Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling, Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter I*****, vertreten durch Schmidberger-Kassmannhuber-Schwager, Rechtsanwalts- Partnerschaft in Steyr, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Martin Peter Schloßgangl, Rechtsanwalt in Steyr, wegen 16.136,95 EUR und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. Juli 2008, GZ 3 R 46/08t-49, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 29. Jänner 2008, GZ 4 Cg 146/05m-45, teilweise abgeändert, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision und dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.454,40 EUR (darin enthalten 242,40 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.214,88 EUR (darin enthalten 174,48 EUR USt und 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der klagende, in Deutschland ansässige Installateur bestellte entsprechend der Auftragsbestätigung vom 13. 8. 2002 beim beklagten, in Österreich ansässigen Heizkesselerzeuger einen Heizkessel samt diversem, näher festgestelltem Zubehör, insbesondere betreffend die Hackgutzuführung. Vereinbart war, dass der Heizkessel automatisch zünden sollte. Zu Grunde lag, dass der klagende Installateur bereits längere Zeit mit einem Kunden, der für den Neubau von zwei Häusern eine Heizung benötigte und dort sowohl Hack- als auch Stückgut und Späne aus seiner Zimmerei verheizen wollte, in geschäftlicher Beziehung stand. Der Kläger erkundigte sich bei einem selbständig für die Beklagte arbeitenden Handelsvertreter darüber, ob auch sämtliches Holz und Sägespäne aus einer Zimmerei in dem Heizkessel verheizt werden könnten. Dem Handelsvertreter wurde von der Beklagten mitgeteilt, dass dies nicht möglich sei.
Dem Kläger wurden die Geschäfts- und Lieferbedingungen der Beklagten gemeinsam mit der Preisliste vor der Auftragserteilung zugesendet. In diesen Geschäfts- und Lieferbedingungen ist unter anderem Folgendes festgehalten:
„6. Beanstandungen
Erkennbare Mängel sind innerhalb einer Woche nach Empfang der Ware, versteckte Mängel sind innerhalb einer Woche nach Entdeckung des Mangels schriftlich anzuzeigen.
...
8. Gewährleistungen
Soweit kein Wandlungsanspruch des Auftraggebers besteht, wird Gewähr durch kostenlose Behebung der nachgewiesenen Mängel, innerhalb der Frist geleistet. Ist eine Behebung nicht möglich oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, so ist angemessener Ersatz zu leisten.
9. Schadenersatz
Der Auftragnehmer haftet nur für die von ihm verschuldeten Schäden an dem Auftraggeber gehörigen Gegenständen, die er im Zuge der Leistungsausführung zur Bearbeitung übernommen hatte. Alle sonstigen Ansprüche des Auftraggebers, insbesondere solche auf Ersatz jeglichen weitergehenden Schadens einschließlich der Folgeschäden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dem Auftragnehmer ist grobes Verschulden oder Vorsatz anzulasten.
...
12. Gerichtsstand
Gerichtsstand für alle Streitigkeiten ist Steyr. Für alle unsere Streitigkeiten gilt ausschließlich österreichisches Recht, ausgenommen IPR, und UN-Kaufrecht.
13. Garantieansprüche
Garantieansprüche bei Lieferungen über den Fachhandel (Installateure, Großhändler usw) beschränken sich ausnahmslos auf die kostenlose Ersatzteillieferung ohne Montagekosten."
Nach der Lieferung im September 2002 erfolgte am 10. 10. 2002 die Installierung des Heizkessels durch den Kläger und die Inbetriebnahme in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Beklagten. Der Mitarbeiter der Beklagten wies dabei darauf hin, dass eine optische Überwachung benötigt werde, da der Kessel für Hack- und Stückgut geeignet ist, nicht aber für die bei der Inbetriebnahme hauptsächlich verwendeten Sägespäne. Der Mitarbeiter der Beklagten wies auch den Kunden der Klägerin darauf hin, dass die Anlage mit Holzspänen nicht optimal funktioniere. Für die Installation stellte der Kläger insgesamt 1.749,63 EUR in Rechnung. Für Elektroanschlusskosten fielen zusätzlich 978,52 EUR an.
