Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dorothea L*****, vertreten durch Dr. Marie-Luise Safranek, Rechtsanwältin in Graz, gegen den Antragsgegner Rudolf L*****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung nach §§ 81 ff EheG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. Dezember 2008, GZ 1 R 120/08m-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Stainz vom 18. Mai 2008, GZ 1 C 86/06i-29, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - soweit sie nicht hinsichtlich der Zurückweisung des Aufteilungsantrags betreffend den der Antragstellerin gehörenden Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 10 KG ***** bereits in Rechtskraft erwachsen sind - aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners rechtskräftig geschieden.
Mit Schenkungsvertrag vom 19. 6. 1974 schenkten die Eltern der Antragstellerin als jeweilige Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 10 KG ***** (in der Folge: EZ 10) der Antragstellerin und dem Antragsgegner aus dem Bestand dieser Liegenschaft je zur Hälfte das Grundstück Nr 378, welches nunmehr den Gutsbestand der Liegenschaft EZ 98 KG ***** (in der Folge: EZ 98) ausmacht. Auf diesem Grundstück wurde in den folgenden Jahren das Wohnhaus mit der ehelichen Wohnung errichtet. Beim Bau des Hauses halfen vorwiegend der Vater, der Bruder, die Onkeln und Arbeitskollegen des Antragsgegners und auch dessen Schwager mit.
Im Verlassenschaftsverfahren A 2/77 des Bezirksgerichts Stainz nach dem Vater der Antragstellerin erlangte sie das Hälfteeigentum an der Liegenschaft EZ 10. Mit Notariatsakt vom 4. 4. 1974 erhielt der Antragsgegner von der Mutter der Antragstellerin die andere Liegenschaftshälfte EZ 10 gegen Einräumung eines Ausgedinges (im wesentlichen Wohnrecht und Mitbenützungsrechte samt Verpflichtung zur Verpflegung und Betreuung sowie Bezahlung eines standesgemäßen Begräbnisses) und Übernahme von Schulden in der Höhe von 130.726,54 S. Weiters musste sich die Antragstellerin in Punkt 6. desselben Vertrags durch die Überlassung der „Besitzhälfte" an den Antragsgegner hinsichtlich ihrer Pflichtteilsansprüche nach ihrer Mutter als voll befriedigt erklären und auf jeden weiteren Pflichtteilsanspruch nach ihrer Mutter für sich und ihre Nachkommen, wobei das gesetzliche Erbrecht unberührt bleiben sollte, verzichten. Das Haus auf der EZ 10 ist denkmalgeschützt und musste saniert werden.
Im Jahr 1977 erbte die Antragstellerin noch eine weitere Liegenschaft in S***** gemeinsam mit ihren Brüdern. Diese Liegenschaft wurde verkauft. Die Antragstellerin erhielt davon 200.000 S als ihren Anteil. Damit wurden die vom Antragsgegner im Übergabsvertrag übernommenen Schulden getilgt. Die mit der Mutter der Antragstellerin vereinbarten Ausgedingsleistungen, zu deren Erbringung sich der Antragsgegner verpflichtete, übernahm ausschließlich die Antragstellerin. Als der Antragsgegner von seinem Arbeitgeber eine Pensionsabfertigung erhielt, wurde hievon ein Teil in die Küche investiert, ein Auto gekauft und der Rest in Wertpapieren angelegt. Das Wertpapierkonto, das zunächst auf beide Streitteile lautete, wurde nach der Scheidung vom Antragsgegner aufgelöst. Am 30. 6. 2004 wurden ihm 43.903,46 EUR und am 24. 1. 2005 500,32 EUR ausbezahlt. Bis 1980 war die Antragstellerin vollzeitbeschäftigt, führte daneben den Haushalt, half beim Hausbau und war auch in der Landwirtschaft tätig. Ab der Geburt der Tochter im Jahr 1980 hörte sie für etwa zehn Jahre mit der Berufstätigkeit auf; danach arbeitete sie immer für jeweils einige Monate. Seit 1. 12. 2003 ist sie teilzeitbeschäftigt. Die Arbeiten in der Landwirtschaft erledigte überwiegend sie. Der Antragsgegner hatte vor der Ehe keine eigenen Ersparnisse. Er erhielt einmal 35.000 S von Dritten und erbte beim Tod seiner Mutter zwischen 20.000 S und 30.000 S. Der Antragsgegner war berufstätig und half an den Wochenenden in der Landwirtschaft mit. Von 1984 bis 1992 war er auch Bürgermeister in B*****. 1992 bekam er eine Abfertigung für diese Tätigkeit von 106.000 S, die für den Umbau des Wohnzimmers verwendet wurde. Der Antragsgegner war immer bemüht, ein möglichst hohes Einkommen zu erzielen. Der Antragsgegner verdiente etwa das Doppelte der Antragstellerin. Er machte von 1982 bis 1983 eine Konzessionsprüfung für Elektrotechnik.
