TE OGH 2009/4/21 14Os7/09z

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.04.2009
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Böhm als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang F***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 10. September 2008, GZ 11 Hv 39/07a-38, sowie über seine (implizierte) Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Wolfgang F***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Danach hat er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz nachgenannte Personen durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zu Handlungen verleitet, durch welche diese Personen in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

1. im Februar/März 2006 in W***** Katharina B***** zum Abschluss je eines Jagdpachtvertrags für drei im Urteil näher bezeichnete Eigenjagdreviere und Überlassung der dort angeführten Pacht- und Mietobjekte zur Nutzung samt Gewährung der Ausübung der Jagd für die Dauer eines Jahres im Wert von insgesamt zumindest 50.000 Euro;

2. am 8. Mai 2006 in K***** Franz T***** zur Lieferung eines Büffets im Wert von 455,20 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Zum Schuldspruch 1:

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugin Eva M***** „zum Beweis für das gesamte Anfechtungsverfahren vor dem Landesgericht Steyr betreffend die Mietverträge und auch den Jagdpachtvertrag zur Geschäftszahl ..."

(S 213, 309/II) Verteidigungsrechte schon deshalb nicht verletzt, weil der Antrag sowohl deutliche und bestimmte Bezeichnung des Beweisthemas als auch jegliches Vorbringen dazu vermissen ließ, aufgrund welcher konkreten Wahrnehmungslage die Genannte Auskünfte über Ergebnisse des zivilrechtlichen Anfechtungsverfahrens geben könnte, von dessen Anhängigkeit die Tatrichter ohnehin ausgingen (S 310/II, US 13). Inwiefern nicht näher bezeichnete Vorgänge im Rahmen des Zivilverfahrens überhaupt schuld- oder subsumtionsrelevant sein sollten, ließ der Antrag ebenso wenig erkennen und zielte solcherart insgesamt auf Durchführung eines - im Stadium der Hauptverhandlung unzulässigen - Erkundungsbeweises ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f). Die den Beweisantrag ergänzenden Beschwerdeausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Die Mängelrüge übergeht mit ihrem Einwand unvollständiger (Z 5 zweiter Fall) und unzureichender (Schein-)Begründung (Z 5 vierter Fall) der Annahme eines 50.000 Euro erreichenden Werts der verfahrensgegenständlichen Gebrauchs- und Nutzungsrechte die insoweit zentralen Erwägungen der Tatrichter, die die kritisierte Feststellung - in einer aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstandenden Weise - aus einer Reihe von Verfahrensergebnissen, insbesonders aus den Angaben des für glaubwürdig erachteten Zeugen Franz H*****, ableiteten und ausführlich darlegten, aus welchen Gründen sie der Verantwortung des Angeklagten zu überhöhten Forderungen der Eigentümerin und dazu, seinerseits über Zustand und Wert der Pacht- und Mietobjekte getäuscht worden zu sein, den Glauben versagten (US 13 ff). Indem der Beschwerdeführer einzelne Elemente der erstrichterlichen Argumentationskette in Frage zu stellen versucht, nimmt er nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß und verfehlt insoweit den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Der Kritik an unterlassener Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Angemessenheit des Nutzungsentgelts (der Sache nach Z 5a) mangelt es an einem Vorbringen, wodurch der Beschwerdeführer an entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Schließlich ist die „unterjährige Aufkündigung" der für ein Jahr abgeschlossenen Pacht- und Mietverträge, bei - nach dem Vorgesagten mängelfrei begründeter bzw (zum Schuldspruch 2) von der Beschwerde nicht bestrittener - Annahme eines die Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB übersteigenden und vom Vorsatz umfassten Gesamtwerts der Gebrauchs- und Nutzungsrechte sowie der Büffetlieferung (§ 29 StGB; US 9 f) nicht schuld- oder subsumtionsrelevant. Die - damit der Sache nach angesprochene - Frage, ob und in welcher Höhe der vom Angeklagten intendierte Schaden tatsächlich eingetreten ist, betrifft vielmehr die Abgrenzung zwischen Versuchs- und Vollendungsstadium (vgl dazu Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 130 f), welche erst bei der dem Subsumtionsvorgang nachgelagerten Strafbemessung von Bedeutung ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), weil die versuchte Tat dem selben Gesetz zu unterstellen ist wie die vollendete, nämlich der durch sie verletzten materiellen Strafnorm (vgl RIS-Justiz RS0122138).

Mit dem gegen die Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten gerichteten Vorbringen spricht der Beschwerdeführer angesichts der angenommenen Zahlungsunwilligkeit keine entscheidungswesentlichen Tatsachen an. Davon abgesehen haben sich die Tatrichter ohnehin ausführlich mit den ins Treffen geführten „Habenumsätzen" auf dem Girokonto des Angeklagten in den Jahren 2004 und 2005 und offenen Forderungen in Höhe von 60.000 Euro auseinandergesetzt (US 16 f). Mit dem isolierten Hinweis auf seine „Vermögenslage im Vertragsabschlusszeitpunkt", der diese - den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechenden - Überlegungen gänzlich unberücksichtigt lässt, wird in Betreff der Konstatierungen zur Zahlungsunfähigkeit bloß unzulässig die Beweiswürdigung bekämpft.

