Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Carina G*****, vertreten durch Dr. Beate Köll-Kirchmeyr, Rechtsanwältin in Schwaz, gegen die beklagten Parteien 1.) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, und 2.) Stadtgemeinde S*****, vertreten durch Dr. Dietmar Ritzberger und Ing. Dr. Erich Janovsky, Rechtsanwälte in Schwaz, wegen 7.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), infolge Revision der erstbeklagten Partei (Revisionsstreitwert 8.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2009, GZ 1 R 280/08y-26, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 22. Juli 2008, GZ 59 Cg 176/07v-20, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1.) Das Begehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 7.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 25. 3. 2007 zu zahlen sowie es werde festgestellt, dass die erstbeklagte Partei der klagenden Partei für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 15. 4. 2005 haftet, wird abgewiesen.
2.) Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 6.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 12. 10. 2007 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die zweitbeklagte Partei der klagenden Partei für alle ihr künftig entstehenden Schäden aus dem Unfall vom 15. 4. 2005 haftet.
Das darüber hinausgehende Begehren, die zweitbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 1.000 EUR samt Zinsen zu zahlen, wird abgewiesen.
3.) Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 5.146,44 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 7.182,62 EUR (darin 1.679,30 EUR Barauslagen und 917,22 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.786,56 EUR (darin 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Text
Entscheidungsgründe:
Auf einem der Erstbeklagten gehörenden Grundstück (Bachbett) wurden 1913 und 1916 nach Hochwässern provisorische Ufersicherungen vorgenommen, welche bis zur endgültigen Verbauung der betroffenen Strecke imstande sein sollten, die wegen der unmittelbaren Nähe des Stadtgebiets besonders wertvollen Grundstücke und Objekte vor Wasserangriffen zu schützen. Dabei wurden insbesondere auch „rustikale Ufermauern" hergestellt. Anlässlich der Kollaudierung im Jahr 1919 wurde von der Kollaudierungskommission unter anderem Folgendes festgehalten:
„Die Instandhaltungsdienste für die heute kollaudierten Bauten sind in gleicher Weise wie für die übrigen Verbauungsarbeiten in Gebiete des L*****baches zu regeln, und es hat auf denselben die Stadthalterverordnung vom 26. 5. 1911 LGBl Nr 50 Anwendung zu finden. Die Aufsicht über die Verbauung ist dem städtischen Förster Johann F***** übertragen, welcher auch die heute kollaudierten Bauten zu beaufsichtigen haben wird.
Angesichts des anstandslosen Befundes werden die heute kollaudierten Bauten hiemit den Interessenten zur künftigen Instandhaltung übergeben, deren Kosten nach dem vereinbarten Schlüssel zu 55 % von der Stadtgemeinde S*****, zu 25 % von der Tabakfabrik und zu 20 % von der Staatsstraßenverwaltung zu decken sein werden.
Die Vertreter der oben genannten Erhaltungspflichtigen anerkennen die solide Ausführung und den guten Zustand der heute kollaudierten Verbauungen und übernehmen im Sinne der seinerzeit eingegangenen Verpflichtungen die künftige Erhaltung dieser Bauten vom heutigen Tage ab."
Das Haus mit der Adresse K***** 3a liegt oberhalb der im Kollaudierungsprotokoll erwähnten Ufermauer. Der Eigentümer der betreffenden Liegenschaft wandte sich wegen Setzungsrissen auf der asphaltierten/betonierten Fläche zwischen dem Haus und der Böschung an „die Wildbach- und Lawinenverbauung", die - jedenfalls in den letzten Jahren - die Betreuung des Bachbetts durchgeführt hatte. Anlass der Beschwerden war vor allem, Schäden an seinem Haus abzuwenden bzw zu sanieren, die der Eigentümer deshalb befürchtete, weil die Ufermauer nicht mehr sehr beständig erschien und unterhalb seines Hauses zum Bach hin „halbkugelförmig ausgebuchtet" war.
Am 15. 4. 2005 spielte die Klägerin gemeinsam mit einer Tochter des Liegenschaftseigentümers im Garten, wobei ein Federball über die Böschung in das Bachbett fiel. Die beiden Mädchen stiegen östlich des Baches über den Zaun und an einer - einigermaßen leicht zugänglichen Stelle - in das Bachbett, in dem sich - unterhalb und oberhalb der späteren Unfallstelle - seit Generationen Kinder während ihrer Freizeit aufhielten, was sowohl Mitarbeitern der zweitbeklagten Stadtgemeinde als auch solchen der „Wildbach- und Lawinenverbauung Tirol" bekannt war, zumindest „aus privatem Wissen". In diesem Bereich befand sich ein gut sichtbarer ausgetretener Pfad, der bachaufwärts führte. Als die Klägerin den Mauerbereich mit der Ausbuchtung passieren wollte, kam die Mauer ins Rutschen. Die Klägerin rutschte mit und stürzte zu Boden, teilweise fielen Steine auf sie. Sie erlitt eine Teilamputation des Endglieds des linken Mittelfingers sowie weitere (kleinere) Verletzungen.
