TE OGH 2008/12/16 14Os166/08f

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Veröffentlicht am 16.12.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Trebuch als Schriftführer in der Strafsache gegen Hannes S***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 12. September 2008, GZ 11 Hv 160/07v-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hannes S***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Danach hat er „im Zeitraum von 30. Oktober 2002 bis einschließlich 22. Oktober 2003 in T***** bzw O***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der Raiba T***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, ein rückzahlungsfähiger und -williger Kontoinhaber bzw Darlehensnehmer zu sein, sowie einen weiteren Anspruch auf Leistungen aus einer Unfallversicherung betreffend seinen Motorradunfall in der Höhe von 500.000 EUR zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zu haben, zu einer Handlung, und zwar zur Gewährung der sukzessiven Ausschöpfung eines Internkreditrahmens betreffend das Konto mit der Nr. ***** bis zum Betrag von insgesamt 360.000 EUR verleitet, die die Raiffeisenbank T***** insgesamt in einem Betrag von 338.627,17 EUR am Vermögen schädigte."

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf „Beischaffung des Aktes 5 Cg 28/06s des Landesgerichts Leoben zum Beweis dafür, dass in diesem Verfahren die klagende Partei Raiffeisenbank T***** zugesteht und ihr bekannt war, dass der Angeklagte seit Anfang der 90er Jahre arbeitslos ist und auf dem Gehaltskonto zu Nr. ***** als regelmäßige Gutschriften eine monatliche Pension von 757,77 EUR von der PVA ausgezahlt wurde, sowie dass dem Angeklagten ohne schriftliche, formale Vereinbarung ein Kredit zu Konto Nr. ***** eingeräumt" und keine „Vereinbarung über die Herstellung einer Pfandurkunde", über eine Mietzinszession, „über die Höhe der eingeräumten Kredite, der Zinsen, Gesamtbelastung oder Fälligkeit zur Rückzahlung" geschlossen wurde (sodass ein Verstoß gegen Verbrauchervorschriften vorliege) und dass die Abdeckung des Saldos durch Inanspruchnahme einer Auszahlungsanordnung unterlassen wurde und dass die „Raika T***** über 500.000 EUR eingeklagt hat und den Saldo am Wertpapierverrechnungskonto ***** mit 30. Juni 2006 mit einem Guthaben von 172.514,52 EUR unberücksichtigt belassen hat" (S 457 f/II), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Dem Urteil liegen nämlich gar keine dem Beweisthema widersprechenden Sachverhaltsannahmen zugrunde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342). Insbesondere gingen die Tatrichter ohnedies von der unterbliebenen Einlösung einer vom Angeklagten unterzeichneten Eurolastschrift durch das Raiffeiseninstitut (US 10) und weiters davon aus, dass im Bankinstitut der Bezug von Invaliditätspension durch den Angeklagten bekannt war (US 4, 18). Der Antrag zeigte auch nicht auf, inwiefern sich aus dem Zivilakt neues Beweissubstrat mit der Eignung ergeben könnte, die dem Gericht durch die Gesamtheit der bereits vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage maßgebend zu verändern und weshalb eine höhere Klagssumme im Zivilprozess für den strafrechtlich relevanten Schaden bedeutend sein sollte (RIS-Justiz RS0099523).

Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen den Urteilsannahmen, wonach „August Se***** von der Raiffeisenbank T*****" bereits im Herbst 2003 bekannt war, „dass die Bauarbeiten am

Brunnerhaus abgeschlossen waren ... der Internkreditrahmen ... bis

zum Betrag von rund 360.000 EUR ... überzogen" war, „sodass August

Se***** aus diesem Grund mit dem Angeklagten eine tatsächliche Krediturkunde errichten wollte" (US 9) und der Erwägung, wonach die „Verantwortlichen der Raiffeisenbank T***** bereits im Spätherbst bzw Winter 2003 bzw 2003/2004 vom Umstand gewusst haben, dass die Finanzierung des Brunnerhauses durch die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG M***** erfolgen würde" (US 21), ist nicht erkennbar. Mit der entsprechenden Urteilskritik wird vielmehr bloß bei eigenständiger Interpretation von Angaben der Zeugen Mag. S***** und August Se***** in im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehener Weise die den Feststellungen zur sachverhaltsbezogenen Täuschung zugrunde liegende Beweiswürdigung in Frage gestellt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439).

