Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Franz B*****, verstorben am *****, infolge Revisionsrekurses der Verlassenschaftsgläubigerin Annelies R*****, vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. September 2008, GZ 48 R 242/08f-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 18. Juni 2008, GZ 3 A 71/08z-9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Der Erblasser hat noch zu Lebzeiten das Buch „Die Rauchgiftfalle" veröffentlicht (erschienen 2005 in einem deutschen Verlag); die „Urheber- und Verlagsrechte" daran wurden von der Gerichtskommissärin in der Todesfallaufnahme - im Einverständnis mit der Lebensgefährtin des Erblassers - mit 2.500 EUR bewertet. Zusammen mit einem Guthaben des Erblassers bei einer Versicherung in Höhe von 1.166,34 EUR wurden Aktivposten der Verlassenschaft von insgesamt 3.666,34 EUR festgestellt.
Die Schwester des Verstorbenen begehrte die Überlassung der Aktiven der Verlassenschaft an Zahlungs statt zur teilweisen Deckung ihrer Forderung an die Verlassenschaft in Höhe von 5.040,57 EUR; sie machte folgende Ausgaben im Verlassenschaftsverfahren geltend: 3.337,56 EUR für die Bestattung, 53 EUR für Blumen, 115 EUR für ein Sarggesteck, 34,27 EUR für Parten, 80,74 EUR für Porto, 190 EUR für Bewirtung, 350 EUR für Nebenspesen, 880 EUR für Steinmetzarbeiten laut Kostenvoranschlag.
Auch die Lebensgefährtin des Erblassers begehrte die Überlassung der Aktiven der Verlassenschaft an Zahlungs statt zur teilweisen Deckung ihrer Forderungen in Höhe von insgesamt 7.801,38 EUR (Rückzahlungsraten für ein privates Darlehen des Erblassers gemeinsam mit der Rekurswerberin, Kosten für eine Internetseite, Kosten für die Herstellung einer Krankengeschichte des Erblassers, Mobiltelefonrechnungen). Sie bezeichnete in ihrer Eingabe vom 11. 6. 2008 (ON 7) das Buch des Erblassers „als unser gemeinsames Kind", zu dem sie „viel Wertvolles einbringen" habe können. Die Kinder des Erblassers erklärten in einem Schreiben an die Gerichtskommissärin vom 15. 4. 2008 (Beilage zur Todesfallaufnahme ON 4), dass die Lebensgefährtin des Erblassers „entscheidend an dem Buch mitgearbeitet" habe.
Das Erstgericht stellte fest, dass die Aktiven des überschuldeten Nachlasses der Schwester des Erblassers auf Abschlag ihrer Forderung für bezahlte Bestattungskosten in Höhe von 5.040,57 EUR an Zahlungs statt überlassen werden (Punkt 1), bestimmte die Gebühr der Gerichtskommissärin und trug sie der Schwester des Erblassers zur Zahlung auf (Punkt 2), wies den Antrag der Lebensgefährtin des Erblassers auf Überlassung der Aktiven an Zahlungs statt auf teilweisen Abschlag ihrer Forderungen ab (Punkt 3) und verwies die Lebensgefährtin des Erblassers mit ihren Ansprüchen auf Urheber- und Verlagsrechte sowie auf alle weiteren Rechte am Buch „Die Rauchgiftfalle" auf den Rechtsweg (Punkt 4). Die Voraussetzungen des § 154 AußStrG für eine Überlassung der Nachlassaktiven an Zahlungs statt an die Schwester des Erblassers lägen vor, weil die von dieser getragenen Bestattungskosten vorrangig gegenüber anderen Forderungen zu befriedigen seien.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit Urheber- und Verlagsrechte Gegenstand eines Verfahrens der Überlassung einer Verlassenschaft an Zahlungs statt sein könnten. Aus § 23 Abs 1 UrhG sei zu schließen, dass das Urheberrecht zu den Rechten gehöre, die nach § 531 ABGB den Nachlass bildeten und den für solche Rechte allgemein geltenden erbrechtlichen Vorschriften unterliege. Der Erblasser könne daher über das Urheberrecht letztwillig verfügen oder es zum Gegenstand von Vermächtnissen machen; das Urheberrecht könne auch im Wege der gesetzlichen Erbfolge vererbt werden und falle bei Erblosigkeit dem Staat anheim. Gemäß § 25 Abs 1 UrhG seien die urheberrechtlichen Verwertungsrechte der