TE OGH 2008/12/9 5Ob210/08f

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Veröffentlicht am 09.12.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Lotte Hannelore B*****, vertreten durch Dr. Ludwig Druml, Rechtsanwalt in Villach, wegen Löschung von Belastungs- und Veräußerungsverboten ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 17. Juli 2008, AZ 2 R 167/08y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 5. Mai 2008, TZ 4236/08, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je GB *****. Ob diesen Liegenschaften ist sub C-LNR 1 bzw C-LNR 6 jeweils das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des von der Antragstellerin inzwischen rechtskräftig geschiedenen Ehegatten Heinrich B*****, einverleibt.

Die Antragstellerin beantragte die Löschung der zuvor bezeichneten Belastungs- und Veräußerungsverbote und legte dazu an Urkunden Ausfertigungen des rechtskräftigen Urteils des Bezirksgerichts Villach vom 22. 5. 2002, AZ 2 C 158/99h, über die Scheidung der Ehe der Antragstellerin und des Verbotsberechtigten, des rechtskräftigen Beschlusses des Bezirksgerichts Villach vom 8. 3. 2004, AZ 2 C 39/03t, über die Abweisung des Antrags des Verbotsberechtigten auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie der Klage des Verbotsberechtigten gegen die Antragstellerin auf Herausgabe von Hälfteanteilen der Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je GB ***** samt dem Schriftsatz über die Zurückziehung dieser Klage unter Anspruchsverzicht.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab.

Das Rekursgericht gab dem von der Antragstellerin erhobenen Rekurs nicht Folge und stützte sich dabei auf Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, wonach die Scheidung (folgend auch die Beendigung des nachehelichen Aufteilungsverfahrens) allein noch keinen hinreichenden Grund für die grundbücherliche Löschung eines zugunsten des geschiedenen Ehegatten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots darstelle. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit überblickbar habe der Oberste Gerichtshof die seiner Judikatur widersprechende Lehre zuletzt im Jahr 1994, also vor 14 Jahren abgelehnt. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Argumente dieser Lehre, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiterentwicklung im genannten Zeitraum sowie unter Berücksichtigung der über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Rechtsfrage erscheine eine neuerliche Befassung des Obersten Gerichtshofs mit der fraglichen Löschungsfähigkeit eines Belastungs- und Veräußerungsverbots zwischen verbotsbetroffenen Ehegatten nach Abschluss des Aufteilungsverfahrens angebracht.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Belastungs- und Veräußerungsverbote zu löschen; hilfsweise stellt die Antragstellerin auch einen Aufhebungsantrag. Die Antragstellerin macht in ihrem Revisionsrekurs - zusammengefasst - geltend, die Vorinstanzen hätten die Rechtsfrage, ob das zugunsten eines Ehegatten einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot nach rechtskräftiger Scheidung und Abschluss des nachehelichen Aufteilungsverfahrens sowie nach - unter Verzicht auf den Anspruch - erfolgter Zurückziehung einer Klage auf Herausgabe von Liegenschaftsanteilen gelöscht werden könne, zu Unrecht verneint. Im Wege der Gesetzes- und Vertragsauslegung sei unter den genannten Umständen die Löschung der Belastungs- und Veräußerungsverbote zu bewilligen, weil es dem Normzweck widerspreche, durch das Aufrechterhalten eines Belastungs- und Veräußerungsverbots auch nach der Scheidung ein dann nur mehr fiktives Familienvermögen zu schützen und dadurch Gläubiger zu schädigen. Bei richtigem Verständnis der gesetzlichen Regelung sei die aufrechte Ehe nicht nur Eintragungs-, sondern auch auch Bestandsvoraussetzung für ein Belastungs- und Veräußerungsverbot.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs der Antragstellerin unzulässig; die Zurückweisung des ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist folgend kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG) zu begründen:

1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Zusammenhang nur die Frage entscheidend sein kann, ob im Wege der Gesetzesauslegung, namentlich des § 364c ABGB ein Ergebnis dahin erzielt werden kann, dass ein zwischen Ehegatten begründetes und verbüchertes Belastungs- und Veräußerungsverbot nach rechtskräftiger Scheidung und Beendigung eines (allfälligen) nachehelichen Aufteilungsverfahrens gelöscht werden kann. Ob ein solches Ergebnis durch wertende Auslegung des die Eintragungsgrundlage bildenden Vertrags gewonnen werden könnte oder zur Trennung der Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten im Verfahren nach §§ 81 ff EheG angestrebt werden sollte, kann demgegenüber nicht Gegenstand des Grundbuchsverfahrens sein, ist es dem Grundbuchsgericht doch verwehrt, eine solche Frage der Urkundenauslegung zu entscheiden (vgl RIS-Justiz RS0060878; RS0060573; 5 Ob 292/07p; 5 Ob 154/06t) oder gar eine nacheheliche Vermögensaufteilung vorwegzunehmen.

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in drei Entscheidungen (2 Ob 455/57 = JBl 1958, 120 [zust Gschnitzer] = SZ 30/71; 5 Ob 15/77; 10 Ob 510/94) zur hier maßgeblichen Frage Stellung genommen und übereinstimmend die Ansicht vertreten, ein zwischen Ehegatten vereinbartes und bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot verliere durch die Scheidung der Ehe (folglich auch nicht nach dem Abschluss eines allfälligen nachehelichen Aufteilungsverfahrens) seine (gemeint: dingliche) Rechtswirkung nicht. In 10 Ob 510/94 hat sich der Oberste Gerichtshof mit der bis dahin vorgelegenen gegenteiligen Lehre auseinandergesetzt, hat ausführlich die vielschichtigen Zwecke aufgezeigt, die mit derartigen Verboten verfolgt werden können und hat deshalb letztlich keinen Anlass gesehen, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

3. Seit der Entscheidung 10 Ob 510/94 haben mehrfach Vertreter der Lehre zur fraglichen Wirkung der Eheauflösung auf das zu Gunsten/zu Lasten von Ehegatten einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot Stellung genommen und dabei die referierte Ansicht der Rechtsprechung überwiegend abgelehnt (vgl Angst, Rechtsfragen des rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes, in GedS Hofmeister [1996] 1 ff; Petrasch in Rummel² § 1266 ABGB Rz 2; Oberhammer in Schwimann³ § 364c ABGB Rz 6; M. Bydlinski in Rummel³ § 1266 ABGB Rz 2; Höller in Kodek, Grundbuchsrecht § 9 GBG Rz 81; vgl aber auch Spielbüchler in Rummel³, § 364c ABGB Rz 6). Da aber von der jüngeren, kritischen Lehre keine substanziellen neuen Argumente vorgetragen werden (können), bedarf es keiner nochmaligen Überprüfung der bislang einheitlichen Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0120883), wonach ein zwischen Ehegatten vereinbartes Belastungs- und Veräußerungsverbot durch die Scheidung der Ehe (gegebenenfalls nach Abschluss eines nachehelichen Aufteilungsverfahrens) - allein auf Basis der Gesetzesauslegung - nicht (automatisch) seine (dingliche) Rechtswirksamkeit verliert.

Mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin unzulässig und zurückzuweisen.

Textnummer

E89640

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00210.08F.1209.000

Im RIS seit

08.01.2009

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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