Die Aussagen der Zeugen Mag. S***** und August Se***** betreffend die strittige Vorlage eines Schreibens des Rechtsanwalts Mag. E***** vom 10. März 2005 (Beilage ./2) wurden der Rüge (Z 5 fünfter Fall) zuwider aktenkonform angeführt (US 22).

Soweit die Rüge - unter eigener Analyse isoliert betrachteter Positionen „komprimierter Auszüge" (gemeint: Kontenübersicht S 355 ff/I) - gegen die Konstatierung zur Inanspruchnahme des Internkreditrahmens durch den Angeklagten (US 5) remonstriert, unterlässt sie die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370), womit sie erneut bloß unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft. Entgegen weiterer Beschwerdekritik beinhalten die Entscheidungsgründe keine Feststellung, wonach der Angeklagte Pflegegeld in Höhe von

1.400 EUR monatlich bezogen hat. Die Tatrichter haben vielmehr eine entsprechende Äußerung des Angeklagten gegenüber August S***** angenommen (US 12), womit sich die Rüge diesbezüglich ebenso einer inhaltlichen Erwiderung entzieht wie in Betreff der unsubstantiierten Behauptung, es lasse sich eine Täuschungshandlung im Tatzeitraum ausschließen.

Weshalb der Umstand, dass das Wertpapierdepot mit der Nr 61.000.196 bei der Raiffeisenbank T***** ein Guthaben von über 70.000 EUR (vgl US 4) zum 21. Dezember 2002 und (laut Aktenvermerk der Raiffeisenbank vom 29. Juni 2006; S 299/I) zum 27. Juni 2005 aufgewiesen hat, der Entlastung des Angeklagten vom Schuldvorwurf (bei festgestellter Höhe der Außenstände zum 29. Juni 2005; vgl US 12) dienen könnte und daher gesondert (siehe nämlich US 13) erörtert hätte werden müssen (Z 5 zweiter Fall), erklärt die Beschwerde nicht. Mit - gegen die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit des Zeugen August Se***** gerichteten - Spekulationen zu bankinternen Abläufen und Verantwortungen wird Nichtigkeit aus Z 5 gleichfalls nicht aufgezeigt.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (vgl RIS-Justiz RS0118780).

Im dargelegten Sinn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zeigt die Rüge (Z 5a) mit der Wiedergabe von Teilen der Aussagen des Angeklagten und von Auskunftspersonen sowie mit eigenen Überlegungen zum Aussageverhalten und zum Ablauf der Kreditgewährung und ferner mit Hinweisen auf einzelne Zahlungen durch den Angeklagten sowie dem unterbliebenen Einsatz einer Einziehungsermächtigung nicht auf. Da die Geltendmachung materieller Nichtigkeit stets unter Zugrundelegung des gesamten Urteilssachverhalts zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0099810), verfehlt auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) eine gesetzeskonforme Ausrichtung. Denn mit der Behauptung unzureichender Feststellungen zum subjektiven und objektiven Tatverhalten übergeht sie bloß die entscheidenden und ausreichenden Urteilsannahmen (US 5 und 6) und legt nicht dar, welche darüber hinausgehenden Konstatierungen für die rechtsrichtige Subsumtion erforderlich gewesen wären. Ebenso wird mit der bloßen Bestreitung für den Angeklagten nachteiliger Feststellungen, die die Rüge beweiswürdigend durch andere Konstatierungen ersetzt sehen will, der in den tatsächlichen Urteilsannahmen gelegenen Bezugspunkt einer Rechtsrüge missachtet.

Schließlich spricht der Einwand überhöht festgestellten Schadens zufolge unterbliebenem Abzug von Zahlungen in Höhe von insgesamt 49.000 EUR - weil die Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB nicht berührt wird - keine entscheidungswesentliche Tatsache an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E8976714Os166.08f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0140OS00166.08F.1216.000

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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