Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Munir F***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144, 145 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Munir F***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. November 2008, GZ 121 Hv 96/08m-182, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Munir F***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem - weitere (rechtskräftige) Schuldsprüche und Freisprüche (hinsichtlich eines Begünstigungsvorwurfs [US 17, 54] unzulässig bloß von einer Subsumtion) enthaltenden - angefochtenen Urteil wurde Munir F***** mehrerer Vergehen der falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 und 4, 15 StGB (A/I/1/ und 2/, II/1/), des Verbrechens der Verleumdung nach §§ 12 zweiter Fall, 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (B/), jeweils des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (D/I/), §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 3 StGB (D/II/1/) und §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB (D/II/2/), des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (E/) und des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144, 145 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (F/) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien teils mit anderen, teils alleine A/ Tanja G***** zu einer falschen Aussage vor Gericht oder in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung jeweils als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache bestimmt (I/1/ und 2/) oder zu bestimmen versucht (II/1/)
I./1./ am 30. Mai 2006, indem er sie aufforderte, wahrheitswidrig anzugeben, sie habe in der Nacht zum 30. Mai 2006 gehört und beobachtet, dass Vjekoslav J***** eine Schusswaffe in seiner ausgestreckten Hand gehalten und von Munir F***** einen Geldbetrag von (vermutlich 50.000 Euro) gefordert habe, sodass Tanja G***** diese falschen Aussagen im Zuge ihrer zeugenschaftlichen Vernehmungen im Strafverfahren gegen Munir F*****, Enver H***** und andere am 27. Juni 2006 vor der Untersuchungsrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 224 Ur 186/06f, am 9. August 2007 in der Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen Munir F*****, AZ 43 Hv 57/07a, und am 20. November 2007 im Strafverfahren gegen Enver H***** vor dem Geschworenengericht des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 431 Hv 2/07s, tätigte;
2./ von Anfang Dezember 2007 bis 7. Februar 2008, indem er Tanja G***** wiederholt aufforderte, wahrheitswidrig auszusagen, sie habe beobachtet, wie Enver H***** in der Nacht zum 30. Mai 2006 durch Abgabe mehrerer Schüsse Renato T***** vorsätzlich getötet, sowie Vjeksolav J***** vorsätzlich zu töten versucht habe, wobei er dieser Aufforderung (zumindest beim ersten Mal) dadurch Nachdruck verlieh, dass er ihren Kopf im Gesichtsbereich mit gespreizter Hand erfasste und zusammendrückte, sodass Tanja G***** diese Falschaussage im Zuge ihrer jeweiligen förmlichen Vernehmung als Zeugin in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung am 7. und am 11. Februar 2008 vor Beamten des Bundeskriminalamts, mithin vor der Kriminalpolizei, und am 25. Februar 2008 vor der Staatsanwaltschaft Wien tätigte;
II./1./ zwischen 7. und 11. Februar 2008, indem er Tanja G***** aufforderte, ihre vor Beamten des Bundeskriminalamts am 7. Februar 2008 abgelegte Aussage dahingehend zu ändern, dass sie am 3. Februar 2008 anlässlich dieser bevorstehenden Vernehmung nicht mit Munir F***** und Edin D*****, sondern lediglich mit dem suspendierten Kriminalbeamten Franz P***** zusammengetroffen sei und den Kontakt zu diesem vermittels der ihr durch einen nicht näher bekannten Polizeibeamten übergebenen Telefonnummer des Franz P***** hergestellt habe, wobei Munir F***** seiner drohenden Aufforderung dadurch Nachdruck verlieh, dass er Tanja G***** zumindest einen Schlag in ihr Gesicht versetzte und äußerte, wenn sie ihre Angaben vom 7. Februar 2008 nicht den vorgegebenen Anordnungen entsprechend ändere, werde es „sie nicht mehr geben";