Die Heizanlage funktionierte von Anfang an nicht ordnungsgemäß, insbesondere betreffend das automatische Anheizen und die Materialzufuhr. Der Kläger, dem dies von seinem Kunden mitgeteilt wurde, teilte dies jedoch der Beklagten nicht mit. Erstmals Mitte Februar 2003 nahm dann der Kunde des Klägers direkt mit der Beklagten telefonisch Kontakt auf und teilte mit, dass die Anlage nicht selbständig starte. Es kam dann in der weiteren Folge zu verschiedenen, vom Erstgericht näher festgestellten Schreiben des Kunden des Klägers direkt an die Beklagte, in denen Mängel der Anlage dargestellt wurden. Aus Anlass des ersten Schreibens am 23. 2. 2003 suchte ein Mitarbeiter des Beklagten den Kunden zur Mängelbehebung auf und stellte fest, dass das Material am Füllstandsfühler hängen blieb. Er tauschte den Fühler aus. Er machte auch den Kunden des Klägers darauf aufmerksam, dass zu lange Späne im Heizmaterial verwendet wurden. Die automatische Einschaltung funktionierte aber auch danach im Sommer 2003 nicht. Nach einem weiteren Schreiben des Kunden des Klägers an die Beklagte am 8. 1. 2004 betreffend verschiedene Mängel suchte erneut ein Mitarbeiter der Beklagten den Kunden auf und tauschte verschiedene Teile aus.
Am 29. 3. 2004 gewährte die Beklagte an den Kunden für die Heizanlage eine Garantieverlängerung bis Oktober 2005.
Nach einer weiteren Inbetriebnahme kam es erneut zu Problemen, die in einem Schreiben am 21. 11. 2004 vom Kunden des Klägers an die Beklagte angezeigt wurden. Ende November 2004 wurden hierauf die Steuerung umgebaut und der Kessel neu eingestellt.
Eine weitere - die letzte - Mängelanzeige erfolgte am 8. 1. 2005 durch den Kunden direkt an die Beklagte. In einer Besprechung am 25. 1. 2005 wurde dem Kunden angeboten, dass die Beklagte die Anlage unter entsprechendem Preisabzug für die Benützung zurücknehme (womit der Kunde jedoch nicht einverstanden war), und dabei auch festgestellt, dass die Anlage mit sehr feinem Material, aber keinem Hackgut geheizt wurde.
Der Kunde des Klägers trat schließlich am 7. 3. 2005 gegenüber dem Kläger schriftlich vom Vertrag zurück. Der Kläger verkaufte ihm eine neue Anlage. Die Demontage der alten Anlage erfolgte nicht fachgerecht. Sie wurde auch ungeschützt beim Kunden bis Ende 2005 gelagert. Im Allgemeinen ist eine Betriebsdauer von fünfzehn bis zwanzig Jahren, für die Motoren, Verschleißteile, Förderanlagen und Zubringungsanlagen eine Betriebsdauer von zehn Jahren anzunehmen. Die vom Kunden gerügten Mängel an der Heizungsanlage sind einerseits auf Fehler in der Elektro-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik, andererseits aber auch auf nicht geeignetes und zu großes Brennmaterial zurückzuführen. Dies verstopfte die Anlage, brachte sie zum Stillstand und führte zu Beschädigungen. Die Mängel waren bereits nach Ablieferung und vollständiger Montage vorhanden. Allerdings führten auch die Änderungen der Einstellparameter zu Funktionsstörungen.
