Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter W*****, vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, und 2.) Land Kärnten, vertreten durch Dr. Lanker & Partner Rechtsanwälte KG in Klagenfurt, wegen 203.476,79 EUR sA, über die Rekurse der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 4. November 2008, GZ 5 R 183/08h-25, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 23. Juni 2008, GZ 22 Cg 70/07x-20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Den Rekursen wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen an Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen:
a) der erstbeklagten Partei 11.813,45 EUR (darin enthalten 7.014 EUR Pauschalgebühr)
b) der zweitbeklagten Partei 12.775,50 EUR (darin enthalten 960,25 EUR USt und 7.014 EUR Pauschalgebühr).
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war Eigentümer eines (nach den Klagsangaben nicht mehr verkehrstüchtigen) Motorboots, das für ihn zum Betrieb auf dem Wörthersee unter dem amtlichen Kennzeichen ***** zugelassen war. Er war damit einverstanden, diese Lizenz für das Motorboot der Marke „Sea Ray", Baujahr 1991, eines anderen Eigentümers zu verwenden, das dieser mit Kaufvertrag vom 2. 5. 2000 erwarb. Am 16. 5. 2000 ermächtigte dieser Eigentümer den Kläger, das Motorboot „Sea Ray" gegen jederzeitigen Widerruf zu verwenden. Aufgrund dieser schriftlichen Ermächtigung beantragte der Kläger als Verfügungsberechtigter am 19. 5. 2000 die Zulassung dieses Motorboots unter dem Kennzeichen *****. Mit Zulassungsurkunde vom 13. 6. 2000 erteilte der Landeshauptmann von Kärnten dem Kläger diese Zulassung bis 31. 12. 2005.
Am 10. 5. 2004 beantragte der durch einen Bevollmächtigten vertretene Eigentümer des Motorboots die Zulassung mit dem Kennzeichen ***** auf seinen Namen. Zum Beweis der Verfügungsberechtigung des Antragstellers wurde die Kopie eines mit 10. 9. 2002 datierten Kaufvertrags vorgelegt, wonach der Kläger dem Antragsteller das Motorboot Type Sea Ray (Baujahr 1970) mit dem dem Kläger zugewiesenen Kennzeichen verkauft haben soll. Die Urkunde wies die Unterschriften der Kaufvertragsparteien auf; der Kläger hatte diesen Vertrag aber nie unterfertigt. Vorgelegt wurde weiters eine mit 10. 5. 2004 datierte Bestätigung des Stadtgemeindeamts Straßburg/Kärnten über eine Verlustanzeige des Antragstellers betreffend den Zulassungsschein für das Motorfahrzeug Volvo Penta mit dem bereits mehrfach genannten Kennzeichen.
Die zuständigen Mitarbeiter des Amts der Kärntner Landesregierung gingen bei der Prüfung des Antrags davon aus, dass der Antragsteller Verfügungsberechtigter des im Antrag genannten Motorboots war. Insbesondere nahm der zuständige Unterabteilungsleiter ein konkludentes Verhalten des Antragstellers dahin an, dass dieser dem Kläger aufgrund der nunmehrigen Antragstellung die Verfügungsberechtigung über das Motorboot entzogen habe. Die sich aus den vorgelegten Urkunden ergebenden Widersprüche und Ungereimtheiten wurden nicht geprüft. Der Kläger als bisheriger Zulassungsberechtigter wurde dem Verfahren nicht beigezogen, was der generellen Praxis entsprach. Mit Zulassungsurkunde vom 17. 5. 2004 wurde dem Antragsteller die Zulassung seines Motorboots Sea Ray, Baujahr 1991, befristet mit 31. 12. 2008 unter dem bisher dem Kläger zugewiesenen Kennzeichen erteilt.
Liebhaber zahlen für derartige Motorbootlizenzen bis zu 300.000 EUR.
