TE OGH 2008/12/19 1R234/08a

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2008
beobachten
merken

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie den Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Rassi und den KR Hornek in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am 29.03.2008 verstorbenen Dr. H***** R*****, zuletzt wohnhaft in ***** Wien, vertreten durch Dr. Thomas Wiesinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, ***** Wien, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen zuletzt EUR 42.968,77 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 28.08.2008, 26 Cg 114/07y-14, in nichtöffentlicher Sitzung I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folgegegeben.

Das angefochtene Urteil wird insoweit bestätigt, dass es als Teilurteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 1.753,10 samt 9,97% Zinsen vom 20.12.2006 bis 31.12.2006, 10,67% Zinsen vom 01.01.2007 bis 14.03.2007 sowie 11,19% Zinsen seit 15.03.2007 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.“

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

II. den Beschluss

gefasst:

Darüber hinaus, nämlich betreffend die Abweisung von EUR 41.215,67 sA wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte zuletzt insgesamt EUR 42.968,77 sA als offene Forderungen aus dem zwischen Dr.Reitböck und der Beklagten (bzw von dieser in der Folge durch Verschmelzung übernommenen Gesellschaften) bis Ende 2004 bestandenen anwaltlichen Vertretungsverhältnis. Sie machte dabei anwaltliche Honorarforderungen aus mehreren – unten näher geschilderten – Fällen, eine kapitalisierte Verzugszinsenforderung aufgrund verspäteter Honorarzahlung, pauschalierte Korrespondenzkosten und Forderungen für von Dr.R***** bezahlte Barauslagen und Pauschalgebühren geltend. Sie brachte dazu im einzelnen wie folgt vor:

1. Causa F***** GmbH/J*****/H***** (EUR 22.714,47): In dieser Causa behauptet die Klägerin eine Honorarforderung von EUR 53.886,37 und brachte dazu vor, die Beklagte habe „den Anspruch auf 100% des verrechneten Betrages“ anerkannt (vgl Seite 4 der Klage). Von der genannten Summe zog die Klägerin Teilzahlungen von EUR 17.409,66 und ein von ihr anerkanntes Gutachten von EUR 13.762,24 ab.

2. Causa Ste***** (EUR 1.101,92): Hier stützt sich die Klägerin auf von Dr.R***** im Zeitraum Juni 2000 bis Oktober 2004 erbrachte anwaltliche Leistungen. Der eingeklagte Betrag hafte deshalb aus, weil die Beklagte die an sich vereinbarte Kürzung der tarifmäßigen Kosten um 70% doppelt vorgenommen habe. Die Klägerin verwies zuletzt auf die Beilage ./M, machte den Inhalt dieser Beilage zum Inhalt ihres Vorbringens und legte dar, dass von der sich daraus ergebenden Rechnungssumme (EUR 1.479,63) das Akonto von EUR 269,98 und die bisherigen Zahlungen von insg EUR 107,73 abzuziehen seien.

3. Causa Stü***** (zuletzt EUR 2.689,27): Dr.R***** habe von Jänner 2000 bis September 2002 anwaltliche Leistungen erbracht und (nach einer Kürzung von 70%) den eingeklagten Betrag verrechnet. Die Klägerin stützt sich hier auf die detaillierte Aufschlüsselung in der Beilage ./L, deren Inhalt sie zu ihrem Vorbringen erhob.

4. Kapitalisierte Verzugszinsen (EUR 6.920,--): In den Fällen Sch***** und B***** habe die Beklagte die seit 19.12.2003 fällige Honorarforderung von EUR 18,252,34 erst am 19.12.2006 überwiesen. Die Klägerin macht für 910 Tage bis zum 30.06.2006 Verzugszinsen im Ausmaß von 9,47% geltend, die sie mit EUR 6.062,50 kapitalisierte. Für den restlichen Zeitraum wurden bis zum Tag der Zahlung für 172 Tage Verzugszinsen von 9,47%, in kapitalisierter Form EUR 857,50, geltend gemacht.

