Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Horst W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, gegen die beklagte Partei O***** Vermietung und Verkauf GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlich 30.375 EUR sA und Feststellung (Streitwert 500 EUR), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. August 2008, GZ 2 R 100/08b-71, womit infolge Berufungen beider Teile das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. März 2008, GZ 12 Cg 24/06h-65, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die bezüglich der Abweisung von 11.625 EUR sA, der Leistung einer Schmerzengeldrente von 900 EUR monatlich und der Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden des Klägers zu einem Viertel als in Rechtskraft erwachsen bzw unangefochten unberührt bleiben, werden im übrigen Umfang (Zuspruch von 30.375 EUR sA und Feststellung der Haftung der Beklagten für drei Viertel aller künftigen Schäden des Klägers) sowie im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte von der Beklagten zuletzt die Zahlung von 42.000 EUR sA an Schmerzengeld, die Leistung einer Schmerzengeldrente von 900 EUR monatlich bis zum Lebensende sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftige Schäden aus Anlass des Vorfalls vom 17. 6. 2005. Er brachte, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, im Wesentlichen vor, er habe an einer Charterfahrt auf der Yacht der Beklagten teilgenommen. Die Yacht sei bereits einen Tag vor dem beabsichtigen Ende der Charterfahrt in die Marina K***** in P***** (Kroatien) zurückgekehrt. Dort sei die Crew von einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Ivan B*****, aufgefordert worden, das Schiff zu betanken, wobei dieser Mitarbeiter der Beklagten beim Betankungsvorgang mitgearbeitet bzw diesen kontrolliert habe. Während des Betankungsvorgangs habe dieser Mitarbeiter der Beklagten ohne Rücksprache mit dem Skipper eigenmächtig hinter dessen Rücken das Schiff betreten und ohne Genehmigung Teile des Fußbodens entfernt, um in den Motorraum und zu den Tanks zu gelangen, wo mittels Schaugläsern der Befüllungsstand der Tanks kontrolliert werden könne. Als der Kläger über Ersuchen dieses Mitarbeiters eine Taschenlampe holen habe wollen, sei er in die so entstandene Öffnung im Schiffsrumpf gestürzt und habe sich dabei zahlreiche Verletzungen zugezogen. Die Yacht sei gemäß dem Chartervertrag an den Skipper vollgetankt zu übergeben und von diesem wieder vollgetankt zurückzustellen. Es sei daher im Interesse der Beklagten gelegen, dass die Tanks ordnungsgemäß befüllt werden. Die Beklagte hafte für ihren Mitarbeiter, der den Kläger nicht auf den Umstand hingewiesen habe, dass er einen Deckel im Schiffsboden entfernt habe, zumal es im Schiffsrumpf finster gewesen sei und der Kläger die Öffnung nicht erkennen habe können.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei mit dem Kläger in keiner Vertragsbeziehung gestanden. Sie habe mit Hans-Jörg J***** als Skipper für den Zeitraum vom 11. 6. 2005 bis 18. 6. 