TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/24 96/19/2810

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Veröffentlicht am 24.11.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1 Z2;
ZustG §17 Abs3 letzter Satz;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der 1972 geborenen M L in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. August 1996, Zl. 107.495/6-III/11/96, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.A. Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die nach der Aktenlage zuletzt über einen Wiedereinreisesichtvermerk vom 5. April 1993 bis 30. März 1994 verfügte, beantragte am 25. Februar 1994 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. August 1994 gemäß § 5 Abs. 2 AufG ab. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 2. September 1994 zugestellt.

Die am 26. September 1994 zur Post gegebene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Juli 1995 zurückgewiesen, weil die Zustellung rechtswirksam am 5. September 1994 erfolgt und die Berufung erst am 26. September 1994 und daher verspätet eingebracht worden sei.

Mit Schriftsatz vom 10. August 1995, bei der belangten Behörde eingelangt am 14. August 1995, beantragte die Beschwerdeführerin - unter gleichzeitiger neuerlicher Erhebung der Berufung - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den obgenannten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien und brachte dazu vor, die Behörde habe richtig festgestellt, dass der genannte Bescheid der Beschwerdeführerin am 5. September 1994 durch Hinterlegung zugestellt worden sei. "Zu dieser Zeit" habe sich die Beschwerdeführerin jedoch auf einer Studienreise befunden und habe das Poststück daher erst am 15. September 1994 von der Post beheben können. Da die Rechtsmittelbelehrung eine zweiwöchige Frist vorgesehen habe, habe die Beschwerdeführerin bei der zuständigen Referentin der MA 62 angerufen und diese gefragt, ob bzw. ab wann diese Berufungsfrist zu berechnen sei. Sie habe genau erklärt, dass es ihr auf Grund ihrer Abwesenheit erst am 15. September 1994 möglich gewesen sei, die schon früher hinterlegte Postsendung zu beheben. Sie habe die nunmehr leider unrichtige Auskunft erhalten, dass die zweiwöchige Berufungsfrist ab dem Tag der Abholung der Sendung bei der Post zu laufen beginne und daher der diesbezügliche Poststempel für die Berechnung ausschlaggebend wäre. Auf Grund dieser unrichtigen Rechtsmittelbelehrung über die Berechnung der Berufungsfrist sei die Berufung erst am 26. September 1994 direkt an die belangte Behörde geschickt worden. Die Beschwerdeführerin habe erst durch den Zurückweisungsbescheid erfahren, dass die damalige Rechtsmittelbelehrung unrichtig gewesen sei. Diese unrichtige Belehrung sei sicher als unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis einzustufen, an welchem die Beschwerdeführerin keinerlei Verschulden trage.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. Februar 1996 mit der wesentlichen Begründung ab, die Behörde treffe keine Manuduktionspflicht, den Antragsteller über die Einhaltung der Berufungsfrist zu belehren. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung vom 8. März 1996 gegen die Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwar angeführt, zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien dauernd ortsabwesend gewesen zu sein, jedoch sei ein Nachweis der angeblichen Verhinderung ausgeblieben, obwohl die Partei die Beweislast treffe. Die Beschwerdeführerin habe jedenfalls die behauptete Ortsabwesenheit nicht als wahrscheinlich dartun können. Weiters werde darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand, dass die Verwaltungsbehörde den Einschreiter nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages hingewiesen habe, keine Verletzung der Manuduktionspflicht im Sinn des § 13a AVG und kein rechtswidriges Verhalten der Behörde darstelle. Daher sei die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages unzulässig gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass der angefochtene verfahrensrechtliche Bescheid nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 FrG außer Kraft getreten ist. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass nach dem im Verwaltungsakt erliegenden Rückschein die Zustellung des in Rede stehenden Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 17. August 1994 durch Hinterlegung tatsächlich bereits am 2. September (und nicht am 5. September, wie von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmend angenommen wurde) 1994 erfolgt ist. Dieser Diskrepanz kommt jedoch für die nachstehenden Ausführungen keine Bedeutung zu.

Die Beschwerdeführerin ist der Annahme der belangten Behörde in ihrem Zurückweisungsbescheid vom 19. Juli 1995, dass die Zustellung des in Rede stehenden erstinstanzlichen Bescheides rechtswirksam am 5. September 1994 erfolgt und die Berufung am 26. September 1994 - somit verspätet - eingebracht worden sei, im Verwaltungsverfahren insofern entgegengetreten, als sie vorgebracht hat, sie habe infolge Ortsabwesenheit zurzeit der Hinterlegung den in Rede stehenden Bescheid erst am 15. September 1994 beheben können. Sie habe nach Schilderung "dieser Umstände" die - wie sich durch die Erlassung des Bescheides über die Zurückweisung der Berufung als verspätet gezeigt habe - unrichtige Auskunft erhalten, dass die zweiwöchige Berufungsfrist diesfalls erst ab dem Tag der Abholung der Postsendung bei der Post zu laufen beginne. Diese (unabhängig von der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrung) von der bescheidausstellenden Behörde erteilte Mitteilung bzw. Belehrung über den Beginn des Laufes der Rechtsmittelfrist stelle ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinn des § 71 Abs. 1 Z. 1 und 2 AVG dar. Dieses Vorbringen wird im Wesentlichen auch in der Beschwerde wiederholt.

Damit wird jedoch schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil unter Zugrundelegung der Behauptungen der Beschwerdeführerin keine Fristversäumung vorläge:

War die Beschwerdeführerin nämlich tatsächlich im Hinterlegungszeitpunkt ortsabwesend gewesen und erst am 15. September 1994 an die Abgabestelle zurückgekehrt, so wäre die Zustellung entweder (falls die Abholfrist noch offen war) erst am Tag nach der Rückkehr gemäß § 17 Abs. 3 letzter Satz ZustG wirksam geworden oder gemäß § 7 ZustG durch das tatsächliche Zukommen an die Beschwerdeführerin am 15. September 1994 geheilt worden. Davon ausgehend wäre die am 26. September 1994 zur Post gegebene Berufung rechtzeitig erhoben worden.

Die "Richtigkeit" (bzw. Vollständigkeit) der der Beschwerdführerin telefonisch erteilten Belehrung über den Beginn des Laufes der Rechtsmittelfrist kann daher dahinstehen.

Dass die Berufung der Beschwerdeführerin ungeachtet der vorstehenden Ausführungen dennoch wegen Verspätung zurückgewiesen wurde, steht dem nicht entgegen. Wäre die Zurückweisung der Berufung rechtswidrig gewesen, so hätte die Beschwerdeführerin diesen Bescheid bekämpfen müssen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996192810.X00

Im RIS seit

08.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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