Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Böhm als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hannes H***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Geschworenengericht vom 24. November 2008, GZ 8 Hv 157/08z-69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Hannes H***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 21. Dezember 2008 in S***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib „und" Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe Verantwortlichen der R***** reg GenmbH dadurch, dass er die Zweigstelle S***** mit einer über das Gesicht gezogenen Wollhaube mit Sehschlitzen maskiert betrat, der Bankangestellten Brigitta N***** eine Schreckschusspistole Röhner SM 12, Kaliber 6,35 mm, vorhielt und dabei äußerte: „Alles Geld her, passiert nix!", fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag in Höhe von 19.580 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Der Verfahrensrüge zuwider wurden durch die Abweisung der Beweisanträge auf Beischaffung „der Buchhaltung bzw der Auszahlungsunterlagen der Firma A***** vom gegenständlichen Lokal betreffend den gesamten Dezember 2007" (ON 68 S 99) sowie auf Einvernahme des Zeugen „Gerhard T***** aus W*****" und anschließender neuerlicher Befragung aller bereits in der Hauptverhandlung vernommenen „Angestellten dieses Spiellokals" (ON 68 S 100), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Fehlte es dem ersten Antrag nämlich schon an der Nennung eines konkreten Beweisthemas, ist der durch die weiters begehrten Beweisaufnahmen angestrebte Nachweis, dass der Beschwerdeführer zu einem nicht genau genannten, nach seiner Verantwortung aber jedenfalls nach dem ihm vorgeworfenen Raubüberfall liegenden Zeitpunkt (zwischen 21. und 23. Dezember 2007 [ON 68 S 23, 27], nach den Angaben des Zeugen Karl S***** am 24. Dezember 2007 [ON 68 S 63 f]), „tatsächlich 3.000 Euro gewonnen hat" und „dass an diesen drei Tagen vor Weihnachten jedenfalls und des öfteren ein einmaliger Gewinn von mehr als 296 Euro ausbezahlt worden ist" (ON 68 S 100), nicht schuld- oder subsumtionsrelevant.
Überdies war dem Antrag auf Einvernahme des Gerhard T***** ebenso wenig zu entnehmen, aufgrund welcher konkreten Wahrnehmungslage die gewünschte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, wie jener auf neuerliche Befragung aller bereits in der Hauptverhandlung vernommenen Angestellten des Wettbüros A***** erkennen ließ, warum diese Zeugen anlässlich einer erneuten Einvernahme von ihren bisherigen Aussagen (die Auszahlung eines höheren Gewinns an den Beschwerdeführer nicht bestätigen zu können [ON 68 S 71 ff]) abweichen sollten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f).
Die den Beweisantrag ergänzenden Beschwerdeausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).
Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 10a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv, gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen, eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0119583).
Mit dem Einwand, „der Wahrspruch" widerspreche „dem Akteninhalt", weil sich aus den aktenkundigen Fotos vom Eingangsbereich (Foyer) der Bank ergäbe, dass nach dem letzten Kunden vor dem Überfall ein mit heller Kappe bekleideter Mann das Geschäftslokal betrat, „bei dem es sich um den Täter gehandelt haben muss, wie auch die Ermittlungsbehörde in ihrer Anzeige ... geschlossen hat", während Ablichtungen von einer Person mit schwarzer Wollmütze mit Sehschlitzen nicht existieren, werden erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen nicht geweckt. Schlussfolgerungen der ermittelnden Polizeibeamten scheiden als Bezugspunkt einer Tatsachenrüge aus.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9078314Os18.09tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00018.09T.0421.000Zuletzt aktualisiert am
10.06.2009