Die Klägerin begehrte gegenüber der Erstbeklagten - das Verfahren gegen die Zweitbeklagte ist bereits rechtskräftig erledigt - Schmerzengeld von 5.000 EUR und eine Verunstaltungsentschädigung von 2.000 EUR, jeweils samt Zinsen, sowie die Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus dem Unfall. Die errichtete Uferbefestigung sei im Jahr 1919 kollaudiert und seien die Gewerke an die Interessenten zur künftigen Instandhaltung übergeben worden. Erst kurze Zeit vor dem Unfall sei es zu einer Begehung mit Mitarbeitern der Wildbach- und Lawinenverbauung und des Landes gekommen, wobei die Eigentümer der oberhalb liegenden Liegenschaft auf ein größeres Sanierungsprojekt verwiesen worden seien. Die Erstbeklagte sei Eigentümerin des Baches samt Bachbett und der Ufermauern. Ihr obliege die Errichtung und Instandhaltung von Wasserbauten, wozu sie sich der Wildbach- und Lawinenverbauung, welche konkret für die Instandhaltung zuständig sei, bediene. Ihr falle mangelnde Kontrolle und Instandhaltung zur Last. Der „mangelnde" Zustand sei schon seit Erbauung der Mauern klar erkennbar gewesen. Sie hätte auch vom Aufenthalt von Kindern im Bachbett gewusst. Aufgrund der ungesicherten Belassung eines gefährlichen Bauwerks hafte sie auch nach dem Ingerenzprinzip.
Die Erstbeklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, sie sei nicht passiv legitimiert, weil die Ufermauer den Interessenten, hauptsächlich der Zweitbeklagten, als Haltern übergeben worden sei. Sie selbst sei keine Interessentin mehr, weil die ehemalige Bundesstraße seit 2002 eine Landesstraße sei. Die Wildbach- und Lawinenverbauung sei zwar eine Einrichtung des Bundes, sie werde jedoch stets nur über Auftrag von Interessenten tätig. Im Übrigen bestünde eine Sicherungspflicht nur für den bestimmungsgemäßen Gebrauch, welcher im Hochwasserschutz liege.
Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen wies das Erstgericht das gegen die Erstbeklagte erhobene Klagebegehren ab. Diese treffe keine Haftung nach § 1319 ABGB. Sie habe zulässigerweise die zukünftige Instandhaltung der im Jahr 1919 kollaudierten Wasserschutzbauten den Interessenten übertragen. Sie selbst sei nach dem Bundesgesetz über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen (BGBl 2002/50) auch nicht mehr Eigentümerin (und Halterin) der ehemaligen B 171 und somit nicht mehr als Interessentin zur Instandhaltung der Uferverbauung heranzuziehen. Durch die im Kollaudierungsbefund festgehaltene privatrechtliche Vereinbarung sei es bereits im Jahr 1919 zur Übertragung der Instandhaltungspflicht und damit der Haltereigenschaft an der Mauer gekommen. Obwohl die Erstbeklagte also Eigentümerin der betroffenen Wasserbauten sei, was in der Regel eine gewisse Indizwirkung für die Haltereigenschaft bedeute, sei sie nicht Halterin der letztlich eingestürzten Mauer im Sinn des § 1319 ABGB gewesen. Die Haftung der Erstbeklagten könne aber auch nicht auf das Ingerenzprinzip gestützt werden. Bei der etwa ein Jahr vor dem Unfall durchgeführten Besichtigung durch Mitarbeiter der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie einen Vertreter der zweitbeklagten Stadtgemeinde seien zwar Maßnahmen nicht getroffen, sondern sei auf eine anstehende großräumige Sanierung verwiesen worden. Eine haftungsbegründende Verletzung von Verkehrssicherungspflichten der Erstbeklagten liege nicht vor. Da die Zweitbeklagte schon gemäß der Vereinbarung von 1919 zur Wahrnehmung der Instandhaltung verpflichtet war, wäre es auch an ihr gelegen, Maßnahmen zu initiieren, wenn auch allenfalls unter Beiziehung der Erstbeklagten (über die Wildbach- und Lawinenverbauung).