In dem beim Landesgericht Klagenfurt eingeleiteten Strafverfahren wurde dem Eigentümer angelastet, als Bestimmungstäter mit Bereicherungsvorsatz durch Täuschung Beamte zur Übertragung der Schiffszulassung verleitet und dadurch dem Kläger einen Vermögensschaden von zumindest 150.000 EUR zugefügt zu haben.
Der Kläger begehrte in seiner Amtshaftungsklage einen Schadenersatzbetrag von 203.476,79 EUR. Er hätte als Ablöse für die Einwilligung in die Zurücklegung der Motorbootzulassung, die einen selbständigen Marktwert habe, 200.000 EUR erzielen können. Die Höchstanzahl an Motorbootlizenzen am Wörthersee sei ausgeschöpft, weshalb der Kläger keine neue Lizenz beantragen könne. Inhaber derartiger Schiffszulassungen würden in der Regel nur gegen Bezahlung von Ablösen von zumindest 200.000 EUR in die Abmeldung der auf ihren Namen ausgestellten Schiffszulassung einwilligen. Dem Kläger wäre es möglich gewesen, vor Ablauf seiner Zulassung am 31. 12. 2005 entweder ein neues Boot auf seinen Namen anzumelden oder die eigene Zulassung abzumelden und es - gegen Zahlung einer Ablöse - einem anderen zu ermöglichen, einen neuen Antrag auf Schiffszulassung zu stellen. Bei Ausschöpfung der Höchstzahl der auf dem Wörthersee zugelassenen privaten Motorfahrzeuge hänge eine Neuzulassung davon ab, dass der Antragsteller durch Vorlage von Originalurkunden den Kauf eines Boots nachweise und der ursprüngliche Verfügungsberechtigte die Zulassungsurkunde zurücklege. Der Kläger habe der Zurücklegung nie zugestimmt. Die Abmeldebestätigung sei nicht von ihm unterfertigt worden und weise überhaupt keine Unterschrift auf. Die Zulassungsurkunde sei der Behörde auch nicht im Original vorgelegt worden. Trotz der fehlenden bzw widersprüchlichen Urkunden sei ohne Kontaktaufnahme mit dem Kläger und ohne Versuch, die Ungereimtheiten aufzuklären, die Zulassung auf den Antragsteller übertragen worden.
Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie habe den mit Kosten von 793,62 EUR verbundenen Antrag des Klägers auf Nichtigerklärung des Zulassungsbescheids vom 17. 5. 2004 zurückgewiesen. Die Erstbeklagte habe damit nicht einmal ihrer Schadensminderungspflicht entsprochen. Ein weiterer Schaden sei dem Kläger aufgrund der Kosten von 2.683,17 EUR für die Strafanzeige gegen den Antragsteller entstanden.
Die Beklagten bestritten ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten ihrer Organe. Der Eigentümer habe die Zulassung für sein Motorboot beantragt. Aufgrund dieses schlüssigen Verhaltens sei kein weiterer Nachweis über den Widerruf der dem Kläger erteilten Ermächtigung nötig gewesen. Mit dem Verlust der Verfügungsberechtigung sei von Gesetz wegen die Zulassung des Klägers erloschen. Damit sei der Kläger keine vom Antrag des Eigentümers auf Schiffszulassung betroffene Person gewesen. Der Antrag des Eigentümers als alleinige Verfahrenspartei sei zu Recht bewilligt worden. Das Schiffzulassungsrecht bezwecke die Feststellung der Fahrtauglichkeit eines Fahrzeugs, diene aber nicht dem Schutz vor Eintritt der geltend gemachten Schäden. Soweit es die Vertretungskosten für die Verfassung einer Strafanzeige gegen den Antragsteller betreffe, fehle der Kausalzusammenhang. Der Kläger habe gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Nichtigerklärung des Zulassungsbescheids keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben (§ 2 Abs 2 AHG).
