TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/5 99/06/0152

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Veröffentlicht am 05.12.2000
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauO Tir 1998 §21 Abs3;
BauO Tir 1998 §26 Abs4 lita;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §13 Abs1;
ZustG §22 Abs1;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. R K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. August 1999, Zl. Ve1- 550-2793/1-4 vA, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. C K und 2. W K, beide in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Baugesuch vom 16. Juli 1998 (eingelangt am 17. Juli 1998) kamen die mitbeteiligten Parteien (in der Folge kurz: Bauwerber) um baubehördliche Bewilligung von Um- und Zubaumaßnahmen bei einem bestehenden Gästehaus ein (idF auch kurz: Haus X). Die Bauverhandlung vom 30. Juli 1998 wurde zur Abklärung verschiedener Fragen vertagt.

In der Folge richtete der Bürgermeister mit Erledigung vom 11. August 1998 ein Ersuchen an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Abteilung Gewerbebehörde, des Inhaltes, gemäß § 15 Abs. 1 TROG 1997 seien Gastgewerbebetriebe von der Regelung für Freizeitwohnsitze ausgenommen. Vorliegendenfalls solle nunmehr das Haus X komplett in ein Appartementgebäude umgebaut werden. Es erhebe sich die Frage, ob für diesen Umbau eine gewerberechtliche Bewilligung (Konzession und Betriebsanlagengenehmigung) erforderlich sei. Die Gemeinde ersuche daher im Amtshilfeweg um Mitteilung, ob auf Grund der vorliegenden Baupläne eine gewerberechtliche Bewilligung erforderlich sei oder nicht.

Mit Erledigung vom selben Tag teilte der Bürgermeister dem Zweitbauwerber unter anderem mit, die Rechtsfrage, ob und inwieweit ein Gastgewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 (TROG 1997) vorliege, werde noch überprüft.

Mit Schreiben vom 13. August 1998 gab der Zweitbauwerber bekannt, zur Rechtsfrage ob und inwieweit ein Gastgewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 1 TROG 1997 vorliege, teile er Folgendes mit: Das Haus X werde zum Zwecke eines Gastgewerbebetriebes umgebaut. Die Führung und Bewirtschaftung werde eine seiner Töchter übernehmen, "die nicht umsonst beide die gastgewerbliche Ausbildung, mit abgeschlossener Konzessionsprüfung, durchgemacht" hätten. Es sei sicher im Sinne der Beschäftigungspolitik, dass junge Leute noch in der Lage seien Betriebe zu führen und dadurch auch zum Steueraufkommen des Staates und der Gemeinde beizutragen. Er hoffe, dass diese Erklärung ausreiche um das Bauvorhaben positiv zu behandeln.

Mit weiterer Erledigung vom 21. September 1998 übermittelte der Bürgermeister der ersuchten Bezirkshauptmannschaft die Grundrisspläne in Kopie und teilte mit, dass nach Auffassung der Baubehörde zur Beurteilung, ob hier ein Gastgewerbebetrieb vorliege oder nicht, insbesondere das Erdgeschoß maßgeblich sei. In diesem Plan seien eine Halle, eine Rezeption und ein Stüberl mit rund 22 Sitzplätzen eingetragen. Das Gesamtausmaß dieser Räumlichkeiten betrage rund 30 m2. Die übrigen Geschosse seien weiters nur als Appartements vorgesehen. Entscheidend für die Baubehörde sei nun die Frage, inwieweit dieses Appartementhaus durch diese Rezeption und das "Stüberl" (im Original unter Anführungszeichen) zu einem Gastgewerbebetrieb werde.

