Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Christoph L*****, geboren am 17. Jänner 1993, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung, Bezirk 10, Van-der-Nüll-Gasse 20, 1100 Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. September 2007, GZ 42 R 335/07m, 42 R 336/07h-U-61, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Favoriten vom 16. Mai 2007, GZ 47 P 21/07z-U-54 und U-55, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die mit ON U-54 ausgesprochene Innehaltung mit der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ersatzlos aufgehoben wird.
Im Übrigen werden die angefochtenen Beschlüsse der Vorinstanzen, welche mangels Anfechtung hinsichtlich der Erhöhung des monatlichen Unterhalts vom 1. 9. 2006 bis 31. 12. 2006 auf 300 EUR und hinsichtlich der Abweisung eines monatlichen Mehrbetrags von 5 EUR unberührt bleiben, aufgehoben.
Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Der Vater des mj Christoph L***** war bisher aufgrund des Beschlusses vom 20. 4. 2006, ON U-27, zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 275 EUR verpflichtet. Das Jugendamt stellte am 12. 12. 2006 den Antrag, den Vater ab 1. 9. 2006 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von insgesamt 305 EUR zu verpflichten, da sowohl das Einkommen des Vaters als auch die Bedürfnisse des Kindes gestiegen seien. Dem Antrag des Jugendamts war ein Protokoll des Bezirksgerichts Favoriten angeschlossen, aus welchem hervorgeht, dass über den Vater ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und am 8. 12. 2006 ein Zahlungsplan zur Tilgung der Gesamtverbindlichkeiten von 95.472,01 EUR rechtskräftig angenommen worden war.
Der gemäß § 17 AußStrG aufgeforderte Vater äußerte sich nicht zum Erhöhungsantrag.
Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:
Der mj Christoph befindet sich in Pflege und Erziehung der Mutter, der Vater verfügt über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 1.505 EUR einschließlich Sonderzahlungen. Am 24. 8. 2006 wurde zu 45 S 26/06y des Bezirksgerichts Favoriten ein Schuldenregulierungsverfahren über den Vater eröffnet. Mit Beschluss vom 7. 12. 2006 wurde das Schuldenregulierungsverfahren rechtskräftig beendet und der Zahlungsplan bestätigt. Die Zahlungsquote beträgt 26,40 %, zahlbar in 84 Teilquoten zu je 0,3143 % (rund 300 EUR). Die erste Teilquote war am 15. 1. 2007 fällig, die weiteren 83 Teilquoten jeweils am 15. der Folgemonate. Das Masseguthaben betrug 325,04 EUR und wurde zur Deckung der Forderung des Kreditschutzverbands in Höhe von 260 EUR verwendet, sodass ein restliches Masseguthaben von 65,04 EUR verblieb. Das Ende der Zahlungsfrist ist der 15. 12. 2013. Den Vater treffen keine weiteren Sorgepflichten.
Das Erstgericht erhöhte den vom Vater monatlich zu bezahlenden Unterhalt vom 1. 9. 2006 bis 31. 12. 2006 auf insgesamt 300 EUR, das Mehrbegehren von 5 EUR monatlich wies es sowohl hinsichtlich dieses als auch des Folgezeitraums rechtskräftig ab. Weiters wies das Erstgericht den Erhöhungsantrag für die Zeit ab 1. 1. 2007 zur Gänze ab. Die Abweisung der Unterhaltserhöhung für die Zeit ab 1. 1. 2007 begründete es damit, dass von einer Änderung der Bemessungsgrundlage aufgrund des rechtskräftigen Zahlungsplans auszugehen sei. Die danach zurückzuzahlenden Schulden seien als außergewöhnliche Belastungen vom Einkommen des Vaters abzugsfähig. Da aufgrund des Zahlungsplans monatlich 300 EUR von der Bemessungsgrundlage abzuziehen seien, komme eine Erhöhung des Unterhalts nicht in Frage. Gleichzeitig verfügte das Erstgericht die Innehaltung mit den gewährten Unterhaltsvorschüssen ab 1. 6. 2007, soweit diese 240 EUR monatlich übersteigen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es hegte zwar Bedenken gegen die Judikatur, nach der die Zahlungsplanraten eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen, folgte jedoch dieser Rechtsprechung. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof Anzeichen gezeigt habe, seine von der Lehre und den Gerichtshöfen zweiter Instanz überwiegend abgelehnte Rechtsprechung zumindest teilweise zu modifizieren.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die monatliche Unterhaltsleistung ab 1. 1. 2007 auf monatlich 300 EUR erhöht und die Aufhebung der Innehaltung der Unterhaltsvorschüsse ab 1. 6. 2007 veranlasst wird.
Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Ablehnung der Unterhaltserhöhung:
Der Oberste Gerichtshof vertrat zunächst in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass über den Unterhaltspflichtigen verhängte konkursrechtliche Maßnahmen auf seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind keinen Einfluss haben (s. d. Zusammenfassung in 8 Ob 148/06g; RIS-Justiz RS0037149 [T2]; RS0113298 uva). Nach dieser Rechtsprechung rechtfertigte ein in einem Schuldenregulierungsverfahren zustandegekommener, rechtskräftig bestätigter Zahlungsplan für sich allein noch nicht, die laut Zahlungsplan abzustattenden Schulden als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen (1 Ob 139/01z; 7 Ob 299/01y; 3 Ob 201/01h; 7 Ob 176/02m). In der Entscheidung 1 Ob 191/01x (SZ 74/138), die einen Unternehmenskonkurs betraf, wurde für das Unterhaltsvorschussverfahren die Auffassung vertreten, dass sich die Leistungsfähigkeit des selbständigen Unterhaltsschuldners an dem ihm zur Verfügung stehenden tatsächlichen Nettoeinkommen orientiere. Die Tilgung von Unterhaltsschulden sei nur aus der Differenz der Existenzminima nach § 291b Abs 2 EO und § 291a EO möglich. Dabei sei vom mittleren Jahresnettoeinkommen eines Arbeitnehmers auszugehen, weil im Regelfall angenommen werden könne, dass ein arbeitsuchender Ex-Unternehmer ein solches Einkommen erzielen könnte. Ebenfalls der 1. Senat des Obersten Gerichtshofs wich in der Folge auch für das Schuldenregulierungsverfahren von der bisherigen Rechtsprechung ab und sprach aus (1 Ob 86/04k; SZ 2004/77), dass sich die Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund eines im Schuldenregulierungsverfahren festgelegten Zahlungsplans ändere. Die danach zurückzuzahlenden Schulden seien grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Der Zahlungsplan diene gerade dazu, die Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach dessen Erfüllung wiederherzustellen. Dies widerspreche auch nicht dem „ehernen Grundsatz des Unterhaltsrechts", dass Schulden des Geldunterhaltspflichtigen die Bemessungsgrundlage an sich nicht mindern, handle es sich dabei doch um berücksichtigungswürdige (abzugsfähige) Schulden, also solche, die er eingegangen sei, um ihn wieder in die Lage zu versetzen, nach der Schuldenregulierung unbelastetes Einkommen zur Deckung seiner Unterhaltsverpflichtungen zur Verfügung zu haben. In der Entscheidung 1 Ob 176/04w (ZIK 2005/191, 171) wurde dieser Standpunkt aufrechterhalten und auf die sachliche Rechtfertigung verwiesen, die darin liege, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Schuldenregulierung gerade deshalb geschaffen habe, um einem Schuldner die Wiedererlangung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in absehbarer Zeit zu ermöglichen. Das versetze ihn in die Lage, nach der Schuldenregulierung unbelastetes Einkommen zur Deckung seiner Unterhaltsverpflichtungen so zum Wohl der Unterhaltsberechtigten zur Verfügung zu haben.
