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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des S H in W, vertreten durch die Rechtsanwälte KEG Czerwenka & Partner in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Mai 1998, Zl. UVS- 07/A/19/00357/98, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Mai 1998 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 7. April 1998 betreffend seine Bestrafung wegen Übertretung des (§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1) Ausländerbeschäftigungsgesetz gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde (nach Darstellung der Rechtslage und Wiedergabe von hg. Judikatur) aus, die Berufung des Beschwerdeführers enthalte keinen begründeten Berufungsantrag, zumal sie wie folgt laute:
"Betrifft: MBA 15 - S 663/98 z.Hd. Mag. Sirka Erhebe gegen obgenannte Aktenzahl - Strafe Einspruch wegen
unrichtiger Angaben u. Tatsachen und bitte um einen Termin zur Aussprache, wobei ich sämtliche Unterlagen und Nachweise sowie selbst kommen kann und will, um mich zu rechtfertigen.
Ich hoffe auf Ihr Verständnis und erwarte Ihre Antwort und zeichne
Hochachtungsvoll
Paraphe mit Stampiglie der
"B"-Bau Handels GesmbH".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf meritorische Entscheidung über das zurückgewiesene Rechtsmittel verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete auf Erstattung einer Gegenschrift und verzeichnete den Vorlageaufwand als Kosten im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/21/0347, und vom 21. März 1995, Zl. 94/09/0356) verlangt diese gesetzliche Bestimmung somit eine Darstellung der Partei, ob und aus welchen Gründen sie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes oder hinsichtlich der Beurteilung der Rechtsfrage bekämpft. Zwar ist bei der Beurteilung der für ein zur meritorischen Behandlung geeignetes Rechtsmittel im Gesetz aufgestellten Voraussetzungen eine streng formalistische Auslegung nicht vorzunehmen. Gleichwohl muss aus der Berufung zumindest erkennbar sein, aus welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird. Es genügt, wenn die Berufung erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.
Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass die Berufung dem Beschwerdeführer und nicht der nach dem verwendeten Briefpapier und der beigefügten Stampiglie zusätzlich angegebenen Gesellschaft zuzurechnen ist (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/11/0153, und vom 28. Juli 1999, Zl. 97/09/0280). Des Weiteren ist es offensichtlich, dass der Beschwerdeführer mit der Erhebung der als "Einspruch" bezeichneten Berufung eine Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides auf eine für ihn günstige Entscheidung anstrebt.
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der objektive Tatbestand des Schuldspruches im (bekämpften) erstinstanzlichen Straferkenntnis ausschließlich damit begründet und festgestellt wurde, die Verwaltungsübertretung sei "auf Grund der genannten begründeten und in sich schlüssigen Anzeige als erwiesen anzusehen". Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Berufung (nicht gegen die Strafbemessung oder den subjektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretungen, sondern) erkennbar gegen diesen als erwiesen angenommenen Sachverhalt des objektiven Tatbestandes der Verwaltungsübertretungen mit der Behauptung, er erhebe "Einspruch" gegen "unrichtige Angaben und Tatsachen". Vor dem Hintergrund des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist die Berufung dahingehend zu verstehen, der Beschwerdeführer halte die Anzeige (des Arbeitsinspektorates) - auf die im Straferkenntnis verwiesen wurde und deren Inhalt die Behörde erster Instanz sich zu eigen machte - in sachverhaltsmäßiger Hinsicht für unrichtig. Weitere Ausführungen oder Bestreitungen konnten nach dem Inhalt des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom Beschwerdeführer wohl nicht verlangt oder erwartet werden, kommt der sachverhaltsmäßigen Behauptung der Behörde erster Instanz, die Anzeige sei richtig, doch kein anderer (höherer) Begründungswert zu als der gegenteiligen Behauptung des Beschwerdeführers, diese Anzeige sei unrichtig.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde enthält die Berufung des Beschwerdeführers nicht den Hinweis, er werde später im Zuge einer Vorsprache und nach Kenntnisnahme des gesamten Akteninhaltes zu Tatvorwürfen Stellung nehmen, sondern der Beschwerdeführer hat sich darauf berufen, "sämtliche Unterlagen und Nachweise" offenbar mitzubringen, selbst zu erscheinen und sich "zu rechtfertigen". Dieses Vorbringen ist - vor dem Hintergrund, dass mit dem "Termin zur Aussprache" (möglicherweise) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde gemeint ist - dahingehend zu verstehen, dass der Beschwerdeführer den Beweis für seinen Standpunkt (die Anzeige sei unrichtig) durch Vorlage von Urkunden und seine Einvernahme als Partei erbringen zu können glaubt. In der Berufung des Beschwerdeführers ist jedoch weder von einer vorherigen "Kenntnisnahme des gesamten Akteninhaltes" noch von einer "späteren Stellungnahme zu Tatvorwürfen" die Rede. Sein Rechtsmittel kann daher nicht als bloße "Berufungsanmeldung" angesehen werden (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0258, und vom 20. April 1995, Zlen. 95/09/0081 und 0082).
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Berufung des Beschwerdeführers mangels Vorliegens eines begründeten Berufungsantrages zurückwies, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. November 2000
Schlagworte
Berufungsverfahren Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998090261.X00Im RIS seit
23.02.2001