Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Johannes P***** und 2. Helga P*****, beide: *****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Willi M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen Beseitigung und Unterlassung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 13. Oktober 2008, GZ 53 R 209/08d-21, womit das Urteil des Bezirksgerichts Tamsweg vom 31. März 2008, GZ 2 C 172/07a-15, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 490,41 EUR (darin enthalten 81,73 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur zu der Frage fehle, ob unregelmäßige Dienstbarkeiten auch zu Gunsten des „jeweiligen Inhabers eines Unternehmens" eingeräumt werden könnten.
Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936).
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Dienstbarkeitsvertrag mangels (behaupteter und) feststellbarer Parteienabsicht - wie hier - nach Natur und Zweck der Dienstbarkeit im Zeitpunkt ihrer Einräumung auszulegen (RIS-Justiz RS0011720, RS0016366, RS0107851).
Gemäß § 479 ABGB können Dienstbarkeiten, welche an sich Grunddienstbarkeiten sind, auch einer Person eingeräumt werden. Solche unregelmäßigen Dienstbarkeiten sind ihrer Struktur nach Grunddienstbarkeiten, werden aber gerade nicht zu Gunsten und zum Vorteil eines Grundstücks, sondern einer bestimmten Person eingeräumt (5 Ob 88/05k mwN). Es können auch juristische Personen begünstigt sein (RIS-Justiz RS0011562). Unregelmäßige Dienstbarkeiten können nacheinander für mehrere bestimmte Personen oder für eine bestimmte Person und deren Rechtsnachfolger eingeräumt werden (RIS-Justiz RS0011617). Die Einräumung einer unregelmäßigen Servitut zu Gunsten jedermann ist anerkannt (8 Ob 622/91; SZ 41/29; SZ 50/53). Ebenso ist eine Dienstbarkeit zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers (und Benützers) eines am Nachbargrundstück errichteten Superädifikats möglich (8 Ob 622/91 = RIS-Justiz RS0011614).
Das Berufungsgericht hat eingehend begründet, warum der Servitutsbestellungsvertrag nicht dahin auszulegen ist, dass nur Johann L***** Servitutsberechtigter sein solle, sondern dahin, dass die vereinbarte Dienstbarkeit dem jeweiligen Inhaber jenes Unternehmens, das im Vertrag mit „Firma Auto L***** und der Shell-Tankstelle" bezeichnet wurde, zustehen sollte, damit also auch der Beklagten, die das ursprüngliche Einzelunternehmen nach dessen Umwandlung in eine Gesellschaft und nach Gesellschafterwechsel fortführt. Dieses Auslegungsergebnis ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Im Servitutsbestellungsvertrag wird nicht Johann L***** persönlich als Berechtigter genannt, sondern „die Firma Auto L***** und die Shell-Tankstelle". Die Dienstbarkeit sollte „auf immerwährende Zeit", was einen längeren Zeitraum als die Lebenszeit einer bestimmten Person indiziert, eingeräumt werden, und zwar zu dem Zweck, „auf den nunmehr abseits gelegenen Betrieb hinzuweisen", also zwecks Förderung betrieblicher Interessen.
Unabhängig davon, ob nun eine Neuerung vorliegt oder nicht, könnte eine Feststellung, dass die Beklagte nicht mehr selbst die Werkstätte betreibt, sondern diese „mit der Liegenschaft an die Firma S***** vermietet" habe und die Beklagte nicht Inhaberin der Werkstätte sei, keine Änderung der rechtlichen Beurteilung herbeiführen:
In noch höherem Maße als bei Grunddienstbarkeiten muss bei unregelmäßigen persönlichen Dienstbarkeiten der Grundsatz gelten, dass nur völlige Zwecklosigkeit den weiteren Rechtsbestand einer Dienstbarkeit vernichten könnte (RIS-Justiz RS0011541). Nicht nur Grunddienstbarkeiten, sondern auch unregelmäßige Dienstbarkeiten können durch den Bestandnehmer des Berechtigten ausgeübt werden, wodurch sie nach wie vor zweckmäßig und nicht erloschen sind (7 Ob 58/06i = RIS-Justiz RS0120875).
Es wurden insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Revisionsbeantwortung wies auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.
Textnummer
E90326European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00277.08Y.0318.000Im RIS seit
17.04.2009Zuletzt aktualisiert am
01.10.2012