5. Rückersatz für Substitutionskosten, Barauslagen und für einen irrtümlich überwiesenen Betrag (EUR 985,58): Neben der Rückerstattung

der von Dr.R***** für die Beklagte getragenen Kosten eines Substituten im Fall P***** im Ausmaß von EUR 361,32 begehrt die Klägerin auch den Ersatz von Schlosserkosten in zwei Fällen (B***** und E*****) von insg EUR 210,-- sowie die Rückerstattung einer irrtümlich an die Beklagte geleisteten Zahlung von EUR 414,26.

6. Rückersatz für entrichtete Pauschalgebühr (zuletzt EUR 8.257,53):

Dr.R***** habe in zahlreichen Verfahren für die Beklagte Pauschalgebühren entrichtet, wobei die Klägerin zuletzt insgesamt 42 Einzelpositionen unter Anführung des Einzugsdatums, der Aktenzahl, des Gerichtes, der Rechtssache und der bezahlten Pauschalgebühr aufschlüsselte. Gleichzeitig führte sie 14 Positionen an, aus denen sich ein Guthaben der Beklagten ergebe. Dieses Guthaben rechnete die Klägerin ihren ältesten Forderungen an bzw erklärte sie in diesem Zusammenhang Kompensation. Die Klägerin macht hier den Saldo von zuletzt EUR 8.257,53 geltend.

7. Pauschalierte Korrespondenzkosten (EUR 300,--): Die Beklagte habe es entgegen ihrer Zusagen verabsäumt, alle Kunden von der Beendigung des Vollmachtverhältnisses zu Dr.R***** zu verständigen. Dieser habe daher unzählige Schriftstücke an die Beklagte weiterleiten müssen. Dafür seien ihm Postgebühren von mindestens EUR 300,-- entstanden. Die Beklagte wandte Verjährung bzw mangelnde Fälligkeit ein und brachte auch vor, dass aus der Klagserzählung eine nachvollziehbare Aufschlüsselung des Begehrens nicht ersichtlich sei. Es sei der Beklagten trotz der vorgelegten Urkunden nicht möglich, das Klagebegehren nachzurechnen oder nachzuvollziehen. Entgegen der getroffenen Vereinbarungen habe die Klägerin teilweise 100% der tariflichen Kosten verrechnet. Die Beklagte wies darauf hin, dass Honorarforderungen bereits beglichen seien und dass das Vorbringen der Klägerin im Widerspruch zu den von ihr vorgelegten Urkunden stehe.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage zur Gänze wegen Unschlüssigkeit ab. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es, dass die Klägerin die einzelnen Ansprüche nicht nachvollziehbar aufgegliedert hätte. Es sei weder der Beginn der Auftragsverhältnisse, die Bemessungsgrundlage der Kosten oder der Zeitpunkt der Übermittlung der Honorarnoten an die Beklagte dargelegt worden. Das betreffe insb die oben unter Punkt 1 bis 3 dargestellten Forderungen. Das fehlende Vorbringen könne auch weder durch Verweis auf Urkunden noch durch eigene Berechnungen des Gerichtes ersetzt werden. Bei der Zinsforderung (vgl oben Punkt 4) habe es die Klägerin verabsäumt, die Grundlage der Fälligkeit darzulegen. Auch bei den unter Punkt 5 angeführten Kosten habe es die Beklagte verabsäumt vorzubringen, woraus sich der Eintritt der Fälligkeit ergebe. Beim begehrten Ersatz der Pauschalgebühren (vgl Punkt 6) habe die Klägerin die einzelnen Beträge zwar aufgeschlüsselt. Es sei aber nicht klargestellt worden, wann die entsprechende Aufrechnung gegen das Guthaben der Beklagten erfolgt sei bzw ob die Aufrechnung mit dem entsprechenden Schriftsatz erklärt werde. Zudem stimme der geltend gemachte Betrag nicht mit der sich aus der Beilage ./QQ ergebenden Rechnungssumme überein. Das Begehren für Postgebühren (Punkt 7) sei lückenhaft und unzureichend begründet, weil die Beklagte (richtig: die Klägerin) nicht angegeben habe, in welchem Zeitraum diese Ansprüche entstanden sein sollen bzw welche Schriftstücke und Urkunden an die Beklagte weitergeleitet worden seien.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist teilweise berechtigt.