2005 einen Chartervertrag abgeschlossen. Der Skipper trage vereinbarungsgemäß von der Übergabe des Bootes bis zu seiner Rückstellung die alleinige Verantwortung für das Boot und die aus dessen Benützung resultierenden Schäden. Eine vertragliche Regelung bestehe aber zwischen dem Kläger als Crew-Mitglied und dem Skipper, mit dessen Einverständnis der Kläger sich auf der Yacht befunden habe. Auch Ivan B***** sei dem Skipper zur Seite gestellt und ihm weisungsunterworfen gewesen. Für sein allfälliges Fehlverhalten sei daher nicht die Beklagte, sondern allenfalls der Skipper verantwortlich. Bestritten werde, dass die Crew von einem Mitarbeiter der Beklagten aufgefordert worden sei, die Yacht zu betanken. Ivan B***** sei in den Motorraum gestiegen, um an einem Schauglas zu kontrollieren, wieviel Diesel noch fehle. Der Kläger habe angeboten, seine in der Koje befindliche Taschenlampe zu holen. Obwohl ihm bewusst sein habe müssen, dass der Tankvorgang nur bei offener Luke möglich sei, habe er bei der Wahl seines Weges zur Koje diesen Umstand missachtet und sei durch die offene Luke in den Motorraum gestürzt. Dafür sei allein der Kläger verantwortlich; es treffe ihn jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger 32.500 EUR sA und ab Februar 2008 eine Schmerzengeldrente von 406 EUR monatlich bis an sein Lebensende zu zahlen. Weiters stellte es die Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftigen Schäden aus Anlass des Unfalls vom 17. 6. 2005 fest. Das Mehrbegehren von 11.300 EUR sA sowie das Rentenmehrbegehren wies es ab. Es traf folgende - für das Revisionsverfahren noch wesentliche - Feststellungen:
Die Yacht der Type Eurobänker 46 „Parquenn", die einer in Kroatien etablierten Unternehmung gehört, wurde von der Beklagten zur Vercharterung übernommen. Diese hatte bereits für die Sommersaison 2004 diese Yacht an den Skipper Hans-Jörg J***** verchartert, zu dessen Crew auch der Kläger gehörte. Die Yacht war vom Skipper und der Crew im Heimathafen des Schiffes in der Marina K***** im vollbetankten Zustand übernommen und nach Beendigung des Chartervertrags dort im vollbetankten Zustand wieder zurückgestellt worden. Zur Übergabe und Übernahme sowie insbesondere auch zur Kontrolle des Tankstandes bediente sich die klagende (beklagte?) Partei des Zeugen Ivan B*****, eines Mitarbeiters des Eigentümers der Yacht.
Auch für die Sommersaison 2005 charterte Hans-Jörg J***** für die insgesamt neunköpfige Crew, zu der auch wiederum der Kläger gehörte, die Yacht. Die Anmietung erfolgte für den Zeitraum vom 11. 6. 2005, 19:00 Uhr bis 18. 6. 2005, 8:00 Uhr, wobei die Übernahme und Übergabe der Yacht jeweils im Hafen P***** an der Marina K***** durchzuführen war. Nach dem schriftlichen Chartervertrag hatte der Charterer unter anderem nach Beendigung der Charter das Schiff dem Vercharterer zur Überprüfung von Zustand und Vollständigkeit, vollgetankt und in ordnungsgemäßem Zustand zu übergeben. Ist das Schiff bei Rückgabe nicht vollgetankt und sollte das Tanken durch den Vercharterer erfolgen, so hatte der Charterer neben den Treibstoffkosten ein Entgelt für den Zeitaufwand von 50 EUR zu leisten.
