Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder Katharina B*****, Karl B*****, und Julia B*****, alle vertreten durch Mag. Sigrid Räth, Rechtsanwältin in Tulln, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 23. April 2008, GZ 23 R 123/08y-U66, mit welchem ihrem Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 27. Februar 2008, GZ 1 P 87/05y-U61 nicht Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in ihrem zusprechenden Teil rechtskräftig geworden sind, werden in Ansehung der Abweisung des Mehrbegehrens aufgehoben, und die Sache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Der Antragsgegner ist der Vater der drei minderjährigen Antragsteller. Die Ehe der Eltern ist geschieden, die Kinder leben bei der Mutter. Strittig ist die Bemessungsgrundlage für den vom Vater zu leistenden Unterhalt.
Der Vater bezieht Einkünfte aus der (teils gewerblichen) Vermietung und Verpachtung von Immobilien, aus einem Taxigewerbe, aus Maklergeschäften und aus unselbstständiger Tätigkeit. Er hat beträchtliche Schulden in Form von endfälligen Fremdwährungskrediten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Erhaltung der Immobilien entstanden sind. Zur Zahlung der Zinsen und zum Aufbau des Tilgungsträgers verwendet er eine Rente, die er aus einer früher angesparten Lebensversicherung bezieht. Die Rente ist mit 1.068,46 EUR niedriger als die (durchschnittliche) Summe der in der Gewinn- und Verlustrechnung angeführten AfA für Gebäudeteile und des Zinsaufwands; Feststellungen zur Höhe der tatsächlichen Kreditrückzahlung (Zinsaufwand und Aufbau des Tilgungsträgers) wurden nicht getroffen.
In den Jahren 2003 und 2004 erzielte der Vater Gewinne aus der Konvertierung des Fremdwährungskredits, die seine Schuldenlast minderten. Ob sich dadurch auch die Höhe der Rückzahlung änderte, ist nicht festgestellt.
Die Kinder beantragen, den Vater für die Zeit ab April 2005 zu Leistung eines angemessenen Unterhalts in Höhe von monatlich 860 EUR (Katharina), 730 EUR (Karl) und 640 EUR (Julia) zu verpflichten. Sie vertreten die Auffassung, dass die Versicherungsrente und die Konvertierungsgewinne in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Hingegen sei die Kreditrückzahlung nicht zu berücksichtigen.
Der Vater hält diesem Begehren mangelnde Leistungsfähigkeit entgegen. Die Kreditaufnahme habe der Schaffung bzw Erhaltung einer Erwerbsquelle gedient. Die Rente sei für die Kreditrückzahlung gebunden und daher nicht zu berücksichtigen. Die Konvertierungsgewinne hätten sich nicht auf sein frei verfügbares Einkommen ausgewirkt.
Das Erstgericht setzte den Unterhalt in bestimmter Höhe fest, wobei der laufende Unterhalt bei allen Kindern deutlich unter dem Regelbedarf liegt (Julia: 60 EUR; Katharina und Karl: 80 EUR); das Mehrbegehren wies es ab. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage stützte es sich auf das Gutachten eines Buchsachverständigen, der das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Vaters feststellen sollte. Dabei zog er von den Einnahmen aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit sowohl die AfA als auch den Zinsaufwand ab. Die Rente berücksichtigte das Erstgericht nicht als Einnahme, weil sie der Tilgung der Kredite diene. Kursgewinne aus einer Konvertierung des Fremdwährungskredits fielen ebenfalls nicht in die Bemessungsgrundlage, da sie sie nicht zu realen Einnahmen des Vaters, sondern nur zu einer Verringerung der Schulden geführt hätten. Den auf dieser Grundlage nach der Prozentsatzmethode errechneten Unterhalt kürzte das Erstgericht verhältnismäßig, um dem Vater ein verfügbares Einkommen von 500 EUR zu belassen.
