TE OGH 2009/2/19 12Os175/08i

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Veröffentlicht am 19.02.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab und Dr. T. Solé sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin, im Verfahren wegen Unterbringung des Betroffenen Martin F***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12. September 2008, GZ 17 Hv 94/08s-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin F***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Danach hat er am 3. Juni 2008 in Voitsberg unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, nämlich einer ausgeprägten schizophrenen Psychose mit paranoider Komponente,

1. die Beamtinnen der Bezirkshauptmannschaft K***** Mag. Verena P***** und Heidrun Po***** durch die Äußerung „Wenn ich meinen Führerschein nicht sofort wieder zurückbekomme, dann hole ich meine Puffe, komme zurück und erschieße euch. Und wenn nicht heute, dann morgen in der Früh", somit durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Amtshandlung, und zwar zur Rückausfolgung seines Führerscheins zu nötigen versucht und

2. Nachgenannte gefährlich mit dem Tod bzw mit dem Tod einer Sympathieperson bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar durch die Ankündigungen gegenüber:

a) GI Gerhard G***** und GI Ingolf H*****, er werde sie erschießen, die Grabsteine habe er bereits bestellt, und

b) GI Ingolf H*****, er kenne dessen Sohn, wisse, welches Auto er fahre und was jetzt mit ihm zu tun sei,

und hiedurch zu 1. das Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 2 letzter Fall (iVm § 269 Abs 1 letzter Halbsatz) StGB und zu 2. die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB begangen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, der keine Berechtigung zukommt.

Dem - auch als Tatsachenrüge (Z 5a) erstatteten - Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht die Aussage des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Manfred W***** in der Hauptverhandlung, ein Vorsatz beim Betroffenen sei schwer abzuleiten, weil es sich um ein sehr exponibles Verhalten handle, das in jeder Sekunde entstehen könne (S 15 in ON 23), sehr wohl - und entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge logisch und empirisch einwandfrei - dahin gewürdigt, dass dem Betroffenen schwerlich ein geplantes Vorgehen vorgeworfen werden könne, und überdies darauf hingewiesen, die Äußerung des Experten beziehe sich auf die Frage, ob dem Betroffenen seine Taten zugerechnet werden können. Dessen ungeachtet sei die bei vorsätzlichem Handeln vorausgesetzte Fähigkeit einen Willen zu bilden (die von jener, diesen gebildeten Willen verantwortlich an den Rechtsnormen auszurichten, zu unterscheiden ist; RIS-Justiz RS0115231) nach den Ausführungen des Sachverständigen aber zweifellos gegeben gewesen (US 16).

Die Behauptung einer in den Feststellungen der Tatrichter, der Betroffene sei auch anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen ca eine Woche vor dem Hauptverhandlungstermin noch massiv unter dem Verfolgungswahn gestanden, gelegenen Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall), zumal Martin F***** tatsächlich ca eine Woche nach seiner Einweisung untersucht worden sei, legt nicht dar, weshalb dieser Umstand angesichts der neuerlichen Begutachtung des Betroffenen in der Hauptverhandlung eine entscheidende Tatsache betreffen sollte.

Mit dem in der Sanktionsrüge (Z 11) erhobenen Einwand (der Sache nach Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht habe außer Acht gelassen, dass der Betroffene bis zum 3. Juni 2008 völlig unauffällig gewesen und strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten sei, spricht der Beschwerdeführer ebenfalls keinen entscheidenden Umstand an. Die Behauptung mangelnder Begründung der Befürchtung, der Betroffene werde gegenüber weiteren Personen Morddrohungen ausstoßen, betrifft eine Ermessensentscheidung des Gerichts und ist daher nur mit Berufung geltend zu machen (Ratz in WK² Vorbem zu §§ 21 bis 23 Rz 11).

Welche in der Person des Betroffenen gelegenen Umstände (vgl US 3 f) einer Erörterung zwecks Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose bedurft hätten, legt die Beschwerde nicht dar. Nichtigkeit (nach Z 11 zweiter Fall) begründende Umstände werden somit nicht deutlich und bestimmt bezeichnet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Anmerkung

E9039112Os175.08i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00175.08I.0219.000

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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