Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich K***** wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB, AZ 38 Hv 193/07b des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juni 2008 und weitere in diesem Verfahren ergangene Beschlüsse erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Staatsanwalt Dr. Ulrich, und des Verteidigers, Dr. Thiery zu Recht erkannt:
Spruch
Im Strafverfahren gegen Friedrich K***** wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB, AZ 38 Hv 193/07b des Landesgerichts Salzburg, verletzen:
1. Das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juni 2008 § 390 Abs 1 und § 366 Abs 1 StPO;
2. der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 19. August 2008 in seiner Begründung, wonach ein Ausspruch über die Kostenersatzpflicht im Urteil unterbleiben konnte, § 390 Abs 1 StPO;
3. der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 27. August 2008 § 390 Abs 1 iVm § 381 Abs 1 Z 1 StPO;
4. der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 13. November 2008, AZ 10 Bs 361/08x, § 89 Abs 1 StPO.
Der zuletzt genannte Beschluss wird aufgehoben und es wird die Sache zur Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen den im Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juni 2008 unterbliebenen Kostenausspruch an das Oberlandesgericht Linz verwiesen.
Text
Gründe:
Mit - in gekürzter Form (§ 458 Abs 3 iVm § 488 Abs 4 StPO) - ausgefertigtem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juni 2008, GZ 38 Hv 193/07b-38, wurde Friedrich K***** von der wider ihn wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB erhobenen Subsidiaranklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Der im Urteil zwingend vorzunehmende Ausspruch über die Verpflichtung des Subsidiaranklägers zum Kostenersatz (§ 390 Abs 1 StPO) unterblieb ebenso wie dessen Verweis (als Privatbeteiligter) mit seinen geltend gemachten Ansprüchen (ON 3) auf den Zivilrechtsweg (§ 366 Abs 1 StPO). Die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete Berufung wegen Nichtigkeit (S 225) wurde vom Subsidiarankläger mit Schriftsatz vom 1. August 2008 (ON 37) wieder zurückgenommen.
Mit Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 27. August 2008 (ON 39) wurde in der Folge dem Subsidiarankläger - unter Berufung auf die diesem gemäß § 390 Abs 1 StPO im Falle eines Freispruchs aufzuerlegende (tatsächlich jedoch nicht erfolgte) Kostenersatzpflicht - der Ersatz eines Pauschalbetrags in Höhe von 300 Euro aufgetragen.
Mit weiterem Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 19. August 2008 (als ON 40 einjournalisiert) wurde der Antrag des freigesprochenen Friedrich K***** auf Bestimmung der Verteidigerkosten ua mit der Begründung abgewiesen, dass der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers infolge verspäteter Legung eines Kostenverzeichnisses unterbleiben konnte.
Am 13. Oktober 2008 wurde die Staatsanwaltschaft Salzburg durch Schreiben des Rechtsvertreters von Friedrich K***** (ON 42) vom rechtskräftigen Freispruch und dem unterbliebenen Kostenersatzausspruch gemäß § 390 Abs 1 StPO erstmals in Kenntnis gesetzt. Nach Einlangen des - aufgrund eines Übersendungsersuchens der Staatsanwaltschaft Salzburg übermittelten - Strafaktes am 17. Oktober 2008 (ON 43) erhob die Staatsanwaltschaft am 27. Oktober 2008 - sohin rechtzeitig - Beschwerde (ON 44) gegen das freisprechende - der Staatsanwaltschaft gegenüber im Kostenpunkt gemäß §§ 87 Abs 1, 88 Abs 1 StPO noch nicht in Rechtskraft erwachsene (Lendl, WK-StPO § 392 aF Rz 8) - Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juni 2008 (ON 38) und begehrte die Ergänzung im Kostenausspruch.
Eine Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft ist im Subsidiaranklageverfahren hinsichtlich des Kostenpunkts - trotz Aufhebung des § 392 StPO mit BGBl I Nr 93/2007 - weiterhin gegeben, da gemäß § 1 StAG die Staatsanwaltschaften in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unverändert zur Wahrung der Interessen des Staates in der Rechtspflege, vor allem in der Strafrechtspflege, berufen sind (vgl Lendl, WK-StPO § 392 aF Rz 8).
Mit Beschluss vom 13. November 2008, AZ 10 Bs 361/08x (ON 47), gab das Oberlandesgericht Linz dem Rechtsmittel keine Folge, wobei es offenbar irrtümlich ausschließlich den in diesem Verfahren gefassten (jedoch unbekämpft gebliebenen) Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 19. August 2008 (ON 40), mit welchem der Antrag des Friedrich K***** auf Bestimmung seiner Verteidigerkosten abgewiesen worden war, behandelte, das bekämpfte Urteil sowie die Beschwerdeargumentation hingegen gänzlich unberücksichtigt ließ.