Das von den Kindern angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Die Rückzahlung von Schulden, die der Schaffung oder Erhaltung einer Einnahmequelle dienten, mindere die Bemessungsgrundlage. Der Sachverständige habe ohnehin nur den Zinsaufwand des Vaters berücksichtigt, weil wegen der Endfälligkeit derzeit keine Kapitalrückzahlung erfolge. Zudem stünden den Kredittilgungen (gemeint möglicherweise: dem Aufbau des Tilgungsträgers) Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber, was ein „Nullsummenspiel" ergebe. Daher seien weder die Kredittilgungen noch die Rente zu berücksichtigen. Eine Anspannung des Vaters auf ein höheres Einkommen sei nicht möglich.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil sich bei der Kreditfinanzierung eines Unternehmens die Schaffung einer Einkommensquelle mit der Vermögensbildung mische. Das Rekursgericht sei insofern zwar der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt; dieser habe jedoch zum Problem des Vermögensaufbaus bisher nicht Stellung genommen. Eine weitere erhebliche Rechtsfrage liege in der möglichen Berücksichtigung von Kursgewinnen aufgrund von Konvertierungen des Fremdwährungskredits.
Einen ersten Revisionsrekurs der Kinder, zu dem der Vater eine Rechtsmittelbeantwortung erstattet hatte, wies der Senat wegen Verspätung zurück (4 Ob 132/08b). Daraufhin beantragten die Kinder unter Wiederholung ihres Rechtsmittelvorbringens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Rekursgericht bewilligte die Wiedereinsetzung. Eine Zustellung des im Wiedereinsetzungsantrags enthaltenen Revisionsrekurses an den Vater war nicht erforderlich, da er ohnehin eine Rechtsmittelbeantwortung zum inhaltlich identischen ersten Revisionsrekurs erstattet hatte.
Mit ihrem Revisionsrekurs streben die Kinder die Einbeziehung der Rente in die Bemessungsgrundlage an. Aufwendungen zur Vermögensbildung dürften nicht zu Lasten von Unterhaltsberechtigten gehen. Sollten die Kreditrückzahlungen dennoch die Bemessungsgrundlage mindern, müssten auch Kursgewinne berücksichtigt werden.
Der Vater hält dem in der Revisionsrekursbeantwortung entgegen, dass die Kreditaufnahmen erforderlich gewesen seien, um seinen „wirtschaftlichen Ruin" zu vermeiden. Die Kursgewinne hätten seine Leistungsfähigkeit nicht erhöht; die Rente diene der Rückzahlung der Kredite.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des kreditfinanzierten Erwerbs von Mietobjekten einer Klarstellung bedarf. Er ist im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Grundlage für die Bemessung des Unterhalts ist grundsätzlich die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen (1 Ob 614/92 = SZ 65/126; RIS-Justiz RS0003799, RS0013386). Da es auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Schuldners ankommt, ist die Steuerbemessungsgrundlage gegebenenfalls nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren (1 Ob 535/92 = JBl 1992, 702; RIS-Justiz RS0013386).
Dies gilt insbesondere bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit. Hier ist nicht der steuerliche Reingewinn maßgebend, sondern der tatsächlich verbleibende Gewinn, wie er sich aus den realen Einnahmen unter Abzug realer Betriebsausgaben sowie einkommens- und betriebsbezogener Steuern und Abgaben ergibt (6 Ob 119/98p = ÖA 1999, U 284; RIS-Justiz RS0013386 [T11]).
2. Als „reale" Betriebsausgabe ist insbesondere ein Aufwand für die Anschaffung oder Herstellungen von Wirtschaftsgütern anzusehen, soweit er wegen der damit verbundenen Ermöglichung weiterer Einkünfte (auch) im Interesse des Unterhaltsberechtigten liegt und nicht von vornherein unangemessen hoch ist (7 Ob 52/98t = EFSlg 86.496; vgl auch 1 Ob 179/00f mwN). Unterschiedlich beurteilt wird jedoch die Frage, wie ein solcher Aufwand konkret zu berücksichtigen ist. In der Rechtsprechung gibt es dafür zwei Ansätze: die Aufteilung des Anschaffungsaufwands auf die durchschnittliche Nutzungsperiode, allenfalls unter weiterer Berücksichtigung eines aufgrund einer Fremdfinanzierung anfallenden Zinsaufwands (unten 2.1.), und - insbesondere im Zusammenhang mit der Vermietung von Immobilien - der Abzug der konkreten Rückzahlungen eines Kredits, der für die Anschaffung oder Errichtung aufgenommen worden war (unten 2.2.).
