Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller und Dr. Hoch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Lukas G*****, in Obsorge und wohnhaft bei der Mutter Daniela G*****, wegen § 111 Abs 2 JN, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Lilienfeld an das Bezirksgericht Traun wird genehmigt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Nach der am 3. 11. 1999 erfolgten Scheidung seiner Eltern wurde die Obsorge für den minderjährigen Lukas der Mutter übertragen. Die Mutter hat wieder geheiratet und wohnte zunächst mit Lukas und ihrer neuen Familie in Hainfeld im Sprengel des Bezirksgerichts Lilienfeld. Der Vater hat am 6. 10. 2008 den Antrag, die Obsorge für Lukas ihm zu übertragen, zurückgezogen und eine (gegenüber der bisherigen Regelung umfangreichere) Festsetzung seines Besuchsrechts begehrt. Über diesen Antrag wurde noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 11. 8. 2008 teilte die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld dem Bezirksgericht Lilienfeld mit, dass Lukas mit seiner Mutter nach Haid/Ansfelden verzogen sei. Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 11. 11. 2008 übertrug das Bezirksgericht Lilienfeld daraufhin die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 Abs 1 und 2 JN an das Bezirksgericht Traun. Dieses stellte die Akten dem Bezirksgericht Lilienfeld mit dem (einen Sachverständigengebühren betreffenden Beschluss betreffenden) „Hinweis" zurück, „dass zum einen die Kosten nicht abschließend vorgeschrieben wurden"; zum anderen entspreche eine Übernahme des Verfahrens „im Hinblick auf die bereits eingehende Befassung des Bezirksgerichts Lilienfeld mit dem Fall und den beteiligten Personen zur Zeit nicht dem Wohl des Minderjährigen im Sinne des § 111 JN". Das Bezirksgericht Lilienfeld legte die Akten gemäß § 111 Abs 2 JN zur Genehmigung der Übertragung dem Obersten Gerichtshof vor. Die Übertragung ist berechtigt.
Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Gericht im Interesse des Pflegebefohlenen seine Zuständigkeit übertragen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist die Übertragung nur dann wirksam, wenn das andere Gericht die Zuständigkeit übernimmt oder im Fall der Weigerung des anderen Gerichts eine Genehmigung durch das den beiden Gerichten zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht - hier der Oberste Gerichtshof - erfolgt. Ausschlaggebendes Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache für Minderjährige ist immer das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047074). Nach ständiger Rechtsprechung wird der pflegschaftsgerichtliche Schutz am besten durch das Gericht gewährleistet, in dessen Sprengel sich das Kind aufhält (2 Nd 501/00; 10 Nc 24/03s; 7 Nc 5/05b; 9 Nc 14/08w uva). Offene Anträge sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, sofern nicht dem übertragenden Gericht für die ausstehende Entscheidung besondere Sachkenntnis zukommt (RIS-Justiz RS0047432). Im vorliegenden Fall ist weder ein besonderer Vorteil aus der Sachbearbeitung durch das bisherige Pflegschaftsgericht zu erwarten, noch sprechen Gründe des Kindeswohls dafür, die Pflegschaftssache nicht an das Bezirksgericht des Aufenthaltsortes des Kindes zu übertragen.
Die Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Traun ist daher zu genehmigen.
Anmerkung
E900677Nc3.09iEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070NC00003.09I.0220.000Zuletzt aktualisiert am
07.04.2009