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Der Eigentümer habe die dem Kläger erteilte Ermächtigung zur Benutzung des Boots vor der Behörde durch Einleitung des neuen Zulassungsverfahrens konkludent widerrufen. Mit dem Verlust der Verfügungsberechtigung sei nach § 106 Abs 1 Z 3 Schifffahrtsgesetz die Zulassung des Klägers erloschen. Der Kläger sei damit nicht Partei des Verwaltungsverfahrens gewesen und könne sich nicht auf die in § 37 AVG geregelte Verpflichtung der Behörde, den maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln und die Parteien anzuhören, berufen. Der Zweck des Schifffahrtszulassungsrechts sei die Feststellung und Überprüfung der Fahrtauglichkeit eines Fahrzeugs im öffentlichen Interesse; es diene aber nicht dazu, zivilrechtliche Ansprüche eines ehemaligen Zulassungsbesitzers auf Zahlung einer Ablöse zu schützen.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Bei der - vom Kläger behaupteten - Ausschöpfung der Höchstzahl der Zulassungen wäre die zuständige Behörde zur Prüfung verpflichtet gewesen, ob einer jener - in § 106 Abs 1 Schifffahrtsgesetz normierten - Fälle vorliege, der zum Erlöschen der Zulassung eines Fahrzeugs führe. In einem derartigen Verfahren auf „Neuzulassung" wäre dem Kläger Parteistellung zugekommen, weil die Annahme eines Erlöschenstatbestands seine Rechtsstellung als Verfügungsberechtigter beschneide. Die dem Antrag beigelegten Urkunden seien nicht geeignet gewesen, eine Zustimmung des Klägers anzunehmen. Das im Kaufvertrag genannte Motorboot des Baujahrs 1970 sei mit dem auf den Kläger zugelassenen Boot nicht ident gewesen. Auch bei Annahme einer irrtümlichen Angabe des Baujahrs bleibe unerfindlich, warum der Antragsteller das ohnehin in seinem Eigentum stehende Boot vom Kläger kaufen sollte. Die Zulassung des in der Bestätigung über einen angezeigten Verlust genannten Motorfahrzeugs mit dem darin genannten Kennzeichen sei ausgeschlossen; diese Urkunde habe daher nicht den Verlust der bis 31. 12. 2005 aufrechten Zulassungsurkunde nachgewiesen. Das rechtfertige die Annahme eines unvertretbar rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens der zuständigen Organe. Das Schifffahrtsgesetz räume dem Inhaber einer Zulassung eine Rechtsposition ein, die nur aufgrund genau definierter Umstände erlösche und nicht willkürlich entzogen werden dürfe. Die Beschränkung der Schiffszulassungen auf einen nicht erweiterbaren Personenkreis begründe eine rechtliche Sonderverbindung des Zulassungsinhabers zum Rechtsträger, die seine Einbeziehung in den Schutzzweck sämtlicher, diese Rechtsposition berührender Normen rechtfertige. Der Verlust einer aufrechten Motorbootzulassung, die einen selbständigen Vermögenswert darstelle, bedeute einen Schaden des Klägers.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Berufungsgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Schutzzweck der Regelungen über die Schiffszulassung und zur Verpflichtung, einen Verfügungsberechtigten mit aufrechter Zulassung in die behördliche Feststellung deren Erlöschens einzubeziehen, vor allem bei zahlenmäßig limitierten und ausgeschöpften Schiffszulassungen.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse der Beklagten sind zulässig und berechtigt.
Nach § 2 Z 27 Schifffahrtsgesetz 1997 (BGBl I 1997/62) ist Verfügungsberechtigter ein aufgrund eines Rechtstitels zur Benützung einer Sache Berechtigter (zB Eigentümer, Bestandnehmer, Leasingnehmer, Entlehner).
Nach § 102 Schifffahrtsgesetz wird die Zulassung eines Fahrzeugs auf Antrag des Verfügungsberechtigten durch die Behörde erteilt; sie ist an den Verfügungsberechtigten und das Fahrzeug gebunden (Abs 1). Die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn die Fahrtauglichkeit des Fahrzeugs bei einer Überprüfung nachgewiesen wurde (Abs 2). Die Zulassung ist befristet zu erteilen; eine Verlängerung der Geltungsdauer der Zulassung nach Überprüfung der Fahrtauglichkeit ist zulässig (Abs 3). Die Zulassung ist nach § 103 Abs 1 Schifffahrtsgesetz mit einer Urkunde (Zulassungsurkunde) zu erteilen, die als Bescheid gilt. Mit der Zulassung ist dem Fahrzeug ein amtliches Kennzeichen zuzuweisen (§ 104 Abs 1 Schifffahrtsgesetz).
