Index
L82000 Bauordnung;Norm
BauPolG Slbg 1997 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des H H in S, vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 17. November 1999, GZ MD/00/38597/99/12 (BBK/26/99), betreffend einen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Parteien: Dipl. Ing. G T und A T, beide in S) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Aktenlage zufolge ist der Beschwerdeführer Eigentümer eines Grundstückes in Salzburg, auf welchem sich ein Haus befindet. Die mitbeteiligten Parteien sind Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes, auf welchem ebenfalls ein Haus errichtet ist. Im Anschluss an verschiedene Eingaben (und offensichtlich, wie den Akten zu entnehmen ist, telefonische Erörterungen) beantragte der Beschwerdeführer mit der am 19. Oktober 1998 eingebrachten Eingabe vom selben Tag die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zwecks Beseitigung einer, so das Vorbringen, ohne baubehördliche Bewilligung konsenslos errichten Holzkonstruktion beim ("Anbau" an das) Haus der mitbeteiligten Parteien. Nach verschiedenen Verfahrensschritten (darunter Erhebungen an Ort und Stelle) wies die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 19. April 1999 den Antrag als unzulässig zurück. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass diese pergolaartige Holzkonstruktion keinen "Bau" im Sinne des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997, LGBl. Nr. 40 (BauPolG), darstelle, was aber Vorraussetzung für einen zulässigen Antrag eines Nachbarn auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages wäre.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.
Die umfängliche Begründung des angefochtenen Bescheides (dieser umfasst 26 Seiten) lässt sich (von der Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage abgesehen) auf das Wesentlichste wie folgt zusammenfassen:
Die Beschaffenheit der streitgegenständlichen Konstruktion ergebe sich aus aktenkundigen Lichtbildern und aus Erhebungen im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens. Diese Berichte vom 18. Jänner 1999 und vom 17. März 1999 lauten wie folgt (zitiert nach der Wiedergabe im angefochtenen Bescheid):
"a) Revisionsbericht vom 18.1.1999 (ON 15 im Bauakt),
'Bezüglich der konstruktiven Ausführung wird nachstehendes, ausgeführt:
Die Pergola, welche südlich an das Wohnobjekt E-Straße 26 angrenzt, wurde auf eine nichtfundierte Holzterrasse mittels
'Stahlschuhen' (U-Profilen) aufgesetzt. Die Terrasse weist im mittleren Bereich eine Höhe von 25 cm und in den seitlichen Bereichen eine Höhe von 10 cm, jeweils gemessen vom südlich angrenzenden Gartenbereich aus, auf.
Mit einem Abstand von 2,16 m zur Außenkante des Wohnobjektes wurden drei Holzstützen vorgesehen, wobei die mittlere die westliche Hausfront fortsetzt. Eine weitere Holzstütze wurde östlich in einem Abstand von 0,94 m zur Außenkante des Objektes und mit einem Abstand von 1,36 m zur östlichsten Holzstütze im Bereich der Grundgrenze errichtet, es ergibt sich somit eine Gesamtlänge der Pergola (gemessen von Stützenaußenkante zu Stützenaußenkante) mit 5,93 m. Die Holzstützen weisen die Dimension von 11 cm x 11 cm auf.
Die insgesamt 4 Holzstützen werden mit je einem Zangenpaar umfasst, wobei diese eine Dimensionierung von je zwei mal 7,5 cm x 14 cm aufweisen. Im Bereich des Wohnhauses wurden die drei östlich gelegenen Zangenpaare mit einem 'Holzwürfel' Abstandhalter ausgestattet. Der Abstandhalter des östlichsten Zangenpaares wurde mittels einer Verschraubung direkt mit der Hauswand verbunden. Die beiden mittleren Zangenpaare verlaufen unterhalb des Sturzes der Terrassentür und wurden deren Abstandhalter direkt an diesem Sturz ebenfalls mit einer Verschraubung versehen.
Auf die vorgenannten Zangenpaare wurden sechs Sparren ebenfalls mit dem Querschnitt von 7,5 cm x 15 cm aufgebracht, wobei der südlichste mittig über den Stützen zu liegen kommt. Durch diese Situierung ergibt sich ein Abstand zwischen den Sparren von ca. 28 cm. Das westlich gelegenen Zangenpaar reicht nicht an das Wohnobjekt heran und wird demnach mit dem nächstgelegenen Zangenpaar durch eine Hilfskonstruktion verbunden und wurde hier im Bereich der Hauswand ein siebter Sparren vorgesehen.
Die Höhe der Konstruktion ergibt ein Gesamtmaß (Oberkante Sparren) von 2,77 m bis zur Terrassenoberkante und somit ein Maß von 2,87 m zum angrenzenden Gelände.
Zwischen der Hauswand und der östlichst gelegenen Stütze wurde eine Glastüre (Klarglas) vorgesehen, die eine Höhe von 2,16 m und eine Breite von 0,94 m aufweist und dabei einen Abstand von 4 cm zur Terrassenoberkante einhält. Auch zwischen der östlichst gelegenen Stütze und der nächstgelegenen Stütze wurde eine Glasfüllung gleicher Höhe und Höhenlage mit einer Breite von 1,76 m situiert, wobei es sich hier um ein Fixelement ebenfalls in Klarglas handelt.
Als Erläuterung zum Vorstehenden wird ein Grundriss, eine Vorderansicht, Lageplan und Fotos beigelegt ...' (vgl. die diesbezüglichen Unterlagen unter ON 16, 17, 17a und 18).
b) Ergänzende Stellungnahme vom 17.3.1999 (ON 23 im Bauakt):
'Ergänzend zum Revisionsbericht vom 18.1.1999 wird ausgeführt, dass die Pergola keinen Einfluss auf die mechanische Festigkeit und Standsicherheit des Wohnobjektes hat, da es sich um eine leichte Holzkonstruktion handelt, die lediglich an drei Punkten mit dem Wohnobjekt verbunden ist. Auch auf die Brandsicherheit des Wohnhauses hat die Pergola keine negativen Auswirkungen, da durch die Art der Konstruktion keine größere Belastung erreicht wird wie durch herkömmliche Gartengeräte (Tisch, Liegestuhl, u.dgl.). Die beiden vorstehenden Faktoren können ausgeschlossen werden, da keine brennbaren Teile konstruktiv übergreifend von Pergola und Wohnhaus miteinander verbunden sind und Anbindung an das Wohnobjekt konstruktiv lediglich mit drei Metallstiften vorgenommen wurde."
Dem Beschwerdeführer als Nachbarn komme ein Anspruch auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages nur gemäß § 16 Abs. 6 BauPolG zu (wird näher dargelegt). Zu anderen Aspekten komme dem Beschwerdeführer als Nachbar in einem baupolizeilichen Auftragsverfahren kein Mitspracherecht zu.
Die gegenständliche Konstruktion weise keine (vollflächige) Überdachung oder Überdeckung auf (ein "Dach" schließe ein Mauerwerk nach oben ab und schütze es gegen Witterungseinflüsse - Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 97/06/0172). Die gegenständliche Konstruktion sei daher nicht als "Bau" im Sinne des § 1 Abs. 1 BauPolG anzusehen, weil kein "Raum" gegeben sei, sei doch diese Konstruktion "nach oben" (offen). Die parallel zur Grundgrenze bzw. zur Südfront des Hauses der Mitbeteiligten horizontal in einer Höhe von 2,50 m bis 2,70 m gelegenen Holztrame seien so angebracht, dass keinesfalls von einer "Dachwirkung" und letztlich von einer raumbildenden Wirkung gesprochen werden könne. Es liege auch kein Zubau vor (ein Zubau sei jede Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter und lotrechter Richtung - Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 1997, Zl. 96/06/0105). Es handle sich somit vorliegendenfalls weder um einen "Bau" noch um einen "Zubau", sodass ein subjektivöffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung eines bestimmten Nachbarabstandes nicht gegeben sei.
Die beiden Grundstücke (und die darauf errichteten Häuser) seien Teil eines einheitlichen Verbauungskonzeptes gewesen und lägen innerhalb eines Bauplatzes; die Grundstücksgrenze zwischen diesen beiden Grundstücken sei somit keine Bauplatzgrenze. Auch aus diesem Grund könne die streitgegenständliche Konstruktion nicht gegen Abstandsbestimmungen verstoßen, die die Abstände zu Grenzen des Bauplatzes regelten. Der behauptete Beseitigungsanspruch des Beschwerdeführers ließe sich auch nicht aus § 8 Abs. 1 des Salzburger Bautechnikgesetzes (BauTG) ableiten, weil sich diese Abstandsregelungen (soweit sie im Beschwerdefall in Frage kämen) nur auf den Mindestabständen von den Grenzen des Bauplatzes bezögen, und vorliegendenfalls die gemeinsame Grundgrenze zwischen den beiden gegenständlichen Grundstücken eben keine "Bauplatzgrenze" darstelle, ganz abgesehen davon, dass die gegenständliche Konstruktion nicht als ein Bauteil im Sinne dieser Gesetzesstelle zu verstehen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 16 Abs. 6 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 (BauPolG), LGBl. Nr. 40 (das Gesetz in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 96/1999) steht dem Nachbarn das Recht zu, die Erlassung baupolizeilicher Aufträge nach Abs. 1 bis 4 dieses Paragraphen (dazu zählt auch ein Beseitigungsauftrag) zu beantragen, wenn durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung einer baulichen Maßnahme gegen eine Bestimmung betreffend Abstände zu der Grenze des Bauplatzes oder zu anderen Bauten verstoßen wird und er hiedurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wird.
§ 25 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG), LGBl. Nr. 69/1968 das Gesetz in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 4/1999), trifft nähere Bestimmungen zur Lage der Bauten im Bauplatz, insbesondere zu den Abständen der Bauten von der Grundgrenze, aber auch innerhalb des Bauplatzes voneinander.
§ 1 BauPolG enthält Begriffsbestimmungen; Abs. 1 dieser Bestimmung lautet auszugsweise:
"§ 1
(1) Im Sinn dieses Gesetzes gilt als Bau: ein überdachtes oder überdecktes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und wenigstens einen Raum zum Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung von Sachen umfasst; als Bauwerk ist hiebei eine bauliche Anlage anzusehen, die bei ordnungsgemäßer Errichtung mit dem Boden verbunden ist und zu deren Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind; das Vorliegen von Seitenwänden ist für einen Bau nicht wesentlich;
bauliche Anlage: das durch eine bauliche Maßnahme oder auf Grund des § 2 Abs 2 bewilligungsfrei Hergestellte sowie Stütz- und Futtermauern, Aussichtswarten und Sprungschanzen;
Bauführung: die Errichtung oberirdischer oder unterirdischer Bauten einschließlich der Zu-, Auf- und Umbauten;
bauliche Maßnahme: die Durchführung einer nach baurechtlichen Vorschriften bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Maßnahme;
..."
§ 8 Abs. 1 des Salzburger Bautechnikgesetzes (BauTG), LGBl. Nr. 75/1976 (das Gesetz in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 96/1999), trifft Bestimmungen dahingehend, welche Bauteile über die Baulinie oder die Baufluchtlinie sowie in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes vortreten dürfen.
Die Begriffe "Baulinie" und "Baufluchtlinie" sind im § 31 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 (ROG 1998), LGBl. Nr. 44, definiert und haben Bezug auf die Verkehrsfläche; diese Aspekte sind daher im Beschwerdefall (wo eine Verkehrsfläche keine Rolle spielt) ohne Belang.
Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass die verfahrensgegenständliche Holzkonsruktion kein "Bau" ist, weil es an einer Überdachung oder Überdeckung mangelt. Der entgegengesetzten Auffassung des Beschwerdeführers, dies sei der Fall, weil die Konstruktion mit schweren Holztramen überdeckt sei, die so angelegt seien, dass mit einem dichten Pflanzenbewuchs auch eine vollständige Überdachung möglich sei, ist nicht zu folgen. Diese Trame können nicht als "Dach" angesehen werden, nach dem festgestellten Sachverhalt kann auch nicht gesagt werden, dass sie diese Konstruktion nach oben hin in einer Weise abdecken würden, dass dem schon raumbildende Wirkung zukäme (dahin ist der nicht näher definierte Begriff "Überdeckung" jedenfalls vor dem Hintergrund des Beschwerdefalls zu deuten). Auf einen (möglichen, künftigen) Pflanzenbewuchs kommt es dabei nicht an.
Die Konstruktion in ihrer Gesamtheit kann auf Grund ihrer festgestellten Beschaffenheit auch nicht als abstandsrelevanter Teil eines Baues, nämlich des Hauses selbst, angesehen werden (also insbesondere auch nicht als Zubau bzw. als "Anbau", wie dies in der Beschwerde genannt wird). Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, stellte sich die Frage, ob diese Konstruktion als Bauteil im Sinne des § 8 Abs. 1 BauTG angesehen werden könnte, vorliegendenfalls sachverhaltsmäßig deshalb nicht, weil die Einhaltung von Abständen weder zu Baugrenzlinien oder Baufluchtlinien (mangels Bezuges zu einer Verkehrsfläche) noch zu den Grenzen des Bauplatzes (weil eben die gemeinsame Grundstücksgrenze keine Bauplatzgrenze ist) in Frage steht. Auch sonst gibt es keine Bestimmung, wonach die gegenständliche Konstruktion einen bestimmten Abstand zum Haus des Beschwerdeführers (das wäre hier ein "anderer Bau" im Sinne des § 16 Abs. 6 BauPolG) einhalten müsste, was der Beschwerdeführer insofern auch gar nicht behauptet (er argumentiert, wie gesagt, vielmehr damit, dass es sich um einen "Anbau" zum Haus der mitbeteiligten Parteien handle).
Damit haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 BauPolG nicht vorliegen, sodass der Antrag des Beschwerdeführers zutreffend zurückgewiesen wurde. Die Frage, ob die Baubehörden von Amts wegen aus anderen Gründen baupolizeiliche Aufträge erteilen dürften oder nicht, hat nicht Gegenstand dieses Verfahrens zu sein, weil dem Beschwerdeführer diesbezüglich kein Mitspracherecht zukommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1998.
Wien, am 5. Dezember 2000
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999060204.X00Im RIS seit
11.07.2001