Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Michael Scheed, Rechtsanwalt in Schwertberg, gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Horst R*****, vertreten durch Grassner Lenz Thewanger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den ordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 26. August 2008, GZ 3 R 136/08b-11, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 8. Juli 2008, GZ 5 Cg 100/08p-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei die mit 420,12 EUR (darin 70,02 EUR USt und 1,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge: Klägerin) ist seit 8. 4. 2006 Alleingesellschafterin der K***** Anlagenbau GmbH (in der Folge: GmbH). Diese ist Alleingesellschafterin der N***** s.r.o. mit Sitz in der Slowakei. Gesellschafter der GmbH waren der Beklagte zu 10 % und die R***** Privatstiftung zu 90 %. Mit Notariatsakt vom 28. 3. 2006 traten der Beklagte und die R***** Privatstiftung ihre jeweiligen Geschäftsanteile zu einem Gesamtpreis von 8.041.830 EUR an die Klägerin ab.
Im Punkt VII Abs 2 des Notariatsakts vereinbarten die Parteien ein Wettbewerbsverbot mit folgendem wesentlichen Inhalt:
„Die abtretenden Gesellschafter verpflichten sich, sich für die Dauer von 5 Jahren nach Abschluss dieses Vertrages - ohne vorherige schriftliche Einwilligung des übernehmenden Gesellschafters - an keinem anderen Unternehmen im räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der K***** Anlagenbau GmbH und N***** s.r.o. (zum Zeitpunkt des Rechtsüberganges) mittelbar oder unmittelbar zu beteiligen, und es zu unterlassen, für ein solches Unternehmen tätig zu sein, ein solches Unternehmen zu beraten, zu unterstützen oder sonst wie zu fördern oder sonst auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte im Geschäftszweig der K***** Anlagenbau GmbH und N***** s.r.o. zu machen und gegenüber der K***** Anlagenbau GmbH und N***** s.r.o. jeden mittelbaren, unmittelbaren, direkten oder indirekten Wettbewerb zu unterlassen. ..."
Für den Fall des Verstoßes gegen eine im Punkt VII Abs 2 des Vertrags enthaltene Verpflichtung wurde eine nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegende Konventionalstrafe in Höhe von 50.000 EUR pro Verstoß vereinbart (Punkt VIII).
Der Beklagte ist Alleingesellschafter der L***** s.r.o. mit dem Sitz in J*****, Slowakei (in der Folge: Unternehmen). Das Unternehmen ist Alleineigentümerin einer aus mehreren Grundstücken bestehenden Liegenschaft. Es weist als Unternehmensgegenstand unter anderem die „Vermietung von Liegenschaften in Verbindung mit der Erbringung von anderen Dienstleistungen als von denen, die als Grunddienstleistungen mit der Vermietung verbunden sind", sowie „Vermietung von Maschinen und Einrichtungen" auf. Vor dem 24. 4. 2008 waren als Unternehmensgegenstände darüber hinaus „Produktion von Metallwaren, Metallbearbeitung, Schlosserei, Laserblechbearbeitung und Lagerung" vorgesehen.
Der Beklagte war bis 24. 4. 2008 zu 25 % Gesellschafter der F*****c***** s.r.o. mit Sitz in J***** (Slowakei). Auf der im Eigentum des Unternehmens stehenden Liegenschaft sollten Betriebshallen errichtet und an metallverarbeitende Unternehmen, darunter die F*****c***** s.r.o. und die F*****t***** s.r.o. vermietet werden. Die F*****c***** s.r.o. weist im Handelsregister ua folgende Unternehmensgegenstände auf: „Metallverarbeitung, Vermietung von Maschinen und Einrichtungen" sowie bis 24. 4. 2008 „Schlosserei". Die F*****t***** s.r.o. weist im Handelsregister ua folgende Unternehmenstätigkeiten auf: „Schlosserei, Produktion von einfachen Metallteilen (...), Produktion von einfachen Metallgerüsten und Metallerzeugnissen (...), mechanische Metall- und Blechbearbeitung ... Oberflächenbearbeitung von Metallerzeugnissen - durch Sandstrahlen oder Lackieren."