B/ durch die zu A/I./2./ angeführten Taten Tanja G***** bestimmt, Enver H***** dadurch der Gefahr einer neuerlichen behördlichen Verfolgung auszusetzen, dass sie ihn von Amts wegen zu verfolgender, mit jeweils einem Jahr übersteigenden Freiheitsstrafen bedrohter Handlungen, nämlich der Verbrechen des Mordes nach §§ 75, 15 StGB, falsch verdächtigte, „wobei sowohl Munir F***** als auch Tanja G***** wussten (§ 5 Abs 3 StGB), dass diese Anschuldigungen falsch waren"; D/ folgende Personen zu Handlungen genötigt (I/ und II/2/) oder zu nötigen versucht (II/1/), und zwar
I./ Radomir M***** Ende Jänner 2008 durch Gewalt sowie Drohung mit dem Tode und einer auffallenden Verunstaltung zum Einsteigen in den Kofferraum des Pkw des Munir F*****, indem ein unbekannter Mittäter zu Radomir M***** in dessen Pkw unaufgefordert zustieg, die Handbremse anzog, den Zündschlüssel abzuziehen versuchte, zeitgleich Munir F***** und die übrigen Mittäter den Pkw des Radomir M***** umstellten, ein Mittäter diesen zum Verlassen seines Pkw aufforderte, Munir F***** äußerte, er werde Radomir M***** in den Kopf schießen, ein weiterer Mittäter ankündigte, er werde dessen Arme und Beine brechen und ihm so lange ins Gesicht schlagen und dieses „so zerstören", bis ihn niemand mehr erkennen würde, wobei Munir F***** Radomir M***** am linken Oberarm erfasste, zu seinem (Munir F*****s) Fahrzeug führte und ihn schließlich zum Einsteigen in den Kofferraum aufforderte, wobei sich die übrigen Mittäter stets zum unmittelbaren Eingreifen bei allfälliger Gegenwehr des Radomir M***** bereit hielten;
II./ Tanja G*****, wobei besonders wichtige Interessen derselben oder eines Dritten, nämlich des Enver H*****, verletzt wurden, 1./ durch die zu A/II./1./ beschriebenen Taten durch Gewalt und Drohung mit dem Tode zu einer falschen Zeugenaussage vor Beamten des Bundeskriminalamts;
2./ durch die zu A/I./2./ beschriebene Tat, mithin durch Gewalt, zu einer falschen Zeugenaussage und zur Verleumdung des Enver H*****;
E/ Radomir M***** nach der zu D/I./ beschriebenen Tat dadurch widerrechtlich gefangen gehalten, dass er und seine Mittäter ihn in den Kofferraum einschlossen, auf diese Weise mit ihm zumindest fünf Minuten in den Bereich Wien 17, Geblergasse, fuhren, danach Munir F***** das Opfer nötigte, auf dem Beifahrersitz seines (Munir F*****s) Pkw Platz zu nehmen, sie sodann in den Bereich Wien 10, Wienerberg fuhren und ein Mittäter Radomir M***** festhielt, während ein anderer Mittäter sich „während der gesamten Zeit auf dem Rücksitz des Pkw befand";
F/ Ende Jänner 2008 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Radomir M***** durch die Mitteilung, seine Männer seien dazu bereit, ihn zu töten, sowie, wenn er nicht 10.000 EUR bezahle, würde er mit seinen Männern wiederkommen und Radomir M***** „nicht so leicht davonkommen", mithin durch Drohung mit dem Tod, zur Übergabe dieses Bargeldbetrags zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Der aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a, 10 und 11 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Munir F***** kommt keine Berechtigung zu.
Das nominell aus Z 3 erstattete (jedoch als „Widerspruch zwischen Spruch und Gründen" [Z 5 dritter Fall] bezeichnete) Vorbringen, wonach das Schöffengericht mit der dem Erkenntnis (§§ 259 Z 3, 260 Abs 1 Z 2 StPO) vorangestellten, gerade nicht den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entnommenen Bezeichnung des gegen mehrere Angeklagte geführten Strafverfahrens „wegen des Vergehens der teilweise versuchten, teilweise vollendeten falschen Beweisaussage als Bestimmungstäter ... u.a. Delikte" einen vom Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) wegen mehrerer Vergehen der falschen Beweisaussage abweichenden Entscheidungswillen zum Ausdruck gebracht hätte, ist weder grammatikalisch noch rechtlich nachzuvollziehen.