Der Kläger führte weder am 10. 10. noch am 14. 11. 2002 eine ordnungsgemäße Überprüfung der gelieferten Heizanlage durch, bei der die Mängel bereits festgestellt hätten werden können. Der Kläger begehrt mit der am 26. 8. 2005 eingebrachten Klage die Aufhebung des Kaufvertrags und die Zurückzahlung des Kaufpreises sowie den Ersatz der Kosten für die Installation einer neuen Heizungsanlage; ferner begehrt er auch die Feststellung der Haftung der Beklagten für den Ausbau des Heizkessels samt Zubehör. Er stützt sich zusammengefasst darauf, dass die Heizungsanlage mangelhaft gewesen sei und der Kläger bzw im Einvernehmen mit ihm dessen Kunde auch rechtzeitig im Sinne des § 377 HGB eine Mängelrüge erhoben habe. Die Heizungsanlage funktioniere nach wie vor nicht, insbesondere starte sie nicht richtig und produziere nicht ausreichend Wärme, was insgesamt auf eine fehlerhafte Konstruktion durch die Beklagte zurückzuführen sei. Der Endkunde habe gegenüber dem Kläger am 7. 3. 2005 den Vertragsrücktritt erklärt und der Kläger habe mit Schreiben vom 14. 3. 2005 die Wandlung gegenüber der Beklagten erklärt. Es seien dem Kläger daher der Kaufpreis und die Kosten im Zusammenhang mit der Installation der Heizungsanlage von der Beklagten zu ersetzen. Im Hinblick auf die noch nicht abschätzbaren Kosten für die weiteren Umbauten der Heizungsanlage bei dem Endkunden bestehe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten dafür. Zur Frage der Prüfung des Kaufgegenstands brachte der Kläger vor, dass er diesen unverzüglich einer eingehenden Prüfung unterzogen habe. Wesentlich seien die Mängel insbesondere hinsichtlich der nicht funktionierenden elektronischen Steuerung. Diese seien bei der Anlieferung des Kaufgegenstands keinesfalls feststellbar gewesen. Die Störungen hätten auch nichts mit dem verwendeten Brennmaterial zu tun, sondern seien auf eine Fehlkonstruktion der Beklagten zurückzuführen. Die Garantieverlängerung sei wegen eines Updates der elektronischen Anlagensteuerung vorgenommen worden. Durch die Lagerung nach dem Abbau des Heizkessels sei dessen Zustand nicht verschlechtert worden. Der Kläger hafte auch nicht mehr für diese Anlage. Die Geschäfts- und Lieferbedingungen seien nicht Inhalt des Vertrags zwischen den Streitteilen geworden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass der Beklagte es unterlassen habe, entsprechend § 377 HGB eine entsprechende Untersuchung und Mängelrüge vorzunehmen. Schon bei der Inbetriebnahme im Oktober 2002 sei hervorgegangen, dass der Kläger den Heizkessel an eine Zimmerei verkaufte, die beabsichtigte, auch Schleifspäne und Hobelspäne sowie sonstiges Abfallmaterial zu verbrennen. Die Beklagte habe den Kläger bereits damals ausdrücklich aufmerksam gemacht, dass der Heizkessel für derartiges Material nicht gebaut und geeignet sei. Auch der Endkunde sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden. Die Funktionsstörungen seien im Wesentlichen auf das Fehlverhalten des Endkunden zurückzuführen, der lange Sägespäne, aber auch Abfälle aus der Zimmerei verheizt habe. Die erste schriftliche Rüge des Endkunden selbst sei erst am 23. 2. 2003 erfolgt. Die Mängelrügen seien „verfristet und verfallen". Im Übrigen komme eine Wandlung nur Zug um Zug gegen Rückstellung der gesamten Heizanlage in Betracht. Auch müsse sich der Kläger den Vorteil aus der Nutzung durch den Endkunden anrechnen lassen. Außerdem sei nach den AGB die Wandlung unberechtigt, da kein grobes Verschulden der Beklagten vorliege. Auch nach diesen Bestimmungen seien Mängel innerhalb einer Woche schriftlich anzuzeigen. Ferner sei die Anlage auch unfachmännisch demontiert und damit entwertet worden. Der Kläger habe für den daraus entstandenen Schaden von 9.368,18 EUR einzustehen, der ebenso wie ein Benützungsentgelt in Höhe von 4.022,64 EUR für mehr als drei Heizsaisonen als Gegenforderung eingewendet wurde. Die neue Anlage des Klägers weise auch eine höhere Wattleistung auf, weshalb von einer falschen oder unzureichenden Information des Kunden des Klägers durch diesen auszugehen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es ging - ausgehend von dem einleitend zusammengefasst dargestellten Sachverhalt - rechtlich davon aus, dass nach § 4 EVÜ österreichisches Recht zur Anwendung komme. Hier sei vereinbart worden, dass der Heizkessel automatisch anheize und Material zuführe, was schon zu Beginn der Nutzung nicht gegeben gewesen sei. Diese bedungene Eigenschaft stelle einen Mangel gemäß § 922 ABGB dar, der im Hinblick auf die Unternehmereigenschaft beider Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 2002 nach der Bestimmung des § 377 HGB zu rügen gewesen wäre. Der Kläger habe eine ordnungsgemäße Überprüfung, die spätestens am 14. 