Die N***** s.r.o. weist im Handelsregister ua folgenden Unternehmensgegenstand auf: „Metallbearbeitung, Schlosserei, Produktion von Metallwaren ..."
Aufgrund eines Hinweises der Klägerin auf das bestehende Wettbewerbsverbot zog sich der Beklagte als Mitgesellschafter der F*****c***** s.r.o. im April 2008 zurück.
Mit am 17. 6. 2008 eingebrachtem Antrag begehrte die Klägerin zur Sicherung ihres - im selben Schriftsatz mittels Klage geltend gemachten inhaltsgleichen - Unterlassungsanspruchs (samt Zahlungsbegehren von 50.000 EUR sA) die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Beklagten ab sofort verboten werde, entgegen dem im Abtretungsvertrag vom 28. 3. 2006 vereinbarten Wettbewerbsverbot - insbesondere auch im Weg von durch den Beklagten kontrollierten Rechtsträgern - Unternehmen zu beraten, zu unterstützen oder sonst wie zu fördern, die im räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der ... (GmbH) und der Firma N***** s.r.o. tätig sind, insbesondere durch Zurverfügungstellung von Infrastruktur an die Firmen F*****c***** s.r.o. und F*****t***** s.r.o., sowie jede andere vergleichbare Handlung zu setzen.
Die Klägerin brachte dazu vor, dass die F*****c***** s.r.o. und F*****t***** s.r.o. im selben Tätigkeitsbereich wie die N***** s.r.o. tätig seien und Mitarbeiter der N***** s.r.o. abwerben würden. Der Beklagte als Alleingesellschafter der L***** s.r.o. (Unternehmen) verstoße dadurch gegen das Wettbewerbsverbot, dass beabsichtigt sei, in der Slowakei vom Unternehmen errichtete Betriebsgebäude und -hallen, die sich lediglich 1 km von der Betriebsliegenschaft der N***** s.r.o. entfernt befänden, der F*****c***** s.r.o. und F*****t***** s.r.o. zu vermieten. Weil diese auf dem ihnen vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Betriebsareal in Kürze operativ in direkter Konkurrenz zur N***** s.r.o. tätig seien, bereits jetzt deren Mitarbeiter abwerben würden und qualifizierte Mitarbeiter in der Slowakei nur schwer zu finden seien, drohe der Klägerin ein unwiederbringlicher Schaden.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens sowie des Sicherungsantrags. Das Unternehmen beschäftige sich ausschließlich mit der Entwicklung eines Immobilienprojekts auf der Liegenschaft in J*****, Slowakei. Es errichte dort zur Zeit Hallen, die zur Vermietung/Verpachtung an Industrieunternehmen bestimmt seien (Gewerbepark). Die Anlagen seien noch nicht fertiggestellt und vermietet. Die noch nicht operativ tätigen Firmen F*****c***** s.r.o. und F*****t***** s.r.o. stünden zur N***** s.r.o. auch in keinem Konkurrenzverhältnis. Das fünfjährige Wettbewerbsverbot im Abtretungsvertrag vom 28. 3. 2006 verstoße wegen seiner überschießenden Dauer überdies gegen die zwingende Bestimmung des Art 81 EGV, sodass dieses jedenfalls seit März 2008 nicht mehr bestehe. Da die Klägerin bei Abschluss des Abtretungsvertrags vom 28. 3. 2006 auch in Kenntnis des Vorhabens des Beklagten gewesen sei, sei die Berufung auf das Wettbewerbsverbot sittenwidrig.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es traf über den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt hinaus weitere (in der Folge von der Klägerin in ihrem Rekurs bekämpfte) Feststellungen. Rechtlich gelangte es zum Ergebnis, dass sich der Abtretungsvertrag vom 28. 3. 2006 ausschließlich auf den Geschäftswert der übertragenen Geschäftsanteile erstrecke. Für die Annahme der Übertragung eines bestimmten Know-how lägen keine Anhaltspunkte vor. Für die Geschäftsanteilsübertragung sei nach der Bekanntmachung der Europäischen Kommission (vom 5. 3. 2005, 2005/C-56/03) über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig seien, ein Verbotszeitraum von maximal zwei Jahren zulässig (Punkt III lit A Punkt 20). Das im Abtretungsvertrag vom 28. 3. 2006 vorgesehene Wettbewerbsverbot verstoße, soweit es diese zweijährige Frist übersteige, sohin gegen Art 81 Abs 1 EGV. Würde man dennoch von der Zulässigkeit des vereinbarten fünfjährigen Wettbewerbsverbots ausgehen, lägen ohnehin keine Überschneidungen der Unternehmenstätigkeiten der N***** s.r.o. und der beabsichtigten Unternehmenstätigkeiten der F*****t***** s.r.o. und F*****c***** s.r.o. vor. Der Beklagte habe aber auch keine rechtliche Einflussmöglichkeit betreffend die unternehmerischen Tätigkeiten dieser Firmen. Eine Verpflichtung des Beklagten, bei Vermietung von errichteten Betriebshallen durch sein Unternehmen den jeweiligen Unternehmensgegenstand der mietenden Unternehmen zu kontrollieren, bestehe nicht. Es liege daher, selbst bei einer Wirksamkeit des vereinbarten Wettbewerbsverbots, keine Wettbewerbsverletzung vor.