TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/29 98/09/0062

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Veröffentlicht am 29.11.2000
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Index

60/02 Arbeitnehmerschutz;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AÜG §3 Abs3;
AÜG §3 Abs4;
AÜG §4 Abs1;
AuslBG §2 Abs2 lite;
AuslBG §2 Abs3 litc;
AuslBG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. Alexander Kragora, Rechtsanwalt in 1010 Wien, An der Hülben 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Dezember 1997, Zl. UVS-07/02/457/95, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R Bau- und Handelsgesellschaft mbH mit dem Sitz (der Unternehmensleitung) in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber am 6. Dezember 1994 auf einer näher bezeichneten Baustelle in T sechs namentlich genannte polnische bzw. jugoslawische bzw. kroatische Staatsangehörige ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung als Bauhilfsarbeiter zur Durchführung von Maurertätigkeiten beschäftigt habe. Wegen dieser als sechs Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) qualifizierten Taten wurden über den Beschwerdeführer nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 15.000,-- (die Ersatzfreiheitsstrafen wurden in teilweiser Stattgebung der Berufung auf jeweils 4 Tage herabgesetzt) und für das erstinstanzliche Verfahren ein Kostenbeitrag von insgesamt S 9.000,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, erstattete keine Gegenschrift und stellte den Antrag, die Beschwerde unter Zuerkennung des Aufwandersatzes für die Aktenvorlage als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht das Vorbringen und die Aussage des Beschwerdeführers zugrunde gelegt. Demnach ist (unbestritten bzw.) erwiesen, dass die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft auf ihrer Liegenschaft in T eine Reihenhausanlage errichtet habe und im Zuge einer Kontrolle durch Beamte des Arbeitmarktservice die im Straferkenntnis namentlich angeführten Ausländer arbeitend angetroffen wurden; die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft habe weder über arbeitmarktbehördliche Genehmigungen für die Verwendung dieser ausländischen Arbeitskräfte verfügt, noch habe diese Gesellschaft eigene Arbeitskräfte beschäftigt. Vielmehr sei die Rei Baugesellschaft mbH bzw. auch Rei & Co GmbH als "Subunternehmen" beschäftigt worden. Die Ausgestaltung der mündlich getroffenen Vereinbarung mit der genannten Subunternehmerin habe sich derart abgespielt, dass die vom Beschwerdeführer bezeichneten Arbeiten nach seiner Anleitung und unter seiner Mitarbeit von Arbeitern der Subunternehmerin fertiggestellt worden seien. Material und Hauptwerkzeug seien vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt worden; auch das Kleinwerkzeug habe er ausgesucht bzw. zur Verfügung gestellt. Der Beschwerdeführer habe vier Rechnungen vorgelegt und die Abrechnung mit der Subunternehmerin derart dargestellt, dass das Entgelt nach den von den Arbeitern geleisteten Stunden berechnet worden sei; Grundlage der Berechnung seine die von Herrn Rei vorgelegten Stundenlisten und der mit der Subunternehmerin für eine Arbeitsstunde vereinbarte Betrag gewesen. Er habe die Subunternehmerin in der beschriebenen Weise bezahlt.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Als Beschäftigung (im Sinne des AuslBG) gilt u.a. nach § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

Nach § 2 Abs. 3 lit. c AuslBG sind in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes den Arbeitgebern gleichzuhalten.

Gemäß § 3 Abs. 3 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist zufolge § 4 Abs. 1 AÜG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen und

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. insoweit etwa das hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0281, und die darin angegebene Vorjudikatur), ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt. Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des § 4 Abs. 2 AÜG aber auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinne der Z. 3 leg. cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund gelingt es dem Beschwerdeführer schon aus folgenden Erwägungen nicht, die Beurteilung der belangten Behörde, im Beschwerdefall würden die Hinweise auf eine bewilligungspflichtige Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte insgesamt betrachtet überwiegen, als rechtswidrig erscheinen zu lassen:

Die belangte Behörde hat für die Beurteilung des Tatbestandselementes der Beschäftigung zutreffend den wahren wirtschaftlichen Gehalt als entscheidend angesehen (vgl. § 4 Abs. 1 AÜG und § 2 Abs. 4 AuslBG).

