TE OGH 2009/5/5 1Ob258/08k

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Veröffentlicht am 05.05.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sabine Z*****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Uwe D*****, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwältin in Wien, wegen 381.586,95 EUR sA und Zwischenantrags auf Feststellung (Streitwert 50.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2008, GZ 12 R 62/08p-73, womit das Zwischenurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 7. Jänner 2008, GZ 20 Cg 34/04t-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Im maßgeblichen Teil der Ausführungen ihrer außerordentlichen Revision - die sich im Übrigen in unzulässigen Neuerungen erschöpfen - bekämpft die Klägerin die Abweisung ihres Zwischenantrags auf Feststellung mit der Begründung, dass das Berufungsgericht mit der Qualifizierung der Zuweisung von Vermögensteilen im Testament der Mutter der Streitteile als Vorausvermächtnis und nicht als Teilungsanordnung - jeweils nach deutschem Recht - von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen sei, was eine erhebliche Rechtsfrage darstelle.

In der Tat wäre aus Gründen der Rechtssicherheit das Vorliegen einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Rechtsfrage denkbar, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechts in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt wurde (RIS-Justiz RS0042940; 8 Ob 62/07m).

Indes kann im vorliegenden Fall hievon keine Rede sein. Bei der Abgrenzung von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis kommt es darauf an, ob der Erblasser dem betreffenden Miterben den Mehrwert zusätzlich zu seinem Erbteil zuwenden wollte (Vorausvermächtnis) oder ob er eine Wertverschiebung dadurch ausschließen wollte, dass der Bedachte den übrigen Miterben einen entsprechenden Wertausgleich zu leisten hat (Teilungsanordnung). Entscheidender Gesichtspunkt für die Auslegung ist die vom Erblasser gewollte wertmäßige Verteilung des Nachlasses, also ob der Erblasser den betreffenden Miterben wertmäßig begünstigen wollte. Kann sich der Richter von dem bei der Errichtung des Testaments vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers nicht überzeugen, so hat er Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis notfalls nach allgemeinen Testamentsauslegungsregeln danach voneinander abzugrenzen, wie es dem mutmaßlichen Erblasserwillen am ehesten entspricht. War dem Erblasser bewusst, dass mit der Zuweisung eines bestimmten Gegenstands an einen Miterben ein objektiver Vermögensvorteil verbunden ist, so spricht dies für einen entsprechenden Begünstigungswillen und damit für ein Vorausvermächtnis. Kann ein Begünstigungswille deswegen nicht festgestellt werden, weil der Erblasser den Vermögensvorteil nicht erkannte, so muss durch ergänzende Testamentsauslegung der hypothetische Wille ermittelt werden. Das Schweigen des Testaments spricht hier für die Festlegung einer Ausgleichspflicht und damit für eine Teilungsanordnung (Heldrich in MünchKomm BGB [2004], § 2048 Rz 16 mwN, insbesondere zur Rechtsprechung des BGH; Werner in Staudingers Kommentar zum BGB, § 2048 Rz 7 mwN).

Somit führt das „Schweigen des Testaments" über die rechtliche Einordnung der Zuweisung nicht zwingend zu deren Qualifizierung als Teilungsanordnung, sondern es bedarf der Ermittlung des hypothetischen Willens des Erblassers. Diese wurde vom Berufungsgericht vorgenommen, und zwar mit dem - ausführlich und nachvollziehbar begründeten - Ergebnis, dass es sich um Vorausvermächtnisse handelte. Dem hält die Revisionswerberin im Wesentlichen nur das Argument entgegen, dass es ihrer Mutter fern gelegen wäre, sie finanziell hinsichtlich ihres Erbes schlechter zu stellen als ihren Bruder. Dem ist allerdings nicht zu folgen. Vielmehr spricht für die Lösung der Vorinstanzen besonders der Umstand, dass die Erblasserin in ihren Testamenten vom 7. 9. 1984 und 4. 9. 1985 nicht generell, sondern nur in Bezug auf monatliche Geldzuwendungen und beim Ableben allenfalls vorhandenes Bargeld die gleichteilige Aufteilung ihres Vermögens anordnete. Die Auslegung der hier zu beurteilenden letztwilligen Verfügung durch das Berufungsgericht ist jedenfalls vertretbar. Die Frage, ob eine bestimmte Auslegung einer letztwilligen Verfügung zutrifft, kann nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden und vermag daher - von (hier nicht vorliegenden) Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht zu rechtfertigen (9 Ob 10/03s; RIS-Justiz RS0042555 [T12]; RS0043463 [T12]).

Anmerkung

E908081Ob258.08k

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJEV 2009,106/19 - JEV 2009/19XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00258.08K.0505.000

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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