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Es vertrat die Auffassung, dass den im Rekurs gerügten Feststellungen - mit Ausnahme einer Feststellung (zum Unternehmensgegenstand der N***** s.r.o.), die ohnehin als zugestandene Tatsache der Entscheidung zugrundezulegen sei - keine Bedeutung zukomme. Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Art 81 EGV sei deshalb nicht zu erörtern, weil bereits § 879 Abs 1 ABGB die Teilnichtigkeit des zwei Jahre übersteigenden Zeitraums des gegenständlichen Wettbewerbsverbots zur Folge habe. Wettbewerbsklauseln seien nicht nur im Geltungsbereich ausdrücklicher Regelungen (§ 36 AngG, § 25 HVertrG), sondern ganz allgemein nur beschränkt zulässig. Das Wettbewerbsverbot dürfe nicht über das hinausgehen, was zur Abwehr nachteiliger Folgen für die Gesellschaft erforderlich sei, die dadurch entstehen können, dass der Ausscheidende seine als Gesellschafter erworbenen Kenntnisse und Verbindungen ausnütze. Deshalb müsse das Wettbewerbsverbot zeitlich, räumlich und sachlich, das heißt, in Bezug auf die gesperrten Arbeitsgebiete, angemessen sein. Der deutsche Bundesgerichtshof habe zu II ZR 59/02 (NZG 2004, 35) ein zwischen den Gesellschaftern einer GesbR in einem Auseinandersetzungsvertrag einer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei vereinbartes fünfjähriges Wettbewerbsverbot als unwirksam erachtet, soweit es zwei Jahre übersteige. Die Ausführungen in dieser Entscheidung seien auch für das österreichische Recht überzeugend. Dem ergänzenden Rekursvorbringen, dass im konkreten Fall ua an Know-how neben dem Warenwirtschaftssystem die Konstruktionszeichnungen, verfahrenstechnischen Anleitungen und Dokumentationen für sämtliche Maschinen zusammen mit allen Kunden- und Lieferantendaten und -beziehungen auf die Klägerin übergegangen seien, stehe das auch im Provisorialverfahren geltende Neuerungsverbot entgegen. Das Erstgericht habe daher zu Recht die im Wettbewerbsverbot vorgenommene Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit des Beklagten auf zwei Jahre begrenzt. Daraus folge die Teilnichtigkeit des diese zeitliche Beschränkung übersteigenden Zeitraums gemäß § 879 Abs 1 ABGB. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung der Zeitraum von zwei Jahren bereits abgelaufen gewesen sei und die vertragliche Unterlassungspflicht des Beklagten nicht mehr bestanden habe, mangle es an der materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Erhebung einer Unterlassungsklage.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein über zwei Jahre hinausgehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot für einen ausgeschiedenen Gesellschafter einer GmbH gegen § 879 Abs 1 ABGB verstoße.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinn des Sicherungsbegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben und der Klägerin vollen Kostenersatz aufzuerlegen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund, der über die bloße Einzelfallbeurteilung hinausgeht, zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Im Hinblick auf den relevierten Rechtsmittelgrund der „unrichtigen Tatsachenfeststellung" ist vorauszuschicken, dass der Oberste Gerichtshof auch im Provisorialverfahren Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist. Eine Überprüfung des von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalts ist ihm daher entzogen (RIS-Justiz RS0002192; Angst/Jakusch/Mohr, EO14 § 389 E 143 mwN). Selbst unter Zugrundelegung des unstrittigen Sachverhalts (und beiderseitigen Vorbringens) - hat doch das Rekursgericht die Behandlung der Tatsachen- und Beweisrüge mit der Begründung unterlassen, dass diese für die rechtliche Beurteilung nicht erforderlich sei -, wobei die Klägerin in ihrem Rechtsmittel (ebenso wie der Beklagte in seiner Beantwortung) auf die vom Erstgericht als maßgeblich erachtete und vom Rekursgericht offen gelassene europarechtliche Argumentation nicht mehr zurückkommt, erweist sich die bekämpfte Entscheidung als zutreffend.