In der am 28. September 1998 fortgesetzten Bauverhandlung stellte der Hochbausachverständige, soweit vorliegendenfalls erheblich, unter anderem fest, vor "Bescheiderteilung" sei die Frage zu klären, ob die geplante Baumaßnahme einem Gewerbebetrieb entspreche, weil ansonsten die geplanten Wohneinheiten gemäß TROG 1997 nicht zulässig wären, seien doch mehr als drei Ferienwohnungen, nämlich 12, mit einer Besitzerwohnung, geplant.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 (Eingangsstampiglie der Gemeinde vom 21. Oktober) teilte die ersuchte Bezirkshauptmannschaft mit, zu dem Ersuchen vom 11. August bzw. 21. September 1998 werde vorerst festgestellt, dass die Vermietung von Appartements, sofern es sich um eine reine Raumvermietung handle, nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliege. Eine derartige Raumvermietung liege vor, wenn nur die Appartements vermietet würden, ohne dass weitere Dienstleistungen (etwa Aufräumarbeiten, zur Verfügungstellung von Frühstück und dergleichen) angeboten würden. Zulässig sei ausschließlich eine einmalige Endreinigung anlässlich des Bewohnerwechsels.

Auf Grund der Planunterlagen könne davon ausgegangen werden, dass es sich beim gegenständlichen Haus X um ein Appartementhaus handle, dessen Betrieb nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliege. Dabei spiele es auch keine Rolle, wenn im Erdgeschoß eine Halle im Ausmaß von 19,5 m2 und ein Stüberl im Ausmaß von rund 26,6 m2 eingerichtet sei. Es müsse auch einem Appartementbetreiber zugestanden werden, außerhalb der Appartements einen Raum zur allgemeinen Benützung zur Verfügung zu stellen, etwa als Warteraum oder zur sonstigen Kommunikation. Dies bedeute noch nicht, dass es sich dabei dann um einen Gastgewerbebetrieb handle, wobei im gegenständlichen Fall etwa sämtliche Einrichtungen zur Verabreichung von Speisen fehlten (keine Küche, kein sonstiger Vorbereitungsraum und dergleichen). Es könne daher davon ausgegangen werden, dass es sich vorliegendenfalls eindeutig um ein Appartementhaus handle, dass nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliege.

Mit Erledigung vom 28. Jänner 1999 teilte der Bürgermeister dem Zweitbauwerber unter Hinweis auf die Erledigung vom 11. August 1998 mit, vor allem gehe es darum, ob es sich bei diesem Vorhaben um einen Gastgewerbebetrieb oder aber um ein (unzulässiges) Appartementhaus handle. Die diesbezügliche Stellungnahme der ersuchten Bezirkshauptmannschaft vom 12. Oktober 1998 werde hiemit übermittelt. Auf Grund dieses Sachverhaltes könne dieses Objekt in dieser Form nicht genehmigt werden. Der Zweitbauwerber werde innerhalb einer Frist von einem Monat um Mitteilung ersucht, ob er das Bauansuchen zurückziehen wolle oder aber auf einer bescheidmäßigen Erledigung bestehe.

Der Zweitbauwerber erwiderte mit Schreiben vom 1. Februar 1999, er teile mit, dass "wir das heutigen Gespräch bezüglich der Stellungnahme" der ersuchten Bezirkshauptmannschaft an die Landesregierung "weiterleiten". Da es bei der Beurteilung der Bezirkshauptmannschaft nur darum gehe, dass der Frühstücksraum zu klein sei, werde "die Behörde" ihm mitteilen können, wie viel Quadratmeter der Frühstücksraum haben müsse. Danach werde er der Baubehörde eine Tektur des Erdgeschosses (mit dem eingezeichneten Sauna- und Fitnessraum) und des Kellergeschosses nachreichen. Weiters heißt es unter anderem, unverständlich sei auch, dass ihm die Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft erst nach dreieinhalb Monaten mitgeteilt worden sei. Er vermute daher eine absichtliche Verzögerung seines Bauvorhabens.

