TE OGH 2008/12/16 11Os76/08y

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Veröffentlicht am 16.12.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roberto E*****, Rozemarie F*****, Alois F***** und Regina D***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich sämtlicher Angeklagter sowie die Berufung des Angeklagten Roberto E***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. November 2007, GZ 123 Hv 97/07x-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roberto E***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie die Angeklagten Rozemarie F***** und Alois F***** jeweils des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach haben in Wien und anderen Orten mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und Roberto E***** in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung inhaltlich unrichtiger falscher Urkunden, nämlich durch Vorlage falscher und gefälschter Lebensbestätigungen betreffend ihren Vater bzw Schwiegervater Herbert E*****, der im Dezember 1994 verstorben war, sowie gefälschter Überweisungsaufträge betreffend das B*****-Pensionskonto lautend auf Herbert E*****, geboren 1913, Nr. *****, Angestellte nachgenannter Institutionen zur weiteren Auszahlung der (Invaliditäts-)Pension sowie deren Überweisung auf andere Konten, von wo sie sodann behoben wurde, mithin zu Handlungen verleitet, die die genannten Institutionen am Vermögen schädigten, nämlich

1.)

Berechtigte der P***** zur Auszahlung der Pension

2.)

Berechtigte der Republik Österreich, Bu*****, Landesstelle *****, zur Auszahlung einer Invaliditätsrente in voller Höhe

              3.)              Angestellte der B***** zur Durchführung von Überweisungsaufträgen, und zwar

              a)              Roberto E*****, Rozemarie F***** und Alois F***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter nach Fassen eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses im Juni 2003 im Zeitraum von Juni 2003 bis März 2004, wobei sie einen Schaden von 34.300 Euro herbeiführten,

              b)              Roberto E***** alleine, der im Zeitraum vom 28. April 2004 bis Dezember 2004 einen Schaden von weiteren 30.400 Euro herbeiführte und im Februar 2005 einen weiteren Schaden in Höhe von 6.000 Euro herbeizuführen versuchte.

Hingegen wurden diese drei Angeklagten vom Vorwurf weiterer gleichartiger Betrugshandlungen zwischen Dezember 1994 und Mai 2003 sowie die Angeklagte Regina D***** von sämtlichen gegen sie erhobenen Betrugsvorwürfen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche (zu Gunsten und zum Nachteil der Angeklagten) sowie die Freisprüche bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf Z 3, 5, 7, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Verfahrensrüge (Z 3) und die Mängelrüge (Z 5) verfehlen ihr Ziel. Dem Einwand einer Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe (Z 5 erster Fall) zuwider wurde - unter Einbeziehung des in dieser Hinsicht einheitlich mit zu berücksichtigenden Erkenntnisses (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 278) - die Höhe des herbeigeführten Vermögensschadens ziffernmäßig exakt festgestellt (US 6, 8 f iVm 2). Zum Nachteil welcher der vom Erstgericht genannten Institutionen der solcherart konkret bezeichnete, jedenfalls zugefügte Vermögensschaden (letztlich) eingetreten ist, ist rechtlich bedeutungslos (11 Os 66/01, Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 59 f; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 146 RN 190 f) und bedurfte daher weder in den Entscheidungsgründen noch - der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider - im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) einer näheren Präzisierung.

Auch die Rüge einer Unvollständigkeit der Entscheidungsbegründung durch unterbliebene Berücksichtigung von (vermeintlichen) Beweisergebnissen für eine gemeinschaftliche Verabredung der Angeklagten zur Übermittlung von Herbert E***** betreffenden gefälschten Lebensbestätigungen aus Brasilien (Z 5 zweiter Fall) ist nicht berechtigt. Denn die (die Fortzahlung von Pensionsbezügen des bereits verstorbenen Herbert E***** bewirkende) Übermittlung gefälschter Lebensbestätigungen an die P***** und das B***** (durch nicht näher genannte Personen) wurde vom Schöffengericht ebenso festgestellt (US 9) wie der weitere Tatumstand, dass sich die Angeklagten zur Durchführung des Betrugsvorhabens des Kontos der Leila E***** bedienten (US 6). Dass die Tatrichter aus diesen, somit sehr wohl berücksichtigten Verfahrensergebnissen indes nicht daraus von der Nichtigkeitswerberin abgeleitete (mutmaßliche) Schlüsse gezogen haben, betrifft nicht den in Rede stehenden Nichtigkeitsgrund, sondern die - im kollegialgerichtlichen Verfahren so nicht bekämpfbare - tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0099412).

