Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Ing. Heinz K*****, vertreten durch Dr. Ludwig Beurle, Dr. Rudolf Mitterlehner und Dr. Klaus Oberndorfer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die Antragsgegner 1.) Viktor D*****, als eingeantworteter Erbe nach Maria D*****, 2.) Viktor D*****, 3.) Anna E*****c, 4.) Alfred Le G*****, 5.) Ewald M*****, 6.) Benno M*****, 7.) Ing. Bernhard M*****, 8.) Gabriele M*****, 9.) Ercan Ö*****, 10.) Meryen Ö*****, 11.) Lucia P*****, 12.) Anneliese S*****, 13.) Helmut S*****,
14.) Therese U*****, 15.) Trautlinde W*****, und 16.) Eleonora W*****, wegen: Sachkosten-Aufteilungsschlüssel im Umlegungsverfahren, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Juni 2008, GZ 45 R 145/08v-34, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 21. Dezember 2007, GZ 2 Nc 28/07t-22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Anlässlich eines Grundstücks-Umlegungs- verfahrens nach §§ 22 ff der Bauordnung für Wien (Wr BauO) wurden mit Bescheid der Magistratsabteilung (MA) 64 vom 24. 1. 2007, MA 64-6731/2006, die Sachkosten (einschließlich der Kosten für die Erstellung des Umlegungsplans) auf die beteiligten Eigentümer aufgeteilt. Der Antragsteller beantragte, die in diesem Bescheid nach § 34 Abs 1 Wr BauO vorgeschriebene Aufteilung der Sachkosten aufzuheben und die Kosten des Umlegungsplans nach Maßgabe des Anteils der jeweils eingebrachten Flächen an der Gesamtfläche der in das Umlegungsverfahren einbezogenen Grundstücke aufzuteilen. Die Antragsgegner zu 3.) und 15.) traten diesem Antrag ausdrücklich entgegen. Die übrigen Antragsgegner beteiligten sich nicht am Verfahren.
Das Erstgericht wies den Antrag des Antragstellers auf Abänderung des Aufteilungsschlüssels ab. Rechtlich folgerte es, dass gemäß § 34 Abs 3 Wr BauO die Sachkosten im Umlegungsverfahren (in concreto die Sachverständigenkosten in Höhe von 27.009,60 EUR) durch Umlegungsbeiträge zu decken seien. Die Höhe der Beiträge richte sich nach den „Eigentumsanteilen an den eingebrachten Grundstücken ...". Um dem Gesetzesauftrag zu entsprechen, benötige das Gericht daher die Höhe der Kosten, die Anzahl der eingebrachten Grundstücke und die Eigentumsquoten an diesen Grundstücken. Die Vorschrift „nach Eigentumsanteilen" bedeute, dass jedem Miteigentümer der auf ihn entfallende Beitrag anteilsmäßig direkt entsprechend seiner Miteigentumsquote vorzuschreiben sei und somit unter den Grundstückseigentümern keine Solidarhaftung bestehe; jeder hafte nur für seinen Anteil. Eine Aufteilung nach Grundstücksgrößen, Schätzwert, Lage, Beschaffenheit, nach Anteilen an der „Umlegungsmasse" usw sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Ausgehend von dieser Rechtsansicht habe die MA 64 die Umlegungsbeiträge den einzelnen Miteigentümern an den eingebrachten Grundstücken anteilsmäßig richtig vorgeschrieben. Eine Korrektur habe durch das Gericht, das an den Gesetzeswortlaut gebunden sei, nicht zu erfolgen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluss auf, trug dem Erstgericht auf, „eine umfassende" Sachentscheidung über die Tragung der Sachkosten aller Verfahrensbeteiligten zu treffen, und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Seine rechtliche Beurteilung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Gemäß § 31 Abs 3 Wr BauO könne jede Partei des Umlegungsverfahrens binnen drei Monaten ab Zustellung des Umlegungsbescheids die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Höhe der Geldentschädigung und des Wertausgleichs begehren. Das Gericht habe über den Antrag im Verfahren außer Streitsachen zu erkennen. Gemäß § 34 Abs 6 Wr BauO habe die Abrechnung der Sachkosten mit Bescheid des Magistrats zu erfolgen. Gegen diesen Bescheid sei die Anrufung der ordentlichen Gerichte im Sinn des § 31 Abs 3 leg cit zulässig. Mit dem Einlangen des Antrags bei Gericht trete die Entscheidung über die Abrechnung der Sachkosten außer Kraft. Es sei diesbezüglich eine neue Entscheidung zu treffen.