11. 2002 möglich gewesen wäre, unterlassen und den Mangel nicht rechtzeitig gerügt bzw angezeigt, obwohl er vom Endkunden über die Mängel informiert worden sei. Daher gelte die Ware mangels unverzüglicher Rüge des § 377 HGB als genehmigt und der Kläger habe seine Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche einschließlich des Rückgriffsanspruchs nach § 933d ABGB verwirkt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, änderte das Ersturteil im Sinne einer Feststellung der Aufhebung des Kaufvertrags ab, bestätigte es hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsbegehrens (insoweit rechtskräftig) und hob es im Übrigen auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Rechtlich ging das Berufungsgericht dabei davon aus, dass hier nicht § 377 HGB zur Anwendung gelange, sondern entsprechend Art 21 EVÜ das UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (im Folgenden: UN-Kaufrecht). Dieses gelte nach dessen Art 1 für Kaufverträge über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben, was hier vorliege. Sei das UN-Kaufrecht anwendbar, so müssten die Parteien, die seine Anwendung nicht wollten, eine entsprechende ausdrückliche oder stillschweigende Ausschlussvereinbarung treffen. Hier hätten sich die Parteien weder darauf berufen noch sei eine solche dem Punkt 12 der Geschäfts- und Lieferbedingungen zu entnehmen.
Nach Art 38 des UN-Kaufrechts habe der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlaubten. Art 39 des UN-Kaufrechts sehe vor, dass der Käufer das Recht, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, verliere, wenn er nicht innerhalb einer „angemessenen Frist" nach dem Zeitpunkt, an dem er festgestellt habe oder feststellen habe müssen, dass eine Vertragswidrigkeit vorliege, diese anzeige und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichne. Jedenfalls sei eine absolute Frist von zwei Jahren nach der Übergabe festgelegt. Für die Untersuchung und Mängelrüge seien mangels besonderer Umstände 14 Tage als angemessen anzunehmen.
Art 38 UN-Kaufrecht könnte abbedungen werden. Auch Art 39 UN-Kaufrecht sei dispositiver Natur. Nach den hier maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien Beanstandungen innerhalb einer Woche nach Empfang der Ware und versteckter Mängel innerhalb einer Woche nach Entdeckung schriftlich anzuzeigen. Der Käufer müsse die Ware entsprechend ihrer Art, ihrer Menge, ihrer Verpackung und unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände in angemessener Weise untersuchen. Hier habe der Kläger weder am Tag der Inbetriebnahme der Heizung am 10. 10. 2002 noch nach dem am 14. 11. 2002 erfolgten Einbau einer elektronischen Füllstandsüberwachung eine ordnungsgemäße Überprüfung durchgeführt, bei der die Mängel hinsichtlich der Steuerung bereits hätten festgestellt werden können. Auch nachdem der Kläger vom Endkunden über die Mängel informiert worden sei, habe er diese nicht der Beklagten mitgeteilt. Dies sei erstmals durch den Endkunden Mitte 2003 erfolgt. Diese Mängelanzeige des Endkunden könne dem Kläger zwar zugerechnet werden, sei jedoch weder in angemessener noch innerhalb der in den Geschäfts- und Lieferbedingungen vorgesehenen Frist nach Empfang der Ware und Entdeckung des Mangels erfolgt. Grundsätzlich sei daher davon auszugehen, dass der Käufer seine Rechte gemäß Art 45 ff des UN-Kaufrechts verloren habe. Allerdings trete diese Rechtsfolge nicht ein, wenn der Käufer auf die Einhaltung der Rügeförmlichkeit verzichtet habe oder die Berufung hierauf gegen Treu und Glauben verstoße. Ein solcher Rügeverzicht sei auch dann anzunehmen, wenn sich der Verkäufer auf eine verspätete oder unsubstantiierte Rüge einlasse und Abhilfe anbiete. Dies gelte sowohl für die Rügepflicht nach Art 39 UN-Kaufrecht als auch für jene nach § 377 HGB. Dies sei hier anzunehmen, da die Beklagte als Reaktion auf die Mängelanzeigen des Kunden mehrfache Verbesserungsversuche unternommen habe, was nach Treu und Glauben als Verzicht auf die Einrede der verspäteten Erhebung der Mängelrüge zu werten sei. Diese Leistungen seien auch nicht in Erfüllung bloßer Garantie ergangen.
