglichst vollständige wirtschaftliche Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft damit nicht gegeben sei. Das Hauptproblem der Neuverleihung des Wasserrechtes stelle jedoch das bestehende Fassungsbauwerk dar, welches gemäß § 104 Abs. 1 lit. b WRG 1959 an einem Talfluss wie der Sill nicht dem Stand der Technik entspreche. Nach den Angaben des Erstbeschwerdeführers müssten beispielsweise die Stautafeln, wenn sie nicht durch Wasserdruck nachgegeben hätten, bei einem Hochwasser mittels eines Traktors entfernt werden. Weiters bestehe die Gefahr, dass an der Wasserfassung verklausendes Wildholz zu Überbordungen der Sill führe.
Die BH teilte dem Erstbeschwerdeführer diese Ausführungen in der Stellungnahme des Amtssachverständigen in einer Einladung zu einer Besprechung mit.
Bei dieser von der BH am 3. März 1998 abgehaltenen Besprechung hielt der Amtssachverständige für Wasserbau seine Ausführungen in seiner vorangegangenen Stellungnahme aufrecht. Er machte Vorschläge für eine dem Stand der Technik entsprechende Änderung der Anlage.
Der Erstbeschwerdeführer erklärte, er halte dazu fest, dass seiner Meinung nach der Uferverbau vor wenigen Jahren dazu da gewesen sei, die angrenzenden Häuser und Wiesen besser zu schützen und dass seitdem bei Hochwasser noch nie eine größere Gefahr erkennbar gewesen sei. Außerdem würde ein Schadensfall im Bereich des Wehres ausschließlich die Wiesen bzw. die Anlage des Erstbeschwerdeführers treffen. Für ihn habe sich diese Form des Wehres seit Jahren bereits bewährt. Das Wehr selbst bestehe mit Sicherheit seit 250 Jahren an dieser Stelle und in dieser Form. Größere Investitionen seien infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse derzeit nicht tragbar. Der Erstbeschwerdeführer ersuche deshalb um Verständnis. Er werde über die vom Amtssachverständigen vorgeschlagenen Lösungen Erkundigungen hinsichtlich der Kosten und der Durchführbarkeit einziehen. Gegen die von der BH vorgenommene Wertung seines Antrages als Antrag auf Neuverleihung eines Wasserbenutzungsrechtes wandte er sich nicht.
In einem Aktenvermerk der BH vom 15. Juni 1998 ist festgehalten, es habe ein Gespräch mit dem Erstbeschwerdeführer und dem Amtssachverständigen für Wasserbautechnik gegeben. Dabei habe man sich einigen können, dass die Wasserkraftanlage in der derzeitigen Form noch 10 bis 15 Jahre wasserrechtlich bewilligt werden könne. Derzeit seien nämlich die Erfahrungen hinsichtlich eines Schlauchwehrers bzw. hinsichtlich einer anderen Wehranlage noch zu gering, um sich für eine Art, die dem neuesten Stand der Technik entspreche, entschließen zu können.
Die BH führte am 9. März 2000 über das Ansuchen des Erstbeschwerdeführers auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung eine mündliche Verhandlung durch.
Bei dieser Verhandlung führte der Amtssachverständige für Wasserbau aus, gegenüber dem Bestandsoperat im Akt habe sich die Wasserfassung insofern geändert, als nunmehr auf einer Grundschwelle aus Lärchenbohlen (Höhe rund 1,80 m über der wehrabwärtigen Sohle) insgesamt sechs Holzsteher, Seitenabmessungen 10 x 10 cm aufgesetzt seien, welche an dem Bedienungssteg anlägen. Zwischen den Stehern seien Staublätter eingelegt, welche einen Aufstau von ca. 1,30 m bewirkten. Die gesamte Wehrbreite betrage 8,50 m. Bei der entfernten Stauhaltung weise der Abflussquerschnitt somit eine Fläche von 8,50 m x 1,80 m auf, das Abfuhrvermögen dürfte etwa dem hundertjährigen Bemessungsereignis entsprechen. Bereits mehrfach sei darauf hingewiesen worden, dass, um die Hochwassersicherheit gewährleisten zu können, die Steher im Falle eines Starkregenereignisses mit einem Traktor entfernt werden müssen. Bei nicht rechtzeitiger Entfernung dieser Steher bestehe die Gefahr, dass Wildholz zu Verklausungen führe und die Sill beidseitig über die Ufer trete. Die Anlage entspreche somit nicht mehr dem Stand der Technik. Der Erstbeschwerdeführer habe bei diversen Herstellern Anbote für eine selbsttätige Staueinrichtung eingeholt. Alle vorgeschlagenen Lösungen scheiterten derzeit aus Kostengründen. Da die Anlage bereits seit Jahrzehnten im jetzigen Zustand in Betrieb sei und doch gewisse Verschleißerscheinungen aufweise, werde vorgeschlagen, das Wasserrecht letztmalig mit 31. Dezember 2013 zu befristen. Eine Wiederverleihung ab diesem Zeitpunkt käme aus wasserbautechnischer Sicht nur dann in Frage, wenn die Wehranlage entsprechend dem Stand der Technik als bewegliches Wehr umgebaut würde. Aus der Sicht der Energiewirtschaft werde darauf hingewiesen, dass die Anlage nur einen äußerst geringen Ausbaugrad von lediglich 17 l/s, km2 aufweise und deshalb die in § 105 Abs. 1 lit. i WRG 1959 geforderte möglichst vollständige wirtschaftliche Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft nicht gegeben sei.