Die Klägerin machte einen kapitalisierten Betrag von EUR 6.062,50 für 9,47% Verzugszinsen aus EUR 18,252,34 für 910 Tage geltend (vgl oben Punkt 4). Im Hinblick auf die behauptete Höhe des Zinssatzes, den vorgebrachten Kapitalbetrag und die Dauer des Zinsenlaufes, können auf das Vorbringen der Klägerin maximal EUR 4.309,40 an kapitalisierten Zinsen gestützt werden. Das Klagebehren bezüglich der Differenz zur begehrten Höhe von EUR 6.062,50 besteht deshalb offenkundig nicht zu Recht, was wertungsmäßig einer Unschlüssigkeit gleichsteht (vgl Kodek in Fasching/Konecny² III § 244 ZPO Rz 51). Bereits das eigenen Vorbringen in der Klage entzieht dem Begehren im Ausmaß von EUR 1.753,10 daher die Grundlage, weshalb das Erstgericht die Klage im Ergebnis in diesem Umfang zutreffend abgewiesen hat. Dieser Rechenfehler führt aber nicht dazu, dass deshalb das gesamte Verzugszinsenbegehren unschlüssig ist (idS auch Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² III § 396 ZPO Rz 7). Die angefochtene Entscheidung war insoweit als Teilurteil zu bestätigen (zur Frage der Fälligkeit vgl unten).

Im Übrigen ist die Berufung berechtigt, weil die vom Erstgericht herangezogenen Gründe für eine Unschlüssigkeit nicht gegeben sind. Eine Klage muss gemäß § 226 Abs 1 ZPO ein bestimmtes Begehren enthalten, die Tatsachen, auf welche sich der Anspruch des Klägers in Haupt- und Nebensachen gründet, im einzelnen kurz und vollständig angeben und die Beweismittel im einzelnen genau bezeichnen, deren sich der Kläger zum Nachweis seiner tatsächlichen Behauptungen zu bedienen beabsichtigt (5 Ob 302/85); vgl auch § 76 ZPO über das Erfordernis des Tatsachenvorbringens und der Beweismittelbezeichnung in Schriftsätzen im allgemeinen. Tatsachenvorbringen und Schlüssigkeit der Klage stehen in einem engen Zusammenhang. Während das völlige Fehlen von Tatsachenbehauptungen den Mangel einer Inhaltsvoraussetzung für eine Klage bildet und – nach zwingend gebotenem, aber erfolglos gebliebenem Verbesserungsversuch – zur Zurückweisung der Klage als zur geschäftlichen Behandlung nicht geeignet führen muss (vgl OLG Wien EvBl 1948/709), betrifft die Schlüssigkeit der Klage deren sachliche Berechtigung und muss nach erfolglos gebliebener richterlicher Belehrung und Anleitung in der mündlichen Verhandlung zur Klagsabweisung durch Urteil führen. Unschlüssigkeit liegt dann vor, wenn sich aus den von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen das von ihr gestellte Klagebegehren nicht rechtlich ableiten lässt (JUS 46, 20 [1988]). Das kann zwei Ursachen haben. Entweder sind die vorgetragenen Tatsachen zu unvollständig geblieben, um die begehrte Rechtsfolge daraus ableiten zu können. Dann spricht man von der sog Unschlüssigkeit wegen Unvollständigkeit; in diesem Fall liegt eine Verletzung der klägerischen Behauptungslast vor. Andererseits liegt Unschlüssigkeit vor, wenn sich auch im Falle eines ergänzten Sachvortrages der behauptete Tatbestand nicht unter die für die Rechtsfolge maßgebenden Rechtsnormen (RdW 1986, 272) subsumieren lässt (Unschlüssigkeit im eigentlichen Sinn). Die Unschlüssigkeit lässt sich letztlich nur vom Begehren aus durch Rückblick auf den maßgeblichen Sachverhalt und unter Bezug auf die vorgetragenen Tatsachen prüfen und ist daher Gegenstand der rechtlichen Beurteilung (Fasching in Fasching/Konecny² III § 226 ZPO Rz 94). Auch eine bloß lückenhafte oder unzureichend begründete Klage, die nicht die für eine rechtliche Beurteilung des Begehrens erforderlichen Mindestangaben hat, führt nach einem erfolglosen Verbesserungsauftrag zur Abweisung der Klage wegen Unschlüssigkeit (Fasching in Fasching/Konecny² III § 226 ZPO Rz 99; Deixler-Hübner, PraktZPR6 I 312; Rechberger, JBl 1974, 571; Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht6 Rz 685). Als Maßstab für die Schlüssigkeitsprüfung ist zu untersuchen, ob aufgrund des klägerischen Begehrens und Vorbringens ein Versäumungsurteil ergehen könnte (RS0001252 [T 4]). Das entsprechende Vorbringen muss also so viel an rechtserzeugenden Tatsachen enthalten, dass der geltend gemachte Anspruch aufgrund dieser Tatsachen hinreichend substantiiert erscheint (9 ObA 326/89). Unter Heranziehung der oben dargelegten Grundsätze ist das Begehren der Klägerin samt dem dazu erstatteten Vorbringen noch als schlüssig zu qualifizieren. Begehrt ein Rechtsanwalt aus gesondert zu beurteilenden, wenn auch auf demselben Rechtsgrund beruhenden Rechtsverhältnissen nicht die Summe des Honorars, sondern einen Pauschalbetrag ohne nähere Aufschlüsselung, so ist dieser Pauschalbetrag entsprechend aufzugliedern, um den Bestimmtheitserfordernissen des § 226 ZPO gerecht zu werden (RIS-Justiz RS0114624). Ohne eine solche Aufschlüsselung wäre es nicht möglich, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung des Zahlungsbegehrens zu bestimmen und damit die Frage zu beantworten, über welche der eingeklagten Forderungen bzw in welchem Ausmaß über diese nun endgültig negativ abgesprochen wurde (RIS-Justiz RS0114624; RS0031014).