Nach § 3 Abs 1 der VO des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Zulassung von Fahrzeugen auf Binnengewässern (Schiffszulassungsverordnung, BGBl II 1997/296) ist die Zulassung unter anderem eines Fahrzeugs (§ 2 Z 1 Schifffahrtsgesetz; § 2 Z 1 Schiffszulassungsverordnung; hier: Motorboot) bei der Behörde durch den Verfügungsberechtigten zu beantragen. Dieser Antrag muss neben bestimmten Daten des Fahrzeugs nach § 3 Abs 2 Z 3 Schiffszulassungsverordnung Angaben zum Verfügungsberechtigten enthalten; dazu zählt der Nachweis der Verfügungsberechtigung wie zB ein Kaufvertrag (lit c).
§ 105 Schifffahrtsgesetz und § 6 Abs 1 Schiffszulassungsverordnung verpflichten den Verfügungsberechtigten des zugelassenen Fahrzeugs, jede Änderung der Verfügungsberechtigung unter Anschluss der entsprechenden Nachweise und der Zulassungsurkunde unverzüglich der Behörde anzuzeigen.
§ 106 Abs 1 Schifffahrtsgesetz regelt jene Fälle, in denen die Zulassung eines Fahrzeugs erlischt. Dazu gehören die Zurücklegung der Zulassung (Z 2) und der Verlust der Verfügungsberechtigung (Z 3). Bei Erlöschen der Zulassung ist der Verfügungsberechtigte nach § 106 Abs 3 Schifffahrtsgesetz verpflichtet, der Behörde die Zulassungsurkunde binnen zwei Wochen zurückzustellen.
§ 107 Schifffahrtsgesetz regelt die Anforderungen an Fahrzeuge. Diese müssen fahrtauglich und unter Berücksichtigung des beabsichtigten Verwendungszwecks, der Eigenart, der Verkehrsverhältnisse und der sonstigen Benützung des zu befahrenden Gewässers betriebs- und verkehrssicher sein. Die Fahrtauglichkeit ist nach § 108 Abs 1 Schifffahrtsgesetz durch die Behörde zu überprüfen. § 109 Abs 1 Schifffahrtsgesetz betrifft den Zweck dieser Überprüfung. Hervorzuheben ist davon die Feststellung der Fahrtauglichkeit, der Eignung für besondere Verwendungszwecke sowie der Einhaltung notwendiger Auflagen und Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung und des Betriebs (Z 1). § 109 Abs 2 Schifffahrtsgesetz ordnet eine Überprüfung unter anderem vor der erstmaligen Zulassung eines Fahrzeugs (Z 1) und in regelmäßigen Zeitabständen nach der Zulassung (Z 2) an.
Die Verordnung des Landeshauptmanns vom 10. 4. 2002, mit der die Schifffahrt auf Kärntner Seen geregelt wird (LGBl 2002/28), beschränkt in § 2 Abs 5 die Anzahl der auf dem Wörthersee zugelassenen privaten Motorfahrzeuge (Motorboote) auf 338.
