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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Quasianlaßfall; Anlaßfallwirkung der teilweisen Aufhebung des §10 ApothekenG (betr. Bedarfsprüfung) mit E v 02.03.98, G37/97 ua.Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wies mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. März 1997 das Ansuchen der Beschwerdeführerin um die Erteilung einer Apothekenkonzession im Innsbrucker Stadtteil Pradl (Betriebsstätte im Einkaufszentrum Sillpark) ab, dies insbesondere deshalb, weil kein Bedarf iS des §10 Abs2 Z1 des Apothekengesetzes (ApG) bestehe.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§10 ApG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales erstattete eine Gegenschrift in der sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Er hat mit Erkenntnis vom 2. März 1998, G37/97 u.a. Zlen., in §10 ApG als verfassungswidrig aufgehoben:
im Abs2 die Z1,
den Abs3 zur Gänze,
im Abs5 die Wortfolge "3 oder".
Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg 10616/1985, 11711/1988).
Die erste mündliche Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 20. Juni 1997 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 20. Mai 1997 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1189.1997Dokumentnummer
JFT_10019392_97B01189_00