Die Klägerin hat jedoch keinen Pauschalbetrag ohne weitere Aufschlüsselung begehrt, sondern die einzelnen Forderungen - wie oben dargestellt - aufgeschlüsselt. Ihre Klagsforderung ist somit eine Summe (ua) der einzelnen Honorarforderungen aus den Causen F***** GmbH/J*****/H*****, Stü***** und Ste*****. Bei der Ableitung mehrerer Geldforderungen aus einem rechtserzeugenden Sachverhalt müssen jedenfalls in der Klagserzählung die einzelnen Beträge ziffernmäßig aufgegliedert sein (vgl EvBl 1961/149 mwN; 7 Ob 683/88; Fasching Lehrbuch² Rz 1044). Setzt sich dagegen ein auf einen einheitlichen Anspruchsgrund gestütztes Begehren aus zahlreichen Einzelforderungen zusammen, die während eines längeren Zeitraumes aufgelaufen sind, so wäre das Gebot nach einer Präzisierung des Vorbringens überspannt, würde man für jeden einzelnen von zahlreichen Fällen ein gesondertes detailliertes Vorbringen fordern. Die vom Erstgericht vermisste mangelnde Aufgliederung der Honorarnoten in einzelne Posten oder Zeiträume nimmt dem diesbezüglichen Vorbringen hier nicht die Schlüssigkeit (in diesem Sinne bereits 8 Ob 209/79, 9 ObA 326/89; 1 Ob 666/90). Gleichartige Ansprüche können daher zu einem einheitlichen Begehren zusammengefasst werden, sodass etwa bei den einzelnen Honoraransprüchen die Forderung einer Gesamtsumme für jeden einzelnen Fall im Allgemeinen ausreicht (vgl 8 Ob 672/89, 1 Ob 99/07a), ohne dass jede Einzelleistung detailliert anzugeben ist. Das gilt auch für die geltend gemachten Postgebühren. Die Klägerin hat das Entstehen dieser Kosten im Ausmaß von EUR 300,-- hinreichend schlüssig behauptet. Sie war nicht dazu gehalten, jeden Vorgang im Einzelnen darzulegen, bei dem Dr.R***** Postgebühren für die Gegenseite aufwenden musste. Dem Erstgericht wird dadurch eine Entscheidung über die Feststellung einer allfälligen Forderung nicht erschwert, zumal hier die Anwendung der freien richterlichen Betragsschätzung nach § 273 ZPO möglich erscheint.