2.1. Der Anschaffungsaufwand abnutzbarer Wirtschaftsgüter wird steuerrechtlich durch die (lineare) Absetzung für Abnutzungen (AfA) berücksichtigt (§§ 7 und 8 EStG für bilanzierende Unternehmen, § 16 Abs 1 Z 8 EStG für Einnahmen-Ausgaben-Rechner); er ist, sofern es sich nicht um kurzlebige Wirtschaftsgüter handelt, auf die gewöhnliche Nutzungsdauer aufzuteilen (Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts I9 [2007] Rz 419 ff mwN).
2.1.1. In der Entscheidung 3 Ob 503/96 (= SZ 69/33; darauf aufbauend RIS-Justiz RS0103146; zuletzt etwa 8 Ob 49/06y mwN) führte der Oberste Gerichtshof zwar aus, dass die steuerliche AfA von Gebäuden für sich allein keine „reale" Ausgabe im Sinn der oben angeführten Rechtsprechung sei; sie sei daher nicht von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Diese Entscheidung betraf allerdings einen Sonderfall. Denn die Abschreibung war dort von den fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs erfolgt (§ 16 Abs 1 Z 8 lit e iVm lit b EStG in der damals geltenden Fassung). In Wahrheit hatte es daher keinen Mittelabfluss gegeben, der durch die Abschreibung zu berücksichtigen gewesen wäre.
2.1.2. Tatsächliche Aufwendungen für die Ersatzbeschaffung einer Einnahmequelle sind demgegenüber nach der Rechtsprechung durchaus zu berücksichtigen. Allerdings kommt es hier nicht auf den Zeitpunkt des Mittelabflusses an; vielmehr sind sie auf die voraussichtliche wirtschaftliche Nutzungsperiode des betroffenen Wirtschaftsguts aufzuteilen (3 Ob 503/96; 3 Ob 194/97v = ÖA 1998, U 213; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch [Hrsg], Klang3 § 140 Rz 149).
Damit näherte sich der Oberste Gerichtshof in Wahrheit wieder an eine Berücksichtigung der steuerrechtlichen AfA an. Denn auch im Steuerrecht wird für die Dauer der (linearen) Abschreibung auf die gewöhnliche Nutzungsdauer abgestellt (§§ 7 und 8 EStG für bilanzierende Unternehmen, § 16 Abs 1 Z 8 EStG für Einnahmen-Ausgaben-Rechner). Dabei gibt das Gesetz Richtwerte vor, die ohne Nachweis der konkreten Nutzungsdauer herangezogen werden können. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unbeweglicher Sachen, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, sind das - durch die jährliche Abschreibung von 1,5 % - 66 Jahre (§ 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG); sonst hängt die typische Nutzungsdauer bei Gebäuden von der konkreten Verwendung ab und liegt zwischen 33 und 50 Jahren (§ 8 Abs 1 EStG; vgl zum Ganzen Doralt/Ruppe, Grundriss I9 Rz 425 mwN). Kein abnutzbares Wirtschaftsgut ist Grund und Boden; die Abschreibungen erfolgen daher nur vom Wert des Bauwerks als solchem (Kanduth-Kristen in Jakom [Hrsg], EStG [2008] § 8 Rz 10).
2.1.3. Es liegt nahe, auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht für die Aufteilung tatsächlicher Aufwendungen (zunächst) auf die lineare AfA im Sinn des Steuerrechts zurückzugreifen; nur eine nicht an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer anknüpfende, auf besonderen Regelungen beruhende steuerliche Abschreibung wäre in diesem Sinn zu korrigieren (vgl Barth/Neumayr in Klang3 § 140 Rz 149). Diese Vorgangsweise liegt auch im Interesse der Praxis, ermöglicht sie doch für den Regelfall der selbstständigen Tätigkeit eine vergleichsweise einfache Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Den Parteien wird es allerdings freistehen, im Einzelfall die Unrichtigkeit der aus steuerrechtlicher Sicht getroffenen Annahmen zur gewöhnlichen Nutzungsdauer eines bestimmten Wirtschaftsguts zu behaupten und beweisen.