Die Rechtsmittelwerberin hat in erster Instanz weder vorgebracht, dass aufgrund des Abtretungsvertrags vom 28. 3. 2006 sämtliches Know-how übergegangen, noch, dass ein Teil des bei der Abtretung bezahlten Preises für die Unterlassung künftigen Wettbewerbs bezahlt worden sei. Dieser Argumentation steht daher das auch im Provisorialverfahren geltende Neuerungsverbot entgegen (RIS-Justiz RS0002445), wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausführte.
Abgesehen von ihrem Hinweis, dass die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs einen Auseinandersetzungsvertrag zwischen Gesellschaftern einer GesbR betreffe und daher auf die vorliegende Konstellation nicht anzuwenden sei, führt die Rechtsmittelwerberin keine ihre Rechtsansicht stützenden zielgerichteten Argumente ins Treffen, sondern beschränkt sich insoweit auf den Vorwurf, das Rekursgericht habe in seiner Entscheidung keine „Einzelfallabwägung" getroffen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Konkurrenzklausel nicht auf Fälle beschränkt, in denen eine ausdrückliche Regelung im Gesetz vorliegt. Einschlägige Abreden kommen auch bei Veräußerungen oder Verpachtungen von Unternehmungen in Betracht. Eine Sittenwidrigkeit einer solchen Vereinbarung im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB ist aber gegeben, wenn durch die Klausel Beschränkungen im übergroßen Umfang ohne zeitliche oder örtliche Begrenzungen auferlegt werden oder ein auffallendes Missverhältnis zwischen den durch das Verbot zu schützenden Interessen des einen Vertragsteils und der dem anderen Teil auferlegten Beschränkung besteht (RIS-Justiz RS0016609; auch RS0016608; RS0016607; RS0016610 uva). Der Formulierung der hier zu beurteilenden Vereinbarung ist zu entnehmen, dass der Beklagte als vormaliger (Minderheits-)Gesellschafter des Unternehmens, dessen Anteile die Klägerin erwarb, als möglicher „Konkurrent" der Klägerin in umfassender Weise ausgeschaltet werden sollte.
Das GmbHG unterwirft den GmbH-Gesellschafter keinem generellen gesetzlichen Wettbewerbsverbot (vgl RIS-Justiz RS0060115). Die GmbH-Gesellschafter können allerdings im Gesellschaftsvertrag für alle oder einzelne von ihnen - vorbehaltlich der kartellrechtlichen Schranken und einer allfälligen Sittenwidrigkeit einer Vertragsregelung - ein Wettbewerbsverbot und auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (Konkurrenzklausel) vereinbaren. Ein Wettbewerbsverbot kann auch außerhalb des Gesellschaftsvertrags, etwa in einem Syndikatsvertrag, formlos, auch konkludent, vereinbart werden (Reich-Rohrwig, Firma der GmbH, Kundenstock und Wettbewerb durch Gesellschafter, in FS Hans Krejci, 787 [815 f] mwN). Der genannte Autor vertritt die Auffassung (aaO 821 f), dass selbst ein mit einem ehemaligen Geschäftsführer einer GmbH vereinbartes Wettbewerbsverbot dem Schutz eines berechtigten Unternehmerinteresses der GmbH dienen müsse und die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des ehemaligen Geschäftsführers nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht unbillig (iS eines „faktischen Berufsverbots") erschweren dürfe. Dabei könne es selbstverständlich kein schutzwürdiges Interesse der GmbH daran geben, dass der ehemalige Geschäftsführer für eine gewisse Zeit nach Vertragsbeendigung als Wettbewerber vollständig ausgeschaltet werde; dies wäre mit dem öffentlichen Interesse an der Freiheit der Berufsausübung schlechthin unvereinbar.