Dieser Auffassung schloss sich der 7. Senat (7 Ob 279/05p, 7 Ob 289/05h, 7 Ob 298/05g und 7 Ob 291/05b) an. Demgegenüber erkannte der 2. Senat (2 Ob 228/05a) für einen vom Durchschnittsfall abweichenden „Extremfall" (Zahlungsplanquote 92 %; zum Schuldenregulierungsverfahren führende Verbindlichkeiten stammten aus unangemessenem Konsumverhalten), dass die Zahlungsplanraten nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden könnten und sprach ausdrücklich aus, dass Erwägungen, ob die neuere Rechtsprechung fortgesetzt werden solle, im Anlassfall entbehrlich seien.
Der 10. Senat konnte (jeweils ein Abschöpfungsverfahren betreffend) die Frage offen lassen (10 Ob 65/06s; 10 Ob 59/06h).
Die Rechtsprechungslinie, nach der Zahlungsplanraten als außergewöhnliche Ausgaben von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzugsfähig sind, stieß auf verbreitete Kritik sowohl im Schrifttum als auch in der Judikatur der Unterinstanzen.
So wendet sich G. Kodek („Zur Unterhaltsbemessung im Konkurs" in Zak 2006/261, 146, 148) gegen die generelle Berücksichtigung von Zahlungsplanraten. Es sei nicht einzusehen, wieso Verbindlichkeiten aus einem Zahlungsplan anders behandelt werden sollten als andere Verbindlichkeiten, obwohl der Abschluss eines Zahlungsplans als solcher bei Heranziehung der sonst im Unterhaltsrecht entwickelten Kriterien über die Berücksichtigungswürdigkeit der Schulden keine Aussage zulasse. Außerdem werde der Schuldner, der im Wege des Zahlungsplans mit Begleichung nur eines - regelmäßig geringen - Teils der Schulden die Restschuldbefreiung erreichen wolle, besser behandelt als ein Schuldner, der seine Schulden zur Gänze abtragen wolle, müsse Letzterer doch seine gesamten Schulden und - wegen Nichtberücksichtigung der Schulden - den unvermindert laufenden Unterhalt bezahlen. Die Berücksichtigung der Zahungsplanraten als „außergewöhnliche Belastung" führe im Ergebnis zudem zu einer doppelten Benachteiligung von Unterhaltsgläubigern: Diese verlieren nicht nur ihre Ansprüche auf rückständigen Unterhalt, soweit diese die Quote übersteigen, sondern müssten auch während der Laufzeit des Zahlungsplans eine Kürzung ihrer laufenden Unterhaltsansprüche hinnehmen. Im Ergebnis finanzierten die Unterhaltsberechtigten damit die Restschuldbefreiung. Auch das Argument der Rechtsprechung, die Restschuldbefreiung liege im Interesse der Unterhaltsberechtigten, weil diese dann an den besseren Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen teilhaben könnten, sei in Anbetracht der üblichen Laufzeit des Zahlungsplans von bis zu sieben Jahren deutlich zu relativieren, kämen doch vor allem jene Unterhaltsberechtigten, die nach der Schule gleich in das Berufsleben eintreten, vielfach nicht oder nur mehr kurze Zeit in die Lage, von der verbesserten Vermögenslage des Unterhaltsschuldners zu profitieren. Als Fazit führt G. Kodek aus, dass die Rechtsprechung zum Einfluss der Konkurseröffnung auf die Unterhaltsbemessung nochmals überdacht werden sollte. Dies bedeute nun keineswegs, dass ein unternehmerisches Scheitern oder eine existenzielle Notlage des Schuldners im Unterhaltsrecht nicht zu berücksichtigen wäre. Hier sollte aber eine Beurteilung der Ursache der Verbindlichkeiten unabhängig von der Konkurseröffnung erfolgen. Die bloße Eröffnung des Konkursverfahrens als solche bildete demgegenüber keinen Grund für die Herabsetzung des laufenden Unterhalts. Gleiches müsse auch für einen Zahlungsplan und das Abschöpfungsverfahren gelten. Dieser Kritik schloss sich Neumayr an („Zahlungsplanraten des Unterhaltsschuldners reduzieren die Unterhaltsbemessungsgrundlage" in FamZ 2006/2, 12), der meint, dass die Judikatur berechtigterweise in Zweifel gezogen werde. Der Effekt der Berücksichtigung des Zahlungsplans sei simpel: Befinde sich der Unterhaltsschuldner im Konkurs, komme es regelmäßig zur Reduktion seiner Unterhaltsverpflichtung; gebe es gegen ihn „nur" Exekutionen, könne er seine Schulden in aller Regel nicht als Argument gegen die Höhe seiner Unterhaltspflichten heranziehen. Aus diesem Grund sei auch die Berücksichtigung der Zahlungsplanraten wenig überzeugend. Und von der Entschuldung des Unterhaltspflichtigen könnten ältere Kinder meist gar nicht mehr profitieren.