Die Ehegatten verwendeten das gemeinsam erzielte Einkommen für das Haus und die Landwirtschaft. Aus den gemeinsamen Mitteln wurde ein Pkw Mazda 626 für die Antragstellerin gekauft. Das Fahrzeug ist auf sie zugelassen. Es besteht eine Er- und Ablebensversicherung mit einer Laufzeit bis 1. 12. 2010 und einem Rückkaufswert von 4.990,44 EUR. Versicherungsnehmer ist der Antragsgegner, die Antragstellerin ist mitversichert. Im Erlebensfall ist der Antragsgegner, im Ablebensfall sind die beiden Kinder der Streitteile je zur Hälfte bezugsberechtigt.
Die Liegenschaft EZ 10 weist eine Gesamtfläche von 118.395 m² auf. Von der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden 4.996 m² verpachtet, der Rest wird selbst bewirtschaftet. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 418.000 EUR, der Wert der landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte 5.000 EUR. Der Verkehrswert der Liegenschaft EZ 98 beträgt 205.000 EUR.
Die Antragstellerin stellt den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, bestehend aus den Liegenschaften EZ 10 und 98 samt Fahrnissen und Zubehör, weiters aus dem von ihr benütztem Kfz, den Wertpapieren und der Lebensversicherung. Sie begehrte vorerst die Zuweisung der EZ 98 sowie von Teilflächen der EZ 10 und der Lebensversicherung, dies unter der Bedingung der raschen Abwicklung des Verfahrens. Da das Liegenschaftsvermögen von ihrer Familie stamme, sei nur der Mehrwert (Gebäudewert) zu berücksichtigen und es sei ihr Beitrag zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens mit 70 % festzusetzen. In der Tagsatzung vom 28. 11. 2007 modifizierte sie ihr Begehren außerhalb der Jahresfrist nach § 95 EheG dahingehend, dass sie nunmehr die Zuweisung beider Liegenschaften in ihr alleiniges Eigentum gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von 125.000 EUR bzw in angemessener Höhe begehre.
Der Antragsgegner erklärte sich anfangs mit der von der Antragstellerin begehrten Grundaufteilung im Wesentlichen einverstanden - strittig blieb vorerst die Trennung der Liegenschaften und der Zufahrtsweg - und beantragte die Zuweisung der Lebensversicherung und der Wertpapiererlöse. Im Hinblick auf seine Beitragsleistungen durch persönliche Arbeit und Investitionen gebühre ihm ein höherer Anteil als von der Antragstellerin zugestanden. Die von der Antragstellerin nach Ablauf der Jahresfrist vorgenommene Änderung des Aufteilungsschlüssels sei unzulässig.
Das Erstgericht übertrug der Antragstellerin die für den Antragsgegner einverleibten Liegenschaftsanteile an den EZ 98 und 10 samt Zubehör, die Fahrnisse und das Kfz in ihr Eigentum und wies ihr auch den „Erlös" aus der Lebensversicherung zu. Die Antragstellerin verpflichtete es zu einer Ausgleichszahlung von 99.297,13 EUR. Im Hinblick auf ihre Beitragsleistungen und unter Berücksichtigung, dass die Liegenschaften von der Familie der Antragstellerin stammen, billigte das Erstgericht dem Antragsgegner von der Gesamtheit des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse von 480.990,44 EUR eine Quote von 30 % in der Höhe von 144.297,13 EUR zu. Davon habe der Antragsgegner bereits 45.000 EUR aus dem Fonds realisiert, sodass ihm eine Ausgleichszahlung von 99.297,13 EUR zustehe.
