Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schörghuber als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Markus H***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mario L***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Mai 2008, GZ 38 Hv 68/08d-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten Mario L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auch andere Schuldsprüche enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Mario L***** jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a, 11 (dritter Fall) FinStrG (richtig: B iVm A/I) und nach §§ 33 Abs 2 lit b, 38 Abs 1 lit a, 11 (dritter Fall) FinStrG (richtig: B iVm A/II) schuldig erkannt.
Ihm liegt - zusammengefasst - zur Last, gezielt Abgabenhinterziehungen durch Gesellschafter der Markus H***** GmbH und Co KG, für welches Unternehmen er als Verkäufer tätig war, gefördert zu haben, indem er Vereinbarungen mit Kunden über „Schwarzgeldzahlungen" traf und die Gelder vereinnahmte und ablieferte, worauf die betreffenden Umsätze nicht erklärt und mit einem Teil des Geldes Löhne „schwarz" ausbezahlt wurden. Im Einzelnen hat er dem Urteil zufolge von 1998 bis 2003 als Angestellter des genannten Unternehmens zu von den Mitangeklagten Markus H*****, Reinhard H***** und Helmbrecht A***** (die kein Rechtsmittel ergriffen) dadurch begangenen Abgabenhinterziehungen, dass diese, H***** als Geschäftsführer und die anderen „jeweils als Kommanditist" jener KG,
A. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter
I. unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch Nichterfassung von Umsätzen und Erlösen im Rechenwerk der Markus H***** GmbH und Co KG eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Umsatzsteuer (wie zur Klarstellung betont sei:) bewirkten, indem sie infolge Angabe geringerer als der tatsächlich erzielten Umsätze (US 9 f) unrichtige Jahressteuererklärungen einreichten, nämlich
1. Markus H*****, Reinhard H***** und Helmbrecht A***** von 1998 bis 2000 in der Höhe von 49.938,94 Euro und
2. Markus H***** und Reinhard H***** von 2001 bis 2003 in der Höhe von 54.451,56 Euro, sowie
II. unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten, die (wie klarzustellen ist) darin lag, dass sie Lohnzahlungen an Mitarbeiter nicht in der Lohnverrechnung der Markus H***** GmbH und Co KG erfassten, eine Verkürzung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkten, indem sie diese selbst zu berechnenden Abgaben nicht entrichteten, und zwar
1. Markus H*****, Reinhard H***** und Helmbrecht A***** bezüglich der Jahre 1998 bis 2000 in der Höhe von 26.181,96 Euro und
2. Markus H***** und Reinhard H***** bezüglich der Jahre 2001 bis 2003 in der Höhe von 30.296,74 Euro,
beigetragen, indem er insbesondere Kunden des Unternehmens die Möglichkeit zu „Schwarzgeldzahlungen" vermittelte, nicht im Rechenwerk erfasste Umsätze und Erlöse vereinnahmte und diese insbesondere dem für die Verwaltung dieser außerhalb des Rechnungswesens laufenden Gelder zuständigen Reinhard H***** weiterleitete, wobei er in der Absicht handelte, sich durch den wiederkehrenden Tatbeitrag eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von Mario L***** aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Weshalb seine als unerörtert reklamierten (Z 5 zweiter Fall) Angaben, er habe selbst „nicht entschieden", aber die Angebote und Wünsche der Kunden weiter getragen, vom Sparbuch „nichts mitbekommen" und keine Kunden auf die Möglichkeit angesprochen, teilweise „schwarz" zu bezahlen, oder seine Verneinung der Frage nach Besprechungen oder Verabredungen, bei denen er angeleitet worden sei, die Kunden auf Schwarzgeld hinzuweisen (ON 12 S 51 bis 55), gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen sprechen sollen, wonach von den Angeklagten, demnach auch vom Beschwerdeführer, Vereinbarungen mit Kunden die „Schwarzgeldzahlungen" betreffend getroffen wurden (US 9) und wonach sie alle mit dem Willen handelten, Abgaben zu verkürzen (US 11), ist nicht zu ersehen und wird auch in der Beschwerde, die dazu nur vorbringt, bei Berücksichtigung dieser Verfahrensergebnisse wäre eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar, offen gelassen. Warum für diese in der Mängelrüge bekämpften Feststellungen die Geständnisse der Angeklagten und die Erhebungen der Steuerfahndung (US 11; vgl ON 20 in ON 2) eine nur offenbar unzureichende Grundlage (Z 5 vierter Fall) abgeben sollen, wird ebensowenig dargelegt. Nicht am Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO) orientiert ist schließlich das Beschwerdevorbringen, die genannten Verfahrensergebnisse würden nicht ausreichen, um „den Schuldspruch betreffend den Viertangeklagten zu begründen".