2.1.4. Abzugrenzen ist der Abzug der linearen AfA von der in der Rechtsprechung unstrittigen Nichtberücksichtigung anderer steuerrechtlicher Abzugsposten wie etwa des Investitionsfreibetrags oder von Rücklagen und Rückstellungen (7 Ob 1589/95; 1 Ob 2082/96z; RIS-Justiz RS0047423 [T5]). Denn dabei handelt es sich um Instrumente, die dem Steuerpflichtigen Gestaltungsmöglichkeiten oder Investitionsanreize bieten sollen; sie dienen daher gerade nicht der gleichmäßigen Aufteilung eines bereits gemachten Aufwands auf eine angemessene Nutzungsdauer. Daher sind sie von vornherein anders zu beurteilen als die lineare AfA.
Einzelne Entscheidungen, die eine Berücksichtigung der Anlagenabschreibung generell - also über die soeben genannten Fälle hinaus - abzulehnen scheinen (zB 1 Ob 180/97w = EvBl 1997/197; 8 Ob 49/06y), stehen dieser Auffassung in Wahrheit nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen waren mit dem Fehlen eines „realen" Aufwands begründet, der den Abschreibungen zugrunde lag. Bevor jedoch die AfA mit dieser Begründung für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage dem steuerpflichtigen Einkommen zugeschlagen (dh nicht von den Erträgen abgezogen) werden darf, ist dem Unterhaltsschuldner ein Vorbringen zu solchen Aufwendungen zu ermöglichen (3 Ob 194/97v). Bei vermieteten Gebäuden wird etwa dann kein realer Aufwand vorliegen, wenn die Abschreibung - wie in 3 Ob 503/96 - nur vom fiktiven Anschaffungsaufwand erfolgt.
2.1.5. Jedenfalls eine „reale Ausgabe" iSd eingangs dargestellten Rechtsprechung ist der Zinsaufwand, der infolge der Kreditfinanzierung des Erwerbs oder der Herstellung eines Wirtschaftsguts (insbesondere eines Gebäudes) anfällt. Es besteht daher kein Anlass, diesen Zinsaufwand nicht als einkommensmindernd zu betrachten.
2.2. Der Berücksichtigung von (linearer) AfA und Zinsaufwand steht ein anderes Modell gegenüber, nach dem bei einer Kreditfinanzierung des Erwerbs oder der Errichtung eines Mietobjekts die konkreten Rückzahlungsraten des Kredits von den Einkünften aus der Vermietung und Verpachtung abzuziehen sind. Das wären im vorliegenden Verfahren der Zinsaufwand und die Zahlungen zum Aufbau des Tilgungsträgers.
2.2.1. Nach dieser Rechtsprechung ist - entgegen zwischenzeitig abweichenden Entscheidungen (7 Ob 2085/96k und 7 Ob 132/98g) - der mit der Kreditfinanzierung verbundene Aufwand zu Gänze von den Einnahmen aus der Vermietung abzuziehen; nur ein allenfalls positiver Saldo sei in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen (10 Ob 58/89 = SSV-NF 3/43; RIS-Justiz RS0009532; 4 Ob 210/98f = JBl 1999, 182; RIS-Justiz RS0110456, RS0097136 [T2, T3, T4]; zuletzt ausführlich 3 Ob 170/05d = EF-Z 2006/46 [Kiechl] mwN und 6 Ob 202/06h). Denn nur dieser Saldo stehe dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich zur Verfügung (3 Ob 170/05d; 6 Ob 202/06h) und sei daher eine „reale" Einnahme im Sinn der eingangs dargestellten Rechtsprechung. Da in solchen Fällen die zugrunde liegende Investition der Schaffung oder Erhaltung einer Erwerbsmöglichkeit diene (dazu allgemein 5 Ob 60/97b = EvBl 1997/135; RIS-Justiz RS0106933, RS0009532; zuletzt etwa 4 Ob 100/08x), könne sie einer bloßen Ansammlung von Vermögenswerten nicht gleichgehalten werden (3 Ob 170/05d mwN).
2.2.2. Mit dieser Methode wird der Zinsaufwand in gleicher Weise berücksichtigt wie bei der zuvor dargestellten Einkommensermittlung in Anlehnung an steuerrechtliche Grundsätze. Im Übrigen ergeben sich jedoch Unterschiede: Zum einen führt das Abstellen auf die Kreditrückzahlung dazu, dass auch ein mit dem Kredit finanzierter Erwerb von Grund und Boden - anders als bei der Berücksichtigung bloß der Gebäude-AfA - in die Betrachtung einbezogen wird. Zum anderen ergeben sich die jährlichen Abzugsposten aus der Höhe des kreditfinanzierten Betrags und aus der Laufzeit des Kredits. Sie können auf dieser Grundlage niedriger oder höher sein als bei einer linearen Abschreibung des Gebäudewerts auf die gewöhnliche Nutzungsdauer.
