Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Leonardo D*****, geboren am 8. Februar 1999, vertreten durch das Land Wien als Wohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie-Rechtsvertretung Bezirke 14, 15 und 16, 1150 Wien, Gasgasse 8-10), wegen Unterhaltsvorschuss, infolge Revisionsrekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Oktober 2008, GZ 44 R 476/08p-U43, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 25. Juli 2008, GZ 8 P 110/05g-U35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der am 8. 2. 1999 geborene Minderjährige ist wie seine Mutter Silvia D***** und sein Vater Dragan D***** deutscher Staatsangehöriger. Er wohnt mit seiner Mutter in Österreich, während der Vater seinen Wohnsitz in Deutschland hat.
Mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 22. 11. 2005 wurden dem Minderjährigen Unterhaltsvorschüsse nach §§ 3, 4 Z 1 UVG in Höhe von 177 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. 8. 2005 bis 31. 7. 2008 gewährt.
Am 24. 7. 2008 beantragte der Jugendwohlfahrtsträger in Vertretung des Minderjährigen die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse in Höhe von 177 EUR monatlich (= Titelhöhe).
Mit Beschluss vom 25. 7. 2008 hat das Erstgericht dem Minderjährigen für den Zeitraum vom 1. 8. 2008 bis 31. 7. 2011 Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in einer monatlichen Höhe von 177 EUR weitergewährt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, keine Folge. Durch die mit Beschluss vom 22. 11. 2005 erfolgte Vorschussgewährung sei über den Grund des Vorschussanspruchs rechtskräftig entschieden worden. Eine Änderung der Rechtslage ohne Änderung des Sachverhalts könnte nur dann eine Auswirkung auf die Weitergewährung haben, wenn sich dadurch die dafür in § 18 UVG erfassten Umstände geändert hätten. Die Rechtskraft des ersten Gewährungsbeschlusses binde daher das Gericht bei der Entscheidung über die Weitergewährung, sodass nicht geprüft werden dürfe, ob die seinerzeitige Gewährung der Unterhaltsvorschüsse im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stehe. Weiters sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf die im vorliegenden Fall zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zulässig sei. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Bundes mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Abweisung des Antrags auf Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen.
Der Jugendwohlfahrtsträger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Der Vater und - nach der mit Beschluss des erkennenden Senats vom 27. 1. 2009 erfolgten Rückleitung des Aktes an das Erstgericht - auch die Mutter haben keine Revisionsrekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf die mittlerweile zu der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage bereits vorliegenden Judikatur des Obersten Gerichtshofs nicht zulässig. Wie der erkennende Senat in den Entscheidungen 10 Ob 85/08k, 10 Ob 67/08p und 10 Ob 82/08v jeweils vom 14. 10. 2008 näher dargelegt hat, wurde zwar in der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 4 Ob 4/07b ua) im Widerspruch zur früheren Judikatur in vergleichbaren Fällen (vgl 4 Ob 117/02p = SZ 2002/77 ua) die Ansicht vertreten, dass für das Bestehen eines Anspruchs auf Unterhaltsvorschüsse nach den Kollisionsregeln der Verordnung (EWG) 1408/71 (nur) jenes System der sozialen Sicherheit maßgebend sei, in das der Geldunterhaltsschuldner eingebunden sei. Von einer „tiefgreifenden Judikaturänderung" im Sinne einer Änderung der Rechtslage könne dabei allerdings nicht gesprochen werden. Nach dem Konzept des § 18 Abs 1 UVG sei das Gericht nicht berechtigt, im Zusammenhang mit der Weitergewährung den ursprünglichen Gewährungsbeschluss zu überprüfen. Habe sich nach der Erstgewährung die Sach- und Rechtslage nicht geändert, sei eine abweichende rechtliche Beurteilung im Weitergewährungsverfahren im Hinblick auf die Rechtskraft des ursprünglichen Gewährungsbeschlusses ausgeschlossen (Neumayr in Schwimann, ABGB3 I § 18 UVG Rz 4). Da die Entscheidung des Rekursgerichts mit dieser nunmehr bereits vorliegenden einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang steht, war der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen (vgl 10 Ob 101/08p mwN).
Anmerkung
E9073110Ob2.09f-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0100OB00002.09F.0421.000Zuletzt aktualisiert am
10.06.2009