Da die Heizanlage trotz entsprechenden Wärmebedarfs nicht automatisch anheize, liege eine wesentliche Vertragsverletzung vor, die zur Aufhebung des Vertrags nach Art 39 UN-Kaufrecht berechtige. Die darüber hinaus geltend gemachten, nicht näher konkretisierten weiteren Mängel würden jedoch zu keiner Vertragsaufhebung berechtigen. Der Kläger habe die Wandlung unter Bezugnahme auf den wesentlichen Mangel in angemessener Frist nach dem Scheitern der Mängelbeseitigung erklärt. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt, da sie entsprechend § 933d ABGB innerhalb von zwei Monaten ab Erfüllung der Gewährleistungspflicht des rücktrittsberechtigten Unternehmers geltend zu machen seien. Der Kläger habe die Gewährleistungsansprüche des Endkunden frühestens am 7. 12. 2005 tatsächlich erfüllt. Die bereits davor am 26. 8. 2005 eingebrachte Klage sei daher nicht verfristet. Dementsprechend sei festzustellen, dass die vom Kläger erklärte Vertragsaufhebung wirksam sei. Dies ändere aber nichts an den allenfalls bestehenden Schadenersatzansprüchen der Beklagten aus einer unsachgemäßen Demontage und Lagerung. Nach Art 82 des UN-Kaufrechts habe der Kläger, soweit es ihm möglich sei, die Ware in dem Zustand zurückzugeben, in dem er sie erhalten habe. Ein allfälliger Verstoß gegen die aus Art 81 UN-Kaufrecht resultierende Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung nach Vertragsaufhebung könne Schadenersatzansprüche bewirken. Die Rückabwicklung habe grundsätzlich Zug um Zug zu erfolgen. Dabei seien nach Art 84 Abs 2 des UN-Kaufrechts auch alle Vorteile, die aus der Ware gezogen wurden, herauszugeben.
Nach Vertragsaufhebung seien für die Schadenersatzberechnung die Sondervorschriften der Art 74 ff des UN-Kaufrechts anzuwenden. Im Ergebnis habe hier der Kläger Anspruch auf Rückersatz des Kaufpreises und Ersatz des frustrierten Aufwands für den Einbau der Heizungsanlage beim Endkunden. Der Beklagten seien der Gegenwert aller Vorteile, die aus der Ware gezogen wurden, und die Schäden aus der unsachgerechten Demontage der Heizungsanlage zu ersetzen. Dazu fehlten aber ausreichende Feststellungen, weshalb insoweit das Verfahren zur ergänzenden Erörterung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht zurückzuverweisen sei.
Die ordentliche Revision und den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da zur Frage, ob Art 82 des UN-Kaufrechts auch auf die Zeit nach Erklärung der Vertragsaufhebung zu erstrecken sei und nach welchen Kriterien der Vorteilsausgleich nach Art 84 UN-Kaufrecht zu erfolgen habe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliege. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten sowie gegen den Aufhebungsbeschluss deren Rekurs, mit denen unrichtige rechtliche Beurteilung, aber auch Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht werden.
Der Kläger beantragt, die Revision und den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen bzw ihnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision und der Rekurs sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch - wenngleich aus anderen Gründen - berechtigt.
Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens releviert die Beklagte, dass sich der Kläger auf die §§ 932 ff ABGB berufen und die Beklagte die Vereinbarung und die ausschließliche Anwendung österreichischen Rechts geltend gemacht habe. Dies ergebe sich auch aus den vorgelegten Geschäftsbedingungen, auch wenn vor dem Wort „und" irrtümlich von der Sekretärin ein Beistrich gesetzt worden sei, zumal es „eine allgemein bekannte und weit verbreitete Tatsache sei, dass Beistrichregeln nur sehr selten wirklich richtig beherrscht werden". Der Kläger habe sich nie auf UN-Kaufrecht berufen und sei diese Frage auch nie erörtert worden. Das Erstgericht habe das UN-Kaufrecht auch nicht als rechtlich maßgeblich erachtet. Im Ergebnis seien also alle von der Anwendung des Gewährleistungsrechts des ABGB ausgegangen. Das Berufungsgericht habe die Verpflichtung, gemäß § 182a ZPO die Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien zu erörtern, verletzt, weil es von der Anwendung des UN-Kaufrechts ausgegangen sei, obwohl die Parteien diesen rechtlichen Gesichtspunkt erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hätten.
Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, da sich tatsächlich keine der Parteien im vorliegenden mehrjährigen Verfahren jemals auf die Anwendung der Gewährleistungsbestimmungen des UN-Kaufrechts gestützt hat, sondern sowohl der Kläger als auch die Beklagte sich in ihren rechtlichen Erörterungen jeweils auf § 377 HGB bezogen. Nach § 182a ZPO hat das Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und darf seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Dieses Verbot der „Überraschungsentscheidung" (vgl allgemein etwa Fucik in Rechberger, ZPO³ § 182 Rz 1; RIS-Justiz RS0037300 mzwN) hat das Berufungsgericht hier zwar verletzt. Allerdings muss dieser Verfahrensmangel auch „relevant", das heißt abstrakt geeignet sein, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (vgl RIS-Justiz RS0043027 ebenso RS0043049 jeweils mwN). Davon kann im Ergebnis hier (bezogen auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge) - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - jedoch nicht ausgegangen werden.
Bei der Prüfung, ob das UN-Kaufrecht anzuwenden ist, ist vorweg auf die allgemeinen Grundsätze dazu zurückzugreifen. Danach wird das UN-Kaufrecht als Teil der österreichischen Rechtsordnung verstanden, der auch von einer Rechtswahl mitumfasst ist. Parteien, die seine Anwendung nicht wollen, müssen eine entsprechende ausdrückliche oder stillschweigende Ausschlussvereinbarung treffen (RIS-Justiz RS0115967, zuletzt 2 Ob 95/06v; ähnlich RIS-Justiz RS0113574; vgl dazu auch Lurger, Die neuere Rechtsprechungsentwicklung zum UN-Kaufrechts- übereinkommen, JBl 2002, 750 ff).
Nach Art 6 UN-Kaufrecht können die Parteien die Anwendung des Übereinkommens ausschließen. Dies kann auch stillschweigend erfolgen, etwa dadurch, dass die Parteien das Recht eines Vertragsstaats wählen und dabei das anwendbare nationale Sachrecht bestimmen oder das Recht eines Vertragsstaats insoweit wählen, als es von einem anderen Recht eines Vertragsstaats abweicht. Im Ergebnis ist für den Ausschluss des UN-Kaufrechts entscheidend, ob die Vertragsparteien auf das unvereinheitlichte Recht eines Staats abstellen (OGH 2 Ob 95/06v, JBl 2008, 191; Siehr in Honsell, Kommentar zum UN-Kaufrecht, Art 6 Rn 6; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht Art 6 Rn 18 ff). Allein im Verweis auf das Recht des Vertragsstaats ist aber ein solcher Ausschluss noch nicht zu sehen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - insbesondere durch den Verweis auf das jeweilige Sachrecht (vgl dazu 2 Ob 95/06v) - umfasst also die Anwendung österreichischen Rechts auch das UN-Kaufrecht. Für den hier vorliegenden Vertrag hätte es - um die Anwendung des UN-Kaufrechts zu bewirken - im Hinblick auf den Umstand, dass sowohl Österreich als auch