Im Anschluss an diese Ausführungen schlug der Amtssachverständige eine Reihe von Auflagen vor. Punkt 3 dieser Auflagenvorschläge sieht vor, dass das Wasserbenutzungsrecht letztmalig bis zum 31. Dezember 2013 verliehen wird.
Mit Bescheid der BH vom 15. März 2000 wurde dem Erstbeschwerdeführer unter Spruchabschnitt I gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 5, 11, 14, 21, 22, 105, 111 und 112 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme von 1400 l/s aus der Sill zum Betrieb einer Kleinwasserkraftanlage nach Maßgabe der vorliegenden Projektsunterlagen letztmalig bis zum 31. Dezember 2013 erteilt.
Unter Spruchabschnitt II wurde das Wasserbenutzungsrecht gemäß § 22 Abs. 1 WRG 1959 mit dem Krafthausstandort auf der Gp. 24 der KG Gries a.Br. verbunden.
Der Erstbeschwerdeführer berief und wandte sich gegen den in der Bewilligung enthaltenen Passus "letztmalig".
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. August 2000 wies die belangte Behörde die Berufung des Erstbeschwerdeführers als unbegründet ab und versagte die wasserrechtliche Bewilligung für die Kleinwasserkraftanlage auf den Grundparzellen 1571/1, 3334 und der Bauparzelle 24 sowie der Grundparzelle 1002.
In der Begründung heißt es, die belangte Behörde habe an einen Amtssachverständigen für Wasserwirtschaft die Frage gerichtet, ob die Wasserbenutzungsanlage unter Berücksichtigung der beschriebenen Befundänderung, insbesondere im Hinblick auf die Staueinrichtung, tatsächlich nicht mehr dem Stand der Technik entspreche. Der daraufhin am 4. Mai 2000 eingelangten Stellungnahme des Amtssachverständigen sei zu entnehmen, dass es sich bei der Wehranlage keinesfalls mehr um eine Konstruktion handle, die dem heutigen Stand der Technik auch nur annähernd entspreche. Es sei ausgeschlossen, dass eine derartige Bauweise eines Wehres, würde sie in einem neuen Projekt enthalten sein, heute noch als ausführbar und somit bewilligungsfähig beurteilt werden könne. Da es heute im Gegensatz zu früher bzw. zu der Zeit, in der die Stauanlage errichtet worden sei, ausgereifte technische Lösungen für Wehreinbauten insbesondere in Talgewässern gebe (z.B. Stauklappe oder Schlauchwehr), die im Hochwasserfall selbsttätig den gesamten Abflussquerschnitt freigäben, könne eine Konstruktion, die im Hochwasserfall zumindest händische Eingriffe, wenn nicht den eines Traktors erfordere, nur mehr als veraltet bezeichnet werden.