Selbst das in § 112 UGB geregelte Wettbewerbsverbot für Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft kommt nur bei aufrechtem Gesellschaftsverhältnis zum Tragen und gilt für einen ausgeschiedenen Gesellschafter nicht (Duursma/Duursma-Kepplinger/Roth, Handbuch zum Gesellschaftsrecht, Rz 422 mwN). Grundsätzlich zulässig ist jedoch die Vereinbarung eines verlängerten („nach-vertraglichen") Wettbewerbsverbots (Rz 423 mwN; U. Torggler/Kucsko in Straube, HGB Online § 112 HGB Rz 5 mwN). Auch dieses ist der Sittenwidrigkeitskontrolle des § 879 ABGB unterworfen (vgl RIS-Justiz RS0029891).
Berücksichtigt man, dass Wettbewerbsklauseln nicht nur im Geltungsbereich ausdrücklicher Regelungen (§ 2c AVRAG; §§ 36, 37 AngG; § 25 HVertrG), sondern ganz allgemein nur beschränkt zulässig sind, insbesondere dann, wenn sie die Berufs- und Erwerbsinteressen des Verpflichteten über den Rahmen der schutzwürdigen Interessen des Berechtigten hinaus beschränken (Krejci in Rummel³ § 879 ABGB Rz 81d mwN), so ist dieser Grundsatz schon mangels eines den Gesellschafter einer GmbH ex lege treffenden Wettbewerbsverbots auf den hier zu beurteilenden Fall zu übertragen. Dabei kann bei der Bewertung der Abrede nicht von einer im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf vereinbarten Konkurrenzklausel - wie die Rechtsmittelwerberin erkennbar vermeint - ausgegangen werden. Mag auch der Mehrheitsgesellschafter (90 %) seine Gesellschaftsanteile gleichzeitig an die Klägerin übertragen haben, steht hier doch (im Provisorialverfahren) ausschließlich die mit dem Beklagten vereinbarte Konkurrenzklausel auf dem Prüfstand. Der nur zu 10 % an der GmbH beteiligt gewesene Beklagte konnte daher der Übernehmerin seiner Gesellschaftsanteile auch kein „Unternehmen", sondern allenfalls - was im Übrigen in erster Instanz von der Klägerin nicht einmal behauptet wurde - einen entsprechend geringfügigen Anteil daran veräußern. Die Konkurrenzklausel ist daher (auch) unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass diese - soweit sie den Beklagten betrifft - im Zusammenhang mit der Übertragung als geringfügig anzusehender Gesellschaftsanteile erfolgte, die nicht einmal für die Ausübung einer Sperrminorität nach dem GmbHG ausreichen würden (vgl Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht [2008] Rz 4/318). Die vom Obersten Gerichtshof bislang noch nicht entschiedene Frage der zeitlichen Grenzen für die Zulässigkeitsdauer eines derartigen Wettbewerbsverbots ist daher auch unter diesem Aspekt zu sehen.
Runggaldier, Konkurrenzklausel und Erwerbsfreiheit (in FS 100 Jahre Wirtschaftsuniversität Wien, 351 [366 ff]) erachtet eine mit dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft vereinbarte Wettbewerbsklausel mit einer zeitlichen Grenze bis zu drei Jahren als zulässig, wenn gewichtige Gründe des Unternehmens vorliegen, das Vorstandsmitglied nicht den Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt riskieren muss und diesem eine entsprechende Karenzentschädigung angeboten wird.