Soweit nominell unter dieser Anfechtungskategorie (der Sache nach Z 8) aus diesem Grund auch eine Überschreitung der Anklage moniert wird, genügt - abgesehen von der insofern ohnehin übereinstimmenden rechtlichen Unterstellung (ON 131 S 17) - der Hinweis, dass ein derartiger Mangel ausschließlich anhand des prozessualen Tatbegriffs, maW mittels Vergleichs des angeklagten und des abgeurteilten Lebenssachverhalts geprüft wird (RIS-Justiz RS0113142). Die Abweisung des - zunächst schriftlich gestellten (ON 169) und in der Hauptverhandlung wiederholten (ON 181 S 119) - Antrags auf Vernehmung des Talip B***** zum Thema, dass dieser Tanja G***** wenige Stunden nach dem Vorfall im Lokal „C*****" oder allenfalls am Folgetag getroffen und sie ihm ihre Wahrnehmungen wie bei der Polizei „wahrheitsgemäß" geschildert habe, sowie zur Darstellung des Tathergangs durch Enver H***** gegenüber dem Genannten während gemeinsamer Haft, erfolgte entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 4) betreffend den Schuldspruch A/ ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten. Der Antrag ließ nämlich eine Erheblichkeit des Beweisthemas für die Schuld- und Subsumtionsfrage iS einer Eignung, die Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang maßgeblich zu beeinflussen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 f und 341), nicht erkennen. Dem Beschwerdeführer liegt zur Last, Tanja G***** unmittelbar nach dem bezeichneten Vorfall Anweisungen zu ihrem Aussageverhalten vor der Polizei gegeben zu haben (US 21). Dem Antragsvorbringen war gerade nicht zu entnehmen, dass Talip B***** Tanja G***** noch vor dieser Beeinflussung gesprochen hätte. Wenn daher die Zeugin G***** den Vorfall ihm gegenüber so wie vor der Polizei schilderte, vermag dies weder über den Wahrheitsgehalt dieser Angaben noch über die inkriminierten Beeinflussungen durch den Beschwerdeführer etwas auszusagen. Dies trifft umso mehr auf nachträgliche Erzählungen des Enver H***** über den Tathergang zu, die keinerlei Rückschlüsse über die tatsächlichen Wahrnehmungen anderer Zeugen (wie insbesondere der Tanja G*****) und allfällige Beeinflussungen derselben zulassen. Gleiches gilt für den mit Bezug auf die Schuldsprüche D/I./ und E/ gestellten Antrag, das Auto des Beschwerdeführers unter Beiziehung des Verteidigers und der „DNA-Gutachterin einer genauen (nochmaligen) DNA-Untersuchung zu unterziehen" (ON 154 S 123-125). Abgesehen davon, dass der Zeuge M***** bereits zuvor angegeben hatte, sich an seine genaue Position im Kofferraum nicht mehr erinnern zu können (ON 153 S 75 und 91), weshalb die Realisierung des im Antrag enthaltenen Begehrens, den Zeugen gerade diese Position demonstrieren zu lassen, von vornherein unmöglich erscheinen musste, wäre angesichts der Angaben der Sachverständigen, wonach eine im Kofferraum befindliche Person nicht zwingend DNA-Spuren hinterlasse (ON 174 S 89, 93, 97 und 111), das vom Beschwerdeführer erhoffte Beweisergebnis, nämlich das festgestellte Fehlen derartiger Spuren, nicht geeignet, die Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang maßgeblich zu beeinflussen, weil aus diesem Umstand keine Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen M***** hätten gezogen werden können. Mit dem im Rahmen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) erstatteten Vorbringen, das Erstgericht habe sich im Zusammenhang mit dem Schuldspruch D/II./1./ nicht mit der Möglichkeit einer bloß milieubedingten Unmutsäußerung auseinandergesetzt, zeigt der Beschwerdeführer kein erörterungsbedürftiges, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis auf (RIS-Justiz RS0099578; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421).