Die Erklärung der Tatsachenrüge, die Ausführungen der Mängelrüge auch auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO zu stützen, lässt nicht erkennen, aus welchen in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismitteln aufgrund welcher Erwägungen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen ergeben sollen. Solche werden auch durch die - unter wörtlicher Wiederholung von Teilen des Vorbringens der Mängelrüge aufgestellte - Behauptung, die vom Erstgericht aus den Verfahrensergebnissen gezogenen Schlüsse auf Angemessenheit der Pacht- und Mietzinse sowie auf Zahlungsunfähigkeit und -willigkeit des Beschwerdeführers widersprächen der Logik und seien „denkunmöglich" und den - ohne Bezugnahme auf darauf hindeutende Verfahrensergebnisse erhobenen - Einwand, der Vorpächter habe „erheblich weniger zu bezahlen" gehabt, nicht geweckt. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet die bloße Behauptung generell strafbefreiender Wirkung zivilrechtlicher „Anfechtbarkeit" der Miet- und Pachtverträge (wegen laesio enormis, Täuschung und Irrtum) nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (eingehend 13 Os 151/03, JBl 2004, 531 [Burgstaller] = RZ 2004, 139 = SSt 2003/98). Sie räumt zwar in der Folge zutreffend ein, dass die Beurteilung der Strafbarkeit des Täterverhaltens im Einzelfall aufgrund des konkreten Sachverhalts zu erfolgen hat, übergeht aber mit dem Vorwurf, das Erstgericht habe die „zivilrechtliche Vorfrage ... unrichtig als irrelevant negiert", sowohl die Feststellungen zur - vom Vorsatz umfassten - Angemessenheit des vereinbarten Gebrauchs- und Nutzungsentgelts als auch die Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte gerade nicht über Preis und Zustand der Pachtobjekte in Irrtum geführt bzw getäuscht wurde (US 9 f, 13 ff), und zielt solcherart prozessordnungswidrig nicht auf den Vergleich von festgestellten Tatsachen und darauf angewendetem Gesetz ab (vgl zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584 ff).

Der Vorwurf fehlender Feststellungen zur inneren Tatseite ignoriert die zu sämtlichen subjektiven Tatbestandselementen getroffenen Konstatierungen (US 9), womit die Beschwerde ein weiteres Mal den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt verfehlt. Mit dem daran anschließenden Vorbringen, das sich in einer Wiederholung der Argumente der Mängelrüge zur angeblichen Zahlungsfähigkeit des Beschwerdeführers erschöpft, wird ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund nicht zur Darstellung gebracht, sondern neuerlich bloß die Beweiswürdigung bekämpft.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet unter Bezugnahme auf die Aufkündigung der Miet- und Pachtverträge vor Ende der einjährigen Vertragsdauer rechtsirrige Annahme des Eintritts eines 50.000 Euro erreichenden Schadens, lässt aber nicht erkennen, weshalb die Höhe des tatsächlich entstandenen Vermögensnachteils für die Subsumtion des Täterverhaltens auch unter § 147 Abs 3 StGB relevant sein sollte und verfehlt damit eine prozessordnungsgemäße Darstellung des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0122138). Der Vollständigkeit halber wird insoweit auf die diesbezüglichen Darlegungen zur Mängelrüge verwiesen.

Zum Schuldspruch 2:

Dem Einwand der Mängelrüge zuwider wurde die - Zahlungsunwilligkeit bei Vertragsabschluss leugnende - Verantwortung des Angeklagten von den Tatrichtern mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung als widerlegt erachtet (US 22 f), einzelne Details seiner Aussage waren daher nicht erörterungsbedürftig iSd Z 5 zweiter Fall. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nimmt mit der Behauptung fehlender Feststellungen zur inneren Tatseite erneut nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe, denen die vermissten Konstatierungen gar wohl zu entnehmen sind (US 10 f). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Dabei wird das Oberlandesgericht zu berücksichtigen haben (Ratz, WK-StPO § 283 Rz 1; RIS-Justiz RS0119220), dass das Schöffengericht im Schuldspruch 1 zu Unrecht ausdrücklich von gänzlicher Tatvollendung ausgegangen ist und damit den - solcherart maßgebend gewesenen - Milderungsgrund teilweisen Versuchs (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) in Rechnung zu stellen abgelehnt hat (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO).

Nach den Urteilsannahmen standen der Getäuschten die Eigentumsrechte an den Miet- und Pachtobjekten nämlich nach Aufkündigung der entsprechenden Verträge vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer wieder uneingeschränkt zur Verfügung (US 9). Solcherart wurde durch das festgestellte (einheitliche) Täterverhalten bloß ein Teil des vom Schädigungsvorsatz umfassten Schadens (der nach der Intention des Angeklagten in der kostenlosen Überlassung der Gebrauchs- und Nutzungsrechte für die Dauer eines Jahres bestehen sollte) verursacht, sodass bloß teils (nämlich im Umfang der tatsächlichen Nutzungsdauer) vollendeter, teils versuchter Betrug vorliegt (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 130 f). Dass der Eigentümerin aufgrund der Unmöglichkeit, während des laufenden Pachtjahres einen anderen Pächter für die beiden Eigenjagdreviere zu finden, ein mittelbarer (Folge-)Schaden entstand (US 9), ändert daran - entgegen der offensichtlich vom Erstgericht vertretenen Ansicht - übrigens nichts (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 61 f, 66, 71 f, 77).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9079814Os7.09z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00007.09Z.0421.000

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten