TE OGH 2009/6/3 7Ob66/09w

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Veröffentlicht am 03.06.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Sandra R*****, geboren am *****, und der Julia R*****, geboren am *****, Mutter Michaela R*****, alle: *****, die Mutter vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in Wien, Vater Albert S*****, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Jänner 2009, GZ 42 R 405/08g-U-27, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 8. Juli 2008, GZ 17 P 122/03y-U-20, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 17. Dezember 2008, 7 Ob 223/08g, eine Wortfolge in § 42 sowie § 43 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2007/76 (in eventu nur in § 42 KBGG) als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.

Die Fortsetzung des Verfahrens findet von Amts wegen statt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht setzte unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Unterhalt für die Minderjährigen im Zeitraum ab 1. 3. 2007 neu fest. Dabei ging es davon aus, dass der Vater unter anderem für seine nunmehrige Ehegattin sorgepflichtig sei, die nicht berufstätig sei und nur das Kinderbetreuungsgeld beziehe. Gemäß § 42 KBGG sei das Kinderbetreuungsgeld jedoch seit 1. 1. 2008 nicht mehr als anrechenbares Einkommen anzusehen, weshalb eine Unterhaltsreduktion unter Berücksichtigung auch dieser Sorgepflicht vorzunehmen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da noch keine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliege, ob und in welcher Form allenfalls verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 42 KBGG bestünden. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Kinder mit einem Abänderungsantrag im Sinn einer Unterhaltsfestsetzung ohne Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für die nunmehrige Ehefrau des Vaters.

Das Verfahren über den Revisionsrekurs wird von Amts wegen unterbrochen.

Die einschlägigen Bestimmungen des KBGG idF BGBl I 2007/76 lauten wie folgt:

„§ 42 Das Kinderbetreuungsgeld und der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gelten weder als eigenes Einkommen des Kindes noch des beziehenden Elternteils und mindern nicht deren Unterhaltsansprüche.

§ 43 (1) Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und der Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sind gemäß § 290 der Exekutionsordnung (EO), RGBl Nr 79/1896, nicht pfändbar."

Nachdem der 6. Senat in zwei Entscheidungen jeweils vom 6. 11. 2008 (6 Ob 200/08t und 6 Ob 219/08m) gegen die genannten Bestimmungen in der dort (und auch hier) vorliegenden Fallkonstellation keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte, hat der erkennende Senat am 17. 12. 2008 zu 7 Ob 223/08g in einer anderen Fallkonstellation den Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt, in § 42 KBGG die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" und § 43 Abs 1 KBGG, jeweils idF BGBl I 2007/76, in eventu nur die genannte Wortfolge in § 42 KBGG als verfassungswidrig aufzuheben (G 9/09).

Der Bestand der angefochtenen Wortfolge in § 42 KBGG ist auch im vorliegenden Fall präjudiziell, wäre doch im Fall deren Aufhebung das von der Ehefrau des Antragsgegners bezogene Kinderbetreuungsgeld als deren Einkommen anzusehen, was die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber den Kindern erhöhen würde. Gemäß § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG kann das Verfahren ganz oder zum Teil von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen anhängigen oder eines von Amts wegen einzuleitenden Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bildet, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist.

Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren nicht vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung - widersprechende Entscheidungen im Sinn der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern - auch im vorliegenden Fall zutrifft (2 Ob 240/08w, 1 Ob 22/09f ua).

Anmerkung

E909697Ob66.09w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00066.09W.0603.000

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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