Mit dem Hinweis darauf, dass die im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) getroffene Urteilsannahme einer Vorlage der Herbert E***** betreffenden gefälschten Lebensbestätigungen durch die Angeklagten den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist, macht die Nichtigkeitswerberin einen - nur im Fall logischer Unvereinbarkeit vorliegenden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438) - Widerspruch von Urteilsannahmen (Z 5 dritter Fall) nicht geltend. Überdies übergeht sie dabei die diesbezüglichen Konstatierungen zu den (betrügerischen) Schriftsätzen der Angeklagten (US 10 iVm 8 f - gefälschte Telefaxsendungen).

Auch den Beschwerdeeinwänden einer offenbar unzureichenden Entscheidungsbegründung (Z 5 vierter Fall) kommt keine Berechtigung zu.

In wessen Vermögen der Betrugsschaden eingetreten ist, ist - wie erwähnt - für die Tatbildverwirklichung nach § 146 StGB rechtlich ohne Bedeutung, umso weniger die Frage einer Schadensliquidation (neuerlich Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 146 RN 191). Die Rüge einer offenbar unzureichenden Begründung der Feststellung einer zwischen der P*****, dem Bu***** und der B***** getroffenen Vereinbarung über die Aufteilung des Betrugsschadens (US 10) betrifft somit keine entscheidenden Tatsachen und kann daher auf sich beruhen. Indem die Beschwerdeführerin - mit der überdies urteilsfremden Zitierung der Begründungsannahme „alleinigen" (richtig: grundsätzlichen - US 17) Zugriffes des in Brasilien aufhältigen Stefan E***** auf die Fahrnisse des verstorbenen Vaters Herbert E***** - die logisch und empirisch einwandfreie und daher aus Z 5 vierter Fall nicht zu beanstandende Begründungserwägung daraus gefolgerter an sich möglicher Sparbuchbehebungen durch den Genannten mit eigenständigen beweiswürdigenden Erwägungen in Frage stellt, bringt sie den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.

Dies trifft auch auf den Beschwerdeeinwand einer offenbar unzureichenden Begründung der Nichtannahme gewerbsmäßigen Tatvorgehens der Angeklagten Rozemarie F***** und Alois F***** zu, weil die Nichtigkeitswerberin Argumente für ihren Standpunkt, die Begründung des Schöffengerichts (US 16) widerstreite Denkgesetzen oder grundlegenden empirischen Erfahrungssätzen (RIS-Justiz RS0099563), vermissen lässt.

Die Rüge aus Z 5 fünfter Fall der - überdies wie erwähnt nicht entscheidungswesentlichen - Feststellung einer zwischen der P*****, dem Bu***** und der B***** über die Aufteilung des Betrugsschadens getroffenen Vereinbarung verkennt grundlegend, dass Aktenwidrigkeit nur im Fall der unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe des (eine entscheidende Tatsache betreffenden) Inhalts einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen im Urteil vorliegt und daher mit der gegenständlich vorgebrachten Behauptung eines „Widerspruchs" zwischen Urteilsfeststellungen und Beweisergebnissen gar nicht geltend gemacht wird (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467 f). Die - ohne nähere Begründung und näheren Urteilsbezug vorgebrachte - Rüge einer Nichterledigung der Anklage zufolge Undeutlichkeit und mangelnder Individualisierung der Freisprüche (nur Z 7; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 526) bleibt in Anbetracht des Urteilsinhalts unverständlich:

danach wurden nämlich die Angeklagten Roberto E*****, Rozemarie F***** und Alois F***** für die Tatzeiträume von Dezember 1994 bis Mai 2003 und die Angeklagte Regina D***** für die Tatzeiträume von Dezember 1994 bis März 2005 (diese somit von sämtlichen Anklagevorwürfen - ON 26) von den (bezogen auf die Tatschilderungen im Erkenntnis der Schuldsprüche) „gleichlautend wider sie erhobenen Vorwürfen" (US 4), also der Teilnahme an oder jedweder Unterstützung der betrügerischen Inanspruchnahme der Ruhegeldzahlungen für Herbert E***** (US 11, 16 f) freigesprochen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt einerseits mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt und andererseits mangels methodengerechter Ableitung bloß behaupteter Rechtsfehler aus dem Gesetz die Ausrichtung am Verfahrensrecht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584, 588, 593):

Denn nach den mit dem Beschwerdeeinwand eines Fehlens von Feststellungen dazu, auf welchen Schädigungsbetrag sich der Vorsatz der Angeklagten erstreckte, vernachlässigten, bei gebotener Gesamtsicht der Urteilsannahmen indes hinreichend deutlich getroffenen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) Urteilskonstatierungen (US 10 f iVm 6, 8 f) war der Vorsatz der Angeklagten Roberto E*****, Rozemarie F***** und Alois F***** auf die Herbeiführung eines Vermögensschadens in Höhe der vom Pensionskonto des Herbert E***** auf das Konto der Leila E***** - jener des Angeklagten Roberto E***** überdies auch auf sein Konto - überwiesenen Geldbeträge gerichtet. Weshalb es (wie auch unter dem bereits erörterten Gesichtspunkt einer behaupteten Undeutlichkeit von Feststellungen aus Z 5 erster Fall gerügt) Feststellungen dazu bedurfte, „bei welcher Institution (P*****, Bu*****, B*****) objektiv der Schaden unmittelbar eingetreten ist", legt die Nichtigkeitswerberin juristisch fundiert (auch) mit der Rechtsrüge nicht dar.

Eine Tatbeteiligung der vier Angeklagten an der betrügerischen Erlangung von Ruhegeldzahlungen für Herbert E***** in der Zeit vor Juni 2003 konnte vom Schöffengericht nicht festgestellt werden (US 11). Mit der weitwendigen Forderung dazu konträrer Urteilsannahmen verfehlt die Nichtigkeitswerberin die in diesem Zusammenhang (vgl oben) gebotene Ausrichtung am Urteilssachverhalt und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.

Die prozessordnungsgemäße Darstellung einer Subsumtionsrüge (Z 10) erfordert die auf den Urteilssachverhalt gestützte Darlegung, weshalb die Subsumtion durch das Erstgericht rechtlich unrichtig sei, die festgestellten Tatsachen vielmehr eine andere (konkret zu benennende) strafbare Handlung verwirklichten (RIS-Justiz RS0099984, RS0118415). Diesen Anforderungen wird die (eine Tatunterstellung nach § 165 und § 223 StGB reklamierende) Subsumtionsrüge schon deshalb nicht gerecht, weil sie mit dem Hinweis, dass den Urteilsfeststellungen eine Übermittlung gefälschter Lebensbestätigungen an die bezugsauszahlenden Stellen durch die Angeklagten nicht zu entnehmen ist, die übrigen Täuschungshandlungen im Rahmen des angenommenen mehraktigen Tatgeschehens (US 6, 10) übergeht.

Die somit zum Teil nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte, im Übrigen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur - schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Roberto E***** obliegt damit dem Oberlandesgericht Wien (§ 285i StPO).

Anmerkung

E8972711Os76.08y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0110OS00076.08Y.1216.000

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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