Weshalb es sich bei den - im Rechtsmittel gar nicht explizit angeführten, in Auseinandersetzung mit den Aussagen der Zeugen Tanja G***** und Muhamed Me***** angestellten - Überlegungen zur Gefährlichkeit des Beschwerdeführers (US 44 ff und 52 f) um bloße Scheingründe (Z 5 vierter Fall), also gegen Logik oder grundlegende Lebenserfahrung verstoßende Erwägungen handeln soll (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 446 ff), lässt die weitere Mängelrüge offen. Spricht die zum Schuldspruch D/I./ geäußerte Kritik (Z 5 vierter Fall - BS 9) angesichts der rechtlich gleichwertigen Drohung des Mittäters Enes O***** schon keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 f), lässt sie zudem nicht erkennen, weshalb die Ernsthaftigkeit der Drohung des Beschwerdeführers, er könne dem Zeugen M***** „jetzt in den Kopf schießen" (US 34), das Herzeigen einer Waffe denknotwendig voraussetzte. Die in diesem Zusammenhang unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) erwähnte Aussage des Zeugen Muhamed Me***** (ON 174 S 141), er habe keine Waffe, sondern nur „etwas Schwarzes" gesehen, bezog sich zudem auf einen gänzlich anderen Sachverhalt, nämlich den Mord im Lokal „C*****", und war daher in diesem Zusammenhang ohne jegliche Bedeutung. Soweit die Begründung der Feststellungen zu den Schuldsprüchen D/I./ und E/ mit dem Hinweis auf das Fehlen biologischer Tatortspuren und von Fingerabdrücken des Beschwerdeführers im Kofferraum von dessen Pkw als unzureichend (Z 5 vierter Fall) kritisiert wird, kann auf die Ausführungen zur Verfahrensrüge verwiesen werden. Durch Berufung auf teils isoliert herausgegriffene (vgl ON 174 S 77-79 in Bezug auf den Zeugen Friedrich U*****), teils sinnwidrig (vgl ON 174 S 89, 93 und 99 hinsichtlich der Sachverständigen Dr. Christina S*****) wiedergegebene Passagen einzelner Aussagen vermag die Mängelrüge auch keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) aufzuzeigen. Die als undeutlich (Z 5 erster Fall) kritisierte Feststellung, die „Fahrt im Kofferraum" (des Zeugen M*****) sei „im Milieu bekannt" geworden (US 38), betrifft keine entscheidende Tatsache, weshalb die Behauptung ihrer Mangelhaftigkeit für das Nichtigkeitsverfahren ohne Bedeutung ist.
Die in der weiteren Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu den Schuldsprüchen A/, B/ und D/II./ hervorgehobene Passage der Aussage des Zeugen Wolfgang W*****, die Zeugin G***** sei „mehr oder weniger" vom Beschwerdeführer zu einer (falschen) Aussage vor der Polizei genötigt worden (ON 174 S 41), ist ebenfalls aus dem Sinnzusammenhang gerissen, zumal ein derartiges Verhalten vom selben Zeugen in weiterer Folge (ON 174 S 45-47) eindeutig bestätigt wurde. Eine über die ohnehin erfolgte beweiswürdigende Auseinandersetzung (US 64) hinausgehende Erörterung gerade dieser Passage war daher nicht geboten. Gleiches gilt für die im Rechtsmittel isoliert zitierten, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Vorwürfen gegen den Beschwerdeführer stehenden Aussagen des Zeugen W***** (ON 174 S 43 und 53). Während erstere lediglich eine Falschinformation des Zeugen P***** darüber wiedergibt, wie dieser in Kontakt zur Zeugin G***** gekommen sei, bezieht sich zweitere auf eine von dieser Zeugin als bedrohlich empfundene Begegnung mit Enver H***** und gerade nicht mit dem Beschwerdeführer.
Zwar wurde auf die Depositionen des Zeugen Aldino A***** in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich eingegangen, dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) zuwider enthielten diese in Summe jedoch keine erheblichen, der tatrichterlichen Beweiswürdigung entgegenstehenden und daher erörterungsbedürftigen Verfahrensergebnisse (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421), zumal der Zeuge über eingehendere Befragung angab, nichts über einen Kontakt des Beschwerdeführers mit der Zeugin G***** zu wissen und „keine Ahnung" zu haben, ob auf diese von irgend jemandem Druck ausgeübt wurde (ON 174 S 153-155). Die ebenfalls als unerörtert (Z 5 zweiter Fall) ins Treffen geführte Aussage des Zeugen Günther B***** (ON 181 S 33-35) wird in der Rüge unrichtig wiedergegeben, bestätigte dieser doch lediglich, dass der Zeuge Muhamed Me***** keine Beeinflussung seinerseits am Tatort erwähnt habe; „Aufforderungen" des Beschwerdeführers zu anderen Zeitpunkten und gegenüber anderen Personen wurden hingegen keineswegs ausgeschlossen. Eine nähere Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen B***** (vgl US 65) war daher unter dem Aspekt mängelfreier Begründung nicht erforderlich. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen Montassar Ga***** wiederum hat das Erstgericht nach ausführlicher Auseinandersetzung verneint (US 50 f), weshalb der auch in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) infolge „nicht hinreichender" Würdigung seiner Aussage ins Leere geht.