Exekution wegen Geldforderungen entzogen. Bei der Überlassung eines Nachlasses an Zahlungs statt handle es sich zwar um einen Akt der Gläubigerbefriedigung, doch erfolge diese erst nach dem Tod des Urhebers, weshalb die strengen Vorschriften der Unübertragbarkeit des Urheberrechts unter Lebenden nicht anwendbar seien. Es seien daher sämtliche erbrechtlichen Vorschriften, sohin auch eine Überlassung an Zahlungs statt, auf das Urheberrecht anzuwenden; es könne bewertet und in die Nachlassüberlassung einbezogen werden. Gleiches gelte sinngemäß für einen Verlagsvertrag als Ausfluss der vererblichen und veräußerlichen Werknutzungsrechte. Die Bewertung der Verlagsrechte der Höhe nach sei zutreffend erfolgt. Dass aufgrund der laufenden Einnahmen aus dem Verlagsvertrag damit zu rechnen sei, dass der Schwester des Erblassers insgesamt mehr an Einnahmen zukomme, als ihre Forderung gegen die Verlassenschaft tatsächlich betrage, sei in erster Instanz nicht behauptet worden. Soweit sich die Rekurswerberin gegen die Verweisung ihrer Ansprüche aus dem Buch des Erblassers auf den Zivilrechtsweg wende, übersehe sie, dass sie sich auf keinen Erbrechtstitel stützen könne; Rechte als Miturheberin müsse sie im streitigen Rechtsweg geltend machen. Dies sei auch gegenüber demjenigen möglich, dem das Urheberrecht an Zahlungs statt überlassen worden sei, weil der Überlassungsbeschluss zwar gemäß § 798a ABGB einen Titel zum Eigentumsübergang bilde, einen sich auf das Urheberrecht gründenden Anspruch der Rekurswerberin aber nicht vernichten könne. Zwar könne die Rekurswerberin Abrechnungsbegehren aus dem Verlagsvertrag gegen die Schwester des Erblassers wohl auch auf dem Rechtsweg nicht durchsetzen; es sei jedoch nicht ersichtlich, aus welchem Rechtsgrund ihr ein solcher Anspruch zustehen solle. Selbst wenn nämlich das überlassene Urheber- und Verlagsrecht höhere Einnahmen brächte als die Forderung der Schwester des Erblassers gegen die Verlassenschaft betrage, könne dieser „Überschuss" nicht neuerlich verteilt werden, weil das gesamte Recht einer Person bereits zugewiesen worden sei. Insoweit sei daher eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg zur allfälligen Durchsetzung von Ansprüchen nach dem UrhG zutreffend.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; das Rechtsmittel ist auch berechtigt im Sinne seines Aufhebungsantrags.
Die Verlassenschaftsgläubigerin macht geltend, Urheberrechte könnten nicht an Zahlungs statt überlassen werden; sie gewährten nämlich eine Vielzahl von Verwertungsmöglichkeiten, über die - einschließlich deren finanzieller Abgeltung - allein der Urheber zu entscheiden habe. Im Anlassfall habe der Erblasser über viele Verwertungsrechte (zB im Rahmen von Vorträgen, Rundfunksendungen, Verfilmungen oder Bühnenaufführungen) noch nicht verfügt, diese könnten auch der Höhe nach nicht beziffert werden und stünden nach der angefochtenen Entscheidung allein der Schwester des Erblassers zu. Dies könne zu einer gesetzwidrigen Besserstellung der nach dem angefochtenen Beschluss Begünstigten gegenüber weiteren Verlassenschaftsgläubigern führen, weil nicht auszuschließen sei, dass die aus laufenden Einnahmen aus dem Verlagsvertrag erzielten Erträge die bevorrechteten Forderungen der Begünstigten gegen die Verlassenschaft überstiegen.
1. Vorauszuschicken ist, dass die Rechtsmittelwerberin - wie auch schon im Rekursverfahren - hilfsweise die Aufhebung des (gesamten) angefochtenen Beschlusses beantragt hat; es ist deshalb auch dessen Punkt 2 (Bestimmung der Kosten der Gerichtskommissärin und Zahlungsauftrag an die Schwester des Klägers) nicht in Rechtskraft erwachsen, zumal dieser Punkt mit den übrigen Punkten des Beschlusses in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang steht und dessen rechtliches Schicksal teilt.