Diese Stellungnahme sei dem Erstbeschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, hiezu eine Stellungnahme abzugeben. Von dieser Möglichkeit habe der Erstbeschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die gegenständliche Anlage bedürfe einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 9 WRG 1959; hiebei sei gemäß § 12a Abs. 2 WRG 1959 der Stand der Technik einzuhalten. Sowohl der Amtssachverständige der ersten Instanz als auch der von der belangten Behörde beigezogene hätten dargelegt, dass die Anlage nicht dem Stand der Technik entspreche. Zudem bestehe bei nicht rechtzeitiger Entfernung der sechs Holzsteher durch einen Traktor nach Ansicht der Amtssachverständigen die Gefahr, dass Wildholz zur Verklausungen führe und die Sill beidseitig über die Ufer trete. Es sei somit eine Schädigung von Personen nicht ausgeschlossen. Da alle Lösungsvorschläge für einen Umbau vom Erstbeschwerdeführer bisher aus Kostengründen abgelehnt worden seien, der derzeitige Zustand der Anlage unbestritten nicht dem Stand der Technik entspreche und es der Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlaubt sei, den erstinstanzlichen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, sei die wasserrechtliche Bewilligung für die Anlage zu versagen gewesen. Die Berufung des Erstbeschwerdeführers, die sich ausschließlich auf die Streichung des Wortes "letztmalig" im Spruchabschnitt I des erstinstanzlichen Bescheides beziehe, baue ausschließlich auf einer wasserrechtlichen Bewilligung der Anlage bis 31. Dezember 2013 auf. Da die Berufungsbehörde im Gegensatz zur Erstbehörde der Ansicht sei, dass der Anlage die wasserrechtliche Bewilligung zu versagen sei, weil sie den Stand der Technik nicht einhalte und deshalb eine Bewilligung und sei es auch letztmalig und befristet, nicht gesetzeskonform sei, sei auf die einzelnen Argumente der Berufung nicht näher einzugehen und der Berufung keine Folge zu geben gewesen.
Dieser Bescheid erging - wie auch der erstinstanzliche Bescheid - an den Erstbeschwerdeführer, nicht aber an den Zweitbeschwerdeführer.
Mit Schriftsatz vom 22. September 2000 teilte Rechtsanwalt Dr. W.P. der BH mit, er vertrete den Zweitbeschwerdeführer. Dieser sei durch Schenkungsvertrag Eigentümer des Grundstückes Nr. 24 der EZ. 90047 GB 81201 Gries am Brenner geworden. Mit dem Eigentumsrecht an diesem Grundstück sei das vom wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren betroffene Wasserbenutzungsrecht verbunden. Die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts des Zweitbeschwerdeführers sei zu TZ 5588/00 des Bezirksgerichtes Innsbruck mit 3. Juli 2000 erfolgt. Dem Zweitbeschwerdeführer liege der von der BH erlassene Bewilligungsbescheid vom 15. März 2000 sowie die von seinem Rechtsvorgänger dagegen eingebrachte Berufung vor. Im Gegensatz zu seinem Rechtsvorgänger, der mittlerweile wohl keine Parteistellung mehr genieße, sei aus der Sicht des Zweitbeschwerdeführers nichts dagegen einzuwenden, dass, sollte die Benutzung der Anlage über das Jahr 2013 hinaus beabsichtigt sein, Adaptierungsarbeiten erforderlich sein dürften, um die Verlängerung der wasserrechtlichen Bewilligung zu erhalten. Der erst im Zuge des Berufungsverfahrens in die Rechtsstellung des Eigentümers der Liegenschaft und somit des Betreibers der Wasserbenutzungsanlage gelangte Zweitbeschwerdeführer ziehe auf Grund dieser Sachlage hiemit ausdrücklich die von seinem Vorgänger eingebrachte Berufung zurück. Es sei daher der Bewilligungsbescheid der BH vom 15. März 2000 nunmehr rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 teilte die belangte Behörde dem Zweitbeschwerdeführer mit, dass über die Berufung seines Rechtsvorgängers bereits mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (LH) vom 23. August 2000 entschieden worden sei. Da die Zurückziehung einer Berufung erst mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde wirksam werde, sei die Berufungszurückziehung auf Grund der Tatsache, dass sie erst ca. ein Monat nach Erlassung der Berufungsentscheidung erfolgt sei, rechtlich nicht mehr erheblich. Der Bewilligungsbescheid der BH vom 15. März 2000 sei sohin nicht rechtskräftig.
Gegen den Bescheid des LH vom 23. August 2000 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers wird in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass dieser auf Grund eines mit dem Erstbeschwerdeführer abgeschlossenen Schenkungsvertrages vom 1. Oktober 1999 auch das Eigentumsrecht am Grundstück Nr. 24 der EZ. 90047 GB 81201 Gries am Brenner, mit welchem das vom Bewilligungsverfahren betroffene Wassernutzungsrecht verbunden sei, erworben habe.