Die Yacht wurde vom Skipper Hans-Jörg J***** und seiner Crew vereinbarungsgemäß am 11. 6. 2005 im Heimathafen übernommen, wobei die Übergabe durch den ihnen bereits bekannten Ivan B***** erfolgte. Im Hinblick auf die für den 18. 6. 2005 bereits um 8:00 Uhr früh vereinbarte Rückstellung der Yacht schlug der Skipper seiner Crew vor, bereits am Vortag in den Hafen zurückzukehren, die Yacht ordnungsgemäß zu betanken und sodann die Nacht im Hafen zu verbringen, allenfalls lediglich über eine kurze Wegstrecke den Hafen wieder zu verlassen. Da alle mit diesem Vorschlag einverstanden waren, kehrte die Crew mit der Yacht bereits am 17. 6. 2005 in den Hafen zurück, um das Schiff zu betanken und es am nächsten Tag an die Beklagte zurückzustellen. Es war zwar die im Hafen gelegene Tankstelle geschlossen, jedoch war ein Tankwagen vorhanden, bei dem sich der Tankwagenfahrer und Ivan B***** aufhielten. Letzterer trug ein gelbes T-Shirt mit der Firmenaufschrift der Beklagten, weshalb ihn der Skipper und auch der Kläger für einen Mitarbeiter der Beklagten hielten. Der Betankungsvorgang verlief kompliziert, weil die Zapfpistole nicht in den Tankstutzen eingeführt werden konnte und das Betanken deshalb ein Befüllen mit weniger Druck und unter Aufwendung besonderer Sorgfalt erforderte. Daneben musste der Befüllungsstand des Schifftanks überprüft werden. Dazu befanden sich Schaugläser im Motorraum unterhalb des Kombüsenbodens. Im Kombüsenboden waren drei quadratische Deckel eingelassen, die den Zugang in den Motorraum ermöglichten. Eine Notwendigkeit, diese Deckel zu öffnen, hatte während der gesamten Charterfahrt nicht bestanden, und war dem Kläger die Möglichkeit, die Deckel zu öffnen, nie aufgefallen. Während des Tankvorgangs stieg Ivan B***** - vom Skipper unbemerkt - vom Ufer auf die Yacht und sodann in die Kombüse, um die Abdeckplatte zum Motorraum zu entfernen und dort den Tankstand an den Schaugläsern zu überprüfen. Wegen der Dunkelheit im Motorraum konnte er die „vorgesehene Überprüfung des Tankstands" nicht vornehmen, sodass er die Kombüse wieder verließ, ohne den Boden abzudecken. Danach fragte er den im Bereich des Tankwagens stehenden Kläger, ob er eine Taschenlampe besitze, worauf der Kläger die Yacht betrat und zur Kombüse hinabstieg, um die in seiner Schlafkoje befindliche Taschenlampe zu holen. Dabei trug er aufgrund der grellen Sonne zur Mittagszeit eine Sonnenbrille. Als er die etwa drei Stufen zur Kombüse hinabstieg, hatte er seinen Blick auf den Bereich der Kajüte, in dem sich die Taschenlampe befand, gerichtet. Da die Yacht direkt an der Mole lag, gab es nur von der Seeseite her Lichteinfall. Da der Kläger nicht auf den Boden sah, stürzte er durch das Loch in den Motorraum, wodurch er sich schwere Verletzungen zuzog.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, der zwischen der Beklagten und dem Skipper J***** abgeschlossene Vertrag sei ein solcher mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, in dessen Schutzbereich jedenfalls die Crew (und als deren Mitglied der Kläger) einzubeziehen sei. Die Beklagte sei als Vermieterin der Yacht nicht nur zur ordnungsgemäßen Übergabe, sondern auch zur Übernahme verpflichtet gewesen und habe sich dabei des Zeugen Ivan B***** bedient. Ob es sich dabei um einen Mitarbeiter des Schiffseigentümers gehandelt habe, sei ohne Bedeutung. Außerdem habe der Kläger aufgrund der festgestellten Umstände darauf vertrauen dürfen, dass Ivan B***** im Namen und im Auftrag der Beklagten tätig werde. Damit habe kein Zweifel darüber bestanden, dass Ivan B***** im Sinne eines ihm erteilten Auftrags zur Übernahme der Yacht gehandelt habe, wenngleich sein Tätigwerden beim Tankvorgang nicht mit dem Skipper abgesprochen (und insofern eigenmächtig) gewesen sei. Jedenfalls habe er die Kontrolle der Tankbefüllung vorgenommen, die der Beklagten oblegen habe. Die von Ivan B***** in dieser Lage geschaffene Gefahrensituation sei daher der Beklagten zuzurechnen, die damit aufgrund der den Kläger erfassenden Schutzwirkung des Mietvertrags für den eingetretenen Schaden hafte.
Den Kläger treffe kein Mitverschulden am Unfall. Er habe daher Anspruch auf ein angemessenes Schmerzengeld in Höhe von 32.500 EUR. Auch eine Schmerzengeldrente von 406 EUR monatlich sei aufgrund lebenslang wiederkehrender Schmerzen angemessen. Schließlich sei auch das Feststellungsbegehren berechtigt.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge und erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger 30.375 EUR sA an Schmerzengeld zu bezahlen. Weiters wurde festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger für drei Viertel aller künftigen Schäden aus dem Unfall zu haften habe. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Es führte im Wesentlichen aus, dass das Erstgericht zutreffend materielles österreichisches Recht angewendet habe. Dass der Kläger konkret von den Schutzwirkungen des Vertrags zwischen dem Skipper und der Beklagten erfasst sei, stelle die Beklagte zutreffend nicht in Abrede. Die Beklagte habe es mit Eingehen des Chartervertrags übernommen, die Rechtsgüter ihres Vertragspartners nach Tunlichkeit vor Schaden zu bewahren. Eine solche Rechtsgüterverletzung durch den Geschäftsherrn selbst sei als positive Vertragsverletzung anzusehen. Da sich die Beklagte im eigenen Interesse zur Kontrolle des Tankfüllstands der Mithilfe des Ivan B***** bedient habe, habe sie gemäß § 1313a ABGB auch für sein schädigendes Verhalten einzustehen. Soweit die Beklagte auf die Feststellung des Erstgerichts verweise, dass sich die klagende Partei zur Kontrolle des Tankstands eines Mitarbeiters des Eigentümers bedient habe, sei aus der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts ohne jeden Zweifel erkennbar, dass es sich hier um einen Schreibfehler handle und das Erstgericht davon ausgegangen sei, dass sich die Beklagte als Vercharterer bei der Rückgabe der Yacht des Ivan B***** als Erfüllungsgehilfen bedient habe. Der vom Kläger in der Berufung noch geltend gemachte Schmerzengeldbetrag von 40.500 EUR sei angemessen. Das Rentenbegehren sei hingegen nicht berechtigt. Den Kläger treffe am Unfall ein Mitverschulden im Ausmaß von einem Viertel.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil insbesondere die Beurteilung der Frage, inwieweit für die Bejahung der Erfüllungsgehilfenhaftung ein innerer sachlicher Zusammenhang der schädigenden Handlung mit dem Pflichtenkreis des Geschäftsherrn bestehen müsse, anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen sei.
Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen für die Beurteilung der Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Ivan B***** nach § 1313a ABGB in wesentlichen Fragen nicht ausreichen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Sie ist daher im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.
Die Beklagte macht in ihrem Rechtsmittel - zusammengefasst - geltend, der Unfall habe sich am Vortag der vereinbarten Rückgabe der Yacht ereignet, das Verhalten des Ivan B*****, eines Mitarbeiters der Eigentümerin der gecharterten Yacht, habe nicht der Kontrolle der vollständigen Betankung gedient, sondern sei als (freiwillige) Hilfeleistung bei der den Charterer treffenden Vertragspflicht der Betankung anzusehen, sodass sie sich das schädigende Verhalten des Ivan B***** als Erfüllungsgehilfe mangels Tätigkeit bei der Rückgabe der Yacht nicht zurechnen lassen müsse. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen wäre (allenfalls) nur dann richtig, wenn eine von ihr vorzunehmende Kontrolle der vollständigen Tankbefüllung durch das Verhalten des Ivan B***** „vorgezogen" worden wäre. Derartiges sei vom Erstgericht aber nicht festgestellt worden, da dieses lediglich auf die Vertragslage verwiesen habe.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
1. Gemäß § 48 Abs 1 IPRG sind außervertragliche Schadenersatzansprüche nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist. Besteht jedoch für die Beteiligten eine stärkere Beziehung zum Recht ein- und desselben anderen Staates, so ist dieses Recht maßgebend. Dies ist nach der Rechtsprechung etwa dann der Fall, wenn - wie hier - die Beteiligten sowohl Personalstatut als auch den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im selben Drittstaat haben (Neumayr in KBB² § 48 IPRG Rz 3 mwN). Die Vorinstanzen wendeten daher zutreffend - und von den Parteien nicht (mehr) in Zweifel gezogen - österreichisches Recht an.
