TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/27 99/17/0309

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Veröffentlicht am 27.11.2000
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
L82259 Garagen Wien;

Norm

GaragenG Wr 1957 §41 Abs1 idF 1996/43;
GaragenG Wr 1957 §44 Abs2 idF 1996/43;
LAO Wr 1962 §171;
LAO Wr 1962 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde 1. der M und

2. des D, beide vertreten durch Dr. R und Dr. H, Rechtsanwälte in M, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 22. Juni 1999, Zl. MD-VfR - P 7/99 und G 5/99, betreffend Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. November 1997 wurde der E-Ges. m.b.H als Bauwerberin und Grundmiteigentümerin sowie weiteren Grundmiteigentümern - darunter die beschwerdeführenden Parteien - eine Baubewilligung erteilt. Mit diesem Bescheid wurde die Anzahl der hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibenden Pflichtstellplätze nach dem Wiener Garagengesetz mit 4 festgelegt.

Mit Bescheid vom 26. Jänner 1998 wurde der Bauwerberin gemäß § 36 Abs. 1 und § 42 Wiener Garagengesetz iVm § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes die Ausgleichsabgabe mit S 480.000,-- vorgeschrieben. Über das Vermögen der Bauwerberin wurde das Konkursverfahren eröffnet, die Abgabe blieb uneinbringlich.

Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten war am 4. August 1998 mit dem Bauvorhaben noch nicht begonnen worden und es war noch kein neuer Bauwerber bekannt.

Mit Bescheiden vom 15. Dezember 1998 machte der Magistrat der Stadt Wien den beschwerdeführenden Parteien gegenüber die Haftung der Ausgleichsabgabe samt Säumniszuschlag und Mahngebühr in der Höhe von jeweils S 489.800,-- geltend.

In den Berufungen brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, sie seien nur Miteigentümer und könnten mit ihrem Einkommen diesen hohen Betrag nicht bezahlen.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die beschwerdeführenden Parteien wären Haftende der Ausgleichsabgabe und die Abgabenbehörde könne bis zur vollständigen Entrichtung der Abgabe die persönliche Haftung geltend machen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz ist der Bauwerber abgabepflichtig. Ist er nicht der Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand.

Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, so steht gemäß § 44 Abs. 2 Wiener Garagengesetz ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabenbetrages zu. Dieser Anspruch geht unter, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Jahr erfolgt, in dem die Baubewilligung erloschen ist. Anspruchsberechtigt ist, wer die Abgabe entrichtet hat; andere Personen, die die Erstattung beantragen, müssen den Übergang des Anspruches auf sich nachweisen.

Gemäß § 74 Abs. 1 erster Satz Wiener Bauordnung werden Baubewilligungen gemäß § 70 und Kenntnisnahmen gemäß § 62 unwirksam, wenn nicht binnen vier Jahren vom Tage ihrer Rechtskraft gerechnet, Einreichungen gemäß § 70a, wenn nicht binnen vier Jahren, vom Tag der vollständigen Vorlage der Baupläne und erforderlichen Unterlagen gerechnet, mit der Bauführung begonnen, oder der Bau nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet wird.

Im Beschwerdefall ist die Verpflichtung zur Einhebung der Ausgleichsabgabe entstanden. Über das Vermögen der Bauwerberin ist der Konkurs eröffnet worden und nach den vorgelegten Akten war ein Baubeginn nicht absehbar. Die Baubewilligung wird unwirksam, wenn nicht binnen vier Jahren mit der Bauführung begonnen wird. In diesem Fall besteht ein Erstattungsanspruch entrichteter Ausgleichsabgaben.

Ist die Abgabe noch nicht entrichtet und liegt ein Fall des § 44 Abs. 2 Wiener Garagengesetz vor, ist die Ausgleichsabgabe nicht einzuheben. Nach dem Grundsatz der Akzessorietät der Haftung muss dies auch für den Haftungspflichtigen gelten (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Juli 1990, Zl. 88/17/0235).

Die beschwerdeführenden Parteien wurden mit Bescheid zur Haftung herangezogen. Die Heranziehung zur Leistung einer Abgabe im Wege der Haftung ist eine Ermessensentscheidung.

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden gemäß § 171 WAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Wenn es die Abgabenbehörde für zweckmäßig erachtet, kann sie die Haftung für Teile der Abgabenschuld auch in gesonderten Bescheiden geltend machen. Ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich hindert nicht die Geltendmachung von Haftungen.

Entscheidungen, die die Abgabenbehörde nach ihrem Ermessen zu treffen hat (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 18 WAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Im Beschwerdefall wurde das Bauvorhaben nicht begonnen und es war nicht abzusehen, ob der Bau überhaupt durchgeführt wird. In Fall des Unwirksamwerdens der Baubewilligung wären entrichtete Ausgleichsabgaben nach dem Wiener Garagengesetz von der Behörde zurückzuzahlen. Bei der Ermessensentscheidung ist bei Anwendung der Billigkeitsmaßstäbe schon bei der Geltendmachung der Haftung zu berücksichtigen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides Anhaltpunkte dafür bestehen, dass es letztlich zu einer Bauführung und damit zu einer endgültigen Entrichtung der Abgaben kommen wird. Es widerspricht den Grundsätzen der Billigkeit, wenn die Ausgleichsabgabe im Haftungsweg vorgeschrieben wird, obwohl ein Beginn der Bauausführung nicht sicher ist und die Ausgleichsabgabe voraussichtlich nicht endgültig einbehalten werden kann. Im Falle der Heranziehung zur Haftung muss jedenfalls ein Baubeginn absehbar und nicht wie im Beschwerdefall auf Grund besonderer Umstände völlig ungewiss sein.

Da die belangte Behörde dies bei ihrer Ermessensentscheidung verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Es brauchte daher derzeit nicht untersucht zu werden, in welchem Ausmaß Wohnungseigentümer überhaupt zur Haftung herangezogen werden können.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999170309.X00

Im RIS seit

11.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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