Nach § 34 Abs 3 Wr BauO seien die Sachkosten durch Umlegungsbeträge zu decken, deren Höhe sich nach den Eigentumsanteilen an den eingebrachten Grundstücken mit Ausnahme des öffentlichen Gutes richte, wobei allfällige Überschüsse in derselben Weise zu verteilen seien. Da Eigentum nur jeweils einer oder mehreren natürlichen bzw juristischen Personen zustehen könne und andererseits jedem Einbringenden jeweils nur an den von ihm eingebrachten Grundstücken Eigentum zustehe, seien die Kosten des Umlegungsplans zunächst durch die Anzahl der eingebrachten Grundstücke zu teilen; die dadurch ermittelten Teilbeträge seien allenfalls auf Miteigentümer entsprechend deren Quoten aufzuteilen. Bestehe - wie im Fall des Antragstellers - Alleineigentum an dem eingebrachten Grundstück, sei daher der gesamte Teilbetrag zu entrichten. Dass dieses Ergebnis in Einzelfällen zu „Härten" führen könne, weil ein Antragsteller, der bloß ein sehr kleines Grundstück eingebracht habe, gleichwohl den vollen Kostenteilbetrag zu entrichten habe, sei dem Antragsteller zuzugestehen. Das Gesetz in seiner derzeitigen Fassung lasse aber nach Ansicht des Rekurssenats schon seinem Wortlaut nach keine andere als die vom Erstgericht vorgenommene Auslegung zu. Wäre es die Absicht des Gesetzgebers gewesen, die Sachkosten nach Maßgabe des prozentuellen Anteils des eingebrachten Grundstücks an der Gesamtfläche aufzuteilen, so hätte er dies im Wortlaut des § 34 Abs 3 Wr BauO durch eine Bezugnahme auf die Fläche der Umlegungsmasse statt auf die einzelnen Grundstücke und die Eigentumsanteile daran deutlich gemacht. Gegen diese Auslegung spreche auch nicht, dass § 34 Abs 3 Wr BauO die „eingebrachten Grundstücke" Grundflächen, die dem öffentlichen Grund angehören, gegenüberstelle. Daraus folge nicht, dass von der Gesamtfläche auszugehen und dann der prozentuelle Anteil jedes Antragstellers zu ermitteln wäre, was tatsächlich auf eine Kostenverteilung nach Maßgabe der jeweils eingebrachten Flächen hinausliefe. Vielmehr sei diesem Wortlaut zu entnehmen, dass einerseits das öffentliche Gut nicht in die Zahl der Grundstücke einzubeziehen sei, durch die der Kostenbetrag zu teilen sei, und andererseits, dass gleiche Eigentumsanteile für die Zwecke der Kostenaufteilung gleich zu behandeln seien.
Da entgegen der Ansicht des Erstgerichts eine Abweisung des Antrags im Gegensatz zur Zurücknahme des Antrags den Bescheid der Verwaltungsbehörde nicht wieder aufleben lasse, sei eine Aufhebung des Beschlusses zur Entscheidung über die anteilsmäßige Tragung der Sachkosten aller Grundstückseigentümer nicht zu vermeiden. Mangels Vorliegens von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des § 34 Abs 3 Wr BauO sei der Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG zuzulassen. Dem stehe § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG nicht entgegen, weil es sich bei den Kosten eines Umlegungsplans um Sachkosten und nicht um Verfahrenskosten im engeren Sinn handle. Gegen diesen Beschluss richtet sich der - nach Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist durch das Erstgericht - rechtzeitige Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Erstgericht aufzutragen, seine Sachentscheidung so zu fällen, „dass die Sachkosten im Umlegungsverfahren gemäß §§ 22 ff Wr BauO gemäß den Eigentumsanteilen an der Umlegungsmasse aufgeteilt werden"; in eventu den angefochtenen Beschluss insofern abzuändern, „als die Sachkosten im Umlegungsverfahren gemäß §§ 22 ff Wr BauO gemäß den Eigentumsanteilen an der Umlegungsmasse aufgeteilt werden"; hilfsweise regt der Rechtsmittelwerber schließlich an, der Oberste Gerichtshof möge gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, die Worte „Eigentumsanteilen an den eingebrachten Grundstücken", in eventu die Wortfolge „eingebrachten Grundstücken" in § 34 Abs 3 Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuch (Bauordnung für Wien - Wr BauO) LGBl Nr 11/1930 idgF als verfassungswidrig aufzuheben.