Das Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluss teilweise ab. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts hinsichtlich des Hälfteanteils an der EZ 98, des Kfz, der Einrichtungsgegenstände und Werkzeuge, sprach den sich aus dem Lebensversicherungsvertrag ergebenden Erlös hingegen dem Antragsgegner zu und verpflichtete die Antragstellerin zu einer Ausgleichszahlung von 80.000 EUR. Den Aufteilungsantrag hinsichtlich der Liegenschaft EZ 10 wies es insgesamt zurück. Es ließ die Beweisrüge des Antragsgegners zum Teil (unter anderem zur Feststellung des Werts der Bauparzellen der EZ 10 und der Wertpapiere) aus rechtlichen Gründen unerledigt. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die Antragstellerin bereits in ihrem Antrag die aufzuteilenden Vermögensteile bezeichnet habe, sodass von einer Verfristung des Aufteilungsanspruchs durch eine spätere Modifizierung der Aufteilungsart nicht die Rede sein könne. Da auch das Wertpapierdepot vom Aufteilungsantrag umfasst gewesen sei, beziehe sich dieser Antrag auch auf das Realisat. Die Liegenschaft EZ 10 unterliege insgesamt nicht der Aufteilung. Nicht nur der Antragstellerin, sondern auch dem Antragsgegner sei die jeweilige Liegenschaftshälfte geschenkt worden. Der Antragsgegner habe sich um seinen Beruf gekümmert, erhebliche Eigenleistungen beim Hausbau erbracht und auch in der Landwirtschaft mitgearbeitet. Die Antragstellerin sei bis zur Geburt des ersten Kindes ebenfalls berufstätig gewesen und habe sich in der weiteren Folge um die Kindererziehung, den Haushalt und um die Arbeit in der Landwirtschaft gekümmert. Es sei grundsätzlich von einem gleichteiligen Beitrag der Ehegatten auszugehen. Weder das Verschulden des Antragsgegners an der Scheidung noch der Umstand, dass das Liegenschaftseigentum von der Familie der Antragstellerin stamme, sei geeignet, eine Quotenerhöhung zu Gunsten der Antragstellerin zu rechtfertigen. Die Aufteilungsmasse bestehe daher aus folgenden Werten: Liegenschaft EZ 98 205.000 EUR, Pkw 10.000 EUR, Inventar 1.500 EUR, Versicherung 4.990,44 EUR, Wertpapiererlös 43.903,46 EUR und 500,32 EUR, insgesamt sohin 265.894,22 EUR. Der Antragsgegner habe bereits den Wertpapiererlös vereinnahmt. Er sei alleiniger Versicherungsnehmer der Er- und Ablebensversicherung, sodass kein Anlass bestehe, in dieses Versicherungsverhältnis einzugreifen. Der Antragstellerin solle unstrittig das Eigentum an der Liegenschaft, dem Pkw und dem Inventar zukommen. Sie habe daher dem Antragsgegner eine nach Billigkeit festzusetzende Ausgleichszahlung in der Höhe von 80.000 EUR zu leisten.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Gegen die abändernden Teile der Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen, hilfsweise keine Ausgleichszahlung für die Übertragung der Liegenschaftshälften aufzuerlegen bzw die festgesetzte Ausgleichszahlung angemessen zu reduzieren bzw die Aufteilung nach billigem Ermessen vorzunehmen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekurs- beantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
