TE OGH 2009/2/11 7Ob256/08k

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard S*****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei W***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Tramposch & Partner Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 9.180,61 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Juni 2008, GZ 4 R 192/08a-15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 18. Februar 2008, GZ 35 C 870/07w-11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Zwischen den Parteien bestand eine Gewerbe-Standard-Versicherung unter anderem hinsichtlich des Fitnessstudios des Klägers in I*****. Gedeckt waren auch Leitungswasserschäden. Es gelten die Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB). Art 7 lautet:

„Obliegenheit des Versicherungsnehmers im Schadenfall

1. Der Versicherungsnehmer hat im Falle eines Schadens folgende Obliegenheiten:

a) Er hat nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und dabei Weisungen des Versicherers zu befolgen; gestatten es die Umstände, so hat er solche Weisungen einzuholen. ...

b) Er hat spätestens innerhalb dreier Tage, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer schriftlich oder mündlich Anzeige zu erstatten.

c) Er hat dem Versicherer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hiezu dienliche Auskunft auf Verlangen zu Protokoll zu geben oder schriftlich zu erteilen und Belege beizubringen. ...

d) Er darf den durch den Schadenfall herbeigeführten Zustand, solange der Schaden nicht ermittelt ist, ohne Zustimmung des Versicherers nicht verändern, es sei denn, dass eine solche Veränderung zum Zwecke der Schadenminderung oder im öffentlichen Interesse geboten ist. ...

3. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz, noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Bei grob fahrlässiger Verletzung der unter Abs 1 und Abs 2 bestimmten Obliegenheiten bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung weder die Feststellung des Versicherungsfalles noch die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung beeinflusst hat. ..."

Auf der dem Kläger übermittelten Versicherungspolizze war am Deckblatt der Name seines selbstständigen Versicherungsmaklers, der in keinem Vertragsverhältnis zur Beklagten steht, unter „Es betreut Sie:" angeführt. Der Kläger hat sowohl bei Abschluss des Versicherungsvertrags als auch bei sonstiger Schadensabwicklung nur mit dem selbstständigen Versicherungsmakler und nicht mit einem Mitarbeiter der Beklagten Kontakt gehalten.

Das Fitnessstudio wird im ersten und zweiten Stock eines Gebäudes betrieben. Am 24. 3. 2005 brach im zweiten Stock ein Abflussrohr einer im Wellnessbereich gelegenen 5 x 5 m großen Dusche. Es kam dadurch im ersten Stock und im Erdgeschoss, und zwar im Bereich der Fleischabteilung eines dort betriebenen Supermarkts zu Nässeschäden.

Das Erstgericht stellte weiters fest:

Der Kläger veranlasste noch am selben Tag die Schließung der Wellnessabteilung und übermittelte am selben oder nächsten Tag seinem selbstständigen Versicherungsmakler die Schadensmeldung. Dieser leitete sie nach telefonischer Vorausmeldung an die Beklagte mit dem Vermerk weiter, dass sich die Mitarbeiter der Beklagten wegen einer Besichtigung durch einen Sachverständigen mit dem Kläger telefonisch in Verbindung setzen sollten. Aus nicht mehr feststellbaren Gründen wurde die an die Beklagte gefaxte Schadensanzeige nicht an die zuständige Schadensabteilung der Beklagten weitergeleitet. Da keine telefonische Rücksprache durch Mitarbeiter der Beklagten erfolgte, ließ der Kläger im Zeitraum 28. 3. bis 10. 4. 2005 die Wellnessabteilung seines Fitnessstudios stilllegen und den Leitungswasserschaden in der Dusche beheben. Die Fliesen und der Estrich wurden aufgeschremmt. Es wurde die gebrochene Abwasserleitung repariert, die durchnässte Schüttung entfernt und eine neue Schüttung samt Estrich und Feuchtigkeitsisolierung sowie Bodenverfliesung aufgebracht. Dadurch wurde der Bodenaufbau zur Gänze wiederhergestellt. Es kann nicht festgestellt werden, ob auch im Wandbereich der Dusche Arbeiten durchgeführt wurden. Dem Kläger wurden für die Deckendemontage, die Schremmarbeiten und die Behebung des Rohrbruchs sowie für das Einbringen einer neuen Schüttung, einer Feuchtigkeitsisolierung und einer Bodenverfliesung, jeweils für eine Bodenfläche von 11 m2, insgesamt netto 8.970 EUR in Rechnung gestellt. Ob diese Arbeiten über das zur Behebung des Wasserschadens unbedingt notwendige Maß hinausgingen, kann nicht festgestellt werden. Eine Komplettsanierung der Dusche erfolgte jedenfalls nicht. Für die Behebung der Schäden im Supermarkt mussten 210,61 EUR aufgewendet werden.