Die Beschwerdeführer bringen vor, der angefochtene Bescheid sei deswegen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde den gesamten erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben habe, obwohl in der Berufung nur die Streichung des Wortes "letztmalig" beantragt worden sei. Auf Grund dieses eingeschränkten Berufungsantrages sei der übrige Teil des erstinstanzlichen Bescheides, nämlich die Bewilligung, in Rechtskraft erwachsen und der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde entzogen gewesen. Der gesamte Bescheid hätte nur dann aufgehoben werden dürfen, wenn öffentliche Interessen dies geboten hätten. Dies sei aber nicht der Fall. Die Wahrscheinlichkeit, dass von der Anlage eine Gefahr ausgehe, lasse sich den Sachverständigengutachten nicht entnehmen. Die Berufungsbehörde hätte außerdem die Beschwerdeführer darauf aufmerksam machen müssen, dass im Berufungsverfahren ein Verschlechterungsverbot nicht gelte. Dies sei aber nicht geschehen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
Vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist das Eigentum an jenem Grundstück, auf dem sich das Krafthaus der zur Bewilligung beantragten Anlage befindet und mit welchem nach Spruchabschnitt II des erstinstanzlichen Bescheides das Wasserbenutzungsrecht verbunden wurde, vom Erstbeschwerdeführer auf den Zweitbeschwerdeführer übergegangen. Damit erhebt sich die Frage, ob dadurch der Erstbeschwerdeführer die Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren und damit die Beschwerdelegitimation verloren und der Zweitbeschwerdeführer diese erworben hat.
Der Erstbeschwerdeführer hat zunächst einen Antrag auf Wiederverleihung eines infolge Ablaufes der Befristung endenden Wasserbenutzungsrechtes gestellt.
Nach § 21 Abs. 3 WRG 1959 können Ansuchen um Wiederverleihung eines bereits ausgeübten Wasserbenutzungsrechtens frühestens fünf Jahre, spätestens sechs Monate vor Ablauf der Bewilligungsdauer gestellt werden. Wird das Ansuchen rechtzeitig gestellt, hat der bisher Berechtigte Anspruch auf Wiederverleihung des Rechtes, wenn öffentliche Interessen nicht im Wege stehen und die Wasserbenutzung unter Beachtung des Standes der Technik erfolgt. Der Ablauf der Bewilligungsdauer ist in diesem Fall bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Ansuchen um Wiederverleihung gehemmt; wird gegen die Abweisung eines Ansuchens um Wiederverleihung der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof angerufen, wird die Bewilligungsdauer bis zur Entscheidung dieses Gerichtes verlängert.
Der Erstbeschwerdeführer hat den Wiederverleihungsantrag nach Ablauf der Sechsmonatefrist des § 21 Abs. 3 WRG 1959 gestellt. Die entsprechende Feststellung der Erstbehörde wurde von ihm auch nicht bestritten und er ist auch nicht der Wertung seines Antrages als Antrag auf Neuverleihung eines Wasserbenutzungsrechtes durch die Erstbehörde entgegengetreten.
Während § 21 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 einen Anspruch auf Wiederverleihung eines Wasserbenutzungsrechtes nur dem bisher Berechtigten einräumt, woraus abzuleiten ist, dass auch zur Antragstellung nur der bisher Berechtigte befugt ist und dass daher der Übergang der Berechtigung während eines anhängigen Wiederverleihungsverfahrens auch einen Wechsel in der Parteistellung mit sich bringt, enthält das WRG 1959 für einen Antrag auf (Neu)Verleihung eines Wasserbenutzungsrechtes zum Betrieb einer Wasserkraftanlage keine ausdrückliche Bestimmung, dass ein solcher Antrag nur von bestimmten Personen gestellt werden könnte.
Nach § 102 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist der Antragsteller in einem Verfahren zur Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung Partei.
Zur Einbringung eines Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung zum Betrieb einer Wasserkraftanlage ist grundsätzlich jedermann ermächtigt (vgl. Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 414). Mit einer solchen Antragstellung wird über § 102 Abs. 1 lit. a WRG 1959 auch die Parteistellung erworben.
Daran ändert auch § 22 WRG 1959 nichts.
Nach § 22 Abs. 1 WRG 1959 ist bei nicht ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen die Bewilligung auf die Person des Wasserberechtigten beschränkt; bei allen anderen Wasserbenutzungsrechten ist Wasserberechtigter der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden sind.