Der Bürgermeister antwortete hierauf dem Zweitbauwerber mit Erledigung vom 5. Februar 1999, die Anschuldigung, er verzögere das Bauvorhaben, müsse entschieden zurückgewiesen werden. Die Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft sei dem Zweitbauwerber vom Gemeindesekretär schon "vor Monaten persönlich" anlässlich einer Vorsprache im Gemeindeamt ausgehändigt worden. Zudem sei ihm mit dem Schreiben vom 11. August 1998 mitgeteilt worden, dass "die Frage, ob Gastgewerbebetrieb oder nicht gem. § 15 Abs. 1 TROG 1997 noch geprüft werde". Der Gang des Ermittlungsverfahrens sei ihm daher allzeit bekannt gewesen und er habe immer Gelegenheit gehabt, Akteneinsicht zu nehmen. Wenn überhaupt, so sei es "wohl eher" an ihm gelegen, dass noch immer keine Entscheidung getroffen worden sei, weil er bislang noch keine Stellungnahme zum Gutachten der Bezirkshauptmannschaft abgegeben habe.

Mit Bescheid vom 3. Februar 1992 (also dem Datum nach vor der zuvor genannten Erledigung vom 5.) wurde das Bauansuchen betreffend den Um- und Zubau bei diesem Haus X gemäß § 26 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung 1998 (TBO 1998) wegen Widerspruches zu § 15 Abs. 1 TROG 1997 als unzulässig abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, im Hinblick darauf, dass 13 Wohnungen projektgegenständlich seien, sei die Frage zu klären gewesen, ob gemäß § 15 Abs. 1 TROG 1997 ein zulässiger Gastgewerbebetrieb oder aber ein Gebäude mit unzulässigen Freizeitwohnsitzen vorgesehen sei. Aus der Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft vom 12. Oktober 1998 gehe schlüssig hervor, dass es sich vorliegendenfalls eindeutig um ein Appartementhaus handle, somit nicht um einen Gastgewerbebetrieb, weshalb das Bauvorhaben im Widerspruch zu § 15 Abs. 1 TROG 1997 stehe. In einer Stellungnahme vom 13. August 1998 hätten die Bauwerber vorgebracht, dass die Führung und Bewirtschaftung des Hauses X eine der Töchter übernehmen werde, welche eine gastgewerbliche Ausbildung mit abgeschlossener Konzessionsprüfung habe. Es liege daher sehr wohl ein Gastgewerbebetrieb vor. Dem sei aber entgegenzuhalten, dass die persönlichen Verhältnisse bzw. die beabsichtigte Betriebsführung hinsichtlich der Frage, ob ein Gastgewerbebetrieb oder ein Appartementhaus gegeben sei, keine Rolle spielten. Diese Kriterien seien auch im Gesetz "in keiner Weise berücksichtigt". Abzustellen sei allein auf die vorgesehene Planung und diese weise eindeutige Züge eines beabsichtigten Appartementgebäudes (Freizeitwohnsitze) auf".

Dagegen erhoben die Bauwerber mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 Berufung, in der sie unter anderem ausführten, das Bauvorhaben sei ein gastgewerblicher Betrieb "- mit einer Rezeption in der Halle und mit einem genügend großen Frühstücksraum". Die Verpflegung der Gäste könne sehr wohl im angrenzenden Wirtshaus der Bauwerber erfolgen, welches sie in das Gesamtkonzept einbezögen. Weiters seien alle Infrastruktureinrichtungen im Stammhaus Y, wie Hallenbad, Sauna, Fitnessraum vorhanden (und würden derzeit schon kostenlos für die Appartement-Gäste angeboten). Die Beurteilung der Baubehörde und der Gewerbebehörde sei daher unrichtig.

