Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kamil K*****, gegen die beklagte Partei Iveta K*****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen Ehescheidung und Antrag nach § 394 Abs 1 EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. Dezember 2008, GZ 48 R 311/08b-443, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 28. Mai 2008, GZ 7 C 21/04z-422, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Vorausssetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit am 18. 5. 2004 (ON 19) erlassener einstweiliger Verfügung wurde der nunmehr Ersatzansprüche verfolgenden Beklagten verboten, Handlungen zu setzen, die zu einem Verlust der Ehewohnung führen, und über allenfalls von der Vermieterin erhaltene Geldleistungen (Finanzierungsbeitrag, Baukostenzuschuss) zu verfügen. Mit Beschluss vom 26. 1. 2005 (ON 88) hat das Erstgericht klargestellt, dass der Beklagten erlaubt ist, den für eine kleinere Wohnung erforderlichen Finanzierungsbeitrag aus dem bei einem Wohnungstausch frei werdenden Finanzierungsbeitrag zu leisten, und nur der Differenzbetrag gesperrt bleibe. Die einstweilige Verfügung wurde am 23. 6. 2005 (ON 107) aufgehoben.
Die Beklagte begehrte in ihrem Antrag nach § 394 Abs 1 EO vom 14. 4. 2008 (ON 411) 4.169,40 EUR sA (= 12 x 347,45 EUR) als Ersatz für jenen Vermögensnachteil, der ihr aus dem Mehraufwand für Mieten im Zeitraum Mai 2006 bis April 2007 entstanden sei. Die zu Unrecht erlassene einstweilige Verfügung bzw die undeutliche Fassung des Unterlassungsgebots habe die Beklagte daran gehindert, ihre große Ehewohnung gegen eine kleinere Wohnung in derselben Wohnhausanlage zu tauschen, wie dies mit dem Vermieter zunächst für Juni 2004 und später neuerlich für Dezember 2004 vereinbart gewesen sei. Zwar sei die einstweilige Verfügung ab 12. 10. 2005 nicht mehr wirksam gewesen, doch sei zu diesem Zeitpunkt ein Großteil des Guthabens aus dem Finanzierungsbeitrag der Ehewohnung infolge Kompensation mit Mietzinsrückständen verbraucht gewesen. Im Fall eines Wohnungstausches im Juni 2004 wäre ein Finanzierungsbeitrag von etwa 15.500 EUR frei geworden; nach Abzug der Mietzinsschulden (2.500 EUR) und eines Finanzierungsbeitrags für eine neue kleinere Wohnung wären rund 6.000 EUR verblieben. Die Mietzinsdifferenz zwischen der Ehewohnung und einer kleineren Wohnung betrage monatlich brutto 347,45 EUR.
Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Antrags. Nach der eigenen Rechnung der Beklagten hätte sie bei einem Wohnungstausch im Juni 2004 über einen Finanzierungsrestbetrag von 6.000 EUR verfügt; mit diesem Betrag wäre der Mietzinsmehraufwand für rund 17 Monate (bis Jänner 2006) gedeckt gewesen. Dies bedeute, dass bis Jänner 2006 aus dem alten Finanzierungsbeitrag ein neuer Finanzierungsbeitrag für eine Tauschwohnung bezahlt werden hätte können. Die Beklagte hätte zwischen Jänner 2005 (Freiwerden eines Teils des Finanzierungsbeitrags infolge Klarstellung durch das Erstgericht) und Jänner 2006 genügend Zeit für einen Wohnungstausch gehabt, für den auch noch der entsprechende Finanzierungsbeitrag vorhanden gewesen wäre. Das Begehren sei deshalb unschlüssig und schon aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Revisionsrekurs gegen bestätigende Beschlüsse des Rekursgerichts ist insoweit nicht jedenfalls unzulässig, als Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens die Bekämpfung einer über den Entschädigungsantrag nach § 394 Abs 1 EO getroffenen Entscheidung ist (RIS-Justiz RS0104478 [T1]) und der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz 4.000 EUR übersteigt (4 Ob 45/08h). Im Rechtsmittel wird aber keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
2.1. Die Beklagte macht als Mangel des Rekursverfahrens geltend, dass das Rekursgericht das Begehren zwar als unschlüssig erkannt, dem Erstgericht jedoch nicht die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens aufgetragen habe.
2.2.1. Fraglich ist, ob im Verfahren über einen Antrag nach § 394 Abs 1 EO die Verbesserung von Inhaltsmängeln im verfahrenseinleitenden Schriftsatz überhaupt möglich ist.
2.2.2. Ersatzansprüche nach § 394 Abs 1 EO wurden vom Gesetzgeber bloß deshalb nicht in den Zivilprozess verwiesen, weil ein summarisches Verfahren das erforderliche Gegengewicht für das Rechtsschutzdefizit des Verfügungsgegners vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung bildet, und das Wesen dieses Verfahrens in der vom Gesetzgeber angestrebten Effizienz liegt. Demnach soll für den einschneidenden Eingriff in die Rechtssphäre des Verfügungsgegners durch eine ungerechtfertigte einstweilige Verfügung auch ein rascher Ausgleich geschaffen werden (4 Ob 107/07z mwN).
2.2.3. Für das Sicherungsverfahren ist eine Anleitung iSd § 182 ZPO (materielle Prozessleitung) zur Behebung von Inhaltsmängeln (zB solche durch Unschlüssigkeit) nach Schrifttum und Rechtsprechung nicht erforderlich (E. Kodek in Angst, EO² § 389 Rz 5; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, § 378 Rz 1 je mwN). Eine Erörterung des Parteienvorbringens, um dem Antragsteller die Möglichkeit zu geben, sein Vorbringen zu ergänzen, kommt im Verfahren zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0005452 [T11]). Für das summarische Verfahren nach § 394 Abs 1 EO könnten aus Gründen der Waffengleichheit dieselben Grundsätze gelten.
2.3. Die aufgeworfene Frage kann hier offen bleiben. Der Revisionsrekurs zeigt nämlich die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht auf. Bei fehlender Schlüssigkeit des Sachantrags hat die Partei in dritter Instanz darzulegen, welches konkrete Sachvorbringen sie erstattet hätte, um ihren Sachantrag schlüssig zu machen (vgl 5 Ob 143/08b = RIS-Justiz RS0043027 [T7]). Die Revisionsrekurswerberin begnügt sich hier mit dem Vorwurf, das Rekursgericht habe die Sache nicht zur Verbesserung an das Erstgericht zurückverwiesen, zeigt aber nicht auf, welches ergänzende Sachvorbringen die Abweisung ihres Antrags mangels Schlüssigkeit abgewendet hätte.
3. Auch im Verfahren nach § 394 Abs 1 EO ist das rechtliche Gehör zu wahren (RIS-Justiz RS0008311). Soweit allerdings die Beklagte einen solchen Verfahrensfehler behauptet, ist sie davon nicht betroffen und kann diesen Umstand mangels Beschwer nicht geltend machen (vgl RIS-Justiz RS0042108). Davon abgesehen hat das Erstgericht dem Kläger den verfahrenseinleitenden Antrag ohnehin zur Äußerung binnen 14 Tagen zugestellt (ON 418) und ihm damit Gelegenheit zur Stellungnahme und zum Vorbringen ihm vorteilhafter Tatsachen und Beweismittel geboten.
Textnummer
E90845European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00044.09P.0512.000Im RIS seit
11.06.2009Zuletzt aktualisiert am
19.09.2012