2. Gemäß § 1313a ABGB haftet, wer einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist, ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, der er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes. Erfüllungsgehilfe ist nach ständiger Rechtsprechung der, der nach den tatsächlichen Verhältnissen des gegebenen Falls mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (RIS-Justiz RS0028729; RS0028691). Maßgebend ist, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, das heißt, ob er in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in seinen Risikobereich einbezogen war (RIS-Justiz RS0028425; RS0028499). Eine Haftung nach § 1313a ABGB setzt also eine Leistungspflicht voraus, eine bloße Gefälligkeitszusage genügt nicht (RIS-Justiz RS0028683). Steht das Verhalten des Gehilfen in sachlichem Zusammenhang mit der Interessenverfolgung, so ist die Haftung nach § 1313a ABGB zu bejahen. Der sachliche Zusammenhang ist vor allem dort zu bejahen, wo ein Gehilfe innerhalb seines Aufgabenkreises schadensstiftende Handlungen setzt. Setzt der Gehilfe aus eigenem Antrieb nicht geschuldete Handlungen, die vom sachlichen Zusammenhang mit der vom Schuldner angestrebten Interessenverfolgung nicht zur Gänze gelöst sind, so ist dafür nach § 1313a ABGB zu haften (Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1313a Rz 3 mwN).
Die Bestimmung des § 1313a ABGB ist aber nicht nur dann anwendbar, wenn sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht eines Gehilfen bedient, sondern auch dann, wenn der Gehilfe die mit einem Schuldverhältnis verknüpften Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt. Bei positiver Vertragsverletzung haftet der Schuldner für das Verschulden seiner Gehilfen nach den Grundsätzen der Vertragshaftung (Harrer in Schwimman, ABGB³ § 1313a Rz 12 f mwN). Der Geschäftsherr haftet allerdings nur für schädigende Handlungen, die mit der Erfüllung in einem inneren Zusammenhang stehen (Schäden durch die Erfüllung: Verletzung der Hauptleistungspflicht, Nebenpflicht oder Schutzpflicht). Hat der Gehilfe dem Gläubiger sonst („gelegentlich der Erfüllung") Nachteile zugefügt, so wird der Geschäftsherr nach § 1313a ABGB nicht verantwortlich (vgl Harrer aaO § 1313a ABGB Rz 22 mwN). In der Entscheidung 1 Ob 711/89 (= SZ 63/201) wurde die Auffassung vertreten, dass der Geschäftsherr für Delikte seines Erfüllungsgehilfen immer dann haftet, wenn das bestehende Vertragsverhältnis dem Gehilfen die Schädigung des Gläubigers zumindest maßgeblich erleichtert hat, sofern nicht das Verhalten des Gehilfen aus dem allgemeinen Umkreis des Aufgabenbereichs herausfällt, den der Erfüllungsgehilfe für den Schuldner wahrzunehmen hat und der sachliche Zusammenhang mit der vom Schuldner angestrebten Interessenverfolgung zur Gänze gelöst erscheint. Der Schuldner haftet aber nicht für ein Verhalten der Hilfspersonen, das mit dem Schuldverhältnis in keinem inneren Zusammenhang mehr steht, sondern in den Bereich der allgemeinen Lebensführung des Gehilfen gehört, in deren Rahmen er seine eigenen Interessen verfolgt (1 Ob 127/07v mwN).