Mit Berufungsbescheid vom 8. März 1999 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach kurz gefasster Darstellung des Verfahrensganges und des Berufungsvorbringens und nach Hinweis auf § 21 Abs. 3 TBO 1998 heißt es, soweit vorliegendenfalls erheblich, der Umstand, dass die Bauwerber bereits ein Hotel besäßen, schließe nicht aus, dass hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Gebäudes eine andere Verwendungsart vorgesehen sei. Auch das vor Jahren errichtete, in unmittelbarer Nähe befindliche Wirtshaus sei nicht integrierender Bestandteil des Bauvorhabens, sondern sei vor Jahren als selbstständig bestehendes Ausflugsgasthaus errichtet worden. Es wäre im Übrigen auch unüblich, wenn Hotelgäste nicht im selben Haus, sondern in einem angrenzenden Wirtshaus verköstigt würden. Zusammenfassend sei festzustellen, dass der beabsichtigte Umbau des Hauses X "als ein sich abgeschlossenes, selbstständiges Bauwerk anzusehen" sei, welches "nur für sich alleine" nach den Vorgaben des § 15 Abs. 1 TROG 1997 bzw. § 21 Abs. 3 TBO 1998 zu beurteilen sei. Unter diesen Aspekten sei aber die Gewerbebehörde am besten dazu berufen, einen Beweis hinsichtlich der Qualifikation und Verwendungsarten eines Gebäudes zu liefern. Der Gemeindevorstand sei daher dieser Beurteilung der Bezirkshauptmannschaft gefolgt.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in welcher sie unter anderem geltend machten, das Beweisverfahren sei mangelhaft geblieben, weil kein Sachverständiger "des Tourismus" beigezogen worden sei, der "die vorgeschriebene Situierung der Wohnungen" sowie die Ausstattung des Objektes mit Gemeinschaftseinrichtungen hätte beurteilen können. Außerdem sei nicht ausreichend Gelegenheit gegeben worden, zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens Stellung zu nehmen. Der Altbestand (gemeint offensichtlich das verfahrensgegenständliche Gebäude) sei seit über 30 Jahren ein Pensionsbetrieb gewesen und werde auf den neuesten Stand mit Wohn- und Schlafteil umgebaut. Für Dauerwohnungen (Freizeitwohnsitze) seien keine Abstellräume wie Speisekammer, Kellerräume und dergleichen vorgesehen. Wie schon in der Berufung ausgeführt, seien eine Rezeption, eine Halle und ein Speiseraum vorhanden. Sollte es notwendig sein, so könne die Größe des Speiseraumes auch verändert werden. Der nichtunterkellerte Bauteil, nach Westen gelegen, könne, wenn es erforderlich sei, unterkellert und "mit der Infrastruktur" - wie Fitnessraum, Sauna, Solarium und dergleichen modifiziert werden. Alle "Argumentationen und Begründungen" seien bereits der Gemeinde "kundgetan" worden (Hinweis auf die verschiedenen Schreiben). Alle diese Einwände hätten auch "bei sorgfältiger Bauverhandlung mit dem Bauwerber besprochen werden können, um dem Bauwerber Gelegenheit zu geben, notwendige Tekturpläne nachzureichen".

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Rechtsausführungen (insbesondere § 15 TROG 1997 und § 26 TBO 1998) heißt es begründend, unstrittig sei, dass die vorliegendenfalls geplanten Wohneinheiten nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehung verbundenen Wohnbedürfnisses dienen sollten. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde enthalte auch keine Festlegung, wonach auf dem betreffenden Grundstück Freizeitwohnsitze einer bestimmten Zahl für zulässig erklärt würden. Damit sei entscheidungswesentlich, ob einer der Ausnahmefälle des § 15 Abs. 1 lit. a bis c TROG 1997 zum Tragen komme, wobei vorliegendenfalls auf Grund der Anzahl der Wohneinheiten bzw. auf Grund der Bettenanzahl nur der Fall des § 15 Abs. 1 lit. a leg. cit. (Gastgewerbebetrieb) maßgeblich sei.

Dies werde von der Berufungsbehörde, im Wesentlichen gestützt auf die Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft, verneint. Die Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft könnten aber nach Auffassung der belangten Behörde die Schlussfolgerung, dass gegenständlich jedenfalls von der Errichtung eines Freizeitwohnsitzes ausgegangen werden müsse, nicht ausreichend stützen. Vor allem die Auffassung, dass allein auf Grund der Planunterlagen darauf geschlossen werden müsse, es werde eine nicht der Gewerbeordnung unterliegende bloße Raumbestandsgabe erfolgen, sei nicht schlüssig. Für die Abgrenzung zwischen gastgewerblicher Beherbergung und nicht der Gewerbeordnung unterliegender bloßer Raumbestandsgabe sei vor allem auch die Art der geplanten Betriebsführung, und zwar insbesondere der Umfang der vom Vermieter erbrachten Dienstleistungen, von wesentlicher Bedeutung (Hinweis auf Grabler-Stolzlechner-Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, "§ 142 ONr. 4 und 5"). Allen Arten der gastgewerblichen Beherbergung sei die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beherbergung, wenn auch im unterschiedlichen Umfang, gemeinsam. Dass diesbezüglich Erhebungen angestellt worden wären, beispielsweise durch Befragung der Bauwerber, könne dem Akt nicht entnommen werden. Mangels näherer Erhebungen zur beabsichtigten Art der Betriebsführung sei daher nicht beurteilbar, ob tatsächlich keine gastgewerbliche Beherbergung erfolgen solle. Das Ermittlungsverfahren sei also jedenfalls unvollständig geblieben.