Die Antragsgegner haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig. Er ist auch (nur inhaltlich nicht im Ergebnis) berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass der Zulässigkeit des Revisionsrekurses § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG nicht entgegensteht. Daran, dass der Anspruch auf Neuaufteilung der Sachkosten ein eigenständiger Anspruch (ohne Kostencharakter iS dieser Gesetzesstelle) ist, besteht schon angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 34 Abs 6 iVm § 31 Abs 3 Wr BauO (sukzessive Kompetenz) kein Zweifel.
Den Parteien steht der Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss nicht nur dann zu, wenn sie die Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung bekämpfen, sondern auch dann, wenn sie lediglich die dem Erstgericht erteilten Aufträge und Bindungen anfechten, obwohl sich diese nur aus den Gründen des Beschlusses ergeben, da nicht nur die Aufhebung selbst, sondern auch eine nachteilige Rechtsansicht im Aufhebungsbeschluss die verfahrensrechtliche Stellung der Parteien beeinträchtigt (RIS-Justiz RS0007094; 9 ObA 148/05p; 3 Ob 59/08k; Rechberger in Rechberger, AußStrG § 64 Rz 3 uva).
Der Rechtsmittelwerber bekämpft in seinem Rechtsmittel ausschließlich die dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht des Rekursgerichts, wonach die Sachkosten zunächst durch die Anzahl der eingebrachten Grundstücke zu teilen und die dadurch ermittelten Teilbeträge allenfalls auf Miteigentümer entsprechend deren Quoten am jeweiligen Grundstück aufzuteilen seien. Bestehe - wie im Fall des Antragstellers - Alleineigentum an dem eingebrachten Grundstück, sei daher der gesamte Teilbetrag zu entrichten.
Unter Hinweis auf das Gebot der verfassungskonformen Auslegung der Wr BauO vertritt der Rechtsmittelwerber hingegen die Rechtsansicht, dass die Sachkosten entsprechend dem Anteil der von jedem am Grundstücksumlegungsverfahren Beteiligten eingebrachten Grundstücke an der Verteilungsmasse aufzuteilen seien.
Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erwogen:
Die in §§ 22 bis 35 Wr BauO geregelte Umlegung bezweckt die Schaffung einer Grundstücksordnung, nach der eine sinnvolle und den Bebauungsvorschriften entsprechende Bebauung möglich ist. Es werden Grundstücke zu einer Masse vereinigt, wobei auch jene erfasst werden können, deren Eigentümer gegen die Änderung sind. Die Neuaufteilung der Masse soll sodann eine optimale Bebauungsmöglichkeit sicherstellen, sowohl im Interesse der Eigentümer als auch der Öffentlichkeit (örtliches Stadtbild, möglichst zweckmäßige und sparsame Aufschließung etc). Das Rechtsinstitut entspricht dem Kommassierungsverfahren bei land- und forstwirtschaftlichen Grundflächen und der Erneuerungsgemeinschaft nach dem Stadterneuerungsgesetz. Allerdings ist das Verfahren, das im Hinblick auf das Grundrecht auf Eigentum (Art 5 StGG und Art 1 des ersten ZPMRK) ausgestaltet sein muss, bei zersplitterten Eigentumsverhältnissen im städtischen Bereich in der Regel sehr aufwändig (Moritz BauO für Wien3 [2006], 90 f).
Gemäß § 22 Abs 1 Wr BauO ist die Umlegung die Vereinigung von Grundflächen zu einer Masse und deren Neuaufteilung zu dem Zweck, gewidmetes Bauland, dessen Bebaubarkeit wegen der unzweckmäßigen Form oder Größe der Grundstücke verhindert oder wesentlich erschwert ist, zu erschließen und Bauplätze oder Baulose von solcher Gestalt und Größe zu schaffen, dass auf ihnen den Anforderungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans entsprechende Gebäude errichtet werden können. Das Umlegungsgebiet darf nicht größer sein als es für die Umlegung notwendig ist.
