TE OGH 2009/3/26 6Ob37/09y

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Veröffentlicht am 26.03.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut N*****, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei P*****, vertreten durch Dr. Reinhold Gsöllpointner und Dr. Robert Pirker, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 12.235,48 EUR sA (Rekursinteresse 4.119,77 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 24. November 2008, GZ 54 R 175/08m-45, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 25. Juli 2008, GZ 10 C 205/07v-39, aufgehoben, das vorangegangene Verfahren für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 445,82 EUR (darin 74,30 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt - soweit dies für das Rekursverfahren von Bedeutung ist - von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt die Bezahlung von 4.119,77 EUR mit der zusammengefassten Begründung, die Beklagte, von der er eine Pension beziehe, habe als Drittschuldnerin am 20. 6. 2002 zu Unrecht Überweisungen in Höhe von 2.065,33 und 2.054,44 EUR an seine beiden minderjährigen Kinder bzw den sie vertretenden Jugendwohlfahrtsträger getätigt, obwohl zu diesem Zeitpunkt die von seinen Kindern aufgrund von Unterhaltstiteln geführten Exekutionen bereits eingestellt gewesen seien. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, bei diesen Zahlungen habe es sich lediglich um fiktive Einträge der Beklagten auf dem Schuldnerkonto des Klägers gehandelt; reale Zahlungen seien nicht geflossen, weshalb der Kläger keinen Schaden erlitten habe und sein auf den Titel des Schadenersatzes gestütztes Klagebegehren nicht berechtigt sei.

Das Berufungsgericht erörterte anlässlich der Berufungsverhandlung vom 24. 11. 2008 mit den Parteien „die Zulässigkeit des Rechtswegs betreffend den Betrag von 4.119,77 EUR" und hielt im Protokoll der Berufungsverhandlung fest, „die Klagevertreterin räumt ein, dass es sich nur um einen Anspruch im Rahmen der Pensionsauszahlung handeln kann". In weiterer Folge hob es die Entscheidung des Erstgerichts und das vorangegangene Verfahren hinsichtlich des Begehrens von 4.119,77 EUR samt Anhang als nichtig auf und wies in diesem Umfang die Klage zurück. Die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung sei keine Leistungs- bzw Sozialrechtssache, was auch für den Einbehalt einer Pension wegen einer Drittschuldnerexekution gelte. Damit sei aber insoweit Unzulässigkeit des Rechtswegs gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, auf die bereits das Berufungsgericht zutreffend verwiesen hat, ist die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung keine Leistungs- bzw Sozialrechtssache (RIS-Justiz RS0085474). In der Entscheidung 10 ObS 5/92 wendete der Oberste Gerichtshof diese Rechtsprechung auch auf einen Sachverhalt an, in welchem sich eine klagende Pensionsbezieherin gegen die Berechnung des pfändbaren Betrags durch die Rechtsvorgängerin der auch hier beklagten Partei im Zusammenhang mit einer Drittschuldnerexekution wendete und die volle Auszahlung ihrer (Witwen-)Pension begehrte. Der Oberste Gerichtshof teilte die Ansicht der Vorinstanzen, eine Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG liege nicht vor; da es auch nicht um streitige Privatrechte, also um eine bürgerliche Rechtssache im Sinne des § 1 JN gehe, sei die Rechtssache den ordentlichen Gerichten überhaupt entzogen.

2.1. Im vorliegenden Verfahren versucht der Kläger nunmehr in seinem Rekurs darzutun, dass er sein Klagebegehren tatsächlich auf bereicherungs- und schadenersatzrechtliche Ansprüche gestützt habe. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass er (durch seine rechtsfreundliche Vertretung) anlässlich der Berufungsverhandlung vom 24. 11. 2008 nach ausdrücklicher Erörterung der „Zulässigkeit des Rechtswegs betreffend den Betrag von 4.119,77 EUR" einräumte, „dass es sich nur um einen Anspruch im Rahmen der Pensionsauszahlung handeln kann".

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl die Nachweise etwa bei Rechberger in Rechberger, ZPO³ [2006] Vor § 226 Rz

16) wird zwar von der klagenden Partei eine rechtliche Qualifikation etwa ihres Klagegrundes nicht verlangt, eine solche jedoch dann als bindend betrachtet, wenn sie diese ausdrücklich vorgenommen hat.

Dieser Grundsatz kommt auch hier zur Anwendung: Der Kläger hat ausdrücklich erklärt, es könne sich nur um einen Anspruch im Rahmen der Pensionsauszahlung handeln. In diesem Fall ist aber Unzulässigkeit des Rechtswegs gegeben.

2.2. Der Kläger weist in seinem Rekurs darauf hin, dass zwar eine rechtliche Erörterung mit dem Berufungssenat stattgefunden habe, nicht jedoch eine „formelle Außerstreitstellung". Davon ist auch nicht auszugehen; der Kläger hat sich im Rahmen der rechtlichen Erörterung auf einen bestimmten Klagegrund festgelegt.

2.3. Dass dem Kläger bzw seiner rechtsfreundlichen Vertretung ein Protokoll über die Berufungsverhandlung nicht zugestellt wurde, mag richtig sein. Soweit er in seinem Rekurs in diesem Zusammenhang jedoch darauf hinweist, es habe daher „keine entsprechende Protokollsrüge erfolgen" können, ist ihm zu entgegnen, dass sich der Berufungssenat nicht eines Schallträgerprotokolls nach § 212a ZPO bediente; eine „Protokollsrüge" im Sinne eines Widerspruchs gegen Fehler der Übertragung nach § 212a Abs 2 iVm § 212 Abs 5 ZPO wäre daher gar nicht möglich. Die anwesende rechtsfreundliche Vertretung des Klägers hätte vielmehr gemäß § 212 Abs 1 ZPO sofort Einsicht in das handschriftlich und in Vollschrift aufgenommene Verhandlungsprotokoll nehmen und auf jene Punkte aufmerksam machen müssen, in welchen die im Protokoll enthaltene Darlegung dem tatsächlichen Verlauf der Verhandlung nicht entsprach. Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern vielmehr das Protokoll unterfertigt. Im Übrigen zeigt der Kläger auch in seinem Rekurs nicht auf, inwieweit das Verhandlungsprotokoll unrichtig sein soll.

3. Damit hat das Berufungsgericht zutreffend unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und insoweit Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichts das Klagebegehren im Umfang von 4.119,77 EUR samt Anhang zurückgewiesen. Der Kläger wird diesbezüglich einen Antrag auf Auszahlung seiner Pension im Verwaltungsweg zu stellen haben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E905086Ob37.09y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00037.09Y.0326.000

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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