Deutschland Mitgliedstaaten des UN-Kaufrechtsübereinkommens sind (Honsell aaO 1089 f) und daher die Voraussetzungen des Art 1 dieses Übereinkommens für die Anwendung vorliegen, gar keiner besonderen Regelung (Erwähnung) bedurft. Betrachtet man nun vor diesem Hintergrund die vertragliche Vereinbarung, so ist dem Kläger einzuräumen, dass streng grammatikalisch und am Wortlaut der AGB betrachtet durch den - nach den Behauptungen der Beklagten bloß irrtümlich gesetzten - Beistrich die „Ausnahme für das IPR" als bloßer Einschub verstanden werden kann und damit sogar eine ausdrückliche Vereinbarung der Anwendung des UN-Kaufrechts argumentiert werden könnte. Da dies aber nach dem Vorgesagten vom Verweis auf das österreichische Recht aber ohnehin erfasst wäre, könnte dies wieder nur dann Sinn erhalten, wenn das UN-Kaufrecht auch in Fällen heranzuziehen wäre, in denen es sonst nicht zur Anwendung gelangte. Insoweit wäre es aber wieder schwer nachvollziehbar, warum dann die Parteien betonten, dass „ausschließlich" österreichisches Recht anzuwenden sein soll. Vielmehr hätten dann die Parteien wohl das UN-Kaufrecht als primär anzuwendendes Recht festgelegt. Es spricht also tatsächlich sehr viel dafür, dass nicht nur die Anwendung des IPR-Gesetzes ausgeschlossen werden sollte, sondern auch das UN-Kaufrecht. Dass dies den übereinstimmenden Vorstellungen beider Parteien zu Grunde lag, zeigt sich dadurch, dass sich beide auf die Bestimmung des § 377 HGB und damit auf österreichisches Sachrecht berufen haben. Letztlich kommt dem allerdings insoweit keine Relevanz zu, weil das Berufungsgericht - insoweit unstrittig - davon ausgegangen ist, dass in casu die Mängelrüge nicht nur nach § 377 HGB, sondern - selbst unbeschadet der Regelung in den AGB - auch nach Art 39 Abs 1 UN-Kaufrecht („angemessene Frist") als verspätet zu qualifizieren wäre (vgl zur im Allgemeinen nur 14-tägigen Frist RIS-Justiz RS0111001 mwN; ebenso Magnus in Honsell aaO Art 39 Rn 22).
Damit wird letztlich die Frage entscheidend, inwieweit ein Verzicht auf den Einwand der mangelnden rechtzeitigen Mängelrüge vorliegt und ein solcher entsprechend der Rechtsansicht des Berufungsgerichts in der Bereitwilligkeit der Beklagten zur Beseitigung der Mängel (nach „Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr") zu sehen ist. Die Beklagte releviert in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Verletzung der Erörterungspflicht durch das Berufungsgericht. Damit stellt sich zunächst die Frage, welches konkrete Vorbringen der Kläger hiezu erstattet hat.
Der Kläger hat nach der Aktenlage erstmals in der Berufung vorgebracht, dass durch die wiederkehrenden Mängelbehebungsversuche auf den Einwand der verspäteten Rüge verzichtet worden sei (ON 46):
Nach Treu und Glauben sei eindeutig von einem Verzicht auf die Einrede der verspäteten Mängelrüge auszugehen, wenn der Verkäufer zur gelieferten Ware anreise, um die Mängel zu beheben, ohne auf die Verspätung der Mängelanzeige einzugehen. Da also im erstinstanzlichen Verfahren ein Vorbringen zum Verzicht auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge gar nicht erstattet wurde, wird insoweit auch eine Frage der Verletzung des Neuerungsverbots releviert.
Der Oberste Gerichtshof geht davon aus, dass eine Verletzung des Neuerungsverbots, die eine unzutreffende rechtliche Beurteilung der Streitsache zur Folge hat, nicht nur im Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss, sondern auch als Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden kann (vgl RIS-Justiz RS0112215 mwN, zuletzt 5 Ob 43/06v). Es muss sich um neue Ansprüche oder Einreden handeln, die nicht von Amts wegen berücksichtigt werden (vgl 5 Ob 43/06v).
Damit stellt sich die weitere Frage, inwieweit ein allfälliger Verzicht auf den Einwand der verspäteten Rüge von behaupteten Mängel von Amts wegen wahrgenommen werden kann, oder ob es eines ausdrücklichen Einwands bedarf.