Gemäß § 26 Abs 1 leg cit bilden die im Umlegungsgebiet gelegenen Grundflächen einschließlich der Verkehrsflächen die Gesamtmasse. Aus Abs 4 leg cit ergibt sich, dass das nach Ausscheiden der Verkehrsflächen im Sinn der Abs 2 und 3 verbleibende Bauland die Verteilungsmasse bildet. Sie ist auf die Parteien aufzuteilen (Flächenumlegung). Dabei soll der prozentuelle Anteil der zugeteilten Flächen an der Verteilungsmasse dem der eingebrachten Flächen an dieser Masse entsprechen, wobei Abweichungen nur zur Erreichung der Ziele des § 22 Abs 1 leg cit zulässig sind.
§ 27 Wr BauO, der besondere Bestimmungen über die Masseverteilung enthält, lautet wie folgt:
„(1) Die zugewiesenen Grundstücke sollen möglichst die gleiche Lage wie die eingebrachten haben. Bebaute oder in besonderer Weise benützte Grundstücke (§ 22 Abs 2) sind tunlichst dem bisherigen Eigentümer zuzuweisen.
(2) Ergäben sich durch die Masseverteilung für den selben Eigentümer mehrere nicht bebaubare Grundstücke, so ist für diese grundsätzlich ein bebaubares Grundstück (Bauplatz oder Baulos) zuzuweisen. Sind jedoch die eingebrachten Grundstücke verschieden belastet und haben die Belastungen auf das zuzuweisende Grundstück überzugehen, so ist für jedes Grundstück ein Ersatzgrundstück zuzuweisen, sofern dadurch der Zweck der Umlegung nicht vereitelt wird.
(3) Durch die Masseverteilung dürfen keine unbebaubaren Grundstücke entstehen. Zu diesem Zwecke kann
1. die Veräußerung an einen anderen an der Umlegung beteiligten Eigentümer,
2. die Begründung des Miteigentums an einem bebaubaren Grundstück nach freier Vereinbarung,
3. eine Geldentschädigung aus der Masse über Antrag der betroffenen Partei oder
4. die Zuweisung einer Geldentschädigung aus der Masse erfolgen.
(4) Geldentschädigung kann auch in anderen Fällen gewährt werden, wenn der Grundeigentümer einen solchen Antrag stellt. Diesem Antrag ist Folge zu geben, wenn eine Partei oder die Gemeinde gegen Übernahme der festzusetzenden Entschädigung an Stelle des Antragstellers in die Masse eintritt.
(5) Kann die Zuweisung nicht genau nach dem Verhältnis der Ausmaße der eingebrachten Grundstücke erfolgen, so ist das Mehr- oder Minderausmaß durch Geldentschädigung auszugleichen.
(6) Außerdem ist Geldentschädigung zu leisten, soweit sich wesentliche Wertunterschiede zwischen einzelnen eingebrachten und den Ersatzgrundstücken durch die Zuweisung nicht ausgleichen lassen. Geldentschädigung aus der Masse steht zu für den zusätzlichen Wert eines eingebrachten und durch die Zuweisung entzogenen Grundstückes, der sich aus dem Bestand von Baulichkeiten oder anderem Zugehör, aus der besonderen natürlichen Beschaffenheit oder besonderen Verwendung oder aus der Ausübung eines Betriebes ergibt. Geldentschädigung an die Masse ist zu leisten für den verminderten Wert eines eingebrachten Grundstückes, der sich aus seiner geringeren Eignung für Bauzwecke oder dadurch ergibt, dass zur Erzielung der Bebaubarkeit erst ungewöhnliche, sonst entbehrliche Aufwendungen gemacht werden müssen.
(7) Die Entschädigungen sind nach den Grundsätzen des § 57 zu ermitteln."
Nach Anhörung aller betroffener Grundeigentümer ist von der Behörde ein Umlegungsplan erstellen zu lassen, sofern ein solcher nicht von den Antragstellern vorgelegt wird (§ 28 Abs 1 Wr BauO). Die Entscheidung über die Umlegung hat durch schriftlichen Bescheid der Landesregierung zu erfolgen (§ 31 Abs 1 leg cit). Nach Abs 3 leg cit steht es jeder Partei des Umlegungsverfahrens frei, binnen drei Monaten ab Zustellung des Umlegungsbescheids die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Höhe der Geldentschädigung und des Wertausgleichs zu begehren. Das Gericht hat über den Antrag im Verfahren außer Streitsachen zu erkennen. Mit dem Einlangen des Antrags bei Gericht tritt die Entschädigung über die Höhe der Geldentschädigung bzw des Wertausgleichs außer Kraft.