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung
sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Anzumerken bleibt:
Den Feststellungen zufolge förderte Mario L***** als für die Markus H***** GmbH & Co KG tätiger Verkäufer neben der Nichterklärung von Umsätzen (Schuldspruch B iVm A/I; s zum darauf und auf eine so bewirkte Umsatzsteuerverkürzung gerichteten Willen auch dieses Angeklagten US 11) auch die Zahlung von Löhnen aus einer „Schwarzgeldkasse" (US 12), indem er Vereinbarungen mit Kunden über „Schwarzgeldzahlungen" traf und die so eingenommenen Bargeldbeträge an Reinhard H***** weitergab, der ein „Schwarzgeldkassabuch" führte (US 9).
Wenn das Erstgericht auch, was die innere Tatseite zum Schuldspruch B iVm A/II betrifft, konstatierte, dass L***** „von der Verwaltung der ‚Schwarzgeldbeträge' keine Kenntnis" hatte, die Reinhard H***** teils auf ein Sparbuch einzahlte und teils in einer eigenen Handkasse verwahrte (US 9), ist aus den Entscheidungsgründen doch - aus Z 5 erster Fall unangefochten - für den Obersten Gerichtshof mit noch hinreichender Deutlichkeit der Wille der Tatrichter zu einer Feststellung des Inhalts zu erkennen, wonach auch dieser Angeklagte die mit der Zahlung von Lohn aus der „Schwarzgeldkasse" verbundene Verletzung der Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten und die „durch diese ‚schwarz' ausbezahlten Löhne" bewirkte Verkürzung von Lohnsteuer und von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für gewiss hielt (wobei die Vorsatzform der Wissentlichkeit nur in Betreff des Verkürzungserfolges erforderlich ist, SSt 57/68; US 12; RIS-Justiz RS0117228).
Gleiches gilt angesichts des im Urteil ebenfalls im Zug der rechtlichen Beurteilung Ausgeführten (US 12) für den Willen des Erstgerichts zur Konstatierung einer § 38 Abs 1 lit a FinStrG entsprechenden Tendenz aller Angeklagten.
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde führt zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten L***** (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht dieses Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Weil eine Ersatzfreiheitsstrafe ihrem Wesen nach einer bedingten Nachsicht nicht zugänglich ist (SSt 52/8), bleibt die im Urteil im Anschluss an den Ausspruch der bedingten Nachsicht eines Teils der über die Angeklagten verhängten Geldstrafen (§ 43a Abs 1 StGB, § 26 Abs 1 FinStrG) im Ausmaß von zwei Drittel geschehene Erwähnung eines diesem Bruchteil entsprechenden Ausmaßes der Ersatzfreiheitsstrafen ebenso wie der dabei dem Erstgericht überdies in Betreff der Angeklagten H***** und H***** bei der Anführung, dies entspräche bei den mit je viereinhalb Monaten bemessenen Ersatzfreiheitsstrafen einem Teil von zweieinhalb Monaten, unterlaufene Rechenfehler ohne Bedeutung, wie zur Klarstellung vermerkt sei (US 6; vgl SSt 47/50; RIS-Justiz RS 0098925 [T2]).
Anmerkung
E8995113Os115.08yEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00115.08Y.0122.000Zuletzt aktualisiert am
16.03.2009