Der Oberste Gerichtshof hat zum früheren § 377 HGB mehrfach ausgesprochen, dass in der Verbesserungszusage oder dem Verbesserungsversuch regelmäßig ein schlüssiger Verzicht des Verkäufers auf die Geltendmachung der Verspätung der Mängelrüge zu sehen sei (vgl RIS-Justiz RS0014264 mwN, zuletzt 6 Ob 302/01g; ähnlich zu Art 38 UN-Kaufrecht Magnus aaO Rn 35; Salger in Witz/Salger/Lorenz, International Einheitliches Kaufrecht, Art 39 Rn 11, 12). Die Geltendmachung eines solchen schlüssigen Verzichts muss jedoch zumindest durch ein entsprechendes Tatsachenvorbringen erfolgen (vgl RIS-Justiz RS0018246). Der Kläger hat hingegen auf den Einwand der verspäteten Rüge nach § 377 HGB bloß damit repliziert, dass er seine Prüfpflicht nicht verletzt habe und ein Mangel gar nicht feststellbar gewesen sei. Nur im Zusammenhang mit der Darstellung der Mangelhaftigkeit hat er auf die Mängelbehebungsversuche, aber auch auf die Garantie und deren Verlängerung Bezug genommen. Gerade im Hinblick auf ja allenfalls unabhängig von Gewährleistungsansprüchen bestehende Garantieansprüche kann aber in diesem Vorbringen kein (ausreichender) Einwand des Verzichts auf die Geltendmachung der Verspätung der Rüge als Voraussetzung für die Gewährleistungsansprüche gesehen werden. Damit steht aber schon die Verletzung der Rügepflicht dem Gewährleistungsanspruch des Klägers entgegen. Insoweit bedarf es gar keines näheren Eingehens darauf, dass dieser wohl auch als gemäß § 933 ABGB verjährt anzusehen wäre. Zufolge dieser Bestimmung beträgt die Verjährungsfrist für die gerichtliche Geltendmachung (hier 26. 8. 2005) der Gewährleistungsansprüche aus Sachmängeln bei beweglichen Sachen zwei Jahre ab dem Tag der Ablieferung (vgl zur Maximalfrist nach Art 39 Abs 2 UN-Kaufrecht auch RIS-Justiz RS0122995). Der von der Beklagten dem Kläger 2002 verkaufte Heizkessel war von der Beklagten als Veräußerer nicht einzubauen und konnte auch wieder entfernt werden. Er ist damit als bewegliche Sache im Sinn des § 933 ABGB anzusehen (vgl Reischauer in Rummel, ABGB³ § 933 Rz 4; Ofner in Schwimann, ABGB³ § 933 Rz 7; P. Bydlinski in KBB² § 933 Rz 2). Die Zweijahresfrist war damit bereits längst abgelaufen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 933b ABGB betreffend besondere Rückgriffsansprüche eines Unternehmers gegen Vorunternehmer, wenn der Unternehmer vorweg von einem Verbraucher auf Gewährleistung in Anspruch genommen wurde und diese erbracht hat, wurden hier weder behauptet noch nachgewiesen. Gerade was den „Verbraucherbegriff" anbelangt (vgl dazu etwa Ofner aaO § 933b Rz 4), fehlt es an jeglichem Vorbringen oder Feststellungen. Vielmehr sind ja die Fehlleistungen der Heizanlage zumindest teilweise auch darauf zurückzuführen, dass der Vertragspartner des klagenden Installationsunternehmens selbst aus der eigenen Zimmerei Holzspäne und Abfälle in dieser Heizanlage verheizte.
Insgesamt sind daher schon die Ansprüche des Klägers als unberechtigt anzusehen, weshalb auf allfällige kompensationsweise eingewendete Ansprüche der Beklagten nicht weiter einzugehen ist. Der Oberste Gerichtshof kann aus Anlass eines zulässigen Rekurses gemäß § 519 ZPO, bei Spruchreife auch bereits in der Sache selbst entscheiden (vgl Kodek in Rechberger, ZPO³ § 519 Rz 24; RIS-Justiz RS0043853 mwN). Das Klagebegehren war daher aus den vorstehenden Erwägungen abzuweisen und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
Anmerkung
E906998Ob125.08bSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJBl 2009,647XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00125.08B.0402.000Zuletzt aktualisiert am
06.11.2009