Es bleibe daher zu prüfen, ob allein auf Grund der Ausstattung des Gebäudes die Führung eines Gastgewerbebetriebes in diesem jedenfalls verneint werden könne. Auch dazu liege eine Äußerung der Bezirkshauptmannschaft mit dem Ergebnis vor, dass die vorgesehene Ausstattung die Führung eines Gastgewerbebetriebes zur Beherbergung von Gästen im betreffenden Gebäude ausschließe. Dabei werde offensichtlich Bezug auf die Ausstattungserfordernisse für Gastgewerbebetriebe genommen (Hinweis auf § 153 GewO). Es werde nun zwar zugestanden, dass eine im Hinblick auf die behauptete Gewerbeausübung unzureichende Ausstattung des Gebäudes ein Indiz dafür sein könne, dass eine gastgewerbliche Nutzung tatsächlich nicht erfolgen solle. Vor allem bei einem an den Bauwerber gerichteten Auftrag im Sinne des § 21 Abs. 3 TBO 1998, die Nichtschaffung eines Freizeitwohnsitzes glaubhaft zu machen, bzw. für die daran anknüpfende rechtliche Beurteilung nach § 26 Abs. 4, zweiter Halbsatz, leg. cit., könne diesem Umstand Relevanz zukommen. Aber abgesehen davon, dass ein Auftrag im Sinne des § 21 Abs. 3 TBO 1998 dem Akt nicht entnommen werden könne, reiche die Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft nach Auffassung der belangten Behörde für die von den Baubehörden gezogene Schlussfolgerung nicht aus. Welche Ausstattungserfordernisse sich für einen Gastgewerbebetrieb ergäben, hänge wohl auch wesentlich von der beabsichtigten Betriebsart ab. Der Akteninhalt lasse eine eindeutige Beantwortung dieser Frage nicht zu. In der Baubeschreibung sei von einem "Gästehaus" die Rede. An anderer Stelle werde von der Führung eines "Hotels" gesprochen. Da nicht einmal die geplante Betriebsart eindeutig feststehe, seien die Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft, in welchen auf eine unzureichende Ausstattung verwiesen werde, nicht nachvollziehbar. Zudem enthalte die von der Baubehörde herangezogene Stellungnahme auch keine Ausführungen dazu, ob das Vorbringen der Baubwerber, für die im antragsgegenständlichen Gebäude beherbergten Gäste stünden Infrastruktureinrichtungen im nahe gelegenen Wirtshaus zur Verfügung, zu einer anderen Beurteilung hinsichtlich der Erfüllung der Mindestausstattungserfordernisse führen müsse.

Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass das vorliegende Ermittlungsergebnis nicht ausreiche, um eine gastgewerbliche Nutzung des geplanten Gebäudes nachvollziehbar verneinen zu können. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass ergänzende Erhebungen allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten, erweise sich dieser Verfahrensmangel als wesentlich.