Was den Fall F***** GmbH/J*****/H***** betrifft, war die Klägerin schon deshalb nicht verpflichtet, die von Dr.R***** erbrachten Leistungen näher aufzuschlüsseln, weil sich hier die Klage darauf stützt, dass die Beklagte den Betrag von EUR 53.886,37 anerkannt hätte. Eine Klage ist hinreichend substantiiert, wenn die Anerkennung eines Schuldsaldos aus einem Verrechnungsverhältnis behauptet wird (EvBl 1973/106 = JBl 1974, 46). Vom (laut Vorbringen) anerkannten Betrag zog die Klägerin ein Guthaben der Beklagten bzw die bisher geleisteten Teilzahlungen ab. Die Teilzahlungen und ein allfälliges Guthaben der Beklagten vermindern die klägerische Forderung, weshalb diesbezüglich nicht die Klägerin, sondern die Beklagte behauptungs- und beweislastpflichtig ist (RIS-Justiz RS0037694). Die Klägerin war somit nicht gehalten, die von ihr getätigten Abzüge von ihrer Honorarforderung näher aufzuschlüsseln. Der in dieser Causa verbleibende Restbetrag von EUR 22.714,47 wurde somit schlüssig dargelegt.

Die Schlüssigkeit der Klage in den Causen Stü***** und Ste***** wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Klägerin auch hier die einzelnen anwaltlichen Leistungen nicht detailliert aufgeschlüsselt hat.

Zum Akt Ste***** wurde vorgebracht, dass die Beklagte das verrechnete Honorar nur deshalb nicht zur Gänze bezahlt habe, weil sie irrtümlich den vereinbarungsgemäß um 70% gekürzten Betrag noch einmal um 70% gekürzt haben soll. Auch dieses Vorbringen kann die begehrte Rechtsfolge begründen. Nach den Behauptungen der Klägerin soll die Honorarforderung an sich von der Beklagten gar nicht bestritten worden sein. Demnach geht es nach der Klage hier nur um die dargelegte Berechnungsfrage. Zudem wurde die Honorarforderung detailliert in der Beilage ./M dargestellt. Dem Hinweis des Erstgerichtes, dass ein notwendiges Vorbringen nicht durch den Verweis auf Urkunden ersetzt werden kann, ist im Allgemeinen zuzustimmen (RIS-Justiz RS0017844). Das bedeutet aber nicht, dass anwaltliche Honorarleistungen ohne Rücksicht auf das gegnerische Vorbringen stets und vorweg bis ins Detail aufgeschlüsselt werden müssen. Die Beklagte wandte zur Causa Ste***** zunächst nur allgemein ein, dass eine nachvollziehbare Aufschlüsselung nicht ersichtlich sei (vgl ON 2). Später wurde bemängelt, dass die eingeklagte Summe von EUR 1.101,92 nicht nachvollzogen werden könne (vgl ON 8, Seite 6). Unter Bezugnahme auf die bereits erwähnte Beilage ./M berief sich die Klägerin zuletzt auf die daraus ersichtliche offene Rechnungssumme, von der sie ein Akonto und Zahlungen abzog und letztlich den eingeklagten Betrag von EUR 1.101,92 schlüssig darlegte. Damit hat sie ihrer Behauptungspflicht entsprochen bzw ausreichend auf das gegnerische Vorbringen reagiert. Ähnliches gilt für die Honorarforderung in der Causa Stü*****. Auch hier überspannt das Erstgericht die Anforderung an das klägerische Vorbringen. Die Klägerin hat zunächst eine offene Honorarforderung von EUR 2.820,08 geltend gemacht und sich dabei auf die detaillierte Aufschlüsselung in der Beilage ./L gestützt. Dem entgegnete die Beklagte, die Klägerin habe die Höhe der bisherigen Zahlungen der Beklagten falsch berücksichtigt. So hätte die Beklagte an Pauschalgebühr EUR 2.161,58 statt EUR 2.030,77 (also um EUR 130,81 mehr) gezahlt und auch weitere Zahlungen von EUR 323,90 bzw EUR 2,30 getätigt. Die Klägerin schränkte in der Folge als Reaktion auf dieses Vorbringen ihr Begehren in diesem Punkt (um EUR 130,81) auf EUR 2.689,27 ein. Damit schloss sie sich dem Standpunkt der Gegenseite zur Höhe der bereits entrichteten Pauschalgebühr an (vgl ON 10). Das bedeutet, dass in der Causa Stü***** zwischen den Streitteilen die Honoraransprüche der Klägerin der Höhe nach nur mehr hinsichtlich der angeblichen weiteren Zahlungen der Beklagten von EUR 323,90 bzw EUR 2,30 strittig sind. Weder in der auf den Schriftsatz der Klägerin ON 10 folgenden Replik der Beklagten ON 11 noch in der Tagsatzung zur Streitverhandlung am 26.06.2008 (vgl ON 13) wird das zuletzt zur Causa Stü***** erstattete klägerische Vorbringen von der Beklagten bestritten. Es würde die Anforderungen an die Schlüssigkeit überspannen, von der Klägerin zu verlangen, den zuletzt geltend gemachten Betrag von EUR 2.689,27 detailliert in die jeweiligen Einzelleistungen aufzugliedern.