Der Kläger gründete am 27. 11. 2006 rückwirkend zum Februar 2006 die H***** GmbH, deren geschäftsführender Alleingesellschafter er ist. Er übernahm eine Stammeinlage von 35.000 EUR. Diese brachte er durch Barzahlung von 18.000 EUR und unter anderem durch Einbringung seines Einzelunternehmens (Fitnessstudio in I***** mit dem Betriebsgegenstand Bereitstellen von Fitnessgeräten, Betrieb eines Fitnesscenters zur Fortführung dieses Betriebs) samt allen Aktiven und Passiven, sohin umfassend das gesamte Betriebsvermögen, als Sacheinlage auf. Die Einbringung erfolgte samt allen in der Einbringungsbilanz mangels Anschaffungswerten nicht aufscheinenden Rechten und Verbindlichkeiten des Unternehmens, wie Mietrechte, Nutzungsrechte sowie die Wortbildmarke „H*****". Der klagsgegenständliche Anspruch ist weder in der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft noch in der Einbringungsbilanz ausdrücklich angeführt.

Der Kläger begehrt die Bezahlung des Betrags von 9.180,61 EUR, den er zur Behebung des Wasserschadens insgesamt aufgewendet habe. Um eine Betriebsunterbrechung möglichst kurz zu halten und den ordnungsgemäßen Betrieb wieder aufnehmen zu können, sei die Sanierung des Rohrbruchs vorgenommen worden. Die Beklagte habe trotz umgehender Schadensmeldung keinen Sachverständigen zur Besichtigung des Schadens an Ort und Stelle entsandt, obwohl dem Versicherer hätte bewusst sein müssen, dass die Sanierung so schnell wie möglich zur Aufrechterhaltung des ordentlichen Betriebs des Fitnessstudios und somit zur Schadensminderung auch im Hinblick auf den Schaden im Supermarkt notwendig gewesen sei. Die Verletzung der Obliegenheit der fehlenden Besichtigung habe weder auf die Feststellung des Schadensfalls noch die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistungen Einfluss gehabt. Der Versicherer bleibe auch bei grob fahrlässiger Verletzung bestimmter Obliegenheiten insofern verpflichtet, als der Umfang des Schadens auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen sei. Der Kläger habe sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen in die H***** GmbH eingebracht. Bei der Einbringung des Einzelunternehmens habe sich der Kläger die Geltendmachung der klagsgegenständlichen Ansprüche ausdrücklich vorbehalten, weil die Forderung von der Beklagten bestritten worden sei. Deshalb scheine die Forderung auch in der Einbringungsbilanz nicht auf.

