Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva M*****, vertreten durch Dr. Günther Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. Helmut S*****, em. Rechtsanwalt, *****, vertreten durch Mag. Christian Leyroutz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 58.597,64 EUR sA und Feststellung (Streitwert 11.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Dezember 2007, GZ 6 R 162/07x-67, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 4. Mai 2007, GZ 5 Cg 179/02y-59, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine Rechtsfrage dieser Qualität wird von der Revisionswerberin nicht aufgezeigt.
Eine Beweisführung bezüglich der Kausalität einer Unterlassung kommt in der Regel nur unter Bedachtnahme auf die Wahrscheinlichkeit des Tatsachenzusammenhangs in Betracht. Der Geschädigte ist dafür beweispflichtig, dass jedenfalls überwiegende Gründe dafür vorliegen, der Schaden sei durch das Verhalten des Beklagten herbeigeführt worden. Bei erwiesenem schuldhaften Unterlassen einer Belehrung wird ein Rechtsanwalt dem Mandanten gegenüber somit nur dann schadenersatzpflichtig, wenn der Mandant beweisen kann, dass das schuldhafte rechtswidrige Verhalten des Rechtsanwalts kausal für den eingetretenen Schaden war. Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei gebotenem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft also den Geschädigten (RIS-Justiz RS0022900 ua).
Gemäß § 19 Abs 1 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965), BGBl 1965/340, gelten die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten sinngemäß auch für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes aufgrund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte. Der Nachweis, dass die mangelhafte Aufklärung des beklagten Rechtsanwalts, der die Klägerin in den Jahren 1988 bis 1990 im Scheidungsverfahren gegen ihren früheren Ehegatten vertreten hatte, dafür kausal war, dass der geschiedene Ehegatte der Klägerin zur Zeit seines Todes am 14. 9. 1999 nicht aufgrund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt der Klägerin aufzukommen oder dazu beizutragen hatte, ist der Klägerin nicht gelungen. Dabei wurde von den Vorinstanzen darauf Bedacht genommen, dass an die Beweisführung bezüglich der Kausalität einer Unterlassung keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl 3 Ob 51/98s ua); in der Regel genügt bereits ein sehr hoher Grad von Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs für die Haftung (RIS-Justiz RS0022900 ua). Der in der Revision erhobene Vorwurf, die Vorinstanzen haben die Anforderungen an den Kausalitätsbeweis „viel zu hoch" angesetzt, ist unbegründet.
Dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Beratung durch den Beklagten in den Jahren 1990 und 1992 ein gerichtliches Unterhaltsurteil gegen ihren geschiedenen Ehegatten erwirkt hätte, das auch noch im Zeitpunkt dessen Todes am 14. 9. 1999 Bestand gehabt hätte, obwohl die Klägerin aufgrund ihres höheren Eigeneinkommens in den Jahren 1991 und 1993 bis zum Tod ihres geschiedenen Ehegatten gegen diesen keinen Unterhaltsanspruch hatte, wurde von der Klägerin in erster Instanz weder vorgebracht noch nachgewiesen. Ihre in erster Instanz stattdessen aufgestellte Behauptung, sie hätte sich bei entsprechender Beratung durch den Beklagten gar nicht scheiden lassen, war ebenso wenig objektivierbar wie ihr weiteres Vorbringen, ihr geschiedener Ehegatte wäre „ganz einfach" für einen Unterhaltsvergleich zu gewinnen gewesen. Beides wurde vom Erstgericht ausdrücklich verneint; die in der Berufung erhobene Beweisrüge der Klägerin blieb ohne Erfolg. Die hypothetischen Überlegungen in der Revision sind nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darzutun.
Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof von dem Grundsatz, dass der Beweis der Kausalität dem Geschädigten obliegt, bei ärztlichen Behandlungsfehlern abgegangen ist, weil hier wegen der in diesen Fällen besonders vorhandenen Beweisschwierigkeiten des Patienten, die Kausalität nachzuweisen, nur dem zur Haftung herangezogenen Arzt die Mittel und Sachkunde zum Nachweis zur Verfügung stehen (vgl 10 Ob 8/01a ua). Davon kann aber bei Verletzung einer Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts nicht gesprochen werden. Hier ist dem Geschädigten der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Schädigers für den eingetretenen Schaden durchaus zuzumuten (RIS-Justiz RS0106890 ua). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird daher auch insoweit nicht aufgezeigt. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E901809Ob22.08pEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0090OB00022.08P.0224.000Zuletzt aktualisiert am
15.04.2009