Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. März 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schörghuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Asllan C***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ibrahim A***** und die Berufung des Angeklagten Asllan C***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 1. Oktober 2008, GZ 12 Hv 127/08g-85, sowie die Beschwerde des Angeklagten Ibrahim A***** gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten Ibrahim A***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Ibrahim A***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall StGB schuldig erkannt (A).
Danach hat er am 3. Mai 2008 in Bad Radkersburg in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit Asllan C***** und „mit dem abgesondert verfolgten Beitragstäter Jeton D*****" Verfügungsberechtigten der K***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich 5.209,03 Euro Bargeld, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in das Thermengebäude, Nachsperren verschiedener Räume mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel und Aufbrechen von Laden in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, weggenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 3, 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ibrahim A***** verfehlt ihr Ziel.
Der geltend gemachte Verfahrensfehler (Z 3) liegt nicht vor:
In der Hauptverhandlung wurden die Angeklagten Asllan C***** und Ibrahim A***** gemäß § 250 Abs 1 StPO abgesondert vernommen (ON 84 S 6 ff), mit der Konsequenz, dass jeder von ihnen nach seiner Wiedereinführung von dem in seiner Abwesenheit Vorgenommenen in Kenntnis zu setzen war (§ 250 Abs 1 und 2 StPO).
Diese Mitteilung kann sich auf die wesentlichen Aspekte beschränken, zumal es dem Verteidiger freisteht, auf eine ihm notwendig erscheinende ergänzende Information des Angeklagten hinzuwirken (14 Os 53/05z uva; Kirchbacher, WK-StPO § 250 Rz 9 mwN). Daher begründete es keine Nichtigkeit, wenn der Angeklagte Ibrahim A***** nicht eigens auch darüber informiert wurde, dass dem Angeklagten Asllan C***** bei dessen Vernehmung in der Hauptverhandlung (§ 245 Abs 1 StPO) unter anderem eine von diesem früher abgelegte Aussage über eine den Angeklagten Ibrahim A***** gar nicht betreffende Tat vorgehalten wurde (ON 84 S 12; vgl ON 65 S 35; vgl Schuldspruch A/II).
Der Angeklagte Ibrahim A***** beantragte durch einen Verteidiger in der Hauptverhandlung die Vernehmung der Zeugen
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Dani M***** „zum Beweis dafür, dass das von Zeugen D***** angeführte angebliche Tatverabredungsgespräch in der erwähnten Form nicht stattgefunden haben kann, zumal ein Treffen weder im erstmals angegebenen Lokal A***** möglich war, zumal dieses Lokal zum Zeitpunkt 2. Mai 2008 zufolge bestehende Vandalismus Schäden geschlossen war, und auch ein weiteres Treffen in einem anderen Lokal, das vom Zeugen D***** nicht näher bezeichnet werden konnte, nicht stattgefunden haben kann, zumal sich die erwähnten Personen nicht auf die geschilderte Art und Weise getroffen haben können, welche Wahrnehmungen der Zeuge M***** dazu gemacht hat, dass das Treffen in einem anderen Lokal nicht stattgefunden haben kann; der Zeuge kann als Schwager des Zweitangeklagten möglicherweise Angaben dazu tätigen, wo sich dieser zum möglichen Tatzeitpunkt aufgehalten haben kann", und
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Valdet K***** zum Beweis dafür, dass dieser „keineswegs mit dem Zweitangeklagten dahingehend zusammengewirkt hat, dass diese wie vom Zeugen D***** angegeben sich verabredet hätten, entsprechende Einbrüche mit einem von K***** zur Verfügung gestellten Fahrzeug zu begehen, sowie zum Beweis dafür, dass es unmöglich ist, dass der Zeuge K*****, wie vom Zeugen D***** angegeben, entsprechende Anrufe erhalten haben könne oder mit diesen persönlich zusammengetroffen wäre" (ON 84 S 28 f).
Durch die Ablehnung dieser Anträge wurden Verteidigungsrechte nicht geschmälert (Z 4): Die genannten Beweisthemen wurden von den Tatrichtern teils zugestanden, teils zutreffend als unerheblich eingestuft und die begehrte Befragung im Übrigen als in der Hauptverhandlung unzulässige Erkundungsbeweisführung abgelehnt (ON 84 S 30 f; § 55 Abs 2 Z 1, 2 und 3 StPO).
Weshalb die weiters beantragte Rufdatenrückerfassung (ON 84 S 29) über die stattgefundene Erhebung hinaus (ON 65 S 93 f; s dazu übrigens die auf gerichtlicher Bewilligung beruhende Anordnung ON 53) und eine zudem begehrte „Standortpeilung" zum Nachweis der Abwesenheit des Angeklagten Ibrahim A***** vom Tatort geeignet sein sollen, ließ die Antragstellung offen (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO). Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) konnten weitere Tatvorwürfe gegen Jeton D***** sowie die Frage, seit wann dieser mit dem Erstangeklagten durch SMS in Kontakt stand, als hier unerheblich auf sich beruhen, desgleichen, ob und inwieweit der Genannte an der Planung der inkriminierten Tat mitwirkte, wo das Treffen vom 2. Mai 2008 stattfand, wie lange und unter welchem Namen er den Beschwerdeführer und Valdet K***** kannte, wie sich D***** in dem gegen ihn geführten Verfahren verantwortete und ob er danach trachtete, seine Rolle bei der Begehung von Straftaten zu Lasten anderer besser darzustellen.
Ebenso unerheblich ist, ob der Angeklagte Ibrahim A***** im April 2008 seinen grünen Audi 80 an Jeton D***** verliehen hatte und für Letzteren die Möglichkeit bestand, während jener Zeit, in welche die Tatbegehung gar nicht fällt, ein im Pkw vergessenes Handy zu verwenden.
Dem übrigen Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) ist zu erwidern, dass die Tatrichter ihre Feststellung wechselseitiger Kontakte zwischen Asllan C*****, Ibrahim A***** und Jeton D***** aktenkonform auf die im Kern für glaubwürdig eingestufte belastende Aussage des Letztgenannten sowie auf die die Angaben des Zeugen Alois G***** stützten (US 17 f).
Die vermisste logisch und empirisch einwandfreie Begründung (Z 5 vierter Fall) für die konstatierte gewerbsmäßige Tendenz findet sich auf US 20.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Indem sich der Beschwerdeführer, teils unter Wiederholung der Einwände der Mängelrüge (Z 5), gegen die von den Tatrichtern eingehend geprüfte Glaubwürdigkeit des Jeton D***** wendet und seine eigene Verantwortung hervorhebt, weckt er keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen. Aus den Ergebnissen der Spurensicherung, nach denen nicht auszuschließen ist, dass sich insgesamt drei Täter am Dach des Einbruchsobjekts aufhielten, ist für ihn nichts zu gewinnen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Ibrahim A***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9038311Os7.09bEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0110OS00007.09B.0324.000Zuletzt aktualisiert am
12.05.2009