Kritisch äußert sich auch Gitschthaler in seiner Glosse EF-Z 2007/64 zur Berücksichtigung des Zahlungsplans für die Unterhaltsbemessung. Diese Vorgangsweise berücksichtige nicht, dass damit allein durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens die Qualität der Schulden verändert werde. Wären diese nämlich ursprünglich nicht abzugsfähig gewesen, etwa, weil es sich um Spielschulden oder Schulden aufgrund einer völlig unangemessenen Lebensweise des Unterhaltspflichtigen handle, sei es nicht einsichtig, warum sie nunmehr lediglich deshalb abzugsfähig sein sollten, weil der Unterhaltspflichtige in Konkurs gegangen sei. Wären die Schulden zur Gänze nicht abzugsfähig, könnten auch die Zahlungsplanraten und Abschöpfungen nicht berücksichtigt werden; wären sie hingegen zur Gänze abzugsfähig, gelte dies auch für letztere. Bei insofern unterschiedlichen Schulden sei deren Verhältnis zueinander zu bestimmen (§ 273 ZPO; § 34 AußStrG); in diesem Verhältnis seien dann auch die Zahlungsplanraten und die Abschöpfungen von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen. Anknüpfend an diese Kritik führen Gitschthaler/Simma („Die Sicherung der Existenz des Gemeinschuldners und seiner Familie im Konkurs [Teil II]" in EF-Z 2007/100, 170, 174) erneut aus, dass die kritisierte Rechtsprechung dazu führe, dass durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens die Qualität der Schulden verändert werde.
Mit ähnlichen Ansätzen kommt Zencica („Der Konkurs der Unterhaltsbemessung" in ÖA 2006, 63 ff) zum Ergebnis, dass durch die bisherige Judikatur den Unterhaltsschuldnern nun zusätzlich die Möglichkeit geboten werde, auch die Unterhaltsbemessungsgrundlage um Aufwendungen für beliebige Auslagen drastisch zu kürzen. Da dies nicht mit „ehernen Grundsätzen" vereinbar sei, sollte die Rechtsprechung wieder dorthin zurückkehren, wo nach dem Grund der Verschuldung gefragt wird und nicht die Vernichtung fremden Kapitals (Anm: durch ein Insolvenzverfahren) per se abzugsfähig sei.
Neuhauser („Unterhaltserhöhung durch Einleitung des Abschöpfungsverfahrens?" in Zak 2007/144, 83 ff) meint, dass die generelle Berücksichtigung von Konkursschulden nicht richtig sein könne, weil damit der Schuldner eine „Doppelprämie" in Gestalt einer weitgehenden Entschuldung von Unterhaltsrückständen und der Verringerung der laufenden Unterhaltspflicht erhalte. Mit anderen Worten: Für die Vernachlässigung der Unterhaltspflichten in der Vergangenheit werde die laufende Unterhaltspflicht reduziert. Hier bedürfe es einer Klarstellung des Höchstgerichts. Konkursschulden sollten daher grundsätzlich keine Abzugspost von der Bemessungsgrundlage bilden, es sei denn, diese Verbindlichkeiten wären auch außerhalb des Konkurses nach allgemeinen Kriterien der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Auch Zahlungsplanverbindlichkeiten bildeten daher grundsätzlich gleichfalls keine Abzugspost von der Bemessungsgrundlage, außer die Verbindlichkeiten würden auch außerhalb einer Insolvenzsituation die Bemessungsgrundlage schmälern (ders in Schwimann, ABGB³ I § 140 Rz 57). Der 6. Senat sprach in seiner Entscheidung vom 17. 5. 2004, 6 Ob 282/06y (= Zak 2007/148 = JBl 2007, 446 ua) unter Wiedergabe der kritischen Literatur aus, dass diese Kritik durchaus beachtenswert sei, doch konnte die Frage dort offen bleiben.