2.1. Grundsätzlich ist das Urheberrecht - abgesehen von den im Gesetz genannten Ausnahmen - unter Lebenden unübertragbar (§ 23 Abs 3 UrhG). Hintergrund dieser Regelung ist die persönlichkeitsrechtliche Natur des Urheberrechts und dessen monistisches Konzept nach dem österreichischen Urheberrechtsgesetz, wonach sämtliche Einzelbefugnisse des Urheberrechts (urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse, Verwertungsrechte, Vergütungsansprüche, Zugangsrecht) als untrennbare Einheit verstanden werden (Walter, Österreichisches Urheberrecht 263 mwN). Zu den dem Urheber vorbehaltenen Befugnissen zählt auch das Recht, einem Verleger in einem Verlagsvertrag die Vervielfältigung und Verbreitung eines Werks auf eigene Rechnung zu gestatten (vgl §§ 1172 f ABGB).
2.2.1. § 23 Abs 1 erster Halbsatz UrhG hält ausdrücklich fest, dass das Urheberrecht - wie im Übrigen schon aus der Berechnung der Schutzdauer post mortem auctoris folgt (Walter aaO 257 mwN) - vererblich ist. Das Urheberrecht zählt deshalb zu den Rechten, die nach § 531 ABGB den Nachlass bilden (Salomonowitz in Kucsko, urheber.recht 354 mwN). Trifft der Urheber keine Verfügung von Todes wegen, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Subsidiär gelangen Miturheber zum Zug (§ 23 Abs 2 UrhG).
2.2.2. Der Erbe übernimmt als Gesamtrechtsnachfolger die volle Rechtsstellung des Erblassers, insbesondere auch einschließlich deren persönlichkeitsrechtlicher Elemente (zB Recht auf Erstveröffentlichung, Recht auf Werkintegrität) und der Gestaltungsbefugnisse des Urhebers (zB Kündigungs- oder Rückrufsrecht; vgl Walter aaO 257 f). Dadurch ist gewährleistet, dass nach dem Tod des Erblassers andere Personen die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen am geistigen Werk des Verstorbenen wahrnehmen können, bis die Schutzfrist abgelaufen ist (Thiele, Urheberrecht post mortem - Rechtsnachfolge bei Werkschöpfern, NZ 2002, 97).
2.2.3. Vermächtnisnehmer (Legatare) und auf den Todesfall Beschenkte erwerben Urheberrechte des Erblassers nicht unmittelbar aus der Verlassenschaft, sondern vom Erben, weshalb in solchen Fällen formal eine Übertragung unter Lebenden vorliegt, die das Gesetz ausnahmsweise als Sondernachfolge (Singularsukzession) zulässt (§ 23 Abs 1 zweiter Halbsatz UrhG); auch diese Personen gelten als Urheber des Werks (§ 10 Abs 2 UrhG).
3.1. Auch die Überlassung der Aktiven einer überschuldeten Verlassenschaft an Zahlungs statt auf Antrag der Gläubiger (§ 154 Abs 1 AußStrG) führt zur Singularsukzession in Ansehung der im Überlassungsbeschluss bezeichneten Vermögensobjekte (Fischer-Czermak, Neueste Änderungen im Abstammungs- und Erbrecht, JBl 2005, 2, 12 f; Sailer in KBB² § 798a Rz 1 mwN; vgl RIS-Justiz RS0007692 zu § 73 AußStrG 1854). Es werden nur die im Beschluss individualisierten Vermögensgegenstände (§ 155 Abs 3 Z 1 AußStrG), wie sie dem Nachlass zustanden, übertragen, wobei der Beschluss einen Erwerbstitel nach § 798a ABGB bildet (H. Schuhmacher, Die Überlassung überschuldeter Verlassenschaften an Zahlungs statt, FS Rechberger, 551, 563; Sailer aaO).
3.2. Die Überlassung an Zahlungs statt kann durch eine quotative Zuweisung des Nachlasses an alle Gläubiger erfolgen, wobei dann Miteigentumsrechte der beteiligten Gläubiger entstehen, oder die Vermögensteile werden einzeln auf die Gläubiger aufgeteilt, oder ein Gläubiger oder ein Dritter übernimmt die Aktivmasse gegen die Verpflichtung, die - genau zu bezeichnenden - anderen Schulden verhältnismäßig zu zahlen; übernommen und getilgt werden nur die betroffenen Forderungsquoten (Feil/Marent, AußStrG² § 154 Rz 8).