3. Es liegt auf der Hand, dass die beiden zuvor geschilderten Berechnungsmethoden nicht gleichzeitig angewendet werden können. Denn würden die AfA und der Zinsaufwand einerseits und die Aufwendungen für die Kreditrückzahlung andererseits kumulativ von den erzielten Einkünften abgezogen, so führte dies zu einer doppelten Minderung der Bemessungsgrundlage (Siart/Dürauer, Die Behandlung von Krediten bei der Unterhaltsbemessung, iFamZ 2008, 308). Daher ist es zwingend erforderlich, eines der beiden Modelle zu wählen.
3.1. Die Lehre folgt, soweit das Problem erörtert wird, der betriebswirtschaftlichen Sicht. Nach Hoyer (Glosse zu 7 Ob 132/98g, JBl 1998, 776) und Gitschthaler (Unterhaltsrecht2 [2008] 140) soll der Zinsaufwand und die Wertminderung des Bauwerkanteils maßgebend sein, was im Ergebnis auf die Berücksichtigung der linearen Gebäude-AfA hinausläuft. Ähnlich argumentieren zuletzt Siart/Dürauer (iFamZ 2008, 308), die die beiden Modelle darstellen und die „betriebswirtschaftliche" Sicht - also die Berücksichtigung des Zinsaufwands und der AfA - vorziehen.
3.2. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Sie vermeidet zunächst eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten der Mittelaufbringung. Denn das Anknüpfen an der konkreten Kreditbelastung führte dazu, dass der Erwerb oder die Errichtung eines Gebäudes aus dem eigenen Vermögen oder Einkommen anders behandelt würde als die Finanzierung über Kredit. Ersteres wäre unterhaltsrechtlich neutral, zweiteres verminderte den Unterhalt. Ein Grund für diese Unterscheidung ist nicht zu erkennen, liegt doch in beiden Fällen ein Mittelabfluss vor, der der zukünftigen Erzielung von Einkommen dient und daher gleich behandelt werden sollte.
Gegen eine Berücksichtigung der tatsächlichen Kreditbelastung spricht auch die damit verbundene Möglichkeit des Schuldners, sein reales Einkommen durch hohe Kreditraten auf einen Zeitraum zu verschieben, in dem er möglicherweise nicht mehr unterhaltspflichtig ist. Dies wird durch ein Abstellen auf die (über die lineare AfA bestimmte) gewöhnliche Nutzungsdauer verhindert; die sonst erforderliche Korrektur über den Anspannungsgrundsatz kann daher von vornherein unterbleiben.
Weiters erfasst die tatsächliche Kreditbelastung unter Umständen auch Aufwendungen, die mit dem Erwerb von Grund und Boden zusammenhängen. Anders als bei Gebäuden tritt insofern (zumindest im Regelfall) keine Wertminderung ein. Eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des auf Grund und Boden entfallenden Kaufpreises führte daher dazu, dass sich der Unterhaltsberechtigte Aufwendungen des Schuldners entgegenhalten lassen müsste, die im Ergebnis ausschließlich seiner Vermögensbildung dienen.
Letztlich ermöglicht diese Lösung auch eine konsistente Vorgangsweise bei der Einkommensermittlung selbstständig erwerbstätiger Personen. Denn hier werden regelmäßig nicht nur Aufwendungen für die Anschaffung von Gebäuden, sondern auch von anderen Wirtschaftsgütern zu berücksichtigen sein. Auch diese Aufwendungen müssen grundsätzlich auf die jeweilige Nutzungsdauer aufgeteilt werden, wofür im Regelfall ebenfalls auf die lineare AfA des Steuerrechts zurückzugreifen sein wird. Statt dessen auf einen konkreten, den jeweiligen Wirtschaftsgütern zuordenbaren und periodisch darstellbaren Finanzierungsaufwand (im Sinn von Zinsen und Kapitaltilgung) abzustellen, wird oft schon daran scheitern, dass eine Kreditaufnahme (etwa ein Kontokorrentkredit) nicht der Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter zugeordnet werden kann. Insofern bleibt daher von vornherein nichts anderes übrig, als an der betriebswirtschaftlichen Sicht anzuknüpfen und die AfA (sowie den allfälligen Zinsaufwand) von den Erträgen abzuziehen. Es ist letztlich nicht erkennbar, weshalb dies bei der Anschaffung oder der Erhaltung von Gebäuden anders sein soll.
4. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen von den Einkünften des Vaters ohnehin nicht die tatsächliche Kreditrückzahlung, sondern - was sich allerdings nur aus dem in die Feststellungen übernommenen Gutachten des Buchsachverständigen ergibt - die Zinsbelastung und die Gebäude-AfA abgezogen. Damit ist die Entscheidung insofern unbedenklich. Zu prüfen bleibt jedoch, ob der Gewinn aus der Konvertierung des Fremdwährungskredits oder die Rente aus der Lebensversicherung zu einer anderen Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Vaters führt.
4.1. Die Gewinne aus der Konvertierung des Fremdwährungskredits erhöhten - ebenso wie allfällige Sanierungsgewinne (5 Ob 254/05x = EF-Z 2006/70) - für sich allein nicht jene Mittel, die dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zur Verfügung standen, sie verringerten nur seine Schuldenlast. Daher sind sie - ebenso wie im umgekehrten Fall Konvertierungsverluste - unterhaltsrechtlich neutral. Sie wirkten sich nur dann auf die Bemessungsgrundlage aus, wenn sie tatsächlich zu einer Verringerung der jährlichen Zinsenlast führten. Diese Auswirkung spiegelte sich aber ohnehin in einem gesunkenen Zinsaufwand wider.
4.2. Die Rente aus einer Lebensversicherung, die der Vater zum Bezahlen der Kreditraten verwendet, stammt aus seinen Ersparnissen.
4.2.1. Als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen ist jedenfalls der auf die Verzinsung der Ersparnisse entfallende Anteil dieser Rente zu werten. Dabei handelt es sich um Erträgnisse des Vermögens, die jedenfalls in die Bemessungsgrundlage fallen (3 Ob 278/98y = ÖA 1999, U 271; RIS-Justiz RS0113786). Dass (auch) diese Zinsen in die Rückzahlung des Kredits fließen, ändert nichts an deren Berücksichtigung für die Bemessungsgrundlage. Denn die Kreditrückzahlung ist ohnehin (bis zur Höhe der Summe von Zinsaufwand und Gebäude-AfA) von den Einkünften abzuziehen; es gibt daher keinen Grund, den (versicherungsmathematisch errechenbaren) Zinsertrag des zuvor angesparten Vermögens, der in die Abdeckung dieses Aufwands fließt, nicht als Einkommen zu werten.
4.2.2. Im Ausmaß des aus der Lebensversicherung zurückgezahlten Kapitals greift der Vater auf den Stamm seines Vermögens zurück.
Nach der Rechtsprechung ist das Vermögen jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige dessen Substanz angreift, um damit die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung zu decken (4 Ob 531/95 = RZ 1996/11; 3 Ob 278/98y = ÖA 1999, U 271; RIS-Justiz RS0117850, RS0047404, RS0122836; zuletzt etwa 6 Ob 49/08m = iFamZ 2008/89 mwN; speziell zu einer Rentenzahlung aus einer Lebensversicherung 10 Ob 93/07k = EvBl 2008/41; anders nur 7 Ob 180/07g = EF-Z 2008/35 [abl Gitschthaler, EF-Z 2008, 61; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4, 178 FN 258]). Diese Situation ist mit Privatentnahmen aus einem Unternehmen vergleichbar: Ein Unterhaltsschuldner, der aus dem verlustbringenden Unternehmen zur Aufrechterhaltung seines Lebensstandards Privatentnahmen tätigt, muss auf dieser Basis auch die Unterhaltsberechtigten an seinen Lebensverhältnissen teilhaben lassen (RIS-Justiz RS0011596, RS0047382).