§ 34 (Kosten des Umlegungsverfahrens) lautet:
„(1) Es werden unterschieden:
1.
Die Sachkosten;
2.
die Kosten des Umlegungsverfahrens.
(2) Zu den Sachkosten gehören
1. die aus der Masse zu leistenden Entschädigungen, soweit sie durch die an die Masse zu leistenden Entschädigungen ungedeckt bleiben,
2.
die Kosten für die Erstellung des Umlegungsplanes und
3.
die Kosten des Vollzuges, soweit sie nicht den Amtsaufwand der Behörde betreffen.
(3) Die Sachkosten sind durch Umlegungsbeiträge zu decken. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach den Eigentumsanteilen an den eingebrachten Grundstücken [Hervorhebung durch den Senat] mit Ausnahme jener des öffentlichen Gutes. Allfällige Überschüsse sind in derselben Weise zu verteilen.
...
(6) Die Abrechnung der Sachkosten hat mit Bescheid des Magistrats zu erfolgen. Gegen diesen Bescheid ist die Anrufung der ordentlichen Gerichte im Sinne des § 31 Abs 3 zulässig."
Berücksichtigt man die Auslegungskriterien des § 6 ABGB, so steht die Wortauslegung der vom Rechtsmittelwerber gewünschten Interpretation der hier zur Beurteilung stehenden Regelung an sich nicht entgegen. Aus der Wortfolge „die Höhe der Beiträge richtet sich nach den Eigentumsanteilen an den eingebrachten Grundstücken" lässt sich durchaus ableiten, dass damit alle und nicht nur die von einer bestimmten Person eingebrachten Grundstücke gemeint sind, mag auch der Landesgesetzgeber in diesem Zusammenhang den Begriff der Verteilungsmasse nicht explizit verwendet haben. Bei der systematischen Auslegung werden für das Verständnis einer Norm andere Gesetzesregeln fruchtbar gemacht. Sie dient insbesondere der Vermeidung von Widersprüchen innerhalb eines Gesetzes bzw innerhalb der gesamten Rechtsordnung (P. Bydlinski in KBB2 § 6 ABGB Rz 4 mwN). Bei systematischer Auslegung der hier relevanten Regelung über die Kostendeckung zeigt sich im Rechtsvergleich, dass keiner der übrigen Landesgesetzgeber, die ein vergleichbares Umlegungsverfahren vorsehen, die Kostentragung ausschließlich von der Anzahl der eingebrachten Grundstücke ungeachtet deren Größe oder Wert abhängig machen:
Das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974 regelt in § 46 Abs 2, dass die Beteiligten die ihnen im Umlegungsverfahren erwachsenen Kosten (§ 74 AVG 1950) im Verhältnis des Wertes ihrer aufgrund des Umlegungsbescheids zugewiesenen Grundstücke zu tragen haben. Das Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 regelt in § 90 Abs 1 lit d, dass die Bauauslagen und Vorschüsse nach § 76 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 von den Eigentümern der umzulegenden Grundstücke oder Grundstücksteile im Verhältnis der Fläche dieser Grundstücke bzw Grundstücksteile zu tragen sind (Ausnahmen für Grundstücke die im Grenzkataster erfasst sind, sind für die vorliegende Beurteilung ohne Relevanz).
Das Vorarlberger Raumplanungsgesetz 1973 regelt in § 51 Abs 2, dass die Kosten der Umlegung und ihrer Durchführung, die der Gemeinde erwachsen (Planung, Vermessung udgl) von den Beteiligten im Verhältnis der Herstellungskosten für gemeinsame Anlagen gemäß § 46 Abs 2 zu tragen sind, wobei § 46 Abs 4 sinngemäß gilt. Aus § 46 Abs 2 leg cit ergibt sich, dass die für gemeinsame Anlagen vorgesehenen Flächen sowie die Herstellungskosten dieser Anlagen von den Eigentümern der Grundstücke, die in die Umlegung einbezogen sind, im Verhältnis der Größe ihrer eingebrachten Grundstücke aufzubringen sind (Ausnahmen für spezielle Arten von Grundstücken sind für die vorliegende Problematik nicht relevant).