Auch der 8. Senat musste auf diese Fragestellung nicht eingehen, erachtete aber sowohl die kritischen Literaturstimmen als auch die Meinung von Zweitinstanzgerichten, die gegen die generelle Abzugsfähigkeit von Zahlungsplanraten gerichtet ist, „zutreffend als beachtenswert bezeichnete Bedenken".
Der erkennende Senat schließt sich diesen im Wesentlichen gleichlautenden Argumenten an, sodass im Hinblick auf diese fundierte Kritik an der Rechtsprechung nicht festgehalten werden kann, die eine generelle Abzugsfähigkeit der Zahlungsplanraten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage bejaht. Insbesondere ist nicht einzusehen, warum ein Unterhaltsschuldner, der ohne Reduktion seiner Schulden durch ein Insolvenzverfahren Exekutionen ausgesetzt ist, ohne dadurch seine Unterhaltspflichten reduzieren zu können, gegenüber demjenigen ins Hintertreffen geraten soll, der durch eine Schuldenregulierung mit Zahlungsplan einerseits seine früheren, nicht beglichenen Unterhaltsschulden verringert und darüber hinaus noch wegen der Zahlungsplanraten eine weitere Reduktion seiner laufenden Unterhaltsschulden herbeiführen würde. Insbesondere ist nicht überzeugend, dass auch diejenigen Schulden abzugsfähig sein sollen, die sonst zur Verminderung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht geeignet sind. Abzugsfähig sollen daher nur jene Schulden (Teile) bleiben, die schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners abzugsfähig waren, und zwar in jenem Umfang, wie deren Relation zu anderen vom Zahlungsplan erfassten Schulden ist (Gitschthaler, EF-Z 2007/64, 104). Den generellen Erwägungen einer wirtschaftlichen Gesundung des Unterhaltsschuldners durch das Schulden- regulierungsverfahren mit Zahlungsplan sind insbesondere die überzeugenden Argumente von G. Kodek (Zak 2006/261, 146 ff) und Neumayr (FamZ 2006/2, 12) entgegenzuhalten, wonach hier ein „Sonderopfer" derjenigen erbracht werden müsste, welche Anspruch auf laufenden Unterhalt haben.
Im vorliegenden Fall steht jedoch nicht fest, ob vom Zahlungsplan allenfalls auch abzugsfähige Schulden umfasst sind. Wenngleich der unterhaltspflichtige Vater, der gemäß § 17 AußStrG zur Äußerung aufgefordert worden war, keine Stellungnahme abgegeben hat, konnte er im vorliegenden Fall jedoch davon ausgehen, dass die Vorinstanzen entsprechend der bisherigen Rechtsprechung eine Abzugsfähigkeit bejahen würden. Um ihn mit der Rechtsansicht des erkennenden Senats nicht zu überraschen, war daher eine Aufhebung angezeigt, um dem Unterhaltsschuldner eine Möglichkeit zur Äußerung unter diesem neuen Aspekt zu geben.
Zur Innehaltung:
Das Erstgericht verfügte die Innehaltung mit den Unterhaltsvorschüssen ab einem Zeitpunkt, zu welchem bereits der Zahlungsplan in Kraft getreten war. Aus den obigen Erläuterungen ergibt sich aber, dass der Abschluss eines Zahlungsplans für sich allein noch nicht geeignet ist, Bedenken am Bestehen der Unterhaltspflicht im Sinn des § 7 Abs 1 UVG hervorzurufen. Damit entbehrt die Verfügung der Innehaltung aber einer rechtlichen Grundlage und war daher ersatzlos zu beheben.
Textnummer
E90123European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0090OB00074.07H.0128.000Im RIS seit
27.02.2009Zuletzt aktualisiert am
20.02.2012