Vorweg ist klarzustellen, dass auch im außerstreitigen Regelungsverfahren ergangene Entscheidungen der Teilrechtskraft fähig sind, doch sind deren Grenzen unter Wahrung des Funktionszusammenhangs mit dem Privatrecht von der regelnden Aufgabe des Richters her zu bestimmen (RIS-Justiz RS0007209). Da die Aufteilung hinsichtlich der Liegenschaft EZ 10 und die Höhe der Ausgleichszahlung, somit eines wesentlichen Teils des Vermögens der Eheleute strittig ist, kann eine Teilrechtskraft der anderen Zuteilungen - abgesehen von der Zurückweisung des Aufteilungsantrags hinsichtlich der im Eigentum der Antragstellerin stehenden Liegenschaftshälfte EZ 10 - zur Vermeidung einer Einschränkung der Aufteilungsmöglichkeiten (vgl 7 Ob 129/05d mwN) nicht eintreten. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die Klägerin bereits in ihrem Aufteilungsantrag den Umfang des aufzuteilenden ehelichen Gebrauchsvermögens genau abgegrenzt dargestellt hat. Es kann daher von einer Verfristung des Aufteilungsanspruchs keine Rede sein, wenn sie ihre Vorschläge über die Art der Durchführung der Aufteilung im erstinstanzlichen Verfahren ändert (RIS-Justiz RS0057762). Es ist dem Rekursgericht zuzustimmen, dass die Ehegatten insofern gleichteilig zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse beigetragen haben, als beide fleißig und zielstrebig ihre ganze Arbeitskraft für die Familie und die Mehrung der Güter einsetzten, sei es im Beruf, sei es durch Haushaltsführung, Kindererziehung und Führen der Landwirtschaft. Dies rechtfertigt grundsätzlich auch eine gleichteilige Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, soweit diese Werte nicht durch darüber hinausgehende Sonderleistungen eines Ehegatten eingebracht wurden (RIS-Justiz RS0057654, RS0057501, RS0057969). Außer Acht zu bleiben hat grundsätzlich das Alleinverschulden eines Ehegatten an der Zerrüttung der Ehe (RIS-Justiz RS0057669, RS0057387), zumal keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Verschulden an der Auflösung der Ehe für die vermögensrechtliche Entwicklung im weitesten Sinn von Bedeutung war, wie etwa Verschwendungssucht, kostenverursachende Vernachlässigung der Kindererziehung oder der Haushaltsführung oder Setzung von Scheidungsgründen in der Absicht, bei der Aufteilung gerade ganz besonders gut abzuschneiden (6 Ob 164/06w = RIS-Justiz RS0057669 [T2]).
Die Revision entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt, wenn sie ausführt, dass auch die Liegenschaft EZ 98 nur unter Anrechnung auf die Erb- und Pflichtteilsforderungen der Antragstellerin dem Antragsgegner übertragen worden sei. Eine derartige Außerstreitstellung ist nicht erkennbar. Auch wenn der Umstand, dass die Liegenschaft von einem der Ehegatten stammt, im Rahmen der Billigkeit bei der Aufteilung entsprechend zu berücksichtigen ist (1 Ob 230/98z = RIS-Justiz RS0057260 [T3]), so steht hier fest, dass die Liegenschaftsteile den Parteien von den Eltern der Antragstellerin geschenkt wurden, sodass der Wert der Liegenschaft - entgegen der Rechtsmeinung des Revisionsrekurses - nicht zur Gänze aus der Aufteilung herausgenommen werden kann.
Hinsichtlich der Liegenschaft EZ 10 verhält es sich aber anders. Die dazu vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht kann nicht geteilt werden.
Bei einer unentgeltlichen Eigentumsübertragung von Liegenschaften durch Verwandte eines Ehegatten kommt der von der Rechtsprechung entwickelten Zweifelsregel, nach der mangels abweichender Widmung im Allgemeinen davon auszugehen sei, dass mit Zuwendungen von Verwandten nur der mit dem Schenker verwandte Ehegatte begünstigt werden solle, keine Bedeutung zu. Anders als bei Geldgeschenken oder Arbeitsleistungen liegt hier naturgemäß eine eindeutige Widmung vor (6 Ob 31/07p; RIS-Justiz RS0117148).