In der Tagsatzung am 29. 11. 2007 erklärte der Kläger, dass die durch ihn vertretene H***** GmbH die Forderung vorsichtshalber zur gerichtlichen Geltendmachung an ihn abtrete und dass er diese Abtretung annehme. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klagevertreters und des diesen Erklärungen beitretenden Klägers wurden im Protokoll festgehalten. Eine Abtretung zur gerichtlichen Geltendmachung sei nach Ansicht des Klägers auch ohne Schriftform möglich.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung und wendet ein, dass der Kläger keine Schadensmeldung erstattet habe. Der selbstständige Versicherungsmakler sei dem Kläger und nicht der Beklagten zuzurechnen. Weiters habe der Kläger jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der dem Versicherer obliegenden Entschädigungspflicht zu dulden. Nachvollziehbare Rechnungen über die Schadenshöhe seien bislang nicht vorgelegt worden. Aus einem von der Beklagten eingeholten Sachverständigengutachten gehe hervor, dass der Eindruck einer Generalsanierung der Nasszeile im Saunabereich bestehe, weshalb von der Klagsforderung auch Schadenspositionen umfasst seien, welche jedenfalls nicht auf das behauptete Schadensereignis zurückzuführen seien. Der Kläger sei auch nicht aktiv legitimiert, da er sein Einzelunternehmen in die GmbH eingebracht habe. Die in der Tagsatzung am 29. 11. 2007 erklärte Zession stelle ein unzulässiges In-Sich-Geschäft dar, weil der Gesellschaft ein Vermögenswert entzogen werde. Eine derartige Erklärung bedürfe überdies der Schriftform.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Ansicht, dass dem Kläger keine Obliegenheitsverletzung anzulasten sei. Dass der Kläger ohne neuerliche Rücksprache mit seinem Versicherungsmakler die Sanierungsarbeiten durchgeführt habe, sei nicht als grob fahrlässig zu beurteilen. Die Aktivlegitimation des Klägers sei zu bejahen, weil es sich bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Gesellschaft um eine Einzelrechtsnachfolge handle. Die strittige Forderung habe weder in der Einbringungsbilanz noch sonst in einer Erklärung über die Errichtung der GmbH Erwähnung gefunden, sodass keine Abtretung erfolgt sei. Gegen die Höhe der für die Schadensbehebung aufgewendeten Kosten bestünden grundsätzlich keine Bedenken. Weitergehende Beweise, dass es sich bei diesem Rechnungsaufwand nicht nur um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zur Behebung des Leitungswasserschadens gehandelt habe, seien von der Beklagten weder erbracht noch angeboten worden, weshalb die betreffenden Rechnungen als unbedenklich zugrunde zu legen seien.

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil in eine Klagsabweisung ab. Es verneinte die aktive Klagslegitimation des Klägers, weil er sein gesamtes Einzelunternehmen und auch namentlich nicht genannte Forderungen in der Höhe von nahezu 113.000 EUR eingebracht habe, in denen die strittige Forderung jedenfalls Deckung finde. Es spreche bereits der Anschein dafür, dass auch diese Forderung in den „sonstigen Forderungen" enthalten sei. Diesen Anschein hätte der Kläger zu entkräften gehabt. Er hätte seinerseits unter Beweis stellen müssen, dass es zur Einbringung gerade dieser Forderung nicht gekommen sei. Diesen Beweis habe der Kläger aber nicht erbracht. Es sei daher in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass auch die eingeklagte Forderung auf die GmbH übergegangen und der Kläger zu deren Geltendmachung im eigenen Namen nicht mehr berechtigt sei. Die Rückzession in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung sei nicht wirksam. Der Urkundenzwang des § 18 Abs 5 GmbHG, dem nicht entsprochen worden sei, sei ein Gültigkeitserfordernis. Die Abtretungserklärung des Klägers in der Tagsatzung könne keine Rechtswirksamkeit entfalten, weil es sich beim Verhandlungsprotokoll entgegen der Ansicht des Klägers um keine (Geschäfts-)Urkunde im Sinn des § 18 Abs 5 GmbHG handle. Die Unterschrift auf dem Deckblatt des Protokolls bedeute lediglich, dass der Kläger mit der Abfassung des Verhandlungsprotokolls mittels Schallträger einverstanden gewesen sei. Mangels wirksamer Rückzession fehle dem Kläger daher die Aktivlegitimation.

Das Berufungsgericht änderte seinen Ausspruch nach § 508 ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu § 18 Abs 5 GmbHG oberstgerichtliche Judikatur fehle.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Bei der Einbringung des Betriebs eines Einzelkaufmanns als Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft tritt keine Gesamtrechtsnachfolge ein, sondern die einzelnen Vermögensgegenstände und Rechte des Einzelkaufmanns gehen nur durch Einzelübertragung (Einzelrechtsnachfolge) auf die Kapitalgesellschaft über (RIS-Justiz RS0049501; vgl auch RS0009999, RS0115146). Feststeht, dass der Kläger sein Einzelhandelsunternehmen „samt allen Aktiven und Passiven, sohin umfassend das gesamte Betriebsvermögen" als Sacheinlage in die GesmbH einbrachte. Eine Globalzession, wie diese, ist grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0032519). Wenn alle einem Unternehmen zustehenden Forderungen abgetreten werden, so genügt die (formfreie) Zession anlässlich der Einbringung des Einzelunternehmens. Nicht die abgetretene Forderung, sondern das Einzelunternehmen stellt die Sacheinlage dar. Ob die Klagsforderung auch in der Eröffnungsbilanz oder im Gesellschaftsvertrag enthalten ist, ist ohne Relevanz (1 Ob 749/81, 7 Ob 2028/96b).

