TE Vfgh Erkenntnis 1998/3/12 B451/96

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Veröffentlicht am 12.03.1998
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der die Familienbesteuerung betreffenden Bestimmungen des EStG 1988 mit E v 17.10.97, G168/96 ua. Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie den für die Kinder geleisteten Unterhaltszahlungen die steuerliche Anerkennung versagt hat , Gesetzesbestimmungen angewendet, die vom Verfassungsgerichtshof mit dem eben zitierten Erkenntnis aufgehoben wurden. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers als nachteilig erweist. Kostenzuspruch. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- und Reisekosten in Höhe von S 3.360,20, die dem Beschwerdeführer für seine Teilnahme an den öffentlichen mündlichen Verhandlungen im Gesetzesprüfungsverfahren erwachsen sind, enthalten. Weitere Quasi-Anlaßfälle: E v 28.11.97, B2364/96 ua, B309/97 ua, B676/97, B849/97 ua, B1204/97 ua, B2409/97, E v 12.03.98, B451/96.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000.-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wird die vom nunmehrigen Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen die Arbeitnehmerveranlagung 1994 als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wird u.a. auf §33 Abs4 Z3 litb EStG 1988 idF BGBl. 312/1992 gestützt.

2. Die Beschwerde gegen den Berufungsbescheid rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie - der Sache nach - die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.

II.Aus Anlaß anderer Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren u.a. zur Prüfung der oben genannten Bestimmung ein. Mit Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, G168/96 ua., hob der Gerichtshof diese als verfassungswidrig auf.

III.1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

Die mündliche Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 6. und 17. Oktober 1997 statt. Der der vorliegenden Beschwerde zugrundeliegende Verfahrenshilfeantrag ist beim Verfassungsgerichtshof am 31. Jänner 1996 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B451.1996

Dokumentnummer

JFT_10019688_96B00451_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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