Die Mutter der Antragstellerin übertrug dem Antragsgegner ihren Hälfteanteil an der EZ 10 gegen Einräumung eines Ausgedinges, der „Bezahlung von Schulden" und dem Verzicht der Antragstellerin auf ihre Pflichtteilsansprüche. Der Eigentumserwerb erfolgte also entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts nicht ohne Gegenleistungen. Bereits die Einräumung des Ausgedinges ist als Entgelt zu werten (RIS-Justiz RS0012971). Auch die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen der Mutter (in welcher rechtlichen Konstruktion - diese ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht zweifelsfrei - ist unerheblich) ist eine Gegenleistung. Auf die Frage, ob hier allenfalls - bei einem bei der Mutter der Antragstellerin noch nicht festgestellten Schenkungswillen - eine gemischte Schenkung vorliegen könnte, soweit nämlich der Wert der Liegenschaftshälfte die übernommenen Verpflichtungen übersteigt (vgl RIS-Justiz RS0119516, RS0012959), kommt es nicht an, weil die Antragstellerin auch auf ihre Pflichtteilsansprüche nach der Mutter verzichten musste.
Eine Vermögenszuwendung gegen Abgabe eines Erbverzichts ist ein entgeltliches Rechtsgeschäft (6 Ob 632/88 mwN). Wird einem Ehegatten von dessen Eltern während aufrechter ehelicher Gemeinschaft ohne sonstige Gegenleistung, aber gegen Abgabe eines Erbverzichts eine Liegenschaft übertragen, so ist diese nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der nachehelichen Vermögensaufteilung ausgenommen. Die Gegenleistung besteht in der Entsagung eines künftigen Erbrechts und damit der Befugnis zur Inanspruchnahme des Nachlasses oder eines quotenmäßig bestimmten Teils davon (RIS-Justiz RS0057441). Es liegt damit keine Unentgeltlichkeit des Liegenschaftserwerbs vor (2 Ob 532/90, 2 Ob 581/90). Gleiches muss für die Abgabe eines Verzichts auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gelten. Auch hier wird auf einen Vermögenswert in der Zukunft, der nicht der Aufteilung unterliegen würde, zugunsten des Liegenschaftserwerbs verzichtet. Damit stünde hier einem allfälligen, noch nicht durch die genannten, nach dem Inhalt des Vertrags vom Antragsgegner zu erbringenden Gegenleistungen abgegoltenen Liegenschaftswert der Pflichtteilsverzicht der Antragstellerin gegenüber. Alle diese Gegenleistungen wurden nach den Feststellungen von der Antragstellerin durch Sonderleistungen erbracht. Sie übernahm aber nicht nur die Ausgedingsleistungen. Sie bezahlte auch die mit dem von ihr ererbtem Vermögen, das seinerseits nicht der Aufteilung nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG unterliegen würde, zusammenhängenden Schulden und leistete überdies den Verzicht auf ihren Pflichtteilsanspruch. Wäre ihr die Liegenschaftshälfte der EZ 10 übertragen worden, würde diese nicht der Aufteilung unterliegen. Da die Liegenschaftshälfte aber aus Anlass des Erbes der Antragstellerin nach ihrem Vater an den Antragsgegner übertragen wurde, womit die Ehegatten je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 10 werden sollten und auch wurden, obwohl die Antragstellerin die Gegenleistungen ausschließlich aus ihren Ressourcen erbrachte, unterliegt die Liegenschaftshälfte dem Aufteilungsverfahren und ist nicht mit der Begründung auszuscheiden, sie sei ein Geschenk der Mutter der Antragstellerin an den Antragsgegner gewesen.
Beim Aufteilungsverfahren hinsichtlich der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners an der EZ 10 ist deshalb die Sonderleistung der Antragstellerin zum Erwerb der Liegenschaft zu berücksichtigen. Sie hat allein die Gegenleistungen erbracht. Die Liegenschaftshälfte unterliegt somit insoweit der Aufteilung, als sie einerseits einzubeziehen ist, andererseits aber bei der Ermittlung der Ausgleichszahlung der Klägerin nicht zu berücksichtigen ist. Das Ergebnis entspricht der Judikatur zur Schenkung unter Ehegatten. Wenn § 82 Abs 1 Z 1 EheG unter anderem solche Sachen von der Aufteilung ausnimmt, die „ein Dritter" dem Ehegatten geschenkt hat, ergibt sich aus einem Umkehrschluss, dass dieser Ausschluss für jene Sachen nicht gelten soll, die einem Ehegatten vom anderen geschenkt wurden (1 Ob 158/08d; RIS-Justiz RS0057377). Bei der Ermittlung des dem die Sache zurückfordernden Geschenkgebers auferlegten Ausgleichsbetrags hat der Wert der Liegenschaftshälfte weitgehend außer Betracht zu bleiben (1 Ob 158/08d; RIS-Justiz RS0113358, RS0115775). Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 9 Ob 163/02i steht diesem Ergebnis nicht entgegen.