Die hier strittige Forderung war daher von der Abtretung mitumfasst und ging damit auf die H***** GmbH über. Zu prüfen ist nun, ob die Rückzession an den Kläger durch Erklärung in einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung und Aufnahme in das Protokoll wirksam ist.

Über Rechtsgeschäfte, die der einzige Gesellschafter sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Gesellschaft abschließt, ist unverzüglich eine Urkunde zu errichten. Dabei ist vorzusorgen, dass nachträgliche Änderungen des Inhalts und Zweifel über den Zeitpunkt des Abschlusses ausgeschlossen sind; die Bestellung eines Kurators ist nicht erforderlich (§ 18 Abs 5 GmbHG). Eine Urkunde muss nicht errichtet werden, wenn das Geschäft zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehört und zu geschäftsüblichen Bedingungen abgeschlossen wird (§ 18 Abs 6 GmbHG). Diese Bestimmungen wurden in Umsetzung von Art 5 der 12. Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (89/667/EWG) erlassen. Danach sind Verträge, die zwischen dem einzigen Gesellschafter und der von ihm vertretenen Gesellschaft abgeschlossen werden, in eine Niederschrift aufzunehmen oder schriftlich abzufassen, was auf die unter normalen Bedingungen abgeschlossenen laufenden Geschäfte nicht anzuwenden ist. Im Fall der Nichteinhaltung dieser Vorschriften sieht die Richtlinie selbst keine Sanktionen vor, sondern überlässt es den nationalen Normgebern, entsprechende Rechtsfolgen festzusetzen (Kalss in Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht Teil 1: Gesellschaftsrecht 302; Brändel in FS Alfred Kellermann (1991), Die Auswirkungen der 12. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie auf die Einmann-AG 22, Doralt/Nowotny, Der EG-rechtliche Anpassungsbedarf im österreichischen Gesellschaftsrecht 249). Die für das österreichische Recht im Schrifttum kontroversiell beantwortete Frage, welche Wirkung eine Formverletzung nach sich zieht, braucht im vorliegenden Fall aber nicht beantwortet werden.

Die Richtlinie fordert eine Niederschrift, § 18 Abs 5 GmbHG eine unverzüglich zu errichtende Urkunde über das In-Sich-Geschäft. Der Zweck der Bestimmungen ist der Beweis des Inhalts und des Zeitpunkts des Abschlusses des In-Sich-Geschäfts, soll doch durch die Urkunde vorgesorgt werden, dass nachträgliche Änderungen des Inhalts und Zweifel über den Zeitpunkt des Abschlusses ausgeschlossen sind.

Ein in Gemäßheit der ZPO errichtetes Protokoll liefert, soweit nicht ein ausdrücklicher Widerspruch einer Partei vorliegt, über den Verlauf und Inhalt der Verhandlung vollen Beweis (§ 215 Abs 1 ZPO). Ein Verhandlungsprotokoll ist eine inländische öffentliche Urkunde im Sinn von § 292 Abs 1 ZPO. Nach jüngerer Rechtsprechung und Lehre ist die Unterschrift der Parteien auf dem Verhandlungsprotokoll zwar erwünscht, stellt aber kein Gültigkeitserfordernis dar (6 Ob 549/94, RIS-Justiz RS0037390). Erklärt demnach der Alleingesellschafter einer GmbH während einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung eine Zession an sich selbst und wird diese Erklärung in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen, so besteht hinsichtlich dieses In-Sich-Geschäfts im Sinn der Richtlinie eine Niederschrift oder im Sinn des § 18 Abs 5 GmbHG eine Urkunde, und zwar (nicht bloß eine Privaturkunde, sondern) sogar eine öffentliche Urkunde. Dass eine öffentliche Urkunde jedenfalls dem Erfordernis einer Niederschrift nach Art 5 der Richtlinie entspricht, unterliegt keinem Zweifel (acte clair), sodass sich eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs erübrigt (RIS-Justiz RS0123074, RS0082949, RS0112221). Der öffentlichen Urkunde kommt erhöhte Beweiskraft zu. Sie wird vom Richter während seiner Amtstätigkeit errichtet und belegt eine öffentlich vor Dritten abgegebene Erklärung. Damit beweist sie besser und sicherer als eine Privaturkunde den Inhalt und Zeitpunkt der vom Gesellschafter abgegebenen Erklärung. Das Protokoll über eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung, in dem eine in dieser Tagsatzung abgegebene rechtsgeschäftliche Erklärung des Alleingesellschafters festgehalten wird, ist eine im Sinn des § 18 Abs 5 GmbHG unverzüglich errichtete Urkunde über das Rechtsgeschäft. Es liegt hier also eine wirksame Rückzession der Forderung zum Inkasso an den Kläger vor. Der Kläger ist aktiv legitimiert.