3.3. Was die im Überlassungsbeschluss nicht erwähnten Rechte und Pflichten des Verstorbenen betrifft, wurde zur Rechtslage nach dem AußStrG 1854 überwiegend davon ausgegangen, dass der Zustand des ruhenden Nachlasses fortdauere und der Nachlass Subjekt dieser nicht übergegangenen Rechte und Pflichten bleibe (GlU 15.528; 1 Ob 517/96 mwN; 7 Ob 296/01g; RIS-Justiz RS0007687). H. Schuhmacher (aaO 564) vertritt diese Rechtsfolge auch nach dem AußStrG 2005 für den Fall, dass der Überlassungsbeschluss nicht sämtliche Aktiva des Nachlasses erfasst. Ob dies zutrifft, kann im Anlassfall unerörtert bleiben, weil der angefochtene Beschluss aus folgenden Erwägungen aufzuheben ist:
4.1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Überlassung der Aktiven einer überschuldeten Verlassenschaft an Zahlungs statt auf Antrag der Gläubiger (§ 154 Abs 1 AußStrG) kein Tatbestand, mit dem Urheberrechte - entgegen der Grundregel des § 23 Abs 3 UrhG - ausnahmsweise auf Dritte übertragen werden können.
4.2. Dies ergibt sich zunächst aus Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Ausnahmebestimmungen zum Übertragungsverbot des § 23 UrhG. Die dort genannten Tatbestände betreffen entweder Fälle der Singularsukzession unter Lebenden oder der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge; demgegenüber handelt es sich bei der Überlassung an Zahlungs statt nicht um eine Einantwortung, sondern um einen auf bestimmte Gegenstände (EB: „Überlassungsobjekte", s Fucik/Kloiber, AußStrG 462) beschränkten Überlassungsbeschluss im Verlassenschaftsverfahren mit den Wirkungen einer Singularsukzession.
4.3.1. Darüber hinaus steht dem vom Gesetzgeber mit § 154 AußStrG angestrebten Ziel, die Verlassenschaftsgläubiger durch die Zuweisung im Beschluss individualisierter Gegenstände (§ 155 Abs 3 Z 1 AußStrG) mit einem ziffernmäßig bestimmbaren Wert in Abschlag auf bestimmte Forderungen (§ 155 Abs 3 Z 3 AußStrG) gleichmäßig zu befriedigen, das Wesen des Urheberrechts als ein unteilbares Bündel von persönlichkeits- und vermögensrechtlichen Befugnissen mit Realisierungspotential entgegen.
4.3.2. Es ist nämlich regelmäßig im Zeitpunkt einer Beschlussfassung nach § 154 AußStrG mit der dafür notwendigen Sicherheit nicht absehbar, welche Einkünfte aus dem Urheberrecht bis zum Ende seiner Schutzdauer zu erwarten sind, dies insbesondere, wenn - etwa wie im Anlassfall - bereits eine laufende Einkunftsquelle in Form eines Verlagsvertrags besteht. Insbesondere bei Gläubigermehrheit und Forderungen unterschiedlichen Rangs (vgl § 154 Abs 2 AußStrG) ist eine gleichmäßige Befriedigung durch Zuweisung von Gegenständen im Wege einer Überlassung von Urheberrechten an Zahlungs statt nicht erreichbar.
4.3.3. Darüber hinaus steht im Verlassenschaftsverfahren noch keineswegs abschließend fest, welcher konkreten urheberrechtlichen Befugnisse der Verlassenschaftsgläubiger künftig bedarf, um aufgrund einer - nur als Einzelrechtsnachfolge wirkenden - Überlassung an Zahlungs statt nach dem Tod des Erblassers sämtliche persönlichen und wirtschaftlichen Interessen am geistigen Werk des Verstorbenen wahrnehmen zu können, bis die Schutzfrist abgelaufen ist.
4.3.4. Gestützt wird dieses Auslegungsergebnis auch durch § 25 Abs 1 UrhG. Diese Sonderbestimmung trägt der starken persönlichkeitsrechtlichen Komponente des Urheberrechts Rechnung, indem sie die Verwertungsrechte der Exekution wegen Geldforderungen entzieht (Dillenz, UrhG & VerwGesG² § 25 UrhG Rz 1). Sind demnach die Verwertungsrechte schon zu Lebzeiten des Urhebers der Befriedigung der Gläubiger entzogen, kann auch nach dem Tod des Urhebers nichts anderes gelten.