Wenn in der Begründung des Berufungsbescheides schließlich davon die Rede sei, dass die Bauwerber nach § 21 Abs. 3 TBO 1998 glaubhaft zu machen gehabt hätten, dass kein Freizeitwohnsitz geschaffen werde, könnte dies als Begründung für eine Abweisung des Bauvorhabens nach § 26 Abs. 4 lit. a 2. Halbsatz leg. cit. verstanden werden. Hiezu sei allerdings festzuhalten, dass ein ausdrücklicher Auftrag an die Bauwerber (Hinweis auf den zuvor genannten § 26), durch nähere Angaben über die vorgesehene Nutzung oder die Art der Finanzierung die "Nichtschaffung" eines Freizeitwohnsitzes (im Original unter Anführungszeichen) glaubhaft zu machen, dem Akteninhalt nicht entnommen werden könne. Die diesbezüglichen Ausführungen im Berufungsbescheid gingen daher schon aus diesem Grund ins Leere.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin hat auf die Gegenschrift repliziert, die belangte Behörde ihrerseits auf die Replik zur Gegenschrift.

Die belangte Behörde verweist unter anderem darauf, dass zwischenzeitig mit Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 17. August 1999 dem Zweitbauwerber die gewerbebehördliche Genehmigung einer näher umschriebenen Betriebsanlage für ein Gästehaus (das ist das verfahrensgegenständliche Gebäude) erteilt worden sei; der von der belangten Behörde nebst dem Bescheid samt Planunterlagen vorgelegten Verständigung der Gewerbebehörde über die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den 6. Juli 1999 ist zu entnehmen, dass das verfahrensgegenständliche Haus X als Dependance zu einem näher bezeichneten Gasthaus betrieben werden soll.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10 (TROG 1997), in der Fassung LGBl. Nr. 21/1998

anzuwenden.

§ 15 des TROG 1997 lautet auszugsweise:

"§ 15

Beschränkungen für Freizeitwohnsitze

(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:

a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen sowie Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen Einrichtungen, Betrieben oder Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten werden;

b) Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt höchstens zwölf Betten, die während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen);

entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem 1. Februar 1996 rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitz, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat;

Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen;

c) Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen. Sind in einem Gebäude oder in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, Ferienwohnungen und Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen, untergebracht, so darf die Zahl der Betten insgesamt zwölf nicht überschreiten.

(2) Als Freizeitwohnsitze dürfen nur mehr Wohnsitze verwendet werden, für die eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz nach § 16 Abs. 3 oder eine entsprechende Feststellung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 vorliegt. Darüberhinaus dürfen neue Freizeitwohnsitze durch Vorhaben im Sinne des Abs. 4 erster Satz im Wohngebiet und in Mischgebieten geschaffen werden, wenn dies durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Hiebei ist für das betreffende Grundstück die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen festzulegen.

(3) ...

(4) Die Baubewilligung für Neubauten, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, sowie für Zubauten und die Änderung des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden, Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen, durch die Freizeitwohnsitze neu geschaffen werden sollen, darf unbeschadet der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück eine Festlegung nach Abs. 2 zweiter und dritter Satz vorliegt und die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen auf diesem Grundstück nicht überschritten wird. Maßgebend ist die Anzahl der Freizeitwohnsitze auf Grund rechtskräftig erteilter Baubewilligungen.

(5) Weiters dürfen Wohnsitze auf Grund einer Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters nach diesem Absatz oder einer entsprechenden Ausnahmebewilligung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Die Ausnahmebewilligung ist nur zu erteilen:

a) auf Antrag des Erben oder Vermächtnisnehmers, wenn die Voraussetzungen nach § 5 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 61, in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und der betreffende Wohnsitz dem Antragsteller oder anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient;

b) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden Wohnsitzes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn ihm auf Grund geänderter Lebensumstände, insbesondere auf Grund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine andere Verwendung des Wohnsitzes nicht möglich oder zumutbar ist, der Wohnsitz anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf seine persönlichen oder familiären Verhältnisse oder seine Rechtsbeziehung zum Wohnsitz ein Interesse am Bestehen des Wohnsitzes hat."

Im Beschwerdefall ist weiters die Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15 (TBO 1998), in der Fassung LGBl. Nr. 7/1999, anzuwenden.

