Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am 19. November 2005 verstorbenen Hans S*****, über das Ersuchen um Entscheidung gemäß § 47 JN im Zuständigkeitsstreit zwischen dem Bezirksgericht Fürstenfeld und dem Bezirksgericht Jennersdorf, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Führung des Verlassenschaftsverfahrens ist das Bezirksgericht Jennersdorf zuständig. Dessen Beschluss vom 9. Oktober 2008, GZ 3 A 142/08t-59, wird aufgehoben.
Text
Begründung:
Zu 10 A 103/07x ist beim Bezirksgericht Fürstenfeld die Verlassenschaftssache nach dem am 19. 11. 2005 in den USA verstorbenen Hans S***** anhängig. Der Verstorbene hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in den USA und war amerikanischer Staatsbürger. Der letzte in Österreich gelegene Hauptwohnsitz des Verstorbenen war in Dobersdorf im Sprengel des Bezirksgerichts Jennersdorf gelegen. Als Nachlassvermögen ist in Österreich ein Sparbuch der Raiffeisenbank Fürstenfeld vorhanden.
Nachdem das Bezirksgericht Fürstenfeld herausgefunden hatte, dass der letzte in Österreich gelegene Hauptwohnsitz des Verstorbenen in Dobersdorf gelegen war, übertrug es seine Zuständigkeit mit Beschluss vom 10. 9. 2008, GZ 10 A 103/07x-58, an das für diesen Ort zuständige Bezirksgericht Jennersdorf.
Das Bezirksgericht Jennersdorf lehnte eine Übernahme des Verlassenschaftsverfahrens mit Beschluss vom 9. 10. 2008, GZ 10 A 178/08b-59, ab, worauf das Bezirksgericht Fürstenfeld die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 47 JN vorlegte. Der Oberste Gerichtshof erachtete die Aktenvorlage als verfrüht und stellte die Akten zur Vornahme der erforderlichen Zustellungen an das vorlegende Bezirksgericht Fürstenfeld zurück. Dieses legt nunmehr - nach Zustellung beider bezirksgerichtlicher Beschlüsse und Eintritt deren Rechtskraft - die Akten neuerlich dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen vor, im Zuständigkeitsstreit gemäß § 47 JN zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Kompetenzkonflikts durch den Obersten Gerichtshof sind nunmehr gegeben. Der Beschluss des Bezirksgerichts Fürstenfeld, mit dem dieses die Zuständigkeit zur Besorgung der Verlassenschaftssache an das Bezirksgericht Jennersdorf als für den letzten allgemeinen Gerichtsstand des Verstorbenen im Inland zuständiges Bezirksgericht übertragen hat, kann im Sinn eines Ausspruchs der eigenen Unzuständigkeit und der Überweisung der außerstreitigen Rechtssache an das Bezirksgericht Jennersdorf nach § 44 JN verstanden werden. Der spätere Beschluss des Bezirksgerichts Jennersdorf, mit dem dieses die Übernahme der Verlassenschaftssache ablehnte und damit zum Ausdruck brachte, dass es sich nicht für örtlich zuständig erachtete, verkannte die Bindungswirkung des Überweisungsbeschlusses, auf die bei der Entscheidung nach § 47 JN auch dann Bedacht zu nehmen ist, wenn der Unzuständigkeitsbeschluss des Gerichts, an das die Sache überwiesen wurde, noch vor Eintritt der Rechtskraft des Überweisungsbeschlusses erfolgte (3 Nc 34/03k mwN). Die gegenteilige Ansicht im Schrifttum (Fucik in RZ 1985, 240; Mayr in Rechberger, ZPO³ § 44 JN Rz 4 und Ballon in Fasching, ZPO I² § 47 JN Rz 12) wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mehrfach mit eingehender Begründung abgelehnt (SZ 68/217; 3 Nc 34/03k). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt es dabei auch nicht auf die Richtigkeit des Überweisungsbeschlusses an (RIS-Justiz RS0046391; 5 Nc 16/06g mwN; 2 Nc 1/08g).
Anmerkung
E896596Nc19.08h-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0060NC00019.08H.0115.000Zuletzt aktualisiert am
02.03.2009