4.4. Zusammenfassend ist somit allgemein festzuhalten: Das Urheberrecht als untrennbare Einheit sämtlicher urheberrechtlicher Einzelbefugnisse eines Urhebers einschließlich aller aus dem Urheberrecht entspringenden Verwertungsrechte fällt zwar in den Nachlass, kann aber Verlassenschaftsgläubigern weder in seiner Gesamtheit, noch aufgeteilt nach bestimmten Einzelbefugnissen, an Zahlungs statt (§ 154 Abs 1 AußStrG) überlassen werden.
5.1. Von den Verwertungsrechten verschieden sind die kraft des Urheberrechts erworbenen vermögensrechtlichen Ansprüche. Dazu zählen etwa der Anspruch des Urhebers auf das Entgelt für eine Aufführungsbewilligung oder auf Ersatz des ihm durch eine Urheberrechtsverletzung zugefügten Schadens (EB UrhG 1936). Auf solche aus Verwertungsrechten stammende Erträge kann vorbehaltlich einer gesetzlichen Anordnung frei Exekution geführt werden (Büchele in Kucsko, urheber.recht 396; Dillenz aaO § 25 Rz 5). Es ist dann aber auch kein Grund ersichtlich, solche vermögensrechtlichen Ansprüche (hier: Entgeltansprüche des Erblassers aus dem Verlagsvertrag betreffend das vom Erblasser verfasste Buch) nicht zur Befriedigung der Verlassenschaftsgläubiger heranzuziehen.
5.2. Derartige aus Verwertungsrechten des Erblassers stammende Erträge können somit auch Gegenstand einer Überlassung an Zahlungs statt sein. Eine solche Überlassung an Zahlungs statt muss sich dabei nicht auf fällige Erträge beschränken, sondern kann auch die künftigen Ansprüche aus Verwertungsrechten umfassen. Dabei ist jedoch das - etwa im Zusammenhang mit der Zession künftiger Forderungen aufgestellte - Bestimmtheitserfordernis zu beachten, wonach die zu überlassenden Erträge nach ihrem Rechtsgrund sowie der Person von Gläubiger und Schuldner genau zu bezeichnen sind (vgl RIS-Justiz RS0032798, RS0064438, RS0032888).
6.1. Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss zur Verfahrensergänzung aufzuheben. Es kann nämlich nach dem derzeitigen Aktenstand nicht abschließend beurteilt werden, wie hoch die Nachlassaktiva sind. Vom Wert der Verlassenschaft hängt aber ab, welches Verfahren das Verlassenschaftsgericht zur Wahrung eines effektiven rechtlichen Gehörs vor einer allfälligen Überlassung an Zahlungs statt einzuhalten hat (vgl § 155 AußStrG).
6.2. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren daher vorerst zu ermitteln haben, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe ein Guthaben des Erblassers aus dem Verlagsvertrag betreffend das vom Erblasser verfasste Buch besteht und danach aufgrund dieser verbreiterten Tatsachengrundlage - allenfalls unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 155 AußStrG - erneut über die im Verlassenschaftsverfahren gestellten Anträge der Schwester und der Lebensgefährtin des Erblassers abzusprechen haben.
6.3. Bei seiner neuerlichen Entscheidung wird das Erstgericht zu berücksichtigen haben, dass eine vorrangige Befriedigung bevorrechteter Verlassenschaftsgläubiger (§ 154 Abs 2 AußStrG) nur bis zur Höhe der bevorrechteten Forderungen in Frage kommt. Sollten darüber hinaus Erträgnisse aus dem Verlagsvertrag zur Verfügung stehen oder künftig zu erwarten sein, kommt im Fall einer Gläubigermehrheit nur ein aliquoter Zuspruch zur Befriedigung gleichrangiger Forderungen in Betracht.
7. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Auf die Einwendungen der Rechtsmittelwerberin gegen die Bestimmung der Höhe der Bestattungskosten braucht der Senat derzeit noch nicht Stellung zu nehmen. Offen bleiben kann nach der dargestellten Rechtslage auch, ob die Lebensgefährtin des Erblassers Miturheberin von dessen Buch ist.
Textnummer
E90289European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00242.08D.0224.000Im RIS seit
26.03.2009Zuletzt aktualisiert am
10.12.2013