Im vorliegenden Fall verwendet der Vater zwar (auch) den Kapitalanteil der Rente für die Tilgung des Kredits. Das hat aber zur Folge, dass ihm aus den Erträgen des Unternehmens und seiner unselbstständigen Tätigkeit mehr an finanziellen Mitteln zur Verfügung steht, als wenn er die Rückzahlung allein aus diesen Erträgen leisten müsste. Damit erhöhen sich durch den Rückgriff auf das Vermögen im Ergebnis jene Mittel, mit denen der Vater seine Lebensverhältnisse finanzieren kann. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung haben die Kinder einen Anspruch darauf, am dadurch erhöhten Lebensstandard des Vaters teilzunehmen. Daher ist grundsätzlich auch der Kapitalanteil der Rente in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
4.2.3. Diese Argumentation bedarf jedoch einer Einschränkung. Denn soweit der Vater die Rente verwendet, um Kreditraten abzudecken, die über der Summe von Zinsbelastung und Gebäude-AfA liegen, ist Folgendes zu bedenken: Ohne Rückgriff auf die Rente müsste der Vater diesen Teil der Rückzahlung aus dem verbleibenden Einnahmenüberschuss (dh aus der Bemessungsgrundlage) leisten. Eine solche Zahlung führte zu keiner Verminderung seiner Unterhaltspflicht, da für die Bemessungsgrundlage nur die Summe von Gebäude-AfA und Zinsbelastung, nicht jedoch eine allenfalls höhere tatsächliche Kredittilgung maßgebend ist. Daher kann es den Vater umgekehrt aber auch nicht belasten, wenn er für die sich daraus ergebende „Deckungslücke" auf sein Privatvermögen zurückgreift. Denn damit erreicht er nur, dass ihm für die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse letztlich jene Mittel zur Verfügung stehen, die der Bemessungsgrundlage - die ohne Berücksichtigung der zuvor dargestellten „Deckungslücke" ermittelt wurde - entsprechen. Insofern schichtet der Vater daher nur Vermögen um, ohne dass ihm dadurch (im Vergleich zur Bemessungsgrundlage) mehr Mittel für die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse zur Verfügung stünden. Aus diesem Grund wäre es unzulässig, den Kapitalanteil der Rente auch in diesem Umfang der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.
4.2.4. Es ist daher zunächst zu ermitteln, welcher Teil der Rente in der jeweiligen Periode dem Zinsertrag des jeweils (noch) vorhandenen Kapitals entspricht; dieser Teil ist jedenfalls als Einkommen des Vaters zu werten. Der verbleibende Teil, dh der Kapitalanteil der Rente, ist der Differenz zwischen der Kreditrückzahlung einerseits und der Summe von Gebäude-AfA und Zinsaufwand andererseits gegenüberzustellen. Soweit der Kapitalanteil der Rente höher ist als diese Differenz, dh soweit er nicht der Abdeckung des über Gebäude-AfA und Zinsaufwand hinausgehenden Teils des Kreditaufwands (der „Deckungslücke") dient, ist auch der Kapitalanteil in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen; denn insofern erhöhen sich im Vergleich zur Bemessungsgrundlage jene Mittel, die dem Vater tatsächlich zur Verfügung stehen. Gleiches würde gelten, wenn die Kreditrückzahlung niedriger wäre als die Summe von Zinsaufwand und Gebäude-AfA; denn dann gäbe es ohnehin keine „Deckungslücke", die der Vater mit dem Rückgriff auf sein Privatvermögen füllen müsste.
5. Auf dieser Grundlage ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Denn weder der Zins- und der Kapitalanteil der Rente noch die Höhe der jährlichen Kreditrückzahlungen sind derzeit bekannt. Das Erstgericht wird dazu ergänzende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage den Unterhalt neuerlich festzusetzen haben.
6. Allgemein gilt: Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind Investitionen eines selbstständig tätigen Unterhaltsschuldners, die der Erzielung weiterer Einnahmen dienen und nicht unangemessen hoch sind, auf die gewöhnliche Nutzungsdauer verteilt von den Einkünften abzuziehen. Als Anhaltspunkt für die Nutzungsdauer können die steuerrechtlichen Ansätze für die (lineare) Abschreibung für Abnutzungen (AfA) herangezogen werden. Von den Einkünften abzuziehen ist weiters der mit einer Kreditfinanzierung verbundene Zinsaufwand. Diese Vorgangsweise schließt einen gleichzeitigen Abzug tatsächlich geleisteter Kreditrückzahlungen aus.
Textnummer
E90167European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00218.08Z.0224.000Im RIS seit
26.03.2009Zuletzt aktualisiert am
20.02.2012