Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der beim Landesgericht Linz zu 31 Nc 3/09g anhängigen Rechtssache der klagenden Parteien 1. Theresia B*****, 2. Annemarie E*****, 3. Anton P*****, und 4. Johann P*****, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur (allfälligen) Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als zuständig bestimmt.
Text
Begründung:
Die Kläger überreichten beim Landesgericht Linz einen Schriftsatz, in dem sie sich als klagende Parteien und das „Landesgericht Linz Richter A*****" als erstbeklagte Partei, das „Oberlandesgericht Linz Richter K*****" als zweitbeklagte sowie Franz P***** als drittbeklagte Partei bezeichnen. Sie bringen unter Nennung mehrerer erstinstanzlicher und zweitinstanzlicher Geschäftszahlen vor, „die Gerichte in Linz und Wien" hätten in mehreren Urteilen nicht nur fehlerhaft und zu Gunsten der nunmehr drittbeklagten Partei entschieden, sondern auch „mit Richter A***** völlig versagt". Aus dem weiteren Vorbringen lässt sich ableiten, dass die drittbeklagte Partei der Bruder der klagenden Parteien ist, dem die Eltern 1987 bzw 1988 ihren landwirtschaftlichen Betrieb übergeben hatten, was Anlass für mehrere Gerichtsverfahren war (ua für eine Klage auf Aufhebung des Übergabsvertrags sowie für Pflichtteilsklagen). Die in diesen Verfahren ergangenen Entscheidungen stellten nach dem Vorbringen der klagenden Parteien Fehlentscheidungen dar, aus denen ihnen Nachteile entstanden seien.
Das Landesgericht Linz legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung „gemäß § 9 Abs 4 AHG" vor.
Rechtliche Beurteilung
Wird ein Ersatzanspruch aus einem behaupteten rechtswidrigen und schuldhaften Handeln bzw (auch) aus einer Entscheidung von Richtern eines Oberlandesgerichts abgeleitet, so ist - ohne dass die Berechtigung des Anspruchs zu prüfen ist - gemäß § 9 Abs 4 AHG ein außerhalb dieses Oberlandesgerichtssprengels gelegener Gerichtshof erster Instanz zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache vom Obersten Gerichtshof zu bestimmen. Die Bestimmung eines Gerichts gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache gemäß § 9 Abs 4 AHG findet nach ständiger Rechtsprechung auch bei verbesserungsbedürftigen Eingaben statt, nach deren Inhalt ein Amtshaftungsverfahren angestrebt wird (RIS-Justiz RS0108886). So ist § 9 Abs 4 AHG auch auf Fälle anzuwenden, in denen die Kläger zu erkennen geben, sie wollten den Anspruch gegen einen bestimmten Organwalter persönlich erheben. Ergibt sich klar, dass das belangte Organ die behaupteten Verfehlungen nur in Ausübung seiner Funktion begangen haben kann, erfordert es der Gesetzeszweck, auch in einem solchem Fall nach § 9 Abs 4 AHG vorzugehen (RIS-Justiz RS0112465), weil auch eine Klagezurückweisung nach § 9 Abs 5 AHG nicht von einem Gericht vorgenommen werden soll, das gegenüber dem betreffenden Organ befangen sein könnte. Schließlich liegt es auch durchaus nahe, dass die klagenden Parteien im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens die Bezeichnung der beklagten Parteien korrigieren.
Demnach ist ein außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Linz gelegener Gerichtshof erster Instanz zur (allfälligen) Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen (§ 9 Abs 4 AHG). Diese Entscheidung wirkt ebenso für die von den klagenden Parteien als formellen Streitgenossen behandelte drittbeklagte Partei (Schragel, AHG3 § 9 Rz 250).
Anmerkung
E908021Nc30.09sEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0010NC00030.09S.0512.000Zuletzt aktualisiert am
29.06.2009