Indem der Beschwerdeführer im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) zum Schuldspruch F/ erhebliche Bedenken aus einer Passage der Urteilsbegründung (US 37) abzuleiten trachtet, verfehlt er den Bezugspunkt dieses Nichtigkeitsgrundes, nämlich aus den Akten ersichtliche, konkrete Verfahrensergebnisse (RIS-Justiz RS0117446). Die in diesem Zusammenhang auch unter dem Aspekt der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) geäußerte Kritik an der Formulierung, „wobei es dazu nicht jedoch nicht kam" (US 37), ignoriert schlicht die in der Urschrift und den Ausfertigungen des Urteils vorgenommene, handschriftliche Korrektur durch Streichung des ersten Wortes „nicht".
Mit der - angesichts der übrigens umfänglichen Beweiswürdigung nicht nachvollziehbaren - Behauptung offenbar unzureichender Begründung der von den Tatrichtern angenommenen Unglaubwürdigkeit der Angeklagten stellt die Beschwerde erneut keine entscheidende Tatsache in Frage, bekämpft vielmehr bloß unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffengerichts. Aus welchen Gründen das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers (einleitend, aber eben nicht abschließend) als „Schutzbehauptung" verwarf, wird im Übrigen in Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Zeugenaussagen in weiterer Folge ausführlich dargestellt (US 40 ff). Soweit er mit weitwendiger, auf eigene Schlussfolgerungen gestützter Begründung die - aufgrund ihres persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung gewonnene - Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen in Frage stellt, überschreitet er ein weiteres Mal die Grenzen zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099649). Ein Eingehen auf die einzelnen Argumente hat zu unterbleiben, um über den Umfang der Eingriffsbefugnisse des Obersten Gerichtshofs keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Zur im Rahmen der Tatsachenrüge mit Bezug auf den Schuldspruch E/ erneut relevierten (der Beschwerde zuwider mangelnden) Bedeutung fehlender biologischer Tatortspuren im Kofferraum des Beschwerdeführers wird auf das zuvor Ausgeführte verwiesen. Das unter dem Aspekt der Subsumtionsrüge (Z 10) erstattete Vorbringen zum Verhältnis der von den Schuldsprüchen A/I./2./ und B/ sowie D/I./ und E/ erfassten strafbaren Handlungen erschöpft sich in der reinen Rechtsbehauptung vorliegender Scheinkonkurrenzen in Form „strafloser Vor- bzw Nachtaten", ohne deren Voraussetzungen - wie insbesondere vollständige Abdeckung des Unwertgehalts eines Sachverhalts bereits durch eine der mehreren in Rede stehenden strafbaren Handlungen (vgl dazu umfassend Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28a-31 Rz 26 ff, insbesondere 66 ff) - methodengerecht aus den einzelnen Tatbeständen (§§ 99, 105 f, 288 und 297 StGB) abzuleiten (RIS-Justiz RS0116565). Das Argument, die Verbrechen der (schweren) Nötigung (D/II./) würden vom „schwereren Delikt des § 288 StGB konsumiert" (A/), ist angesichts der höheren Strafdrohung des § 106 Abs 1 StGB schlechterdings unverständlich.
Abgesehen davon, dass das Fehlen der Voraussetzungen für die Qualifikation des § 106 Abs 1 Z 3 StGB im Zusammenhang mit den Schuldsprüchen D/II./1./ und 2./ abermals bloß behauptet wird, ohne den - unter Berufung auf ein überholtes Literaturzitat (Leukauf/Steininger, StGB2 § 106 Rz 11; vgl dies, StGB3 § 106 Rz 9 f) verwendeten - Begriff der „gravierenden Taten" zu definieren oder darzulegen, weshalb etwa eine Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB nicht darunter fallen sollte (vgl Schwaighofer in WK2 § 106 Rz 17), übergeht der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig die Feststellungen, wonach das angelastete Verhalten die Gefahr einer neuerlichen strafrechtlichen Verfolgung des Enver H***** wegen Mordes herbeiführte und solcherart auch dessen besonders wichtige Interessen verletzt wurden oder werden sollten (US 28 ff), sodass die Forderung nach anderer rechtlicher Unterstellung nicht am gesamten, hier relevanten Urteilssachverhalt Bezug nimmt (RIS-Justiz RS0099810). Indem der Beschwerdeführer im Rahmen der Sanktionsrüge (Z 11) die Konstatierungen zu seiner Vorstrafenbelastung (US 19) als Grundlage der Strafzumessung nach Art einer Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) bekämpft, übersieht er, dass diese (auch in analoger Anwendung) im Zusammenhang mit behaupteten Mängeln iSd Z 11 zweiter und dritter Fall nicht offen steht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 400, 680 und 693). Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9091113Os31.09xEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00031.09X.0507.000Zuletzt aktualisiert am
02.07.2009