Der Wert der Liegenschaftshälfte der EZ 10 ist also, soweit er nicht durch Arbeitsleistungen oder Investitionen während aufrechter Ehe durch beide Ehegatten gesteigert wurde, als Sonderleistung der Antragstellerin zu beurteilen, sodass diese Liegenschaftshälfte im Fall ihrer Zuteilung an die Antragstellerin nicht zu berücksichtigen ist. Dies bedeutet, dass es nicht nur Feststellungen dazu bedarf, welche Aufwendungen die Ehegatten während aufrechter Ehe auf die Liegenschaft gemeinsam gemacht haben (diese sind bei der Aufteilung zu berücksichtigen [RIS-Justiz RS0057308]), sondern auch dazu, welche Wertsteigerungen durch solche Aufwendungen allenfalls hinsichtlich der Liegenschaftshälfte EZ 10 eingetreten sind. Im Hinblick auf das Einverständnis aller Beteiligten, dass der Antragsgegner nur Liegenschaftseigentümer gegen Abgabe eines Pflichtteilsverzichts der Antragstellerin werden sollte, die Liegenschaftsübertragung also (auch) der Abgeltung der aus dem Familienrecht wurzelnden Ansprüche der Antragstellerin diente, entspricht es der Billigkeit, dass allfällig eingetretene Wertsteigerungen der Liegenschaftshälfte infolge Umwidmungen einzelner Grundstücke der EZ 10 nicht der Aufteilung unterliegen.
Dem Antragsgegner ist in diesem Zusammenhang zu entgegnen, dass ihm nicht zwingend ein Teil der Liegenschaften zukommen muss, zumal nach § 84 EheG die Aufteilung so vorgenommen werden soll, dass sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren.
Alle diese Überlegungen sind aber nur anzustellen, soweit sich der Einwand des Antragsgegners - was bisher nicht geprüft wurde - als unzutreffend herausstellt, die gesamte Liegenschaft EZ 10 unterliege deshalb nicht der Aufteilung, weil es sich dabei um einen landwirtschaftlichen Betrieb und damit um ein Unternehmen im Sinn von § 82 Abs 1 Z 3 und 4 EheG handle.
Grundsätzlich stellt ein landwirtschaftlicher Betrieb ein Unternehmen nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG dar (RIS-Justiz RS0057595). Ein Unternehmen ist eine selbständige organisierte Erwerbsgelegenheit (RIS-Justiz RS0057516). Auf die Größe kommt es nicht an (RIS-Justiz RS0057537). Unerheblich ist, ob ein Teil des Betriebs verpachtet ist, sofern nur das Unternehmen geführt wird und nicht stillgelegt ist (6 Ob 506/95). Entscheidend ist, ob und welche Grundstücke im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft im vorliegenden Fall von den Ehegatten einem landwirtschaftlichen Betrieb gewidmet waren und ob eine selbständige organisierte Erwerbsgelegenheit vorlag. Dazu fehlen Feststellungen. Es ist dabei auch eine allfällige (Um-)Widmung einzelner Grundstücke als Bauland zu berücksichtigen (vgl 10 Ob 98/97b) und inwiefern diese dann einvernehmlich aus dem Betrieb ausgegliedert wurden (RIS-Justiz RS0057720). Soweit ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, scheiden auch die diesem Betrieb gewidmeten, für den Antragsgegner einverleibten Teile der Liegenschaft EZ 10 aus dem Aufteilungsverfahren aus. In diesem Fall wäre aber § 91 Abs 2 EheG zu berücksichtigen.
Erst nach der Ergänzung der Feststellungen im aufgezeigten Sinn wird eine Entscheidung nach Billigkeit unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze möglich sein.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG.
Anmerkung
E909627Ob23.09xSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJBl 2010,56XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00023.09X.0603.000Zuletzt aktualisiert am
24.02.2010