§ 21 Abs. 3 TBO 1998 lautet:

"(3) Ist auf Grund der Lage, der Ausgestaltung oder der Einrichtung eines Gebäudes, einer Wohnung oder eines sonstigen Gebäudeteiles die Verwendung als Freizeitwohnsitz entgegen dem § 15 Abs. 2 oder 5 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 nicht auszuschließen, so hat der Bauwerber insbesondere durch nähere Angaben über die vorgesehene Nutzung oder über die Art der Finanzierung glaubhaft zu machen, dass eine Verwendung als Freizeitwohnsitz nicht beabsichtigt ist."

§ 26 TBO 1998 lautet auszugsweise:

"3) Das Bauansuchen ist ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn bereits auf Grund des Ansuchens offenkundig ist, dass

a) das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan oder örtlichen Bauvorschriften widerspricht oder

b) durch das Bauvorhaben entgegen dem § 15 Abs. 4 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 ein Freizeitwohnsitz neu geschaffen oder entgegen dem § 16a Abs. 1 oder 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 ein Freizeitwohnsitz wieder aufgebaut oder erweitert werden soll oder

...

(4) Das Bauansuchen ist weiters abzuweisen,

a) wenn im Zuge des Verfahrens ein Abweisungsgrund nach Abs. 3 hervorkommt oder wenn der Bauwerber ungeachtet eines Auftrages der Behörde die Angaben nach § 21 Abs. 3 oder 4 nicht macht oder

(b) ..."

§ 39 und § 82 Abs. 7 AVG (idF BGBl. I Nr. 158/1998) lauten (§ 39 auszugsweise):

"§ 39. (1) Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens sind die Verwaltungsvorschriften maßgebend.

(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(3) ..."

"7) Alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von den §§ 13 Abs. 3 bis 8, 14, 18 Abs. 3 und 4, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 2 und 3, 42, 43, 44, 44a bis 44g, 59 Abs. 1 erster und zweiter Satz, 61 Abs. 1 zweiter Satz, 63 Abs. 2, 64a, 66 Abs. 1 und 2, 69 Abs. 2, 71 Abs. 1 Z 2, 73 Abs. 2 und 3 und 76 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 abweichen, treten mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind."

Die Auffassung der belangten Behörde, dass das Verfahren vor den Gemeindebehörden mangelhaft war, trifft jedenfalls im Ergebnis zu.

Zutreffend wurde erkannt, dass im Beschwerdefall die Frage entscheidungswesentlich ist, ob hier ein Gastgewerbebetrieb zur Beherbergung von Gästen im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a TROG 1997 geplant ist oder nicht. Unrichtig ist aber die Auffassung der Berufungsbehörde, dass für die Beurteilung dieser Frage einzig und allein das hier verfahrensgegenständliche Haus heranzuziehen wäre, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat. Diese von der belangten Behörde aufgezeigte - mögliche und gebotene - "Gesamtbetrachtung" unterblieb aber der Aktenlage zufolge.

Nach dem Gesagten ist die Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft vom 12. Oktober 1998, welcher von den Baubehörden entscheidende Bedeutung zugemessen wurde, unzureichend, weil darin nur isoliert das Haus X selbst beurteilt wird. Soweit die Bauwerber in ihrer Vorstellung allerdings vorbringen, sie hätten keine Gelegenheit gehabt, zu den Beweisergebnissen Stellung zu nehmen, ist dies nicht nachvollziehbar; sollte diese Stellungnahme vom 12. Oktober 1998 gemeint sein, wäre das Vorbringen unrichtig, weil ja Gelegenheit zur Stellungnahme bestand.