Wie sich insbesondere aus § 102 Abs 2 und 4 iVm §§ 107 bis 109 Schifffahrtsgesetz ergibt, bezweckt das Zulassungsverfahren zweifellos den Nachweis der Fahrtauglichkeit bzw der Betriebs- und Verkehrssicherheit eines bestimmten Wasserfahrzeugs. Für den Bereich der Zulassung von Kraftfahrzeugen hat die höchstgerichtliche Judikatur klargestellt, dass das Zulassungsverfahren nur die Interessen der Verkehrssicherheit verfolgt, nicht aber dazu dient, für den privaten Rechtsverkehr den rechtmäßigen Besitz des Antragstellers zu klären (1 Ob 839/54), oder das für die Entscheidung eines Käufers maßgebliche Baujahr verbindlich festzulegen (1 Ob 295/54 = SZ 27/129). Im Fall der Neuausstellung eines (angeblich verlorenen) Typenscheins nach § 30 Abs 5 KFG sah der Oberste Gerichtshof den Zweck dieser Norm im Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit, nicht aber im Schutz der zivilrechtlichen Ansprüche eines Darlehensgebers, dem zur Sicherung der Rückzahlungsverpflichtung der Typenschein übergeben worden war (1 Ob 32/02s = SZ 2002/28).
Mit diesen - zum KFZ-Zulassungsrecht entwickelten - Kriterien rechtfertigen die Beklagten ihre Auffassung zum fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang. Im konkreten Fall sind aber nicht Schadenersatzansprüche Dritter zu beurteilen, die im Vertrauen auf einen Typenschein oder eine Zulassungsurkunde (bzw auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten) Rechte an einem Fahrzeug erworben haben. Es geht vielmehr um Schäden des früheren Zulassungsbesitzers aufgrund des behaupteten rechtswidrigen Entzugs der Zulassung. Vorrangig zu klären ist damit die Parteistellung des Klägers in einem derartigen Zulassungsverfahren.
Muzak (Österreichisches, Europäisches und Internationales Binnenschifffahrtsrecht [2004], 187) sieht die Funktion des Zulassungsverfahrens (auch) in der rechtsverbindlichen Festlegung des Verfügungsberechtigten. Als Argument führt er unter anderem die Materialien (RV 705 BlgNr 17. GP 60) an, wonach die Zulassung von Fahrzeugen „objektbezogen (Schiff)" und „subjektbezogen (Verfügungsberechtigter)" geregelt werde. Der Antragsteller hat im Zulassungsverfahren seine Verfügungsberechtigung nachzuweisen (§ 3 Abs 2 Z 3 lit c Schiffszulassungsverordnung). Die Behörde muss somit als zivilrechtliche Vorfrage das Bestehen eines privatrechtlichen Benützungstitels prüfen (Muzak aaO 188).
Die Verfügungsberechtigung des Klägers, die Grundlage für die im Jahr 2000 auf seinen Namen erteilte Zulassung war, beruhte auf einem schriftlich nachgewiesenen Prekarium (§ 974 ABGB). Der jederzeit formfrei zulässige Widerruf des Prekariums (Griss in KBB2 § 974 ABGB Rz 3) hätte den Rechtstitel des Klägers zur Benützung des zugelassenen Motorboots und damit seine Verfügungsberechtigung beseitigt, was ex lege den Verlust der Zulassung nach sich gezogen hätte. Der Widerruf hätte aber gegenüber dem Kläger als Prekaristen (konkludent) erklärt werden müssen (Griss aaO Rz 4; 8 Ob 540/93 = RIS-Justiz RS0019164: konkludenter Widerruf durch Einbringung der Räumungsklage gegen den Prekaristen) und nicht gegenüber der Zulassungsbehörde. Die Antragstellung des Eigentümers und Verleihers kann den erforderlichen Widerruf nicht ersetzen, wenn der Prekarist dem Verfahren nicht beigezogen wird und daher keine Kenntnis von dem Antrag auf Neuzulassung hat - wie hier unstrittig der Fall war. Die von der Zulassungsbehörde vertretene Auffassung zum konkludenten Widerruf alleine durch die Antragstellung und zum Erlöschen der Zulassung des Klägers, was seine Anhörung erübrige, bedeutet eine klare Verkennung der Rechtslage und ist unvertretbar. Der Antragsteller hat nicht einmal einen Widerruf behauptet, sondern zum Nachweis seiner Verfügungsberechtigung Urkunden vorgelegt, deren Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten geeignet waren, ein gewisses Misstrauen an der Verfügungsberechtigung entstehen zu lassen. Der Zulassungsbehörde kommt zwar grundsätzlich keine Kompetenz zu, die privatrechtliche Zulässigkeit der Antragstellung im Innenverhältnis zwischen den als Verfügungsberechtigten in Betracht kommenden Personen zu überprüfen (Muzak aaO 188). In dieser Situation wäre die Behörde aber verpflichtet gewesen, den Kläger als bisherigen Zulassungsinhaber dem Verfahren beizuziehen, um sich über die Verfügungsberechtigung des nunmehrigen Antragstellers Klarheit zu verschaffen (§ 37 AVG). Der Kläger war in diesem Verwaltungsverfahren Partei im Sinne des § 8 AVG; seine Rechtsposition wurde durch die (nicht im Gesetz gedeckte) Zulassung zugunsten eines anderen beeinträchtigt (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren13, § 8 AVG Anm 1).