Auch nach der ständigen Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs darf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot den Verpflichteten in seiner Berufsausübung nicht übermäßig beschränken und nach Art, Zeit und Gegenstand nicht über die schutzwerten Interessen des Begünstigten hinausgehen; dabei wird regelmäßig eine Schutzfrist von zwei Jahren noch als angemessen angesehen (BGH 29. 1. 1996, II ZR 286/94 = NJW-RR 1996, 741 mwN; 29. 9. 2003, II ZR 59/02; 18. 7. 2005, II ZR 159/03 mwN; siehe auch Schiessl in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts § 34 Rn 11; Langheim in MünchKomm § 112 HGB Rn 22; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, Band 1 § 112 Rn 21 bis 23; Ellenberger in Palandt BGB68 § 138 Rn 104).
Hier scheidet zwar eine (auch analoge) Anwendung des § 36 AngG bzw § 2c AVRAG, die jeweils zeitliche Höchstgrenzen in der Dauer eines Jahres für mit einem ehemaligen Arbeitnehmer vereinbarte Wettbewerbsverbote vorsehen, aus, doch können die in diesen und ähnlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundwertungen des Gesetzgebers, vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote grundsätzlich einer (auch zeitlichen) Beschränkung zu unterwerfen, nicht außer Acht gelassen werden. Weiters ist relevant, dass die Anforderungen an die zulässige Dauer um so strenger geprüft werden müssen, je umfassender der sachliche und räumliche Wirkungsbereich des Wettbewerbsverbots ausgestaltet ist. Hier stellt sich das Wettbewerbsverbot als räumlich und inhaltlich umfassend dar. Insbesondere ist es dem Beklagten auch untersagt, ein Unternehmen, das im Geschäftszweig der beiden genannten Gesellschaften tätig ist, „zu beraten, zu unterstützen oder sonst wie zu fördern". Das Verhalten, das dem Beklagten von der Klägerin als Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vorgeworfen wird, besteht im Wesentlichen darin, dass er Alleingesellschafter einer (slowakischen) Gesellschaft ist, die ua Unternehmen, die sich in einer Konkurrenzsituation zu den im Wettbewerbsverbot genannten Gesellschaften befinden könnten, Betriebsgebäude bzw -flächen vermieten will. Im Übrigen wird dem Beklagten auch vorgeworfen, als Geldgeber eines Konkurrenzunternehmens zu fungieren. Aus der Formulierung des Wettbewerbsverbots ergibt sich somit, dass dieses bezweckt, (auch) den Beklagten als vormaligen (Minderheits-)Gesellschafter des Unternehmens, dessen Anteile die Klägerin erworben hat, als Konkurrenten für die Dauer von fünf Jahren gänzlich auszuschalten.
Das hier zur Beurteilung stehende - besonders weit gefasste - Wettbewerbsverbot erweist sich damit in der Tat als sittenwidrig nach § 879 ABGB, weil die Berufs- und Erwerbsinteressen des Verpflichteten über den Rahmen der schutzwürdigen Interessen des Berechtigten hinaus beschränkt werden (vgl nochmals RIS-Justiz RS0016608).
Dem Rekursgericht ist daher beizupflichten, dass das Wettbewerbsverbot in dem hier zur Beurteilung stehenden Umfang maximal für den Zeitraum von zwei Jahren hätte wirksam vereinbart werden können und die darüber hinausgehende Bindungsdauer des Beklagten als teilnichtig zu beurteilen ist. Dafür kann - auch wenn dies, wie bereits ausgeführt, von den Parteien in ihren beiderseitigen Rechtsmittelschriftsätzen nicht weiter thematisiert wird - jedenfalls auch die Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, 2005/C 56/03, P 20 (ABl 5. 3. 2005, C 56/24) als wesentlicher Richtwert und Interpretationsstütze herangezogen werden.
Im Übrigen ist auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Die gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt damit ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO iVm § 402 Abs 4, §§ 65, 78 EO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 Satz 3 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist hiebei nur das mit 4.000 EUR bewertete Unterlassungs-, nicht hingegen das zusätzlich über 50.000 EUR erhobene Zahlungsbegehren.
Textnummer
E90516European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00141.08F.0402.000Im RIS seit
02.05.2009Zuletzt aktualisiert am
16.11.2010