Richtig ist die Auffassung der belangten Behörde, dass der Abweisungsgrund nach § 26 Abs. 4 lit. a, 2. Halbsatz, TBO 1998 einen entsprechenden Auftrag nach § 21 Abs. 3 leg. cit. voraussetzt. Richtig ist weiters, dass ein solcher Auftrag, nämlich eine dezidierte Aufforderung, Angaben im Sinne des § 21 Abs. 3 leg. cit. zu machen, den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen ist, und zwar hinsichtlich keines der beiden Bauwerber. Zwar wurde die Thematik, ob ein Gastgewerbebetrieb vorliege, in einem Schriftverkehr zwischen der Baubehörde I. Instanz und dem Zweitbauwerber angeschnitten, es fällt aber auf, dass die Baubehörde I. Instanz eine Einbeziehung auch der Erstbauwerberin in diese Erörterungen unterlassen hat, wobei der Verwaltungsgerichtshof nicht der Auffassung ist, dass dies entbehrlich war, sind doch grundsätzlich alle Bauwerber in das Verfahren einzubeziehen. Vorliegendenfalls bestand kein Grund für eine abweichende Vorgangsweise. (Die in den Gemeindeakten festzustellende Vorgangsweise, einen Rückscheinbrief an mehrere Personen zu adressieren, ist im Übrigen unzulässig und daher nicht unproblematisch: siehe dazu Hauer, Tiroler Baurecht2, Anmerkung 3 zu § 29 TBO, mwN, oder auch die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, bei E 14 bis 16 zu § 7 ZustellG wiedergegebene hg. Judikatur, wie auch das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zlen. 93/06/0002 und 0003).

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Frage angeschnitten, ob die Bestimmungen des § 21 Abs. 3 bzw. § 26 Abs. 4 lit. a, 2. Halbsatz, TBO 1998 durch das Inkrafttreten der AVG-Novelle, BGBl. I Nr. 158/1998 zum 1. Jänner 1999 gemäß § 82 Abs. 7 AVG (in der Fassung dieser Novelle) wegen Widerspruches zu § 39 Abs. 2 AVG (ebenfalls in der Fassung dieser Novelle) mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten sein könnten.

Hiezu ist Folgendes zu erwägen: Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 39 Abs. 2 AVG in der Fassung vor dieser Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, korrespondiert dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, das heißt, eine solche (besondere) Mitwirkungspflicht des Antragstellers ist hinsichtlich jener Umstände anzunehmen, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. dazu insbesondere die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, bei E 125 ff zu § 39 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht § 21 Abs. 3 TBO 1998 diesen Grundsätzen (soll doch der Bauwerber unter den in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen Umstände bekannt geben, die seiner Sphäre zuzurechnen sind), wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass diese Bestimmung keine Beweislastumkehr anordnet, sondern bloß eine Glaubhaftmachung durch den Bauwerber. Es kann daher nicht gesagt werden, dass diese Bestimmung im Widerspruch zu § 39 Abs. 2 AVG n.F. stünde. Davon ausgehend, ist der Verwaltungsgerichtshof weiters der Auffassung, dass die auf § 21 Abs. 3 leg. cit. beruhende und auf diese Norm verweisende Bestimmung des § 26 Abs. 4 lit. a, 2. Halbsatz, leg. cit. ebenfalls den zuvor umschriebenen, von der Judikatur entwickelten Grundsätzen entspricht, zumal die Anwendung dieser Norm voraussetzt, dass ein Auftrag nach § 21 Abs. 3 leg. cit. zu Recht ergangen ist (was nur dann der Fall ist, wenn die in dieser Bestimmung genannten Eingangsvoraussetzungen vorliegen). Das bedeutet, dass auch § 26 Abs. 4 lit. a, 2. Halbsatz, TBO 1998 in Bezug auf § 21 Abs. 3 leg. cit. nicht außer Kraft getreten ist (die Frage, inwieweit es sich mit diesem Halbsatz verhält, soweit er auf § 21 Abs. 4 leg. cit. Bezug nimmt, ist vorliegendenfalls mangels Bezuges zum Beschwerdefall nicht zu erörtern).

Allerdings wäre das Verfahren vor den Gemeindebehörden auch dann von einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, wenn man davon ausginge, dass § 21 Abs. 3 TBO 1998 und der damit korrespondierende, oftmals genannten Teil des § 26 Abs. 4 leg. cit. mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten wären, weil auch diesfalls die Baubehörden verhalten gewesen wären, die bereits umschriebene Gesamtbetrachtung in ihre Überlegungen einzubeziehen und das Verfahren darauf auszurichten.

Die beschwerdeführende Gemeinde kann sich daher durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Aufhebung des Berufungsbescheides rechtens nicht für beschwert erachten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 5. Dezember 2000

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999060152.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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