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juni 2008 (ON 38), die nachfolgenden Beschlüsse vom 19. August 2008 und vom 27. August 2008 (ON 40 und 39) sowie der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 13. November 2008 (ON 47) stehen - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
1. Wird - wie hier - ein gemäß § 72 StPO lediglich auf Antrag des Privatbeteiligten durchgeführtes Strafverfahren auf andere Weise als durch einen Schuldspruch beendet, so ist dem Privatbeteiligten (= dem Subsidiarankläger) gemäß § 390 Abs 1 StPO der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen.
Darüber hinaus ist der Subsidiarankläger (als Privatbeteiligter) im Falle des Freispruchs mit seinen geltend gemachten Ansprüchen gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Durch die Unterlassung eines Ausspruchs über die Verpflichtung des Subsidiaranklägers zum Kostenersatz sowie durch die unterlassene Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg im freisprechenden Urteil wurden daher die oben zitierten Bestimmungen verletzt.
2. Nach dem klaren Wortlaut des § 390 Abs 1 StPO ist die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers an keine weiteren Bedingungen gebunden. Das Erfordernis einer „rechtzeitigen" Geltendmachung von Verfahrenskosten vor Urteilsverkündung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Den Subsidiarankläger trifft gemäß § 390 Abs 1 letzter Satz StPO nur bei Beendigung des Strafverfahrens nach dem 11. Hauptstück (Rücktritt von der Verfolgung - Diversion) keine Kostenersatzpflicht (Lendl, WK-StPO § 390 Rz 16).
Die im Beschluss vom 19. August 2008 (ON 40) enthaltene - einen strafgerichtlichen Vorgang im Sinne des § 23 Abs 1 StPO darstellende (Ratz, WK-StPO § 292 Rz 3) - Entscheidungsbegründung, wonach der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers im Urteil infolge verspäteter, nämlich nicht vor Urteilsverkündung erfolgter Legung des Kostenverzeichnisses durch den Angeklagten unterbleiben konnte, widerspricht daher gleichfalls § 390 Abs 1 StPO.
3. Voraussetzung für das Entstehen einer Kostenersatzpflicht ist der Ausspruch derselben im Urteil. Fehlt dieser Ausspruch - wie hier - in der erstinstanzlichen Entscheidung und wird dies nicht gerügt, kann keine Ersatzpflicht entstehen und es ist auch nicht zulässig, den Ausspruch nachzuholen oder stillschweigend zu fingieren (Lendl, WK-StPO § 389 Rz 4). Das Erstgericht war daher nicht berechtigt, dem Subsidiarankläger mit Beschluss vom 27. August 2008 (ON 39) den Ersatz eines Pauschalbetrags (§ 381 Abs 1 Z 1 StPO) in der Höhe von 300 Euro aufzutragen.
4. Zwar ist das Rechtsmittelgericht, das gemäß § 89 Abs 1 StPO „über die Beschwerde" zu entscheiden hat, zu einer umfassenden amtswegigen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses verpflichtet (RIS-Justiz RS0089977), doch hat es sich insofern auf jene Entscheidung zu beschränken, die von der Beschwerde betroffen ist (13 Os 190/95; Lendl, WK-StPO § 392 [aF] Rz 13; s aber § 89 Abs 2 dritter Satz zweiter Fall StPO). Der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 13. November 2008 (ON 47) steht sohin, weil er nicht über die gegen den unterlassenen Kostenersatzausspruch im Urteil eingebrachte Beschwerde, sondern über den gar nicht bekämpften Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 19. August 2008 abspricht, mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Da diese Beschwerdeentscheidung geeignet ist, den freigesprochenen Friedrich K***** zu benachteiligen, war der Feststellung der Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO konkrete Wirkung zuzuerkennen und der betroffene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Das Oberlandesgericht Linz wird daher neuerlich über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 27. Oktober 2008 (ON 44) zu entscheiden haben. Die von einem grundsätzlichen Kostenausspruch abhängigen Beschlüsse vom 19. August 2008 und vom 27. August 2008 (ON 40 und 39) sind damit gegenstandslos (vgl RIS-Justiz RS0100444).
Textnummer
E90438European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00033.09F.0318.000Im RIS seit
17.04.2009Zuletzt aktualisiert am
10.08.2011