Nach sämtlichen zitierten landesgesetzlichen Regelungen stellt daher entweder die Größe oder der Wert der eingebrachten Grundstücke auch die Grundlage für die Aufteilung der mit dem Umlegungsverfahren verbundenen Kosten dar.
Diese Zugangsweise entspricht auch der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der hier anzuwendenden Bestimmung nach der Wr BauO (F. Bydlinski in Rummel3 § 6 Rz 21 mwN). Letztlich gebietet auch die objektiv-teleologische Auslegung, die sich nach dem Zweck der auszulegenden Vorschrift bestimmt (P. Bydlinski aaO Rz 6), die vom Rechtsmittelwerber gewünschte Interpretationsvariante. Berücksichtigt man die sich aus den §§ 26 und 27 Wr BauO ergebenden Grundsätze, insbesondere, dass bei der Flächenumlegung der prozentuelle Anteil der zugeteilten Flächen an der Verteilungsmasse dem der eingebrachten Flächen an dieser Masse entsprechen soll und Abweichungen nur zur Erreichung der Ziele des § 22 Abs 1 leg cit zulässig sind; weiters, dass die zugewiesenen Grundstücke möglichst die gleiche Lage wie die eingebrachten haben sollen, bebaute Grundstücke tunlichst dem bisherigen Eigentümer zuzuweisen sind und ein Mehr- oder Minderausmaß bei der Zuweisung durch Geldentschädigung auszugleichen ist, sowie ferner, dass auch dann Geldentschädigung zu leisten ist, wenn sich wesentliche Wertunterschiede zwischen einzelnen eingebrachten und den Ersatzgrundstücken durch die Zuweisung nicht ausgleichen lassen, so ist die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung des § 34 Abs 3 Wr BauO, wonach die Sachkosten durch die Anzahl der eingebrachten Grundstücke zu teilen und die so ermittelten grundstücksbezogenen Sachkosten auf die (Mit-)Eigentümer der einzelnen Grundstücke aufzuteilen sind, im Hinblick auf die erklärten Zielsetzungen des Umlegungsverfahrens bedenklich. Geht man davon aus, dass die Größe des eingebrachten Grundstücks von wesentlicher Bedeutung für die Zuteilung eines Grundstücks ist (§ 26 Abs 4) und ein Mehr- oder Minderausmaß durch Geldentschädigung auszugleichen ist (§ 27 Abs 5), so ergibt sich, dass die Grundstücksfläche im Umlegungsverfahren die wohl wichtigste Rolle spielt und nicht angenommen werden kann, dass diesem Grundsatz bei Aufteilung der das Umlegungsverfahren betreffenden Sachkosten keine Relevanz zukommen sollte.
Die nicht sehr klare Formulierung des § 34 Abs 3 Wr BauO muss daher nach Auffassung des Senats dahin verstanden werden, dass sich die Höhe der Beiträge, durch die die Sachkosten zu decken sind, nach den Eigentumsanteilen an allen eingebrachten Grundstücken (mit Ausnahme jener des öffentlichen Gutes) richtet und damit der (prozentuelle) Anteil an der Verteilungsmasse ausschlaggebend dafür ist, welche Beiträge jeder am Umlegungsverfahren Beteiligte aufzubringen hat. Diese Rechtsansicht wird dem Erstgericht ausdrücklich überbunden und wird es bei der Neufassung seiner Entscheidung diesen Grundsatz zu berücksichtigen haben (§ 61 AußStrG).
Da sich an der formellen Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses durch das Rekursgericht damit im Ergebnis nichts ändert, hat der Spruch dennoch dahin zu lauten, dass dem Rekurs nicht Folge gegeben wird (6 Ob 160/01z; 9 ObA 148/05p ua). Es hat daher beim Aufhebungsbeschluss zu verbleiben. Dem Revisionsrekurs war damit keine Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 AußStrG (vgl RIS-Justiz RS0123011).
Anmerkung
E910758Ob153.08w-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00153.08W.0519.000Zuletzt aktualisiert am
16.07.2009