Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Immobilien ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Ott und Mag. Christoph Klein, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ingeborg v*****, vertreten durch Marschall & Heinz Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen 20.520 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2008, GZ 14 R 170/08k-16, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus folgenden Gründen nicht zulässig:
1.1. Gegen den Grund des eingeklagten Anspruchs (Leistung der vereinbarten Provision wegen vorzeitiger Auflösung des Alleinvermittlungsauftrags ohne wichtigen Grund, § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG) hat die Beklagte in erster Instanz eingewendet, der Widerruf sei wegen Vertrauensverlustes gerechtfertigt gewesen. Sie stützte sich dabei nur auf die Behauptung der Tatsachen, dass am 9. September 2007 die Schlüssel zum zu vermittelnden Haus von der Klägerin ohne Zustimmung weitergegeben worden seien, die Beklagte mehrere Unbekannte im Haus angetroffen habe und das Haus nach der Besichtigung unversperrt mit geöffneten Türen hinterlassen worden sei. Die erst im Rechtsmittelverfahren erhobenen Vorwürfe, die die Besichtigung vornehmende Dritte verfüge über keinerlei Erfahrung im Immobilienwesen, könne keine fachkundigen Auskünfte erteilen, übe das Gewerbe der Immobilienmakler unbefugt aus, sei fachlich inkompentent und nicht sachkundig und weise nicht dieselbe Qualifikation wie die Geschäftsführerin der Klägerin auf, sind davon in keiner Weise umfasst. Sie stellen daher gemäß §§ 482 Abs 2 und 504 Abs 2 ZPO unzulässige und unbeachtliche Neuerungen dar; dennoch dazu getroffene Feststellungen des Erstgerichts haben als überschießend wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache unberücksichtigt zu bleiben (zuletzt 2 Ob 123/06m mwN; RIS-Justiz RS0040318 [T2], RS0037972 [T11], RS0036933 [T10]).
1.2. Wichtige Gründe für eine vorzeitige Vertragsaufhebung hat derjenige zu behaupten und zu beweisen, der die Auflösung erklärt (RIS-Justiz RS0027780 [T21]), hier also die Beklagte. Die Prüfung der Berechtigung zur vorzeitigen Vertragsauflösung hatte sich daher auf die von ihr behaupteten Tatumstände zu beschränken. Diese sind nach den bindenden und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts widerlegt, weshalb der Grund des Klagsanspruchs von den Vorinstanzen frei von Rechtsirrtum bejaht wurde.
2.1. Eine Vertragsstrafe (hier nach § 15 Abs 3 MaklerG in Verbindung mit § 1336 ABGB) ist nicht von Amts wegen zu mäßigen (RIS-Justiz RS0032136), vielmehr ist der Beklagte mit dem Beweis belastet, dass die Konventionalstrafe unbillig hoch ist oder der erwachsene Schaden unverhältnismäßig geringer ist als der bedungene Vergütungsbetrag; es ist daher entsprechendes Tatsachenvorbringen zum Vorliegen der Mäßigungskriterien notwendig (RIS-Justiz RS0032195 [T1 und T2], RS0032161 [T3 und T4], RS0032187 [T3]). Zwar wird schon in der Bestreitung der Verpflichtung zur Zahlung der Konventionalstrafe das Begehren auf Ermäßigung gesehen, worauf das Gericht dann im Sinne der Anleitungs- und Erörterungspflicht angehalten ist, die Gründe für die Anwendung des Mäßigungsrechts zur Erörterung zu stellen (RIS-Justiz RS0032167, RS0032161, RS0032187 [T2]); an der grundsätzlichen Behauptungs- und Beweislast ändert dies aber nichts (RIS-Justiz RS0032187 [T4]). Diesen Anforderungen wird das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten nicht gerecht.
2.2. Die Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht durch das Erstgericht fällt unter den Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS-Justiz RS0037095). Die Beklagte hat in ihrer Berufung eine Mängelrüge in diesem Sinn erhoben, allerdings nur betreffend die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten, womit sich das Berufungsgericht auseinandersetzte und das Vorliegen eines Verfahrensmangels verneinte. Da dies in der Revision unbeanstandet blieb, ist dem Obersten Gerichtshof eine Befassung mit einem allfälligen Mangel des Berufungsverfahrens schon mangels Rüge verwehrt (vgl Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 120 ff und 143). Soweit zu anderen Mäßigungskriterien ein Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens in der Berufung ungerügt blieb, kommt ebenso wenig eine Prüfung durch den Obersten Gerichtshof in Frage (RIS-Justiz RS0042963 [T30]).
Da somit im Ergebnis ausreichend substantiiertes Tatsachenvorbringen zu den Mäßigungskriterien fehlt, lasten dem Ersturteil keine sekundären Feststellungsmängel an, und die Vorinstanzen haben zu Recht von einer Ausübung des richterlichen Mäßigungsrechts Abstand genommen.
3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E90688European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00281.08M.0429.000Im RIS seit
29.05.2009Zuletzt aktualisiert am
01.10.2012