TE OGH 2008/12/17 2Ob256/08y

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Veröffentlicht am 17.12.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan H*****, vertreten durch Brand Lang Wiederkehr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beklagten Jan M*****, vertreten durch Dr. Jaromir Leimberger, Rechtsanwalt in Brünn, tschechische Republik, wegen 4.940 EUR sA und Feststellung, aus Anlass des Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 2. Mai 2008, GZ 21 R 68/08k-38, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom 12. Dezember 2007, GZ 2 C 748/06a-27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von dem in der tschechischen Republik ansässigen Beklagten die Bezahlung von 4.940 EUR sowie die mit 1.000 EUR bewertete Feststellung der Haftung des Beklagten für derzeit nicht bekannte kausale Schäden, die aus der Verletzung des Klägers durch einen Mitarbeiter des Beklagten resultieren. Zur Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichts berief sich der Kläger auf die Art 15 f EuGVVO.

Im erstinstanzlichen Verfahren schritt für den Beklagten der in der Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer nicht eingetragene, in Brünn in der tschechischen Republik ansässige Rechtsanwalt Dr. Jaromir Leimberger ein. Ein Einvernehmen zwischen dem einschreitenden Rechtsanwalt und einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Einvernehmensrechtsanwalt wurde nach der Aktenlage bisher nicht nachgewiesen.

Mit Beschluss vom 12. Dezember 2007 wies das Erstgericht den Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteils ab und wies die Klage mangels internationaler Zuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge und ließ erst über fristgerechten Antrag des Klägers gemäß § 528 Abs 2a ZPO den Revisionsrekurs zu.

Dem für den Beklagten einschreitenden Rechtsanwalt Dr. Leimberger wurden sowohl der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als auch der Beschluss des Rekursgerichts vom 21. August 2008 über die nachträgliche Zulassung des Revisionsrekurses, nicht jedoch die Gleichschrift des Revisionsrekurses zugestellt.

Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Das Erstgericht legte die Akten dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

Gemäß § 5 Abs 1 EIRAG dürfen in Verfahren mit absoluter Anwaltspflicht wie im vorliegenden Verfahren dienstleistende europäische Rechtsanwälte als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernehmen mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln. Gemäß § 5 Abs 2 EIRAG ist das Einvernehmen bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen.

Da im vorliegenden Fall ein solches Einvernehmen nicht nachgewiesen wurde, wurde durch das Einschreiten des Beklagtenvertreters die Postulationsunfähigkeit des Beklagten nicht beseitigt. Bei von einem dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt ohne nachgewiesenen Einvernehmensrechtsanwalt eingebrachten Schriftsätzen wäre daher ein Verbesserungsverfahren durchzuführen gewesen. Dieses ist unterblieben.

Die Außerachtlassung der Anwaltspflicht bewirkt jedoch keine Nichtigkeit, sondern bloß einen Verfahrensmangel. Erfolgt in der Berufung (oder hier im Rekurs) diesbezüglich keine Rüge, gilt der Mangel als geheilt (RIS-Justiz RS0120327). Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass für das bisherige Verfahren der Mangel der Postulationsfähigkeit des Beklagten geheilt ist.

Im Revisionsrekursverfahren wurde bisher das rechtliche Gehör des Beklagten aber jedenfalls dadurch verletzt, dass weder dem Beklagtenvertreter noch dem Beklagten selbst die Gleichschrift des Revisionsrekurses zugestellt wurde.

Um die Revisionsrekursbeantwortungsfrist in Gang zu setzen, bedarf es daher der Zustellung der Gleichschrift des Revisionsrekurses an die Beklagtenseite.

Dazu wird das Erstgericht zunächst an den Beklagtenvertreter (nicht an den Beklagten, vgl 7 Ob 135/04k) die Aufforderung, gemäß § 6 Satz 1 EIRAG einen im Inland wohnhaften Zustellbevollmächtigten namhaft zu machen, richten müssen. Dabei wird der Beklagtenvertreter auf das Erfordernis des Nachweises des Einvernehmens gemäß § 5 EIRAG hinzuweisen sein.

Im Fall der Erfolglosigkeit wird das Erstgericht gemäß § 6 Satz 3 (gegebenenfalls Satz 2) EIRAG vorzugehen haben.

Nach fristgerechtem Einlangen einer Revisionsrekursbeantwortung oder nach erfolglosem Verstreichen der Frist zur Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung ist der Akt neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

Textnummer

E90954

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0020OB00256.08Y.1217.000

Im RIS seit

16.01.2009

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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