Ein Rechtsverhältnis des Gehilfen - wie zB ein Dienstvertrag - zum Geschäftsherrn ist nicht Voraussetzung der Erfüllungsgehilfeneigenschaft. Es reicht das Faktum des willentlichen Einsatzes durch den Schuldner. Auch ist nicht entscheidend, ob der Eingesetzte um seine Gehilfeneigenschaft weiß (Reischauer aaO § 1313a ABGB Rz 8 mwN). Der Geschäftsherr hat schließlich auch für jene Personen einzustehen, für die der Anschein der Gehilfenstellung besteht (Anscheinserfüllungsgehilfe). Dabei genügt, dass der Geschäftsherr in zurechenbarer Weise den Anschein einer Erfüllungsgehilfeneigenschaft erweckt (vgl Karner in KBB² § 1313a ABGB Rz 3 mwN).
Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs erfährt § 1313a ABGB durch die Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Liegt ein solcher Vertrag vor, so haftet der Schuldner nicht nur dem Gläubiger für seinen Gehilfen nach § 1313a ABGB, sondern auch jenen dritten Personen, denen er zwar nicht zur Erbringung der Hauptleistung verpflichtet ist, denen gegenüber ihn jedoch Schutz- und Sorgfaltspflichten treffen (Reischauer aaO § 1313a ABGB Rz 15 mwN).
Im vorliegenden Fall gehörte zum Aufgabenbereich der Beklagten als Vercharterer nach Beendigung der Charter unter anderem die Übernahme der Yacht „zur Überprüfung von Zustand und Vollständigkeit, vollgetankt und in ordnungsgemäßem Zustand ...". Damit gehörte aber nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen auch die Kontrolle des Tankfüllstands zum Aufgabenbereich der Beklagten bzw lag diese Kontrolle jedenfalls in ihrem Interesse. Ob diese Aufgabe, wie von den Vorinstanzen angenommen, auch im Unfallszeitpunkt von der Beklagten dem Zeugen Ivan B***** übertragen war, lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen nicht eindeutig entnehmen. So hat das Erstgericht dazu nur festgestellt, dass sich die klagende (?) Partei zur Übergabe und Übernahme sowie insbesondere auch zur Kontrolle des Tankstands des Zeugen Ivan B***** bediente. Auch wenn das Berufungsgericht darauf verwiesen hat, dass es sich dabei um einen offensichtlichen Schreibfehler gehandelt habe, weil das Erstgericht in seiner Entscheidung davon ausgegangen sei, dass sich die Beklagte als Vercharterer bei der Rückgabe der Yacht des Ivan B***** als Erfüllungsgehilfen bedient habe, ist darauf hinzuweisen, dass diese Feststellung vom Erstgericht im Zusammenhang mit dem ersten Segeltörn in der Sommersaison 2004 getroffen wurde. Eine entsprechende Feststellung für den zweiten Segeltörn in der Sommersaison 2005, bei dem sich der gegenständliche Unfall ereignete, fehlt. Weiters hat das Erstgericht keine Feststellungen darüber getroffen, aus welchem Grund Ivan B***** am Unfallstag die Yacht betreten und die Deckel zum Motorraum geöffnet hat, sodass noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob das Einschreiten des Ivan B***** im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen oder jedenfalls im Interesse der Beklagten erfolgte. Wenn Ivan B***** - wie die Beklagte in ihren Revisionsausführungen geltend macht - dabei lediglich dem Skipper bei der diesem obliegenden Betankung der Yacht behilflich sein wollte, eine Überprüfung der vertragsgemäßen Betankung aber unabhängig davon erst am nächsten Tag bei der vereinbarten Rückstellung der Yacht erfolgen sollte, könnte eine Haftung der Beklagten zu verneinen sein, weil Ivan B***** in diesem Fall nicht im Rahmen des Aufgabenbereichs bzw im Interesse der Beklagten tätig geworden wäre. In diesem Fall müsste allerdings noch näher geprüft werden, ob die Beklagte in zurechenbarer Weise den Anschein einer Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Ivan B***** erweckt hat. Wäre hingegen das Tätigwerden des Ivan B***** bereits im Rahmen der Übernahme der Yacht und der Überprüfung ihrer vertragsgemäßen Betankung erfolgt, wäre Ivan B***** zum Unfallszeitpunkt als Erfüllungsgehilfe der Beklagten im Sinn des § 1313a ABGB tätig gewesen, weil das schädigende Verhalten in diesem Fall in einem inneren Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrags gestanden wäre. Auch eine von Ivan B***** aus eigenem Antrieb bereits einen Tag vor der vereinbarten Rückgabe der Yacht vorgenommene Kontrolle des Tankstands würde an dieser Haftung der Beklagten nach § 1313a ABGB nichts ändern. Auch die Beklagte räumt ein, dass ihr (allenfalls) das Verhalten des Ivan B***** als Erfüllungsgehilfe zuzurechnen sei, wenn eine von ihr vorzunehmende Kontrolle der vollständigen Tankbefüllung durch das Verhalten dieses Mitarbeiters der Eigentümerin der Yacht „vorgezogen" worden sei.