Auch im Punkt der Fälligkeit ist das Begehren der Klägerin schlüssig. Wer eine Forderung behauptet und einklagt, bringt damit konkludent auch deren Fälligkeit zum Ausdruck (RIS-Justiz RS0038165). Bei einer Verzugszinsenforderung ist das Begehren ausreichend schlüssig, wenn der Beginn des Zinsenlaufes (=Eintritt der Fälligkeit), der Zinsfuß und die Dauer des Zinsenlaufes behaupten wird (vgl auch RIS-Justiz RS0003153). Dem entspricht das Vorbringen der Klägerin. Die bloße Behauptung, dass die letztlich am 19.12.2006 bezahlte Forderung bereits am 19.12.2003 fällig war, reicht aus, um die Anforderungen an die Schlüssigkeit zu erfüllen, zumal sogar die Einklagung einer Forderung ohne ausdrückliche Behauptung ihrer Fälligkeit die Klage noch nicht unschlüssig macht (SZ 24/147). Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang (vgl ON 8, Seite 7 und ON 11, Seite 4) ausschließlich den Einwand der Verjährung erhoben. Für die Klägerin bestand daher kein Anlass, weitere Umstände zum Eintritt der Fälligkeit zu behaupten. Der Vorwurf des Erstgerichtes, dass es die Klägerin bei der Verzugszinsenforderung verabsäumt hätte, die Grundlage der Fälligkeit darzulegen, geht somit ins Leere, zumal das Erstgericht bei der Erörterung im Verfahren erster Instanz die Darlegung dieser Grundlage nicht vermisst hat (vgl insb ON 9). Das zur Fälligkeit Gesagte gilt auch für die Forderungen der Klägerin für die von Dr.R***** bezahlten Substitutionskosten und Barauslagen (vgl oben Punkt 5). In Anknüpfung an das oben Gesagte ist auch hier festzuhalten, dass die Ausführungen der Klägerin zu den geltend gemachten Rückersatzansprüchen auch aus anderen Gründen nicht unschlüssig sind. Die Klägerin begehrt hier den Ersatz der von Dr.R***** für die Beklagte geleisteten Zahlungen von insg EUR 571,32 bzw für eine irrtümlich an die Beklagte geleistete Zahlung von EUR 414,26. Das Vorbringen in der Klage reicht für die oben dargelegten Voraussetzungen der Schlüssigkeit aus; ob diese Ansprüche zu Recht bestehen, wird das Beweisverfahren zu klären haben. Auch das detailreiche und aufgeschlüsselte Vorbringen zu den Pauschalgebühren erfüllt die Anforderungen an die Schlüssigkeit (vgl oben Punkt 6). Die Klägerin hat mit ihrem Rückersatzanspruch für ausgelegte Pauschalgebühren (spätestens) mit dem Schriftsatz ON 10 gegen entsprechende Forderungen der Beklagten aus einem Guthaben aus diesem Bereich wirksam außergerichtlich aufgerechnet. Die Ausführungen der Klägerin, dass die Aufrechnungslage zwischen den wechselseitigen Forderungen, die bereits vor Klagseinbringung entstanden sein sollen, und auch eine zur Schuldtilgung erforderliche unbedingte Aufrechnungserklärung erfolgt sei (6 Ob 705/84), sind hinreichend schlüssig. Der Hinweis des Erstgerichtes und der Beklagten auf die Beilage ./QQ ändert daran nichts. Eine Urkunde kann auf die Schlüssigkeit des Parteienvorbringens nämlich nur dann von Einfluss sein, wenn ihr Inhalt damit in unlösbarem Widerspruch steht (RIS-Justiz RS0017844). Ein solcher Widerspruch liegt nicht darin, dass sich der aus der Beilage ./QQ zugunsten der Klägerin ergebende Saldo von EUR 8.550,05 dem zuletzt geltend gemachten Betrag von EUR 8.257,53 nicht entspricht. Die Differenz erklärt sich vielmehr daraus, dass die Klägerin ihr Klagebegehren in diesem Punkt (Rückersatz für Pauschalgebühren) von ursprünglich EUR 8.550,05 auf EUR 8.257,53 eingeschränkt hat. Dabei wurde offengelegt (vgl ON 10), dass nicht nur auf den Rückersatz für (alle) Beträge auf den Seiten 5-7 der Beilage ./QQ, sondern auch für einzelne Beträgen auf den Seiten 1-4 der Beilage ./QQ verzichtet werde.