Die Verletzung der Parteirechte des Klägers führt aber nicht zur Berechtigung der geltend gemachten Schadenersatzansprüche.
Selbst bei einer unvertretbaren Verletzung von Rechtsvorschriften sind nur jene Schäden zu ersetzen, deren Eintritt die übertretene Vorschrift gerade verhindern wollte oder deren Verhinderung zumindest mitbezweckt ist (1 Ob 157/04a; 1 Ob 251/05a = SZ 2006/53). Nach § 102 Abs 1 Schifffahrtsgesetz ist die Zulassung an den Verfügungsberechtigten und an das Fahrzeug gebunden. Eine isolierte Übertragung der Zulassung ohne Verfügungsberechtigung an dem Fahrzeug ist ausgeschlossen (VwGH vom 24. 5. 1995, Zl 95/00014). Die Normen des Schiffszulassungsrechts dienen keinesfalls dazu, einem - wenn auch in einem Zulassungsverfahren zu Unrecht nicht beigezogenen - Zulassungsinhaber die Möglichkeit zu eröffnen, Ablösen für das Zurverfügungstellen der Zulassungen zu erhalten. Die wirtschaftliche Realität mag anders sein, wenn für derartige Schiffszulassungen bis zu 300.000 EUR bezahlt werden und eine derartige Lizenz einen Marktwert repräsentiert; gesetzwidrig bleibt diese Praxis des Handels mit Lizenzen dennoch.
Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 200.000 EUR scheitert damit am fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang. Ebenso nicht zu ersetzen sind die geforderten Kosten der Strafanzeige. Im Strafverfahren wurde dem Eigentümer des Motorboots qualifizierter Betrug zu Lasten des Klägers vorgeworfen, und zwar mit einem Schaden von zumindest 150.000 EUR, also offenbar im Zusammenhang mit dem hier behaupteten Schaden als Folge entgangener Ablösen bzw des Verlusts der Schiffslizenz. Hintergrund der Strafanzeige ist jener zivilrechtliche Schaden des Klägers, den der Angezeigte verursacht haben soll und der mangels Rechtswidrigkeitszusammenhang nicht im Wege der Amtshaftung ersatzfähig ist. Das muss dann aber auch für die Kosten der entsprechenden Strafanzeige gelten.
Nicht berechtigt ist auch der Anspruch auf Ersatz der im Verwaltungsverfahren aufgelaufenen Kosten. Der mit Bescheid vom 10. 4. 2006 zurückgewiesene, auf § 68 AVG gestützte (Blg ./M) Antrag auf Nichtigerklärung des Zulassungsbescheids wurde nach dem Akteninhalt erst am 15. 3. 2006 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt wäre die Zulassung des Klägers wegen Zeitablaufs ohnehin bereits erloschen gewesen (§ 106 Abs 1 Z 1 Schifffahrtsgesetz). Der Antrag war keinesfalls geeignet, durch die begehrte Beseitigung des Zulassungsbescheids vom 17. 5. 2004 die Zulassung zugunsten des Klägers wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E90612European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00028.09P.0331.000Im RIS seit
30.04.2009Zuletzt aktualisiert am
27.10.2010