TE OGH 2009/4/23 12Os11/09y

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Veröffentlicht am 23.04.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab und Dr. T. Solé sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Fehmi D***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 2. Oktober 2008, GZ 444 Hv 4/08g-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten D***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Zweitangeklagten Erkhembayar A***** enthaltenden - Urteil wurde der Angeklagte Fehmi D***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 21. Mai 2008 in Wien Nicole L***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich ca 10 Euro sowie fünf Päckchen mit insgesamt 2 Gramm Heroin brutto, mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er sie mit einem Taschenmesser und den Worten, sie solle ihm ihr Geld und das Suchtgift geben, sonst werde er sie abstechen, bedrohte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die aus Z 6, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten Fehmi D*****, der keine Berechtigung zukommt.

Die (bei nach Raub unter Verwendung einer Waffe gestellter Hauptfrage) das Unterbleiben einer Eventualfrage nach unqualifiziertem Raub gemäß § 142 Abs 1 StGB monierende Fragenrüge (Z 6) legt nicht in einer für eine Erörterung in einem Gerichtstag erforderlichen Ableitung aus dem Gesetz dar, inwieweit dem Schwurgerichtshof bei der Fragestellung ein dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichender (§ 345 Abs 4 StPO) Fehler unterlaufen ist, zumal dieser gemäß § 317 Abs 2 StPO berechtigt war, im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgründe, die - wie vorliegend die Begehung einer Raubtat unter Verwendung einer Waffe - den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) bilden, in die Hauptfrage aufzunehmen (RIS-Justiz RS0100662; RS0116961; jüngst 11 Os 61/08t). Im Übrigen war es den Geschworenen gemäß § 330 Abs 2 StPO gestattet, eine Frage nur teilweise zu bejahen, worüber sie auch ausdrücklich belehrt worden waren (Rechtsbelehrung Beilage ./C zum Hauptverhandlungsprotokoll, S 13 f in ON 39).

Das die Stellung einer uneigentlichen Zusatzfrage nach minderschwerem Raub (§ 142 Abs 2 StGB) reklamierende Vorbringen stützt sich bloß auf aus dem Gesamtzusammenhang gelöste Passagen der Aussage der Zeugin Nicole L***** in der Hauptverhandlung, wonach der Angeklagte geäußert habe, ihrem Freund mit dem Messer in den Bauch stechen zu wollen, sie nicht mehr wisse, wieviel Geld ihr weggenommen worden sei und dass sie kein Suchtgift bei sich gehabt habe, sowie auf die aktenwidrige Behauptung, die Zeugin habe vor der Polizei angegeben, ihr seien 100 Euro gestohlen worden (vgl demgegenüber S 25 in ON 2), vernachlässigt jedoch zur Gänze ihre weitere - für eine Beurteilung nach § 143 zweiter Fall StGB einzig relevante - Bekundung, vom Angeklagten mit einem Messer bedroht worden zu sein und deshalb die Raubbeute übergeben zu haben (S 61, 65 ff, 71 in ON 39). Weshalb der Wert der weggenommenen Gegenstände im Falle der Annahme eines - die Privilegierung nach § 142 Abs 2 StGB ausschließenden - schweren Raubes von Relevanz seien sollte, legt die Rüge nicht dar. Sie verfehlt daher eine prozessförmige Darstellung.

Indem die Interrogationsrüge schließlich die Stellung einer Eventualfrage nach räuberischem Diebstahl (§§ 127, 131 StGB) fordert, ohne auf ein entsprechendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung Bezug zu nehmen, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (vgl Schindler, WK-StPO § 313 Rz 6; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42).

Dem Vorwurf der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider enthält die Rechtsbelehrung sehr wohl Ausführungen zum Tatbestand des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB einschließlich der den Strafsatz ändernden Umstände des § 142 Abs 2 StGB (Beilage ./C zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 39; zu § 142 Abs 1 StGB: S 7 bis 10; zu § 142 Abs 2 StGB: S 11 erster Absatz). Auch insoweit ist die Rüge daher nicht gesetzeskonform ausgeführt. Überdies kann die Rechtsbelehrung nur angefochten werden, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63). Eine uneigentliche Zusatzfrage des § 142 Abs 2 StGB war jedoch nicht Gegenstand des Fragenschemas. Mit dem Einwand, das Tatopfer habe gar keine Wegnahme von Suchtgift behauptet (S 61 ff in ON 39), gelingt es der Tatsachenrüge (Z 10a) schon deshalb nicht, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen im Wahrspruch festgestellte entscheidende Tatsachen zu erwecken, weil sie die weiters angenommene Wegnahme eines Bargeldbetrags außer Acht lässt. Darüber hinaus haben beide Angeklagte die räuberische Zueignung von Suchtgift zugegeben (S 15, 33 in ON 39). Schließlich hat die Zeugin in weiterer Folge zugestanden, eine Suchtgiftkugel mit sich geführt zu haben (S 65 in ON 39).

Die Behauptung, aus der Aussage der genannten Zeugin gehe auch hervor, dass der Angeklagte D***** nicht ihr, sondern damit gedroht habe, dass er ihrem Freund das Messer in den Bauch stechen werde, ist aktenfremd, weil sie zwar von Drohungen in Bezug auf den Zeugen Sasa P***** sprach (S 65 in ON 39), jedoch überdies gleichbleibend aussagte, selbst vom Erstangeklagten mit dem Messer bedroht worden zu sein (S 25 in ON 2; S 61, 65 ff, 71 in ON 39).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9076312Os11.09y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00011.09Y.0423.000

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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