3. Da zwischen den Streitteilen kein vertragliches Verhältnis besteht, kommt eine vertragliche Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nur aufgrund einer Schutzwirkung des zwischen dem Skipper und der Beklagten abgeschlossenen Chartervertrags in Betracht. Nach der vom Obersten Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung (7 Ob 175/06w mwN) angewendeten Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wird die vertragliche Schadenersatzhaftung auf Dritte erstreckt, die der vertraglichen Hauptleistung nahestehen, weil sie ein Vertragspartner erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigt oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er zur Fürsorge verpflichtet ist. Wer einen Chartervertrag für eine Yacht schließt, schließt ihn unzweifelhaft nicht nur für seine Person, sondern auch zugunsten jener Personen, die sich mit seinem Willen auf der Yacht befinden. Die Voraussetzungen für die Annahme, dass der Chartervertrag zwischen dem Skipper und der Beklagten Schutzwirkungen zugunsten der Crewmitglieder, insbesondere also auch zugunsten des Klägers, entfaltet, liegen daher nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen vor. Nach ständiger Rechtsprechung wird ein geschädigter Dritter allerdings dann nicht in den Schutzbereich eines fremden Vertrags einbezogen, wenn er selbst einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch gegen einen der beiden Vertragspartner hat (vgl 6 Ob 60/08d mwN).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinen vertraglichen Direktanspruch gegen die Beklagte. Bediente sich daher die Beklagte zur Erfüllung des mit dem Skipper abgeschlossenen Chartervertrags, was im Sinne der oben dargelegten Ausführungen noch genauer festzustellen sein wird, des Ivan B***** als Erfüllungsgehilfen, entfaltet dieser Vertrag Schutzwirkungen auch zugunsten des Klägers, wenn dieser keinen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Skipper geltend machen könnte. Ein solcher Schadenersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Skipper käme aber nur dann in Betracht, wenn sich dieser bei der ihm vertraglich obliegenden Betankung der Mithilfe des Ivan B***** bedient hätte.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die Urteile der Vorinstanzen an wesentlichen Feststellungsmängeln leiden, die einer Beurteilung der vom Kläger geltend gemachten Erfüllungsgehilfenhaftung der Beklagten wegen Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten entgegenstehen. Dies macht die Aufhebung dieser Entscheidungen im noch strittigen Umfang und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht notwendig. Der Zurückverweisungsauftrag konnte sich jedoch auf eine neuerliche Entscheidung (zur Behebung der relevierten Feststellungsmängel) beschränken, sofern das Erstgericht seine bisherigen Beweisaufnahmen zur neuerlichen Entscheidungsfällung für ausreichend erachtet. In diesem Fall bedürfte es keiner ergänzenden Verhandlung mehr.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E89705European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0100OB00096.08B.1222.000Im RIS seit
21.01.2009Zuletzt aktualisiert am
11.11.2010