TE OGH 2009/4/16 6Ob72/09w

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Veröffentlicht am 16.04.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Larissa H*****, geboren am 26. November 2001, *****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirk 10, 1100 Wien, Van-der-Nüll-Gasse 20, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Jänner 2009, GZ 42 R 437/08p-U11, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 25. Juli 2008, GZ 16 P 183/02b-U6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 17. Dezember 2008, GZ 7 Ob 223/08g, eine Wortfolge in § 42 sowie § 43 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2007/76, als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag des Kindes auf Erhöhung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Vaters von 240 EUR auf 283 EUR ab 1. 12. 2007 ab. Der Vater sei unter anderem für seine Ehegattin sorgepflichtig; diese beziehe zwar Kinderbetreuungsgeld für ein 2006 geborenes Kind, gemäß § 42 KBGG sei Kinderbetreuungsgeld jedoch seit 1. 1. 2008 nicht mehr als anrechenbares Einkommen anzusehen, weshalb dem Vater nunmehr in Anwendung der Prozentwertmethode ein Abzug von 3 % für seine Ehegattin zustehe. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist; es fehle an gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob gegen § 42 KBGG in der Fassung BGBl I 2007/76 verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Kindes mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass dem Unterhaltserhöhungsantrag Folge gegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Das Verfahren über den Revisionsrekurs ist von Amts wegen zu unterbrechen.

Die einschlägigen Bestimmungen des KBGG idF BGBl I 2007/76 lauten wie folgt:

„§ 42. Das Kinderbetreuungsgeld und der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gelten weder als eigenes Einkommen des Kindes noch des beziehenden Elternteils und mindern nicht deren Unterhaltsansprüche.

§ 43. (1) Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und der Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sind gemäß § 290 der Exekutionsordnung (EO), RGBl Nr 79/1896, nicht pfändbar."

Nachdem zwar der erkennende Senat in zwei Entscheidungen vom 6. 11. 2008 (6 Ob 200/08t und 6 Ob 219/08m beide EF-Z 2009/17 [Gitschthaler]) gegen die genannten Bestimmungen in der dort (und auch hier) vorliegenden Konstellation keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte, hat der 7. Senat am 17. 12. 2008 zu 7 Ob 223/08g (EF-Z 2009/51) in einer anderen Fallkonstellation den Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt, in § 42 KBGG die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" und § 43 Abs 1 KBGG jeweils idF BGBl I 2007/76 als verfassungswidrig aufzuheben (G 9/09).

Der Bestand der angefochtenen Wortfolge in § 42 KBGG ist auch im vorliegenden Fall präjudiziell, wäre doch im Falle der Aufhebung das von der Ehefrau des Vaters der Minderjährigen bezogene Kinderbetreuungsgeld als deren Einkommen anzusehen, was die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem Kind erhöhen würde. Gemäß § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG kann das Verfahren ganz oder zum Teil von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen anhängigen oder eines von Amts wegen einzuleitenden Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bildet, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist. Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren nicht vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung - widersprechende Entscheidungen im Sinne der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern - auch im vorliegenden Fall zutrifft. Der erkennende Senat unterbricht daher - ebenso wie zwischenzeitig andere Senate des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 240/08w; 1 Ob 224/08k; 1 Ob 22/09f; gegenteilig [in Unterhaltsvorschussverfahren] lediglich 10 Ob 112/08f; 10 Ob 8/09p) auch - das Unterhaltserhöhungsverfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs.

Anmerkung

E906846Ob72.09w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00072.09W.0416.000

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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