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es (auch) die Erstbeklagte zur Zahlung von 6.000 EUR samt Zinsen verurteilte sowie deren Haftung für zukünftige Schäden aus dem Unfall feststellte. Weiters sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige; letztlich erklärte es die ordentliche Revision für zulässig. Wenngleich der Umstand, dass die Erstbeklagte Eigentümerin des Bachbetts sei, nur eine gewisse Indizwirkung für ihre „Haltereigenschaft" bedinge, komme dem Umstand Bedeutung zu, dass der Liegenschaftseigentümer sich etwa 2003 an die Wildbach- und Lawinenverbauung, eine Dienststelle des Bundes, gewandt hatte. Wenngleich in vielen Fällen die Haftung des Eigentümers eines Gebäudes oder Werks nach § 1319 ABGB durch den Umstand ausgeschlossen werde, dass ein Dritter - hier: die Interessenten - die Instandhaltung vertragsmäßig übernommen habe, so bleibe Besitzer im Sinn des § 1319 ABGB doch jeder, der in der Lage sei, durch die erforderlichen Vorkehrungen die Gefahr rechtzeitig abzuwenden und der hiezu auch durch seine Beziehung zum Gebäude oder zum Werk verpflichtet wäre. Auch wenn man beachte, dass die Zweitbeklagte - neben den anderen Interessenten - zu einer Absicherung und Instandhaltung der schadhaft gewordenen Ufermauer verpflichtet gewesen sei, enthebe dies die Erstbeklagte nicht gänzlich ihrer Verpflichtung als Besitzerin. Durch die von den Mitarbeitern der Wildbach- und Lawinenverbauung durchgeführten Besichtigungen sei sie in die Lage gesetzt gewesen, den gefährlichen Zustand zu erkennen. Damit hätte sie entweder die Interessenten an ihre vertraglichen Pflichten erinnern oder aber ihrerseits den Behebungsaufwand entfalten oder zumindest durch entsprechende Maßnahmen das Betreten der gefährlichen Stelle verhindern müssen. Den Mitarbeitern der Wildbach- und Lawinenverbauung sei der mangelhafte Zustand der Uferverbauung sowie das Begehen des Bachbetts (auf einem gut sichtbaren Pfad) bekannt gewesen; sie hätten auch gewusst, dass eine unmittelbare Maßnahme seitens der Zweitbeklagten nicht ergriffen werde. Damit wären sie als Mitarbeiter einer der Eigentümerin zugehörigen Dienststelle verpflichtet gewesen, eine Gefahrenabwehr zu bewirken. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht auf die zu 1 Ob 71/08k ergangene Entscheidung, in der über die Verpflichtung zur Instandhaltung von Wasseranlagen abgesprochen wurde, nicht Bedacht genommen habe.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Erstbeklagten erhobene Revision ist zulässig und berechtigt.
Nach § 1319 ABGB ist der Besitzer eines Gebäudes oder Werks zum Ersatz eines Schadens verpflichtet, wenn durch Einsturz oder Ablösung von Teilen jemand verletzt wird, die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werks ist und er nicht beweist, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe. Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung und Lehre, dass „Besitzer" hier nicht im Sinn des § 309 Satz 2 ABGB zu verstehen ist, und § 1319 ABGB schon gar nicht auf den (bloßen) Eigentümer des (Bau-)Werks verweist (vgl nur 2 Ob 657/85 mwN). Entscheidend ist vielmehr, wessen Zwecken das Werk dient und wer dieses instandzuhalten hat, somit zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist (RIS-Justiz RS0010100). Die strenge Haftung soll denjenigen treffen, der die Vorteile aus der Sache zieht und über ihren Gebrauch disponieren kann; derjenige der durch seine Beziehung zum Werk gemäß § 1319 ABGB zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist, ist in moderner Terminologie der „Halter" (RIS-Justiz RS0030027).
Entgegen der Auffassung der Revisionsgegnerin kommt der Erstbeklagten eine derartige Haltereigenschaft nicht zu. Sie hat weder ein eigenes (privatrechtliches) Interesse am Bestehen des Werks, noch ist sie in concreto zur Instandhaltung verpflichtet, zieht doch auch die Klägerin nicht in Zweifel, dass die „Interessenten" die Instandhaltungspflicht übernommen haben. Damit ist die häufig bestehende Indizwirkung für die Haltereigenschaft des Eigentümers, der typischerweise im eigenen Interesse Vorteile aus einer Sache zieht und auch über ihren Gebrauch disponieren kann, widerlegt. Die hier vorliegende Konstellation unterscheidet sich auch wesentlich von dem vom Berufungsgericht herangezogenen Fall (7 Ob 584/88), in dem die Haftung eines Liegenschaftseigentümers bejaht worden war, der zwar einen Bauunternehmer mit der Betreuung - und Absicherung - einer Baustelle beauftragt hatte, jedoch erkannte, dass wirksame Maßnahmen zur Absicherung eines Schachtes nicht getroffen worden waren. Dort hatte der Liegenschaftseigentümer die Liegenschaft immerhin zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken verwendet und hatte auch insoweit die Möglichkeit und den Anlass zu eigenen Vorsichtsmaßnahmen, als der Bauunternehmer die Bauarbeiten - auch wenn eine förmliche Bauabnahme noch nicht erfolgt war - bereits beendet und die Absicherungen entfernt hatte.