§ 22 Abs. 1 WRG 1959 kommt erst dann zum Tragen, wenn die angestrebte wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden ist. Für die Antragslegitimation enthält § 22 WRG 1959 keine Bestimmungen.
Aus der Anordnung, dass bei ortsfesten Wasserbenutzungsrechten Wasserberechtigter der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden sind, ist, könnte aber der Schluss gezogen werden, dass eine wasserrechtliche Bewilligung nur dem Eigentümer jener Liegenschaft oder Anlage erteilt werden kann, mit der die Wasserbenutzungsrechte verbunden sein sollen. Daraus ließe sich weiter schließen, dass auch zur Antragstellung im Wasserrechtsverfahren nur eine solche Person befugt ist. Eine solche Schlussfolgerung verbietet sich aber schon deswegen, weil das WRG 1959 nicht ausschließt, dass im Wege von Vereinbarungen erst im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens das Eigentum oder ein sonstiges Zugriffsrecht über die Liegenschaften und Anlagen, mit denen das Wasserrecht verbunden werden soll, erworben wird. Auch die Enteignungsbestimmungen ermöglichen es, ein solches Zugriffsrecht erst mit dem Abschluss des wasserrechtlichen Verfahrens zu erwerben.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auch § 22 WRG 1959 die Befugnis zur Stellung eines Antrages auf Verleihung eines Wasserbenutzungsrechtes nicht an das Eigentum einer bestimmten Liegenschaft oder Anlage bindet.
War aber die Antragstellung nicht an das Eigentum an einer bestimmten Liegenschaft gebunden, dann konnte die mit der Antragstellung verbundene Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren auch nicht durch den Verlust einer Liegenschaft verloren gehen; dies auch dann nicht, wenn es sich dabei um jene Liegenschaft handelt, auf der sich das Krafthaus der Anlage befindet. Auch der Umstand, dass die Erstbehörde das Wasserbenutzungsrecht mit dieser Liegenschaft verbunden hat, ändert daran nichts. Überdies wurde die Wirksamkeit dieser Bindung durch die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid suspendiert.
Dem Ergebnis, dass der Erstbeschwerdeführer durch die Übertragung des Grundstückes Nr. 24 nicht die Parteistellung verloren hat, steht auch nicht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1992, 91/07/0080, entgegen. Dieses Erkenntnis betraf einen Fall, in welchem eine Personengesellschaft des Handelsrechts um die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Deponie auf einem ihr gehörigen Grundstück angesucht hatte. Noch vor Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung kam es zur Auflösung der antragstellenden Personengesellschaft und zur Löschung im Handelsregister. Das Grundstück, auf welchem die Deponie errichtet werden sollte, ging an eine andere Person über. Diese erklärte, in das Verfahren eintreten zu wollen. Den ihren Antrag auf Fortführung des Verfahrens mangels Parteistellung zurückweisenden Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit dem genannten Erkenntnis auf. Er begründete dies damit, der Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung sei auf die Erwirkung eines dinglich gebundenen Wasserbenutzungsrechtes gerichtet und in diesen Fällen gäbe es eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung.
Diese Entscheidung betraf einen Fall, in welchem der Erstantragsteller seine rechtliche Existenz verlor und es zu einer Rechtsnachfolge kam. Im Beschwerdefall liegt Derartiges nicht vor.
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers ist zulässig.
Da es zu keiner Rechtsnachfolge in die allein durch die Antragstellung begründete Parteistellung kam, hat der Zweitbeschwerdeführer keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren erlangt und damit auch keine Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof. Abgesehen davon war der angefochtene Bescheid auch nicht an ihn gerichtet. Seine Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Nach § 66 Abs. 4 AVG hat außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid lediglich die Streichung des Wortes "letztmalig" begehrt. Dies änderte aber nichts daran, dass die belangte Behörde den Bescheid in jeder Richtung abändern durfte. Von einer Trennbarkeit in dem Sinn, dass auf Grund der Berufung der erstinstanzliche Bescheid mit Ausnahme des Wortes "letztmalig" rechtskräftig geworden ist, kann keine Rede sein. Eine solche Trennbarkeit könnte nur dann angenommen werden, wenn der nicht mit Berufung bekämpfte Teil des Bescheides ebenso wie der mit Berufung bekämpfte voneinander unabhängig bestehen könnten. Dies ist jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall. Die Ausführungen in der Beschwerde über die Überschreitung der Entscheidungsbefugnis der Behörde sind daher unberechtigt.
