TE OGH 2008/12/16 1Ob236/08z

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Veröffentlicht am 16.12.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 5. Juli 2006 verstorbenen Reinhold N*****, infolge der Revisionsrekurse der erbserklärten Erben Robert B*****, und Gert B*****, beide vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 8. August 2008, GZ 3 R 188/08g-140, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Der (zweite) Revisionsrekurs vom 22. 10. 2008 (ON 145) wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Zwischenbeschluss vom 28. November 2007 stellte das Erstgericht das Erbrecht von insgesamt fünf gesetzlichen Erben (darunter auch der nunmehrige Revisionsrekurswerber) aufgrund des Gesetzes fest und wies die von einer weiteren Erbprätendentin aufgrund eines Testaments abgegebene Erbantrittserklärung ab. Letztere erhob durch ihren Verfahrenshelfer dagegen Rekurs, wobei sie unter anderem die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Beschlusses und des vor dem Erstgericht abgeführten Verfahrens mit der Begründung geltend machte, es habe sich durch ein im Zuge eines Pflegschaftsverfahrens eingeholtes Sachverständigengutachten herausgestellt, dass sie an psychischen Beeinträchtigungen leide, welche sie prozessunfähig machten; sie hätte bereits im Verfahren erster Instanz der Vertretung durch einen Sachwalter bedurft.

Das Rekursgericht sprach mit dem angefochtenen Beschluss aus, dass das Verlassenschaftsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bestellung eines Sachwalters im genannten Pflegschaftsverfahren unterbrochen werde. Nach § 5 Abs 2 Z 2 lit c AußStrG habe das Gericht in einem anhängigen Verfahren von Amts wegen für die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters zu sorgen, wenn sich bei einer Partei Anzeichen für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 273 ZPO (richtig: ABGB) ergeben. Da Zweifel an der Verfahrensfähigkeit der Rekurswerberin bestünden und fraglich sei, ob sie - vertreten durch ihren Verfahrenshelfer - wirksam Prozesshandlungen setzen könne, sei es zweckmäßig und sachgerecht, das Verlassenschaftsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bestellung eines Sachwalters gemäß § 25 AußStrG zu unterbrechen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob ein Unterbrechungsgrund iSd § 25 AußStrG vorliege, nicht existiere.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs (ON 142) ist zulässig und berechtigt. Dessen Wiederholung (ON 145) ist schon aufgrund des Prinzips der Einmaligkeit jedes Rechtsmittels unzulässig.

§ 25 Abs 1 AußStrG sieht verschiedene Fälle vor, in denen es zu einer ex lege eintretenden Verfahrensunterbrechung kommt, wogegen im Abs 2 Tatbestände geregelt werden, in denen das Verfahren - mit insoweit konstitutivem Beschluss - von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden kann. Zutreffend weisen die Revisionsrekurswerber darauf hin, dass keiner der im Gesetz vorgesehenen Unterbrechungsgründe verwirklicht ist.

Die Unterbrechungsgründe des Abs 2 kommen von vornherein nicht in Betracht. Der vorliegende Fall ist aber auch nicht mit der in Abs 1 Z 1 geregelten Konstellation vergleichbar, in der allenfalls eine deklarative Beschlussfassung über die bereits eingetretene Verfahrensunterbrechung in Betracht käme (vgl nur Rechberger in Rechberger AußStrG § 25 Rz 1), die das Rekursgericht bei seiner Beschlussfassung aber offenbar gar nicht im Auge hatte. Ein solcher deklarativer Beschluss wäre im Übrigen nur dann angezeigt, wenn mit Sicherheit gesagt werden kann, dass der Unterbrechungsgrund (Verlust der Verfahrensfähigkeit einer unvertretenen Partei) eingetreten ist. Dies wollte das Rekursgericht aber ersichtlich nicht ausdrücken, verwies es doch unmissverständlich darauf, dass diese Frage noch nicht abschließend geklärt sei, sondern erst in einem bereits anhängigen Verfahren geprüft werden soll.

Für einen solchen Fall ist eine Verfahrensunterbrechung gesetzlich nicht vorgesehen. Vielmehr hat das Gericht (nur) gemäß § 5 Abs 2 Z 2 lit c AußStrG von Amts wegen für die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters zu sorgen, wenn die Verfahrensfähigkeit einer Partei aus den Gründen des § 273 ABGB zweifelhaft wird. Dass vor Klärung dieser Frage eine Erledigung des Rechtsmittels nicht möglich ist, ist eine notwendige Konsequenz, die aber keineswegs eine förmliche Unterbrechung des Verfahrens erforderlich macht.

Der angefochtene Unterbrechungsbeschluss ist daher ersatzlos zu beheben.

Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass der angefochtene Beschluss nicht in einem Zwischenstreit ergangen ist und auch sonst noch keine Basis für eine Kostenentscheidung gemäß § 78 Abs 2 AußStrG vorliegt.

Textnummer

E89617

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00236.08Z.1216.000

Im RIS seit

15.01.2009

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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