Soweit die Klägerin ihren Anspruch aus dem allgemeinen Ingerenzprinzip ableiten will, ist ihr entgegenzuhalten, dass gerade § 1319 ABGB eine Konkretisierung dieses Prinzips darstellt und der damit vom Gesetzgeber bewusst normierte Anwendungsbereich nicht ohne besondere Rechtfertigung über den gesetzlich festgelegten Tatbestand hinaus ausgedehnt werden darf. Überhaupt kann im vorliegenden Fall aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erstbeklagte eine Gefahr geschaffen hätte, ist die Gefahrenquelle doch nicht schon durch die Errichtung der Stützmauer - wobei auch zu prüfen wäre, ob diese der Erstbeklagten zuzurechnen ist - begründet worden, sondern erst durch das Unterlassen der Instandhaltung, zu der die Erstbeklagte gar nicht berufen war. Ist ein Dritter zur Vermeidung der Gefährdung fremder Gesundheit oder fremden Vermögens zu Instandhaltungsmaßnahmen verpflichtet, kommt regelmäßig eine Haftung des bloßen Eigentümers der Sache unter Berufung auf das Ingerenzprinzip nicht in Betracht.
Dies wird für den hier interessierenden Bereich der Haftung für Wasseranlagen durch § 50 Abs 6 WRG auch in diesem Sinne geregelt. Danach finden auf Wasseranlagen, die nicht der Wasserbenutzung dienen - wie etwa Schutz- und Regulierungsbauten -, die vorstehenden Bestimmungen (Abs 1 bis Abs 5) dem Sinne nach Anwendung, wobei anstelle des Wasserberechtigten der Eigentümer der Wasseranlage zu treten hat. Angesichts der gesetzlichen Verweisung, die auch die Regelung des Abs 1 erfasst, trifft die Erhaltungs- und Instandsetzungspflicht den Eigentümer allerdings nur, wenn „keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer" bestehen (1 Ob 71/08k). Nachdem nun im vorliegenden Fall anlässlich der Kollaudierung (unter anderem) der Stützmauer im Einvernehmen aller Beteiligten festgehalten wurde, dass die künftige Erhaltung dieser Bauten von den Interessenten als Erhaltungspflichtigen übernommen wird, trifft die Erstbeklagte ungeachtet ihrer Stellung als Eigentümerin keine Haftung nach § 50 Abs 6 WRG für Schäden, die durch den Verfall der Anlage entstehen können.
Da somit eine Schadenersatzpflicht der Erstbeklagten nicht besteht, ist das insoweit klageabweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Angesichts der Abänderung der Entscheidung in der Hauptsache ist auch über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz neu abzusprechen. Da die Klägerin nur gegenüber der Zweitbeklagten obsiegt hat, kommt ein Zuspruch des Streitgenossenzuschlags nicht in Betracht. Die Kostenersatzpflicht der Zweitbeklagten beruht auf den §§ 50 Abs 1, 43 Abs 2 ZPO. Der gänzlich obsiegenden Erstbeklagten steht gemäß den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO vollständiger Kostenersatz im gesamten Verfahren zu. Dass die Rechtslage schwer durchschaubar und die zu 1 Ob 71/08k ergangene Entscheidung der Klägerin unbekannt war, hat entgegen ihrer Rechtsauffassung für ihre Kostenersatzpflicht, die in der Regel allein vom Prozessergebnis abhängt, keine Bedeutung. Im Übrigen beklagt sie zwar, dass die Erstbeklagte auf die genannte Entscheidung in ihrer Berufungsbeantwortung nicht Bezug genommen hat, behauptet aber nicht einmal, es wäre in einem solchen Fall zu einem Revisionsverfahren - und den damit verbundenen Kosten - nicht gekommen.
Textnummer
E91021European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00087.09I.0609.000Im RIS seit
09.07.2009Zuletzt aktualisiert am
20.07.2012