Eine Verpflichtung der belangten Behörde, den Erstbeschwerdeführer auf den Umstand hinzuweisen, dass es im Berufungsverfahren kein Verschlechterungsverbot gibt, besteht nicht.
Nach § 12a Abs. 2 WRG 1959 ist der Stand der Technik bei allen diesem Bundesgesetz unterliegenden Wasserbenutzungen, Maßnahmen und Anlagen einzuhalten. Die Behörde kann auf Antrag Ausnahmen vom Stand der Technik zulassen, soweit der Schutz der Gewässer dies erfordert oder gestattet.
Unbestritten ist, dass die Anlage des Erstbeschwerdeführers dem Stand der Technik nicht mehr entspricht. Der Stand der Technik ist aber nach § 12a Abs. 2 WRG 1959 kein unabdingbares Erfordernis einer Genehmigung. Vielmehr kann die Behörde Ausnahmen vom Stand der Technik zulassen, soweit der Schutz der Gewässer dies erfordert oder gestattet.
§ 12a Abs. 2 WRG 1959 entstammt der WRG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 74. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu
§ 12a Abs. 2 (321 Blg NR XX. GP 11) heißt es:
"Hier wird - den Intentionen des Gesetzgebers der WRG-Nov. 1990 folgend - klargestellt, dass der Stand der Technik im WRG ganz allgemein als Mindeststandard für die Beurteilung von Vorhaben gilt; er stellt dabei aber keinen Wert an sich dar, sondern ist an seiner im jeweiligen Sachzusammenhang gegebenen Bedeutung für den Schutz der Gewässer zu messen. Daher sind Abweichungen vom Stand der Technik dann erlaubt, wenn der Schutz der Gewässer dies zulässt oder wenn strengere Anforderungen notwendig erscheinen (vgl. z.B. § 33b Abs. 6)."
Der Erstbeschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren, nachdem ihm eröffnet worden war, dass die Anlage nicht dem Stand der Technik entspricht, seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass diese Anlage trotzdem genehmigt werde. Dies stellt einen Antrag auf eine Ausnahme vom Stand der Technik im Sinne des § 12a Abs. 2 WRG 1959 dar. Die Bewilligung durfte daher nicht allein deswegen versagt werden, weil die Anlage nicht dem Stand der Technik entspricht, sondern nur dann, wenn der Schutz der Gewässer ein Abgehen vom Stand der Technik nicht gestattete. Dass dies der Fall wäre, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Die Bewilligung durfte aber auch dann nicht erteilt werden, wenn durch ihre Erteilung öffentliche Interessen verletzt würden.
Die belangte Behörde führt eine mögliche Gefährdung von Personen ins Treffen. Derlei lässt sich den Aussagen der Amtssachverständigen nicht entnehmen.
Nach § 105 Abs. 1 lit. b kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu besorgen ist.
Unabhängig von einer Gefährdung von Personen kann daher die Bewilligung auch versagt werden, wenn die Anlage eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer besorgen ließe.
Im Gutachten des erstinstanzlichen Amtssachverständigen ist davon die Rede, dass infolge der Konstruktion der Anlage es zu Überbordungen der Sill kommen könne.
Aus diesen Ausführungen ist indes noch nicht zu erkennen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer zu besorgen ist, zumal der Erstbeschwerdeführer im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen hat, dass vor einigen Jahren ein Uferverbau zum Schutz der angrenzenden Häuser und Wiesen erfolgt sei, seit dem bei Hochwasser noch nie eine größere Gefahr erkennbar gewesen sei und außerdem ein Schadensfall im Bereich des Wehres ausschließlich Grundstücke und Anlagen des Erstbeschwerdeführers treffen würde. Ohne eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen und ohne entsprechende Begründung ist aber nicht erkennbar, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer zu besorgen ist.
Auf die im Gutachten des erstinstanzlichen Amtssachverständigen auch angesprochene mangelnde Ausnutzung der Wasserkräfte hat sich die belangte Behörde nicht gestützt, sodass darauf nicht einzugehen war.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Die Umsatzsteuer ist im Schriftsatzaufwand enthalten; das diesbezügliche Mehrbegehren des Erstbeschwerdeführers war daher abzuweisen.
Wien, am 23. November 2000
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000070243.X00Im RIS seit
12.11.2001