Das Berufungsgericht hat es aufgrund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht unterlassen, sich mit der Beweisrüge der Parteien auseinanderzusetzen. Dies wird im fortzusetzenden Verfahren nachzutragen sein. Insbesondere ist zu klären, ob der selbstständige Versicherungsmakler eine Schadensmeldung an die Beklagte erstattet hat. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Klägers ist nämlich der selbstständige Versicherungsmakler kein Vertreter des beklagten Versicherers. Der Versicherungsmakler ist zwar regelmäßig ein Doppelmakler, wird aber trotzdem als Hilfsperson des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zugerechnet und hat primär als „Bundesgenosse" des Versicherten dessen Interessen zu wahren. Davon zu unterscheiden ist der Versicherungsagent im Sinne des § 43 VersVG, der vom Versicherer ständig betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder zu schließen, damit zu der Versicherung im Naheverhältnis steht und der Sphäre des Versicherers zuzurechnen ist (RIS-Justiz RS0114041). Hier steht fest, dass keine Vertragsbeziehung zwischen dem Makler und der Beklagten besteht. Der Hinweis, dass der Makler der Betreuer des Klägers sei, kann im vorliegenden Einzelfall auch nicht so aufgefasst werden, die Beklagte habe dem Makler Vollmacht erteilt, sie in der zukünftigen Geschäftsbeziehung zum Kläger zu vertreten. Sie hielt nur fest, wer den Vertrag vermittelt (betreut) hat. Das Verhalten des Maklers ist daher dem Kläger zuzurechnen. Sollte sich eine Obliegenheitsverletzung nach Art 7.1.b AWB ergeben, werden zum weiteren Vorgehen auch insoweit die nachfolgenden Ausführungen zu Obliegenheitsverletzungen zu beachten sein.

Weiters wird das Berufungsgericht dafür Sorge tragen müssen, dass eine klare Feststellungslage zur Beurteilung des Vorliegens der zweiten behaupteten Obliegenheitsverletzung nach Art 7.1.d AWB geschaffen wird. Der Kläger hat sich im erstinstanzlichen Verfahren im Hinblick auf die Obliegenheit nach Art 7.1.d AWB darauf berufen, dass eine Veränderung des durch den Schadensfall herbeigeführten Zustands zum Zweck der Schadensminderung geboten gewesen sei. Dazu fehlen Feststellungen. Sollte dies zu bejahen sein, würde nach der Bedingungslage keine Obliegenheitsverletzung vorliegen. Sollte sich herausstellen, dass die Veränderung zum Zweck der Schadensminderung nicht geboten war, so würde grundsätzlich eine Obliegenheitsverletzung nach Art 7.1.d AWB vorliegen. In diesem Fall ist Folgendes zu beachten:

Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall dienen dem Zweck, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen. Die Drohung mit dem Anspruchsverlust soll den Versicherungsnehmer motivieren, die Verhaltensregeln ordnungsgemäß zu erfüllen; ihr kommt eine generalpräventive Funktion zu (RIS-Justiz RS0116978). Nach ständiger Rechtsprechung trifft für das Vorliegen des objektiven Tatbestands einer Obliegenheitsverletzung den Versicherer die Beweislast. Im Fall des Nachweises ist es Sache des Versicherungsnehmers, zu behaupten und zu beweisen, dass er die ihm angelastete Obliegenheitsverletzung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig begangen hat (RIS-Justiz RS0081313). Eine nur leichte Fahrlässigkeit bleibt demnach ohne Sanktion (RIS-Justiz RS0043728). Gelingt dem Versicherungsnehmer der Beweis der leichten Fahrlässigkeit nicht, so steht ihm nach § 6 Abs 1 VersVG auch bei schlicht vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung der Kausalitätsgegenbeweis offen. Unter Kausalitätsgegenbeweis (vgl auch Art 7.3 AWB) ist der Nachweis zu verstehen, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers einen Einfluss gehabt hat (RIS-Justiz RS0116979). Der Kausalitätsgegenbeweis ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer, was hier nicht behauptet wurde, die Obliegenheiten mit Schädigungs- oder Verschleierungsvorsatz (Täuschungsvorsatz) verletzt, also mit dem Vorsatz handelt, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen oder die Feststellung solcher Umstände zu beeinträchtigen, die erkennbar für die Leistungspflicht des Versicherers bedeutsam sind (RIS-Justiz RS0109766). Der Versicherungsnehmer müsste in diesem Fall nachweisen, dass es ihm bei der Obliegenheitsverletzung am Täuschungsvorsatz mangelt (RIS-Justiz RS0081253).

Grundsätzlich ist der Kausalitätsgegenbeweis strikt zu führen. Ein wirksamer Gegenbeweis setzt voraus, dass ihm eine Beweislage zugrunde liegt, die jener gleichwertig ist, die der Versicherte durch seine Obliegenheitsverletzung zerstört oder eingeschränkt hat (RIS-Justiz RS0081225).

Angewandt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es zunächst Feststellungen dazu bedarf, aus welchen Gründen der Kläger annahm, der Versicherer stimme der Veränderung des Zustands zu, um beurteilen zu können, ob die Obliegenheit schuldhaft verletzt wurde bzw welcher Grad des Verschuldens dem Kläger anzulasten ist.

Gelingt dem Kläger der Beweis der leichten Fahrlässigkeit nicht, so stellt sich die Frage nach dem Kausalitätsgegenbeweis. Auch dazu fehlt es bislang an einer klaren Feststellungslage. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen in Verbindung mit der rechtlichen Beurteilung und der Beweiswürdigung ist unklar, welchen Sachverhalt das Erstgericht für erwiesen hielt. Das Erstgericht führte zwar im Rahmen seiner Feststellungen zunächst aus, dass nicht feststehe, ob mehr Arbeiten als jene, die zur Behebung des Wasserschadens unbedingt notwendig waren, gemacht wurden. In der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Beurteilung hingegen finden sich aber (widersprüchliche) Ausführungen, aus denen sich ergibt, dass das Erstgericht (positiv) davon ausgeht, dass nur die unbedingt notwendigen Arbeiten gemacht wurden. Die Ausführungen des Erstgerichts sind nicht eindeutig. Auf eine klare Feststellung zu dieser Frage kommt es aber an. Nur wenn (einer Besichtigung vergleichbar) jetzt noch festgestellt werden kann, dass nur jene Arbeiten durchgeführt wurden, die zur Behebung des Schadens notwendig waren, kann gesagt werden, dass die Obliegenheitsverletzung auf die Feststellung des Versicherungsfalls und die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers keinen Einfluss gehabt hat, der Kausalitätsgegenbeweis also gelungen ist. Da der Kausalitätsgegenbeweis strikt zu führen ist, sind auch hier Feststellungen dazu zu treffen, ob die Lichtbilder das Schadensausmaß und die Behebungsmaßnahmen zweifelsfrei erkennen lassen oder nicht. Ist eine positive Feststellung im dargestellten Sinn nicht möglich, so geht dies zu Lasten des beweispflichtigen Klägers.

Erst wenn eine klare Feststellungslage im Sinn der dargelegten Grundsätze geschaffen wird, kann über die Rechtssache abschließend entschieden werden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Textnummer

E90325

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00256.08K.0211.000

Im RIS seit

13.03.2009

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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