Die Klage ist daher auch hinsichtlich dieses Anspruches schlüssig. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren daher Grund und Höhe der noch unerledigten klägerischen Ansprüche zu prüfen haben. Der Kostenvorbehalt hinsichtlich des Teilurteiles stützt sich auf § 52 Abs 2 ZPO, hinsichtlich des aufhebenden Teiles dieser Entscheidung auf § 52 Abs 1 ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das Teilurteil beruht auf den §§ 500 Abs 2 Z 3, 502 Abs 1 ZPO. der vom Teilurteil betroffene Teil des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,-- nicht übersteigt, macht die Revision gegen das Teilurteil nicht etwa jedenfalls unzulässig (1 Ob 55/04a; RIS-Justiz RS0043025 [T9]; Zechnerin Fasching/KonecnyIV/1² § 519 ZPO Rz 56). Es ist vielmehr die Zulässigkeit der Anrufung des OGH nach dem Wert des gesamten Entscheidungsgegenstandes zu beurteilen, über den die zweite Instanz - teils mit Urteil, teils mit Beschluss - erkannte (1 Ob 208/97p; Zechnerin Fasching/KonecnyIV/1² § 519 ZPO Rz 56). Es ist daher nur der gesamte Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 500 Abs 2 ZPO maßgebend (RIS-Justiz RS0042408).

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil die Bedeutung der Entscheidung über den Einzelfall nicht hinausgeht. Das Berufungsgericht orientiert sich an der zitierten Rechtsprechung des OGH. Die Schlüssigkeit einer Klage kann zudem nur an Hand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden. Ob eine Klage schlüssig ist, sich also der Anspruch aus dem behaupteten Sachverhalt ergibt, kann daher nie eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO sein (RIS-Justiz RS0037780).

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW006831R234.08a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2008:00100R00234.08A.1219.000

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten