Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Konkurssache des Hubert P*****, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, über den „außerordentlichen" Revisionsrekurs der Hermine B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 12. Februar 2009, GZ 2 R 291/08h-56, mit dem der Rekurs der Gläubigerin zurückgewiesen und dem Rekurs des Schuldners nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 19. 12. 2007 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Schuldners das Schuldenregulierungsverfahren. Der Masseverwalter stellte in der Tagsatzung am 24. 9. 2008 den Antrag auf kridamäßige Versteigerung von drei Fahrzeugen des Schuldners. Hinsichtlich dieser drei PKW war vom Schuldner behauptet worden, diese bereits an die Rechtsmittelwerberin verkauft zu haben. In den von ihm vorgelegten Kaufverträgen scheint als Käuferin der Fahrzeuge jeweils Christine B***** auf. Im Kaufvertrag vom 17. 11. 2005 über einen Mercedes 350 SE ist als Datum der Erstzulassung der 8. 3. 1973, ein Kilometerstand von ca 95.000 und ein Kaufpreis von 3.030 EUR genannt; im Kaufvertrag vom 15. 8. 2005 über einen Audi A4 scheint als Datum der Erstzulassung der 14. 8. 1996, ein Kilometerstand von ca 185.000 und ein Kaufpreis von 5.500 EUR auf; der Kaufvertrag vom 14. 5. 2006 über einen Opel Corsa weist als Datum der Erstzulassung den 10. 7. 1990, einen Kilometerstand von rund 22.000 und einen Kaufpreis von 400 EUR aus. Die Rechtsmittelwerberin behauptet ebenfalls, die drei Fahrzeuge vom Schuldner gekauft zu haben.
Das Erstgericht ordnete mit Beschluss vom 24. 10. 2008 die kridamäßige Versteigerung der drei Fahrzeuge an. Es ging davon aus, dass diese mit der Abrede verkauft worden seien, dass die geleistete Summe wieder zurückgezahlt werde, sobald der Verkäufer finanziell dazu in der Lage sei. Eine derartige Vereinbarung sei nicht als gewöhnlicher Kaufvertrag, sondern als Vereinbarung zur Begründung von Sicherungseigentum zu qualifizieren. Sicherungseigentum gewähre im Konkurs keinen Aussonderungsanspruch.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Schuldners nicht Folge und wies jenen der „Gläubigerin" zurück. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass die „Gläubigerin" Aussonderungsrechte an den drei Fahrzeugen geltend mache. Auf diese sei im Bestreitungsfall kein Bedacht zu nehmen, solange sie nicht rechtskräftig festgestellt seien. Daher sei der Aussonderungsberechtigte kein im Konkursverfahren Beteiligter und es stehe ihm das Rekursrecht nicht zu (RIS-Justiz RS0064210).
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand bei keinem der betroffenen Fahrzeuge und auch nicht insgesamt mit 4.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der als „außerordentlich" bezeichnete Revisionsrekurs der Hermine B***** wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den „unrichtigen Beschluss" des Rekursgerichts aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist jedenfalls unzulässig.
Gemäß § 171 KO sind auf das Konkursverfahren, soweit in der Konkursordnung nichts anderes angeordnet ist, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und ihre Einführungsgesetze sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs (von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen) jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert 4.000 EUR nicht übersteigt. Gemäß § 526 Abs 3 ZPO sind auf Rekursentscheidungen die §§ 500 und 500a ZPO sinngemäß anzuwenden. Nach § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO hat das Gericht zweiter Instanz in seinem Urteil (bzw Beschluss) auszusprechen, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 4.000 EUR übersteigt oder nicht; gemäß Abs 3 leg cit sind bei den Aussprüchen nach Abs 2 Z 1 leg cit die §§ 54 Abs 2, 55 Abs 1 bis 3, 56 Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden.
Die Rechtsmittelwerberin bekämpft (unter anderem) den Ausspruch des Rekursgerichts, wonach der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige mit dem Argument, für die Fahrzeuge einen Kaufpreis von insgesamt 8.930 EUR bezahlt zu haben.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Oberste Gerichtshof an die Bewertung des Streitgegenstands durch das Berufungsgericht - und gleichermaßen gemäß § 526 Abs 3 ZPO durch das Rekursgericht - grundsätzlich gebunden (RIS-Justiz RS0042515; RS0042410). Eine Bindung besteht (nur) dann nicht, wenn das Berufungs-(Rekurs-)gericht zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verletzt oder den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat (6 Ob 63/05s; 3 Ob 38/06v; 10 Ob 33/04g; auch 1 Ob 244/06y ua). Das Berufungs-(Rekurs-)gericht darf den Wert des Entscheidungsgegenstands - bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache - weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen; ist eine solche Fehlbewertung offenkundig, ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118748). Im hier zu beurteilenden Fall bestehen weder zwingende Bewertungsvorschriften noch kann im Bewertungsausspruch des Rekursgerichts eine offenkundige Unterbewertung erblickt werden. Abgesehen davon, dass das Rekursgericht nicht an die in den jeweiligen Kaufverträgen genannten Kaufpreise (einer namensverschiedenen anderen Käuferin) gebunden ist, datieren die behaupteten Kaufverträge bezüglich des Mercedes (Baujahr 1973) sowie des Audi A4 (Baujahr 1996) jeweils aus dem Jahr 2005 (der 2006 verkaufte „Opel" spielt wegen des geringen Kaufpreises von 400 EUR bei der Bewertung keine entscheidungswesentliche Rolle), sodass gegenüber der rund drei Jahre später erfolgten Anordnung der kridamäßigen Versteigerung notorisch ein weiterer Wertverlust der Fahrzeuge eingetreten ist.
Der Revisionsrekurs erweist sich daher als jedenfalls unzulässig, ohne dass auf die Frage der Rekurslegitimation der Rechtsmittelwerberin weiter einzugehen ist.
Textnummer
E90977European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00057.09D.0519.000Im RIS seit
18.06.2009Zuletzt aktualisiert am
01.09.2010