Dass die für "diverse Baumeisterarbeiten" verwendeten Arbeitskräfte der Rei Baugesellschaft mbH - die nach den Arbeitsanweisungen des Beschwerdeführers eingesetzt und von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft nach tatsächlich geleisteten Stunden pro vereinbartem Stundensatz entlohnt wurden - auf der kontrollierten Baustelle ein "Werk" hergestellt hätten, ist schon durch das vom Beschwerdeführer in seinem Vorbringen und seiner im Berufungsverfahren abgelegten Aussage in Zusammenhalt mit den von ihm vorgelegten Urkunden mangels Abgrenzbarkeit der von eigenen Arbeitskräften des Beschwerdeführers zu erbringenden Leistungen von denen, die von den von der Rei Baugesellschaft mbH zur Verfügung gestellten Arbeitskräften zu erbringen waren, widerlegt. Auch in der Beschwerde werden die Leistungen der Rei Baugesellschaft mbH als "Bauarbeiten" bezeichnet. Dass ein "echter Werkvertrag" mit der ReiBaugesellschaft mbH vorgelegen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht bzw. ist seinem Vorbringen in dieser Hinsicht kein sachverhaltsmäßiger Hinweis zu entnehmen.

Dass die belangte Behörde das Vertragsverhältnis mit der Rei Baugesellschaft mbH über die Erbringung der genannten Arbeitsleistungen als nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 AuslBG und nicht als Werkvertragsverhältnis qualifizierte, war schon mangels Herstellung eines selbständigen Werkes durch dieses Subunternehmen nicht rechtswidrig. Für die vorliegende Bestrafung war entscheidend, dass die Ausländer von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft - sei es als deren Arbeitgeber, sei es als Beschäftiger überlassener Arbeitskräfte verwendet wurden, ist zufolge § 2 Abs. 2 und 3 AuslBG doch auch Arbeitgeber, wer im Rahmen des Dienstverhältnisses über die Arbeitskraft eines anderen verfügen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1997, Zl. 95/09/0250, und vom 13. Februar 1997, Zl. 95/09/0155). Dass er im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. e und Abs. 3 lit. c AuslBG seinen gesetzlichen Pflichten (Erlangung arbeitsmarkbehördlicher Genehmigungen für die Verwendung der überlassenen ausländischen Arbeitskräfte) nachgekommen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0503, und vom 6. September 1994, Zl. 93/11/0162).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, Arbeitskräfteüberlassung könne deshalb nicht vorgelegen sein, weil die "Fa. R" kein "Dritter" im Sinne des § 3 Abs. 1 AÜG, sondern "Bauherr, Eigentümer der Liegenschaft und alleiniger Erstauftraggeber" sei, ist zu erwidern, dass die Rei Baugesellschaft mbH (als Überlasser im Sinne des § 3 Abs. 2 AÜG) ihre eigenen Arbeitkräfte der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft (als Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 AÜG) zur Verfügung stellte, damit die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft diese Arbeitskräfte zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben einsetzen konnte. Ob die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft diese überlassenen Arbeitskräfte auf einer Liegenschaft verwendet, die in ihrem Eigentum stand oder nicht ist dafür, ob Arbeitskräfteüberlassung vorgelegen ist, nicht maßgeblich. Gleichfalls unerheblich ist es in dieser Hinsicht, ob die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft selbst Bauherr war oder die Reihenhausanlage für einen fremden Bauherrn (Auftraggeber) errichtete.

Ist selbst unter Zugrundelegung der im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden des Beschwerdeführers und seiner eigenen Aussage von nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Beschäftigungen (in Form von Arbeitskräfteüberlassung) auszugehen, dann fehlt den in der Beschwerde gerügten Verletzungen von Verfahrensvorschriften - ohne, dass zu prüfen ist, ob sie tatsächlich vorliegen - die erforderliche Relevanz, da die belangte Behörde auch bei deren Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können (§ 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG).

Die Ausführungen in der Beschwerde zur Strafbemessung der belangten Behörde sind insoweit widersprüchlich, als der Beschwerdeführer zwar einräumt, dass kein Umstand als erschwerend gewertet worden sei, der belangten Behörde aber dennoch vorwirft, sie habe den Erschwerungsgrund "erfunden", dass er kein Geständnis abgelegt habe. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde das Fehlen eines Geständnisses oder seiner Einsicht nicht als Erschwerungsgrund gewertet, sondern eine Herabsetzung der in erster Instanz verhängten Geldstrafen mit der Begründung abgelehnt, dass keine weiteren Milderungsgründe vorgelegen seien, wobei ausdrücklich das Vorliegen mildernder Umstände wie künftiges Wohlverhalten oder Einsicht des Beschwerdeführers verneint wurde. Der Beschwerdeführer vermag somit nichts darzutun, was das von der Behörde bei der Strafbemessung geübte Ermessen als rechtswidrig erschienen ließe.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998090062.X00

Im RIS seit

08.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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